JudikaturOLG Wien

11R28/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
14. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Primus als Vorsitzende sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Aigner und den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Einberger in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* B* , geboren am **, und 2. C* B* , geboren am **, beide **, beide vertreten durch die Prettenhofer Raimann Pérez Tschuprina Rechtsanwaltspartnerschaft (OG) in Wien, wider die beklagte Partei Dr. D* , geboren am **, Rechtsanwalt, **, vertreten durch die BLS Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 331.502,37 s.A., über die Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 27.12.2024, GZ **-53, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 5.246,16 (darin enthalten EUR 874,36 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er vertrat die Kläger in mehreren Verfahren gegen die E* AG, bei der die Kläger einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken aufgenommen hatten.

Mit Klage vom 11.8.2022 begehrten die Kläger (zuletzt) EUR 331.502,37 s.A. Sie brachten zusammengefasst vor, der Beklagte habe sie zunächst auf Passivseite im Verfahren F* des LG Innsbruck vertreten, in dem die E* AG die Rückzahlung des fällig gestellten Kredits begehrt habe. Er habe es unterlassen, ausreichend schlüssiges Vorbringen zu erstatten, dass der Kreditaufnahme gravierende Beratungsfehler durch ihren Bankberater vorangegangen seien. Das Fremdwährungsrisiko sei verharmlost und den Klägern abgeraten worden, anstelle der Kreditaufnahme ihre Wertpapiere zu verkaufen, weil deren Kurse steigen würden. Als die Kurse stattdessen gefallen und sich der Schweizer Franken ungünstig entwickelt habe, seien die Kläger zu einem Nachkauf an Wertpapieren überredet und der Kredit mehrmals prolongiert worden, bis die Gesamtkonstruktion schließlich zusammengebrochen sei. Den dadurch entstandenen Vermögensschaden habe der Beklagte zwar zunächst compensando eingewandt, die Aufrechnungseinrede dann jedoch sorgfaltswidrig zurückgezogen. Die Kläger hätten alle Unterlagen, derer es zur schlüssigen Geltendmachung der Gegenforderungen bedurft hätte, besessen und dem Beklagten bereitgestellt. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt gewesen. Hätte der Beklagte die Gegenforderungen schlüssig gestellt, hätten sie das Verfahren nicht verloren, so sei ihnen aber ein Schaden im Kapital samt Zinsen und Kosten iHv EUR 284.263,79 entstanden. Sodann habe der Beklagte einen Aktivprozess vor dem Handelsgericht Wien zu G* angestrebt, in dem er die E* im Rahmen einer Stufenklage zur Rechnungslegung verhalten habe wollen. Dieses Verfahren sei aussichtslos gewesen, weil die Bank ohnedies Rechnung gelegt habe. Der Beklagte hätte dies aus den ihm übergebenen Unterlagen wissen, spätestens aber nach der ersten Tagsatzung in diesem Verfahren aufgrund der Einwendungen des dortigen Beklagtenvertreters erkennen müssen. Zudem habe er Vorbringen zur Fehlberatung erstattet, das in diesem Verfahren keine Rolle gespielt habe. Die Kläger hätten daher auch dieses Verfahren verloren, wodurch ihnen – nachdem der Beklagte noch eine aussichtslose Berufung erhoben habe – ein Kostenschaden iHv EUR 28.130,65 entstanden sei. Gegen die sodann eingeleitete Exekutionsführung der Bank habe der Beklagte zwei abermals aussichtslose Oppositionsverfahren angestrengt. In einem davon, ** des BG Innsbruck, habe er dasselbe Vorbringen wie im Titelverfahren erstattet. Auch dieses Verfahren sei daher verloren worden, sodass den Klägern nach einer abermals aussichtslosen Berufung ein Schaden iHv weiteren EUR 14.107,97 entstanden sei. Hätte der Beklagte sie über die Aussichtslosigkeit aufgeklärt, hätten sie den Prozessführungen nicht zugestimmt. Letztlich habe der Beklagte in einer anderen Sache aus einem an die Kläger bezahlten Vergleichsbetrag EUR 5.000 einbehalten, wofür es keine Rechtsgrundlage gebe und die daher zurückgefordert würden.

Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und replizierte im Wesentlichen, er habe die Kläger ordnungsgemäß beraten und vertreten. Hinsichtlich der Gegenforderungen im Titelprozess habe er zwar ein grundsätzlich schlüssiges Vorbringen erstatten können, zur Schlüssigstellung der Höhe hätte er jedoch weitere Unterlagen benötigt. Die Kläger hätten ihm erst unmittelbar vor der ersten Tagsatzung mitgeteilt, über solche nicht zu verfügen. Da der Schadenersatzanspruch zuvor nie fällig gestellt worden sei, habe zudem Verjährung gedroht, sodass die Einwendungen zurückgezogen worden seien. Das Verfahren vor dem Handelsgericht Wien sei nicht aussichtslos gewesen, weil die Kläger ihm gegenüber nachvollziehbar angegeben hätten, keine Depotauszüge erhalten zu haben. Die Oppositionsverfahren seien auf ausdrücklichen Wunsch der Kläger geführt worden, um „Zeit zu gewinnen“. Der Einbehalt der EUR 5.000 sei auf offenes Honorar erfolgt und mit den Klägern abgesprochen gewesen. Tatsächlich sei noch wesentlich mehr an Honorar, nämlich EUR 52.892,20 ausständig. Dieser Betrag werde compensando eingewandt.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es stellte – zusammengefasst – fest, den Klägern seien die Risiken eines Fremdwährungskredits bekannt gewesen. Sie hätten dennoch den Beklagten mit der Anspruchsabwehr beauftragt, der Schadenersatzansprüche compensando eingewandt, jedoch nach einem Hinweis der Richterin auf die wahrscheinlich eingetretene Verjährung und nach Rücksprache mit den Klägern wieder zurückgezogen habe, weil er sie mangels Unterlagen nicht habe schlüssig stellen können. Das Rechnungslegungsbegehren im Folgeprozess habe er aufgrund der Angaben der Kläger, keine Depotauszüge erhalten zu haben, gestellt. Nachdem sich dies als unrichtig herausgestellt habe, sei es den Klägern darum gegangen, zu verzögern und Zeit zu gewinnen. Alle weiteren Verfahrensschritte und Prozesse seien von ihnen aus diesem Grund und im Wissen um deren mangelnde Erfolgsaussichten beauftragt worden. Die EUR 5.000 habe der Beklagte auf sein Honorar einbehalten, was mit den Klägern abgesprochen worden sei. Rechtlich folgerte das Erstgericht, nach den getroffenen Feststellungen liege kein Beratungsfehler vor.

Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger aus dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Klage abgewiesen werde.

Der Beklagte stellt in seiner Berufungsbeantwortung den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Die Berufungswerber bekämpfen folgende Feststellung: „Die Kläger nahmen im Jahr 2008 einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken bei der E* AG auf, um sich damit eine Liegenschaft anzuschaffen. Schon davor hatten sie Fremdwährungskredite in Anspruch genommen, somit auch Erfahrung mit diesen gehabt. Als Anleger waren sie erfahren und durchaus risikobereit, was ihrem Berater bei der E* Mag. H* bekannt war.“ Stattdessen begehren sie die Ersatzfeststellung: „Die Kläger nahmen zwecks Anschaffung einer Liegenschaft auf Anraten ihres Beraters bei der E* Mag. H*, nachdem er ihnen diesbezüglich von der Auflösung ihres Wertpapierdepots abgeraten hatte, im Jahr 2008 einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken bei der E* AG auf. Die Kläger waren weder erfahrene noch risikobereite Anleger – was ihrem Berater bei der E* Mag. H* bekannt war – und vertrauten diesem als Fachmann vollumfänglich.“

Das Erstgericht hat die bekämpfte Feststellung mit der für glaubwürdig befundenen Aussage des Zeugen Mag. H*, des ehemaligen Bankberaters der Kläger, begründet, die widersprechende Aussage vor allem der Erstklägerin hingegen als unglaubwürdig verworfen. Sie habe den Eindruck erweckt, unbedingt einen Schuldigen für ihren finanziellen Schaden finden zu wollen und im Widerspruch zu ihrem Vorbringen, nie informiert worden zu sein, aber dennoch den Entscheidungen zugestimmt zu haben, in ihrer Vernehmung ausgesagt, sie sei sehr wohl informiert worden.

Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich der Richter für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen entscheidet, weil diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann (RS0043175). Allein der Umstand, dass die Beweisergebnisse auch andere als die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ermöglicht hätten oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, kann daher noch nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Beweiswürdigung und der darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen führen (OLG Wien, 11 R 187/24m; 11 R 23/24t, uva).

Den Berufungswerbern gelingt es nach Maßgabe dieser Grundsätze nicht, Bedenken an der angefochtenen Feststellung zu wecken. Zwar haben sie, worauf das Rechtsmittel abstellt, tatsächlich nicht vorgebracht, von Mag. H* nicht „informiert“ worden zu sein. Aus dem Kontext der vom Erstgericht zum Beleg des Widerspruchs referierten Aussage der Erstklägerin (ON 21, S 12) ergibt sich jedoch, dass sie sich auf die Gestion ihres Wertpapierdepots (im Rahmen eines behaupteten Vermögensverwaltungsauftrags) bezog. Zumindest zu ihrer Aussage im Verfahren G* des HG Wien liegt der Widerspruch daher tatsächlich vor (Beilage ./15, S 2), gab sie dort doch an, nur über Nachfrage Auskunft und Unterlagen „ab und zu“ erhalten zu haben. Dazu befragt behauptete die Erstklägerin, diese von ihr als unrichtig zugestandene Aussage „auf Weisung“ (offenbar des Beklagten) getätigt zu haben (ON 21, S 14). Auch wenn das Erstgericht dem - wie noch darzulegen sein wird zu Recht - nicht folgte, ergibt sich daraus doch der zwingende Schluss, dass die Erstklägerin grundsätzlich bereit ist, wider besseres Wissen die Unwahrheit zu behaupten, um einen Prozess zu gewinnen.

Wenn die Berufungswerber sodann die Aussage des Zeugen Mag. H* deswegen als unglaubwürdig kritisieren, weil er entgegen seiner einleitenden Bemerkung, keine konkrete Erinnerung mehr zur Frage der Finanzierung des beabsichtigten Liegenschaftskaufs zu haben, dann doch Angaben zur Sache machte, überzeugt dies gleichfalls nicht. Bei der Vernehmung von Beweispersonen vor allem zu lange zurückliegenden Beweisthemen entspricht es der Erfahrung, dass viele sich bei Aufforderung zur freien Wiedergabe ihrer Wahrnehmungen eingangs nicht mehr (konkret) zu erinnern glauben, auf spezifische und geleitete Befragung zu einzelnen Punkten dann aber doch Angaben zur Sache machen können. Dasselbe gilt für die unter der gleichen Prämisse angegriffene Aussage des Zeugen zur Risikobereitschaft der Kläger. Dass der Zeuge zur konkreten Zusammensetzung des Wertpapierdepots der Kläger nach mehreren Jahren keine genauen Erinnerungen mehr hatte, steht nicht der Annahme entgegen, dass er sich grundsätzlich erinnern konnte, sie hätten eine risikobereite Anlagestrategie verfolgt. Weshalb dem entgegen die Aussage der Erstklägerin glaubwürdiger als die des Zeugen gewesen sein soll, ist – unter Verweis auf oben angeführte Erwägung – nicht zu erkennen.

