4R2/25f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Falmbigl und Dr. Futterknecht, LL.M., BSc, in der Rechtssache der klagenden Partei A* AG (FN **), **straße **, **, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. B* C* GmbH (FN **), 2. D* , beide: **straße **, ** und 3. E* , geboren am **, Angestellte, **, **, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Manongasse 1/11, 1140 Wien, wegen EUR 20.232 samt Nebengebühren über den Rekurs der drittbeklagten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 3.12.2024, GZ: **-46, in nicht öffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte von den drei Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von EUR 20.232 aus einem Bierbezugsvertrag zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten. Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte hätten Garantien übernommen, dass die Erstbeklagte ihre Vertragspflichten erfüllen werde.
Nachdem das Erstgericht einen Zahlungsbefehl erlassen und dessen Rechtskraft bestätigt hatte, beantragte die Drittbeklagte mit Schriftsatz vom 18.3.2024 (ON 15) unter anderem die Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit, die Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist sowie die Gewährung der Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der genannten Rechtsbehelfe und zur Vertretung im weiteren Verfahren. Sie sei Pensionistin mit gepfändeter Alterspension, im Übrigen vermögenslos und somit nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsanwalts selbst zu tragen.
Nach einem Verbesserungsauftrag des Erstgerichts legte die Drittbeklagte ein veraltetes und unzureichendes Vermögensbekenntnis vor. Mit Beschluss vom 12.4.2024 wies das Erstgericht den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe ab. Die Drittbeklagte sei an verschiedenen Gesellschaften beteiligt sowie Geschäftsführerin einer GmbH. Sie sei weder einkommens- noch vermögenslos und verfüge über ausreichende Mittel zur Finanzierung ihrer Verfahrenskosten. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen sei der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe abzuweisen gewesen. Dem dagegen gerichteten Rekurs der Drittbeklagten gab das Rekursgericht mit Beschluss vom 8.10.2024 (OLG Wien, **) nicht Folge.
Am 28.4.2024 und am 5.11.2024 stellte die Drittbeklagte weitere Anträge auf Gewährung der Verfahrenshilfe. Dazu legte sie jeweils ein Vermögensbekenntnis und verschiedene Urkunden vor.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht unter anderem die Anträge der Drittbeklagten auf Gewährung der Verfahrenshilfe vom 28.4.2024 und vom 5.11.2024 ab (Spruchpunkt 1.). Zum Einkommen und Vermögen der Drittbeklagten stellte es (neuerlich) deren Beteiligung an verschiedenen Gesellschaften fest, sowie, dass die Drittbeklagte Geschäftsführerin einer GmbH sei. Sie sei weder einkommens- noch vermögenslos und verfüge über ausreichende Mittel zur Finanzierung ihrer Verfahrenskosten. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen sei der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe abzuweisen gewesen.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Drittbeklagten – erkennbar - wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss (im Umfang der Abweisung der Verfahrenshilfe) aufzuheben und den Antrag auf Verfahrenshilfe nach Verfahrensergänzung zu bewilligen.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisor beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Laut Rekurs habe die Drittbeklagte ein Vermögensbekenntnis und umfangreiche Urkunden vorgelegt sowie mitgeteilt, dass sie aus den diversen Gesellschaftsverhältnissen keinen Gewinn beziehe und diese Gesellschaften allesamt vermögenslos seien. In vielen Fällen hafte sie für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Die Situation sei komplex, weshalb es zweckdienlich gewesen wäre, die Drittbeklagte oder deren Steuerberater zu vernehmen. Die vernommenen Personen hätten zur Frage der schlechten wirtschaftlichen Situation der Drittbeklagten wertvolle Hinweise geben können. Die Fragen der Gesellschaftsanteile und der Schulden hätten geklärt werden können. Es komme immer wieder vor, dass Urkunden aus verschiedenen Gründen nicht vorgelegt werden könnten. Die Nichtvorlage von Urkunden geschehe nicht vorsätzlich, sondern sei ein Problem des Wirtschaftsflusses des täglichen Lebens.
2. Bereits im Beschluss vom 8.10.2024, ** hat das Rekursgericht Folgendes ausgeführt:
„ Über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist auf Grundlage eines nicht mehr als 4 Wochen alten Vermögensbekenntnisses zu entscheiden. Hat das Gericht gegen dessen Richtigkeit oder Vollständigkeit Bedenken, hat es das Vermögensbekenntnis zu überprüfen. Hierbei kann es auch die Partei unter Setzung einer angemessenen Frist zur Ergänzung des Vermögensbekenntnisses und zur Beibringung weiterer Belege auffordern (vgl § 66 Abs 2 ZPO). Die Entscheidung ist ohne mündliche Verhandlung zu treffen, wenn das Prozessgericht eine solche nicht für erforderlich hält (vgl § 72 Abs 1 ZPO).
