31Bs92/25v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. März 2025, GZ ** 69, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
A* wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Oktober 2022 zu einer Freiheitsstrafe von vierundzwanzig Monaten verurteilt (ON 24). Das Urteil ist seit der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. August 2023 (**, ON 37) rechtskräftig. Die Aufforderung zum Strafantritt wurde dem Verurteilten im Zuge der Endverfügung vom 5. September 2023 (ON 38 Pkt 8) nach erfolglosen Zustellversuchen schließlich am 24. Oktober 2023 zugestellt (ON 45 S 5).
Am 21. November 2023 beantragte A* einen Haftaufschub wegen Vollzugsuntauglichkeit, da er sich „in einem sehr schlechten Gesundheitszustand“ befinde; nähere Ausführungen dazu wurden nicht erstattet (ON 46). Am 24. November 2023 legte der Verurteilte einen ärztlichen Befundbericht eines Facharztes für Innere Medizin, Kardiologie und Allgemeinmedizin vor, wonach vor dem Hintergrund eines beträchtlichen Risikoprofiles eine invasive Abklärung an der kardiologischen Abteilung der Klinik B* im Jänner 2024 geplant sei (ON 48 S 3 und 5). Der in der Folge vom Erstgericht bestellte Sachverständige Univ.-Prof. Dr. C* erstattete am 2. März 2024 ein internistisches Gutachten, in welchem er den Verurteilten bis zur Durchführung der Koronarangiographie zum Ausschluss einer signifikanten koronaren Herzkrankheit vollzugsunfähig erachtete; eine Reevaluation sei nach erfolgter Koronarangiographie indiziert (ON 52 S 6).
Nach Aufhebung eines am 30. Juli 2024 vom Erstgericht gefassten Beschlusses auf Abweisung des Strafaufschubsantrages (ON 58) mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. September 2024 (**, ON 62) holte das Erstgericht ein neuerliches Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie Prof. Dr. D* ein (ON 66).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des Verurteilten auf Gewährung eines Aufschubes des Strafvollzuges wegen Vollzugsuntauglichkeit ab und sprach aus, dass die Strafe ohne weitere Aufforderung bei sonstiger zwangsweiser Vorführung anzutreten sei.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Verurteilten (ON 70).
Rechtliche Beurteilung
Nach dem ausführlich begründeten und gut nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen Dr. D* leidet A* an einer Adipositas, einer Fettleber, einem medikamentös zu behandelnden Bluthochdruck, einer medikamentös zu behandelnden Fettstoffwechselstörung, einer mit diätetischen Maßnahmen zu behandelnden Glukoseintoleranz, einer dem Alter und dem Lebensstil entsprechenden atherosklerotischen koronaren Herzkrankheit mit einem Gesamt Agatston Score von 86,7 und einer linksventrikulären Hypertrophie mit diastolischer Ventrikelfunktionsstörung (ON 66 S 17). Insgesamt kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass der Verurteilte ein weitgehend beschwerdefreier und normal leistungsfähiger 58 jähriger adipöser Mann sei. Die Untersuchung beim Sachverständigen habe einen dem Alter und dem Lebensstil (Belastung der linken Herzkammer durch Übergewicht, wenig Diät, wenig sportliche Betätigung und Fettleber) entsprechenden Befund ergeben. Es läge eine erhaltene Pumpfunktion des Herzens und bei den großen und kleinen Blutgefäßen ein normaler Aufbau und eine normale Funktion vor. Auch die Blutdruckregulation und die Herzfrequenz sei normal (ON 66 S 15). Der Gesundheitszustand sei stabil und es bestehe keine akute Gefährdung der Gesundheit. Er könne den Belastungen des Lebens normal ausgesetzt werden (ON 66 S 18).
Diesen eindeutigen Schlussfolgerungen kann die Beschwerde bloß entgegenhalten, dass die vom Sachverständigen empfohlene regelmäßige ärztliche Kontrolle nicht in einem solchen Umfang gewährleistet sei, wie dies in Freiheit möglich sei.
Dem ist zu entgegnen, dass der Sachverständige schlussfolgerte, dass der Verurteilte einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme sowie einer ärztlichen Behandlung und der Gewährleistung der notfallsmäßigen Akutversorgung bedürfe. Er empfahl den Vollzug in einer Anstalt mit einem medizinischen Dienst mit regelmäßiger medizinischer Kontrolle sowie Kontrolle der Pharmakotherapie, regelmäßige Puls , Blutdruckund Blutzuckerkontrolle, regelmäßige Medikamentenverabreichung, die Möglichkeit einer regelmäßigen körperlichen Bewegung und Gewährleistung einer notfallsmäßigen Akutversorgung rund um die Uhr (ON 66 S 18). Die allgemein gehaltenen Beschwerdeausführungen, dass die stärkeren Belastungen im Strafvollzug das Risiko einer Verschlechterung des Gesundheitszustands erhöhen würden und dass die regelmäßige ärztliche Kontrolle und die Akutversorgung nicht in einem Ausmaß wie in Freiheit gewährleistet sei, bieten keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die vom Sachverständigen angesprochenen Punkte im Rahmen der allgemeinen verpflichtenden ärztlichen Betreuung in Justizanstalten (§§ 66 ff StVG) nicht möglich seien.
Es ist somit - den (inhaltlich in der Beschwerde auch gar nicht bestrittenen) Ausführungen des Sachverständigen folgend - von einer uneingeschränkten Strafvollzugsfähigkeit des Verurteilten auszugehen. Dieser wird die Strafe nunmehr unverzüglich anzutreten haben.