2. Weiters fechten die Berufungswerber folgende Feststellung an: „Diese Entwicklung war bereits ab 2008 für die Kläger bemerkbar und ab 2009 stellte sich ein klares Minus auf deren Depotkonten ein.“ Stattdessen begehren sie festzustellen: „Diese Entwicklung war bereits ab 2008 für die Kläger bemerkbar und ab 2009 stellte sich ein Minus auf deren Depotkonten ein, dessen Reichweite ihnen aber aufgrund von Beschwichtigungen ihres Beraters Mag. H* nicht klar war.“

Tatsächlich widersprechen sich angefochtene Feststellung und begehrte Ersatzfeststellung nicht. Dass das Minus nach den Feststellungen ein „klares“ war, bezieht sich erkennbar auf dessen objektive Größe, wohingegen die Berufungswerber in ihrer Ersatzfeststellung auf ihre subjektive Einschätzung von der Tragweite dieser Entwicklung abstellen. In der Sache behaupten sie damit einen sekundären Feststellungsmangel (RS0043304). Sekundäre Feststellungsmängel liegen aber nur dann vor, wenn einerseits entscheidungserhebliche Tatsachen betroffen sind und andererseits entsprechend konkretes Vorbringen in erster Instanz erstattet wurde (RS0053317).

Das Erstgericht hat den Schadenersatzanspruch der Kläger gegen den Beklagten nicht deswegen verneint, weil die Gegenforderungen tatsächlich verjährt gewesen wären, sondern weil kein „haftungsbegründendes“ und damit sorgfaltswidriges Verhalten des Beklagten festgestellt habe werden können. Zur Verjährungsthematik hat es wiederum festgestellt, dass die zuständige Richterin des Titelverfahrens erörterte, dass nach ihrer Rechtsansicht Verjährung eingetreten sei. Der Beklagte zog daraufhin nach Rücksprache mit den Klägern die Aufrechnungseinrede aus prozesstaktischen Gründen zurück, zumal er diese auch der Höhe nach nicht schlüssig stellen konnte.

Diese Rechtsansicht wird von den Berufungswerbern nicht bekämpft. Ob tatsächlich Verjährung der Gegenforderungen vorlag oder deren Beginn aufgrund von Beschwichtigungsversuchen ihres Beraters hinausgeschoben wurde (vgl RS0034951 [T33]), ist demnach ohne Relevanz. Es liegt daher kein sekundärer Feststellungsmangel vor.

3. Sodann bekämpfen die Berufungswerber die Feststellung: „Sie nahmen weitere Kredite auf, um den Wert des Wertpapierdepots für die Tilgung zu erhalten bzw. dieses aufzustocken.“ Stattdessen begehren sie die Feststellung: „Im März 2015 investierten sie in ihr Wertpapierdepot einen weiteren Betrag in Höhe von EUR 100.000, um den Wert des Wertpapierdepots für die Tilgung zu erhalten bzw. dieses aufzustocken.“

Den Berufungswerbern ist zuzugeben, dass die Aufstockung ihres Depots nach den vorliegenden Beweisergebnissen nicht durch einen Kredit, sondern aus dem Erlös eines Hausverkaufs finanziert wurde. Entgegen den Vorgaben der Rechtsprechung an die gesetzmäßige Ausführung einer Beweisrüge (vgl RS0041835 [T4]) finden diese Ausführungen in der begehrten Ersatzfeststellung aber keinen Niederschlag. Woher die Mittel für die Aufstockung stammten, wird dort nicht behandelt. Die Feststellungen stehen daher auch nicht in einem Austauschverhältnis (vgl RI0100145), sondern können nebeneinander Bestand haben. Im Übrigen ist die Feststellung auch nicht entscheidungswesenltich. Die Berufungswerber begründen die Relevanz wiederum nur mit der verjährungsrechtlichen Thematik, ab wann ihnen erkennbar gewesen sei, die Gesamtkonstruktion aus Fremdwährungskredit und Tilgungsträger werde scheitern. Darauf kommt es wie ausgeführt nicht an.

4. Angefochten wird weiters die Feststellung: „Für die Schlüssigstellung der Gegenforderung hätte der Beklagte von den Klägern jedoch noch Unterlagen gebraucht, die er trotz Aufforderung von diesen nicht erhielt.“ Stattdessen begehren die Rechtsmittelwerber die Ersatzfeststellung: „Für die Schlüssigstellung der Gegenforderung hat der Beklagte von den Klägern Unterlagen gebraucht, die er von diesen auch erhalten hat.“

Vorweg ist anzumerken, dass die Schlüssigkeit einer Klage (RS0037532) oder Gegenforderung (vgl RS0116144 [T4]) eine Rechtsfrage ist. Welche (zusätzlichen) Informationen zur Schlüssigstellung eines Begehrens benötigt werden, ist daher keine reine Tatfrage. Auf rechtlicher Ebene ist zunächst zu ermitteln, welche Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden müssen, um das gestellte Sachbegehren daraus materiell-rechtlich ableiten zu können (RS0037516). Erst dann kann auf Sachverhaltsebene geklärt werden, ob ausreichend Informationen zur Bewältigung dieser Aufgabe vorlagen. Davon wiederum strikt zu trennen ist letztlich die Frage, ob an sich schlüssiges Vorbringen auch ausreichend bewiesen werden kann (vgl 9 Ob 6/02a).

Der aufgezeigten Problematik muss aber nicht vertiefend nachgegangen werden. Die Berufungswerber haben einerseits keine Rechtsrüge erhoben, andererseits gestehen sie selbst zu, dass der Beklagte tatsächlich Unterlagen benötigte, um die Schadenshöhe (vgl RS0130740) schlüssig zu stellen. Sie bestreiten nur, dass er diese – und zwar konkret Depotauszüge – nicht zur Verfügung hatte.

Die dazu angestellte Beweiswürdigung des Erstgerichts ist unbedenklich. Dass die Kläger tatsächlich laufend Depotauszüge erhielten, ist mittlerweile unstrittig. Wenn sie aber anführen, es sei kein sinnvoller Grund erkennbar, weshalb sie sie dem Beklagten dann nicht hätten übergeben sollen, ist zu erwidern, dass auch kein vernünftiger Grund erkennbar ist, weshalb der Beklagte sie nicht hätte verwerten sollen. Dass der Beklagte die Depotauszüge tatsächlich erhielt, ergibt sich entgegen der Berufung auch nicht aus der Beilage ./AE. Es handelt sich bloß um den Nachweis, dass ein Einschreiben aufgegeben wurde. Dessen Empfang ist damit ebensowenig bewiesen (7 Ob 24/09v) wie der Inhalt der Sendung.

Gleichsam keine Zweifel an der bekämpften Feststellung werden durch den Verweis auf die „eingehende Klagserzählung“ der Beilage ./AG geweckt, die nach Ansicht der Berufungswerber nur mittels der strittigen Urkunden erstellt habe werden können. Der Beklagte hat zwar angegeben, diese auf Basis von Unterlagen erarbeitet zu haben, die die E* AG im Prozess (vor dem LG Innsbruck) selbst vorlegte. Der von den Berufungswerbern daraus gezogene Schluss, es habe sich um die benötigten Depotauszüge gehandelt, ist aber nicht nachvollziehbar. Genaue Angaben werden in dem Entwurf ./AG nur zu den Krediten gemacht, die unmittelbar Gegenstand des Titelverfahrens waren. Die Entwicklung des Wertpapierdepots wird dagegen nur rudimentär dargestellt. Anfang des Jahres 2008 seien „rund“ EUR 280.000 auf dem Depot erlegen (S 4), die Kurse seien „ins Bodenlose“ gefallen und die Kläger überredet worden, „immer wieder“ neues Kapital in das „marode“ Depot zu investieren (S 5). Derart oberflächliche Angaben sind aber auch ohne Depotauszüge möglich.