Zur Überprüfung des Vermögensbekenntnisses kann das Gericht zwar von Amts wegen Erhebungen durchführen, es ist dazu aber nicht verpflichtet (RW0001056). Leistet die Partei einem Auftrag zur Ergänzung des Vermögensbekenntnisses oder zur Beibringung von Belegen keine Folge, dann ist § 381 ZPO sinngemäß anzuwenden (§ 66 Abs 2 letzter Satz ZPO). Die Nichtbefolgung eines gerichtlichen Auftrags zur Ergänzung oder Beibringung weiterer Belege in sinngemäßer Anwendung des § 381 ZPO kann frei unter sorgfältiger Würdigung sämtlicher Umstände in der Regel zum Nachteil der säumigen Partei gewürdigt werden (Schindler in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 66 ZPO Rz 9). Wurde ein Verbesserungsauftrag vom Verfahrenshilfewerber nur unzulänglich beantwortet, dann bedarf es zur Aufklärung von Zweifelsfragen keines weiteren Verbesserungsauftrags. Stellen sich die Angaben des Verfahrenshilfewerbers als unverlässlich heraus, dann mangelt es an der Anspruchsbescheinigung (vgl RL0000039; Weber/Poppenwimmer in Höllwerth/Ziehensack, ZPO § 66 ZPO Rz 6). Sind dem Gericht die im Vermögensbekenntnis enthaltenen Angaben amtlich als unrichtig bekannt, dann muss es von den als richtig bekannten Tatsachen ausgehen (M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 § 66 ZPO Rz 7). “
Nach diesen Grundsätzen wäre es an der Drittbeklagten gewesen, eine vollständiges und richtiges Vermögensbekenntnis samt den dazugehörigen Belegen vorzulegen. Dem ist sie jedoch trotz eines Verbesserungsauftrags durch das Erstgericht und der begründeten Abweisung ihres ersten Verfahrenshilfeantrags nicht ausreichend nachgekommen. Nur beispielhaft sei angeführt, dass die Drittbeklagte in ihren Vermögensbekenntnissen lapidar angibt:
- sie sei Treuhandkommanditist bzw Gesellschafterin in Gesellschaften ohne Vermögen;
- ihre Bankkonten, Bausparverträge, Wertpapiere seien „alle verpfändet“;
- Forderungen seien an ihren Refinanzierungspartner abgetreten bzw streitverfangen bzw vom Masseverwalter bestritten;
- sie habe Gesellschafts- oder Genossenschaftsanteile „als Treuhänder ohne Vergütung“,
- sie habe keine Bau- oder Pfandrechte an fremden Grundstücken, „die monetarisiert werden können – von Masseverwalter bestritten“.
In keinem dieser Punkte werden auch nur einigermaßen substanziierte, nachprüfbare Angaben gemacht, geschweige denn entsprechende Belege beigebracht. Unklar bleibt an welchen Gesellschaften (Firmenwortlaut, Firmenbuchnummer) die Drittbeklagte für sich selbst oder als Treuhänderin Anteile hält. Für die Vermögenslosigkeit dieser (unbekannten) Gesellschaften gibt es keine Belege (Bilanzen, Jahresabschlüsse, Buchhaltung, etc). Die Bankkonten, Bausparverträge und Wertpapiere werden nicht angegeben (Bankinstitut, Kontonummer, etc). Auch die Verpfändung ist in keiner Weise belegt. Die angeblich abgetretenen oder bestrittenen Forderungen werden in keiner Weise konkretisiert (Name und Anschrift der Schuldner, Höhe der Forderungen, Fälligkeit). Gleiches gilt für Pand- und Baurechte an fremden Grundstücken. Die Identität und Funktion des „Refinanzierungspartners“ wird nicht offengelegt. Die tatsächlich vorgelegten Urkunden stammen teilweise aus den Jahren 2021 (ON 34.5) und 2022 (ON 34.4.).
Insgesamt durfte das Erstgericht aus dem Gesamtverhalten der Drittbeklagten berechtigterweise den Schluss ziehen, dass diese in keiner Weise bemüht ist, eine vollständige, richtige und nachvollziehbare Darstellung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu geben und diese zu bescheinigen. Vor diesem Hintergrund besteht auch keine Verpflichtung, die Drittbeklagte oder gar ihren Steuerberater zur Aufklärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu vernehmen. Der Hinweis auf die Komplexität der Situation im Rekurs vermag daran nichts zu ändern, zumal eine solche „Komplexität“ weder im Rekurs noch in den bisherigen Anträgen der Drittbeklagten näher dargelegt oder begründet wird. Vielmehr machte die Drittbeklagte trotz eines Verbesserungsauftrags und der Abweisung ihres ersten Verfahrenshilfeantrags weiterhin nur offensichtlich unzureichende Angaben über ihr Vermögen und Einkommen. Entgegen der Ansicht des Rekurses wäre es durchaus zweckdienlich, etwa die Vermögenslosigkeit von Gesellschaften oder die Verpfändung von Forderungen durch Urkunden zu belegen. Dass die Drittbeklagte über gar keine Urkunden zu den oben angeführten Umständen verfügen würde und solche auch bislang nicht beschaffen konnte, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Das Erstgericht war in diesem Fall auch nicht verpflichtet einen weiteren Verbesserungsauftrag zu erteilen, handelt es sich doch um wiederholte Anträge, nachdem bereits ein erfolgloser Verbesserungsversuch und abweisender Beschluss über die Verfahrenshilfe vorliegen.
3. Neuerlich legt der Rekurs auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar. Dazu müsste er – zumindest ansatzweise – aufzeigen, welche Ergebnisse die Einvernahme der Drittbeklagten bzw ihres Steuerberaters hätten bringen können (vgl RS0043039). Die Behauptung, dass sich dadurch „wertvolle Hinweise“ zur „tatsächlichen wirtschaftlichen Situation“ ergeben hätten und die „Fragen der Gesellschaftsanteile und Schulden geklärt“ worden wären, reicht dafür nicht aus.
Damit war dem Rekurs nicht Folge zu geben. Die von der Klägerin in der Rekursbeantwortung angeregte Mutwillensstrafe nach § 69 ZPO wäre vom Prozessgericht erster Instanz zu verhängen und käme zudem nur in Betracht, wenn Verfahrenshilfe tatsächlich gewährt worden wäre (vgl Schindler in Kodek/Oberhammer , ZPO-ON § 69 ZPO Rz 4).
Kosten haben die Parteien zutreffend nicht verzeichnet (§ 72 Abs 3 ZPO).
Der Revisonsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig.