JudikaturOLG Wien

3R210/24k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Richterin des Oberlandesgerichtes MMag. Pichler als Einzelrichter gemäß § 8a JN in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , C*, vertreten durch Eversheds Sutherland Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei „D*“ Baugesellschaft m.b.H. , FN **, **straße **, **, vertreten durch Dr. Christoph Gratl, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 21.643,48 s.A., über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 29.11.2024, **-56, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschl uss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt die Zahlung von EUR 21.643,48 s.A. und bringt vor, sie habe die Beklagte mit Baumeisterarbeiten im Haus C*, **gasse B*, beauftragt und die Schlussrechnung in Höhe von EUR 59.648,82 bezahlt. Mittlerweile habe sich herausgestellt, dass die Abrechnung nicht korrekt erfolgt sei und die durchgeführten Arbeiten grob mangelhaft seien.

Die Beklagte bestritt. Sie habe sämtliche Leistungen vereinbarungs- und ordnungsgemäß erbracht. Der Werklohn sei angemessen und entspreche der Vereinbarung.

Mit Beschluss vom 28.9.2023 (ON 11) wurde DI Dr. E* F* zum Sachverständigen bestellt und zwar zur Erstellung von Befund und Gutachten zu den Fragen, ob in der Schlussrechnung tatsächlich nicht erbrachte Leistungen abgerechnet bzw Beträge zu Unrecht verrechnet wurden, und ob die von der Beklagten tatsächlich erbrachten Leistungen in den von der Klägerin behaupteten Bereichen mangelhaft seien, und wenn ja, ob zur Behebung dieser Mängel Sanierungskosten von zumindest EUR 10.000,-- erforderlich seien.

In Hinblick auf den von der Klägerin erlegten Kostenvorschuss von EUR 5.000,-- erstattete der Sachverständige am 20.10.2023 eine Gebührenwarnung und wies darauf hin, dass mit Kosten in der Größenordnung von EUR 10.000,-- zu rechnen sei (ON 12), woraufhin schlussendlich ein weiterer Kostenvorschuss von EUR 5.000,-- erlegt wurde (ON 19).

Am 19.12.2023 berichtete der Sachverständige von einer Befundaufnahme vor Ort, bei der es in 1,5 Stunden gelungen sei, zwei der Abrechnungsblätter vor Ort nachzuvollziehen. Bei Hochrechnung dieses Aufwands sei von EUR 32.000,-- an Gebühren auszugehen (ON 25).

Mit Beschluss vom 19.12.2023 trug das Erstgericht der Klägerin den Erlag eines weiteren Kostenvorschusses von EUR 22.000,-- auf (ON 26), der jedoch nicht in der gesetzten Frist von vier Wochen erlegt wurde, weshalb das Erstgericht mit Beschluss vom 25.1.2024 den Sachverständigen aufforderte, seine Gebühren über seine im bisherigen Verfahren erbrachten Leistungen geltend zu machen (ON 29).

Daraufhin verzeichnete der Sachverständige fristgerecht in seiner Gebührennote vom 31.1.2024 Gebühren in Höhe von EUR 5.780,-- (ON 32). Diese Gebührennote wurde mit dem Beschluss ON 34 den Parteien mit dem Auftrag zugestellt, allfällige Einwendungen gegen den Gebührenanspruch binnen drei Wochen bekannt zu geben, was unterblieb.

Mit Schriftsatz vom 1.2.2024 wies die Klägerin auf die Problematik der Forderung eines derart hohen Kostenvorschusses über die Weihnachtsfeiertage hin und kündigte an, ihren Antrag auf Überprüfung der Abrechnung durch den Sachverständigen einzuschränken (ON 33). Mit Schriftsatz vom 5.3.2024 schränkte die Klägerin ihre Anträge auf Aufmaßkontrolle und Überprüfung der Qualitätsmängel ein (ON 35). Aufgrund dieser eingeschränkten Fragestellung schätzte der Sachverständige seine Gebühren auf EUR 14.400,-- (ON 38). Die Klägerin erlegte am 26.3.2024 auftragsgemäß einen ergänzenden Kostenvorschuss von EUR 4.400,-- (ON 40), worauf dem Sachverständigen die Fortsetzung seiner Tätigkeit hinsichtlich des nun eingeschränkten Beweisumfangs aufgetragen wurde (ON 42).

Am 12.6.2024 gab der Sachverständige bekannt, dass er die für den 3.5.2024 geplante Befundaufnahme aufgrund eines schweren Sturzes am 2.5.2024 nicht durchführen habe können. Aus gesundheitlichen Gründen stehe er für unbestimmte Zeit nicht zur Verfügung und ersuche er zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen um Umbestellung (ON 43). Es erfolgte daher die Enthebung des Sachverständigen DI Dr. F* und die Bestellung von Ing. G* (ON 49 und 50).

Dem gerichtlichen Auftrag folgeleistend übermittelte der Sachverständige DI Dr. F* seine Unterlagen bestehend aus 16 Seiten Text zu den Befundaufnahmen am 18.10.2023 und am 15.12.2023, 49 Seiten mit Fotos von den Befundaufnahmen und einer Seite mit Anmerkungen zu den Fotos (ON 54).