Ob es sich bei der Aussage des Beklagten, das Mandatsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Klient sei („zumindest in Westösterreich“) von Vertrauen geprägt, lediglich um seine „persönliche, nicht überprüfbare Meinung“ oder doch um einen elementaren Grundsatz des gesamten Berufsstands handelt (vgl RS0071597), kann dahinstehen. Eine Pflicht zur schriftlichen Dokumentation von Mandantengesprächen besteht jedenfalls nicht, sodass aus dem Fehlen einer solchen für die Berufungswerber nichts abzuleiten ist.

Auf die Behauptung der Berufungswerber zur besonderen Glaubwürdigkeit der Erstklägerin, die zugestand, für ein Obsiegen im Prozess bereit zu sein, bewusst die Unwahrheit zu sagen, wurde bereits eingegangen. Ob der Beklagte (auch) deshalb glaubwürdig war, weil er Abrechnungsfehler eingestand, fällt hingegen nicht mehr entscheidend ins Gewicht.

5. Sodann bekämpfen die Berufungswerber die Feststellung: „Den Klägern kam es jedoch darauf an Zeit zu gewinnen, weswegen sie dennoch den Beklagten mit der Erhebung der Berufung beauftragten. Dieser Berufung wurde nicht Folge gegeben.“ Stattdessen begehren sie die Ersatzfeststellung: „Zwischen der Erstklägerin und dem Beklagten wurde die Möglichkeit einer Berufung im Verfahren des LG Innsbruck zur GZ F* besprochen. Der Beklagte teilte der Erstklägerin jedoch mit, dass das Urteil faktisch nicht bekämpfbar sei und es keinen Sinn machen würde, eine Berufung zu machen. Zur Einbringung einer Berufung ist es nicht gekommen.“

Wie die Berufungswerber richtig vortragen, handelt es sich bei der bekämpften Feststellung offenbar um eine irrtümlich unterlaufene Aktenwidrigkeit. Wie sie aber ebenso zutreffend einräumen, ist diese nicht relevant und daher nicht geeignet, dem Rechtsmittel zum Erfolg zu verhelfen (RS0043265 [T6], [T7]). Es handelt es sich um eine bloße Hilfstatsache zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Erstklägerin und damit um keinen entscheidungswesentlichen Umstand (vgl 5 Ob 195/20t [Rn 4]).

6. Angefochten werden die Feststellungen „Die Kläger behaupteten nämlich keine Depotauszüge und andere Informationen während der aufrechten Geschäftsbeziehung erhalten zu haben. Der Beklagte schätzte die Erfolgsaussichten dieser Klage als schlecht, konkret mit 5-10 %, ein, was er den Klägern auch mitteilte. Auch hier ging es den Klägern jedoch in erster Linie darum Zeit zu gewinnen, weshalb sie den Beklagten dennoch mit der Einbringung der Klage beauftragten.“ und „Dieser Umstand war dem Beklagten von den Klägern davor nicht mitgeteilt worden.“ Stattdessen begehren sie die Ersatzfeststellung: „Die Kläger haben den Beklagten vor Einbringung der Rechnungslegungsklage darüber informiert, dass sie Depotauszüge und andere Informationen während der aufrechten Geschäftsbeziehung erhalten haben. Die schlechten Erfolgsaussichten dieser Klage teilte der Beklagte den Klägern nicht mit, weshalb sie der Klagseinbringung zugestimmt haben.“

Auch diese Feststellung begegnet keinen Bedenken. Der Begründung des Erstgerichts ist lediglich hinzuzufügen, dass die wissentliche Anstiftung zur Falschaussage, wie sie die Berufungswerber dem Beklagten vorwerfen, nicht nur prozessual weniger erfolgversprechend war, sondern auch standeswidrig (RS0036733) und möglicherweise sogar strafbar (vgl 6 Ob 71/17k [Pkt 2.1]) gewesen wäre. Warum der Beklagte die Kläger auf diese Weise in einen aussichtslosen Prozess hätte treiben sollen, ist in keiner Weise nachvollziehbar.

Soweit die Berufungswerber dazu wiederum auf ihr Vorbringen verweisen, wonach sie alle Unterlagen zur Verfügung gestellt hätten, sind sie ihrerseits auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zu dieser Frage (Pkt 4) zu verweisen. Im Übrigen stellen die Berufungswerber nunmehr auf die die Kredite betreffenden Urkunden Beilage ./AI und ./AJ ab. Dass diese bereits vorlagen, ist daher – wie die Berufungswerber rügen – zwar wohl ein Mitgrund, die Erfolgsaussichten der Rechnungslegungsklage gering zu bewerten, aber nicht in dem von ihnen angestrebten Sinn, dass damit bewiesen wäre, sie hätten bereits über alle Unterlagen verfügt und dies dem Beklagten mitgeteilt. Bei den ebenso herausverlangten (detaillierten) Depotauszügen handelt es sich nämlich um andere Urkunden (Beilagen ./AQ ff).

Ob letztlich die Rechnungslegungsklage eingebracht wurde, „um Zeit zu gewinnen“, oder als „letzter Strohhalm“ (ON 20, S 6), betrifft wiederum nur eine nicht entscheidungswesentliche Hilfstatsache, auf die weiter unten zurückzukommen sein wird.

7. Die Berufungswerber bekämpfen sodann die Feststellung: „Zur vom Beklagten für die Kläger eingebrachten Berufung gegen die abweisende Entscheidung des HG Wien kam es nach Rücksprache mit der Erstklägerin, die vom Beklagten umfassend über die geringen Erfolgsaussichten aufgeklärt wurde, mit dem Ziel eine mögliche Exekution aufzuschieben und Zeit zu gewinnen.“ Sie begehren die Ersatzfeststellung: „Vor Einbringung der Berufung gegen die abweisende Entscheidung des HG Wien hat der Beklagte die Kläger nicht über die geringen Erfolgsaussichten und die damit verbundenen Prozesskostenrisiken aufgeklärt. Wäre die Aufklärung erfolgt, hätten die Kläger einer Berufung nicht zugestimmt.“

Die Berufungswerber wiederholen im Wesentlichen nur ihre bereits vorgetragenen Argumente zum Fehlen einer schriftlichen Dokumentation, auf die bereits eingegangen wurde. Weshalb sich bei einem in hohem Maße technischen Rechtsmittelschriftsatz eine Übermittlung zur Freigabe an die Kläger, die sich selbst als „absolute juristische Laien“ beschrieben (ON 21, S 5), geradezu aufdrängen hätte sollen, legen sie nicht nachvollziehbar dar. Dass sich die Kläger im Titelverfahren schlussendlich gegen die Berufung entschieden, steht der Annahme, dass sie nunmehr Zeit gewinnen wollten, nicht entgegen. Denn nach dem Titelverfahren blieb ja noch die Hoffnung, im Rechnungslegungsverfahren zu obsiegen, die sich nunmehr aber auch zerschlagen hatte. Auch gegen diese Feststellung bestehen folglich keine Bedenken.