Den Parteien wurde am 27.11.2024 neuerlich die Gebührennote des Sachverständigen DI Dr. F* ON 32 zur Erhebung von allfälligen Einwendungen binnen 14 Tagen zugestellt (ON 53).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.11.2024 bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen DI Dr. E* F* für seine bisherige Tätigkeit im Verfahren mit EUR 5.780,-- und stützte sich dabei auf § 39 Abs 3 Z 2 GebAG und den Gebührenantrag ON 32, gegen den keine Einwendungen erhoben worden seien.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin offenkundig wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem Sachverständigen keine Gebühren zuzusprechen.

Der Sachverständige DI Dr. E* F* beantragt sinngemäß dem Rekurs keine Folge zu geben.

Die Beklagte beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt .

1. Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 8a JN auch bei den Oberlandesgerichten ein Einzelrichter über einen Rekurs gegen die Gebühren eines Sachverständigen entscheidet.

2. Das Erstgericht hat in Entsprechung der Bestimmung des § 39 Abs 1a GebAG den Parteien Gelegenheit zur Äußerung zum Gebührenantrag gegeben. Werden gegen die antragsgemäße Bestimmung der Gebühr keine Einwendungen erhoben, so kann das Gericht, wenn es keine Bedenken gegen die Höhe der Gebühren hegt, ohne Beschlussfassung die Auszahlung der verzeichneten Gebühren anordnen, oder bei Beschlussfassung in antragsgemäßer Höhe zur Begründung des Beschlusses auf den den Parteien zugestellten Gebührenantrag verweisen (§ 39 Abs 3 GebAG).

Die hier zu beurteilende Gebührennote wurde den Parteien zwei Mal zur Äußerung zugestellt. Da der nun im Rekurs gerügte Umstand, dass dem Sachverständigen aufgrund der notwendige Umbestellung keine Gebühren zustünden, bei der erstmaligen Zustellung der Gebührennote noch nicht bekannt war, und das Erstgericht den bekämpften Beschluss fasste, obwohl die zweite Äußerungsfrist noch offen war, scheitert der Rekurs nicht bereits am Fehlen einer Äußerung der Klägerin zu den Sachverständigengebühren.

3. Gemäß § 25 Abs 3 erster Satz GebAG hat der Sachverständige keinen Gebührenanspruch, wenn seine Tätigkeit aus seinem Verschulden unvollendet geblieben ist, sonst hat er nur einen Anspruch auf die seiner unvollendeten Tätigkeit entsprechende Gebühr.

Die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiel für ein Verschulden des Sachverständigen, dass er nach Befundaufnahme trotz mehrmaliger Fristsetzung das Gutachten nicht erstattet. Die Judikatur nimmt etwa ein Verschulden an, wenn der Sachverständige wegen unnötiger Verfahrensverzögerungen enthoben wurde, er einen Gutachtensauftrag übernahm, dem er nicht gewachsen war und den er daher zurücklegen musste, er auf einen Ausschlussgrund oder einen erkennbaren Befangenheitsgrund nicht hinwies oder den Auftrag unbegründet nicht erledigte, einen unzulässigen Antrag auf Beweisaufnahme stellte, übermäßige Gebühren begehrte und das Gericht daher die Vertrauensbasis zu ihm verlor (1 Ob 178/21i Rz 7 mwN; vgl auch Weber , Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher 5 Rz 27a, 30 ff).

All diese Fälle eines Verschuldens im Sinne des § 25 Abs 3 erster Satz GebAG betreffen die Tätigkeit als Sachverständiger. Hier steht der Sturz und die gesundheitlichen Probleme des Sachverständigen, die seine Enthebung erforderlich machten, jedoch in keinem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Sachverständiger. Es kommt daher nicht zu einem Verlust seines Gebührenanspruchs.

Die mit EUR 5.780,-- bestimmten Gebühren stehen auch in einem angemessen Verhältnis zu den vom Sachverständigen in ON 38 geschätzten voraussichtlichen Gesamtaufwand von EUR 14.400,--. Es handelt sich dabei um die seiner unvollendeten Tätigkeit entsprechende Gebühr (vgl auch seine Gebührennote ON 32 samt Beilagen).

4. Gegen die einzelnen Positionen der Gebührennote ON 32 hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben. Auch im Rekurs macht sie nur die notwendige Umbestellung als Grund für den Entfall des Gebührenanspruchs geltend. Somit kann eine Auseinandersetzung mit den einzelnen Positionen der Gebührennote ON 32 unterbleiben.

5. Mangels Verschuldens des Sachverständigen an seiner Enthebung und weil die mit EUR 5.780,-- bestimmten Gebühren seiner unvollendeten Tätigkeit entsprechen, muss der Rekurs ohne Erfolg bleiben.

6. Im Verfahren über die Bestimmung der Sachverständigengebühren findet weder ein Kostenersatz statt (§ 41 Abs 3 GebAG), noch ist ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof zulässig (§ 528 Abs 2 Z 5 ZPO). Abgesehen davon kommt ein Kostenersatz auch wegen der Erfolglosigkeit des Rekurses nicht in Frage.

Rückverweise