8. Weiters angefochten wird die Feststellung: „Auch diese verfolgten den primären Zweck, für eine allfällige freihändige Verwertung der Liegenschaft Zeit zu gewinnen. Der Umstand, dass es hier primär um den Zeitgewinn ging und die tatsächlichen Erfolgsaussichten sehr gering waren, war den Klägern bewusst, dennoch beauftragten sie den Beklagten mit deren Einbringung.“ Stattdessen soll festgestellt werden: „Vor Einbringung der beiden Oppositionsklagen hat der Beklagte die Kläger nicht über die geringen Erfolgsaussichten und die damit verbundenen Prozesskostenrisiken aufgeklärt. Wäre dies erfolgt, hätten die Kläger einer Klagsführung nicht zugestimmt.“

Mit seiner Feststellung folgte das Erstgericht der Aussage des Beklagten (ON 30, S 7). Sie steht in Einklang mit der Aussage der Zeugin Mag. I*, dass die Kläger unbedingt eine Zwangsversteigerung abwenden wollten (ON 45, S 2 f). Entgegen der Berufung lassen sich beide Aussagen sehr wohl in dem vom Erstgericht angenommenen Sinn vereinbaren: Dass die Kläger zunächst versuchten, Zeit zu gewinnen, dann aber, als dies nicht mehr möglich war, mit Druck den Freihandverkauf forcierten, stellt – entgegen der Berufung – durchaus einen plausiblen Geschehensablauf dar. Auf die weiteren Argumente des Rechtsmittels zu diesem Punkt wurde bereits wiederholt repliziert. Darauf wird verwiesen.

9. Abschließend bekämpfen die Berufungswerber noch die Feststellung: „Zwischen den Klägern und dem Beklagten wurde vereinbart, dass aus der Geldsumme, die vereinbarungsgemäß von der J* bezahlt werden sollte, EUR 5.000,- direkt an den Beklagten zur teilweisen Abdeckung seines Honorars fließen sollten. In der Folge wurde dieser Betrag auch direkt auf das Anderkonto des Beklagten überwiesen.“ Sie begehren die Ersatzfeststellung: „Zwischen den Klägern und dem Beklagten wurde vereinbart, dass aus der Geldsumme, die vereinbarungsgemäß von der J* bezahlt werden sollte, EUR 5.000,- direkt an den Beklagten zur Abdeckung seines Honorars für das Verfahren gegen die J* fließen sollte. Die Kläger leisteten an den Beklagten für das Verfahren gegen die J* bereits Zahlungen in Höhe von EUR 6.000,--. In der Folge wurde der Betrag von EUR 5.000,-- auch direkt auf das Anderkonto des Beklagten überwiesen. Eine Abrechnung über die Verwendung des Betrages von EUR 5.000,--, aus der hervorgeht, dass dieser Betrag nur für die Abgeltung für Leistungen des Beklagten im Verfahren der J* verwendet worden ist sowie eine Abrechnung der Verwendung der Zahlungen der Kläger iHv EUR 6.000,--, erfolgte jedoch nicht.“

Die Feststellungen stehen zueinander (bis auf die Auslassung des Wortes „teilweise“) nicht in Widerspruch. Die Berufungswerber bestreiten in ihrer Ersatzfeststellung insbesondere nicht, dass die EUR 5.000 vereinbarungsgemäß vom Beklagten einbehalten und mit seinem Honorar aufgerechnet werden sollten. Sie vermissen lediglich ergänzende Feststellungen zu einer anderen Zahlung über weitere EUR 6.000 und das Fehlen einer Abrechnung. Weshalb sich daraus aber ergeben sollte, der Beklagte habe die EUR 5.000 vereinbarungswidrig verwendet, ist entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht nicht nachvollziehbar. Eine Abrechnung mag für die Frage der Fälligkeit relevant sein, wenn weder ein Pauschalhonorar vereinbart wurde noch der Klient auf eine Detaillierung verzichtet hat (RS0017592 [T2]); ihr Fehlen führt aber nicht dazu, dass der vereinbarte Einbehalt einer Zahlung zur Abdeckung des Honorars nunmehr vereinbarungswidrig wäre.

Der insgesamt unberechtigten Berufung war damit ein Erfolg zu versagen.

10. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

11. Die ordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

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