7Ra101/24k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende und die Richter Mag. Nigl und Mag. Zechmeister (Senat gemäß § 11a Abs 2 Z 2 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. A* , **, vertreten durch Dr. Christopher Kempf, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, wider die beklagte Partei Republik Österreich , Bundesministerium für Landesverteidigung, **, vertreten durch die Finanzprokuratur, **, wegen EUR 258.946,06 brutto sA (hier wegen Verfahrenshilfe), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom 30.9.2024, ** 85, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos aufgehoben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Text
Mit Beschluss vom 12.1.2024 (ON 57) hat das Erstgericht den Antrag des (damals unvertretenen) Klägers vom 27.6.2023 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang gemäß § 64 Abs 1 Z 1 bis 5 ZPO (in vollem Umfang) abgewiesen.
Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christopher Kempf, mit Schriftsatz vom 23.5.2024 (ON 81) Rekurs.
Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 30.9.2024 (ON 85) wies das Erstgericht den Rekurs des Klägers vom 23.5.2024 (ON 81) als verspätet zurück.
Das Erstgericht begründete dies zusammengefasst damit, dass dem Kläger der Beschluss ON 57 am 8.5.2024 durch Hinterlegung im Akt gem § 8 Abs 2 ZustG zugestellt worden sei, sodass die Rekursfrist gegen den Beschluss ON 57 am 22.5.2024 geendet habe. Der Rekurs ON 81 sei erst am 23.5.2024, sohin einen Tag verspätet, erhoben worden und deshalb wegen Verspätung zurückzuweisen.
Gegen diesen Beschluss ON 85 richtet sich der Rekurs des - weiterhin durch Rechtsanwalt Dr. Christopher Kempf vertretenen - Klägers (ON 86) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, „1. Das Rekursgericht wolle den angefochtenen Beschluss dahingehend ändern, dass der Rekurs des Klägers vom 23.05.2024 als fristgerecht angesehen wird; 2. Den angefochtenen Beschluss aufheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und/oder Entscheidung an das Erstgericht zurückverweisen.“
Rekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt .
Der Kläger gab mit Schriftsatz vom 7.5.2024 (ON 79) bekannt, Rechtsanwalt Dr. Christopher Kempf „mit seiner weiteren rechtsfreundlichen Vertretung bevollmächtigt und beauftragt zu haben“. Weiters ersuchte er darin, um Zustellung sämtlicher Schriftstücke zu dessen Handen.
Mit Beschluss vom 8.5.2024 (ON 80) schrieb das Erstgericht eine Verhandlung für den 28.6.2024 aus. Das Erstgericht verfügte dabei ua, dem Klagevertreter eine Ausfertigung des Beschlusses ON 57 samt Rechtsmittelbelehrung zuzustellen, dies mit dem Beisatz: „An den Kläger konnte der Beschluss ON 57 + RMB wegen Ortsabwesenheit (mehrmalig) bislang nicht zugestellt werden. Es erfolgt in einem durch das Gericht mit heutigem Datum auch eine Zustellung des Beschlusses ON 57 + RMB an den Kläger durch Hinterlegung gem § 8/2 Zustellgesetz im Akt“.
Eine solche Hinterlegung im Akt erfolgte auch tatsächlich am 8.5.2024.
Eine Ausfertigung des Beschlusses ON 57 samt Rechtsmittelbelehrung wurde dem Klagevertreter laut Zustellnachweis des Erstgerichts – unter Anwendung des § 89d Abs 2 GOG – am 10.5.2025 zugestellt (siehe dazu den der ON 80 angehefteten Zustellnachweis). Laut Rekursvorbringen ist diese Zustellung – unter Anwendung des § 89d Abs 2 GOG – (bereits) am 9.5.2024 erfolgt.
Mangels rechtlicher Relevanz kann dahinstehen, ob die Zustellung des Beschlusses ON 57 am 9.5.2024 oder 10.5.2024 erfolgt ist. In beiden Fällen wäre der Rekurs vom 23.5.2024 als rechtzeitig - weil innerhalb der 14-tägigen Rekursfrist erhoben – anzusehen. Entscheidend für den Beginn des Laufs der Rekursfrist ist die Zustellung des Beschlusses ON 57 an den Klagevertreter anzusehen (vgl §§ 26 ff ZPO). Wie oben referiert wurde, gab der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 7.5.2024 (ON 79) bekannt, Rechtsanwalt Dr. Christopher Kempf „mit seiner weiteren rechtsfreundlichen Vertretung bevollmächtigt und beauftragt zu haben“, wobei er sogar ausdrücklich, um Zustellung sämtlicher Schriftstücke zu dessen Handen ersuchte. Eine Zustellung des Beschlusses ON 57 hatte somit ab diesem Zeitpunkt an den Klagevertreter zu erfolgen. Die (erst) am 8.5.2024 erfolgte „Zustellung des Beschlusses ON 57 + RMB an den Kläger durch Hinterlegung gem § 8/2 Zustellgesetz im Akt“ ist somit nicht rechtmäßig und kann daher den Lauf der Rekursfrist in Bezug auf den Beschluss ON 57 nicht auslösen.
Da dem Rekurs bereits aus dem dargestellten Grund spruchgemäß Folge zu geben war, erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Rekursausführungen.
Dem Rekurs war daher spruchgemäß Folge zu geben.
In Verfahrenshilfesachen findet nach §§ 2 Abs 1 ASGG, 72 Abs 3 ZPO kein Kostenersatz statt, weshalb der Kläger die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen hat (vgl Fucik in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 72 ZPO Rz 4 mwN).
Die Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszugs ergibt sich aus §§ 2 Abs 1 ASGG, 528 Abs 2 Z 4 ZPO. Der Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO gilt nämlich für alle Rekursentscheidungen gegen im Verfahrenshilfeverfahren ergehende Beschlüsse ( Musger in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 528 ZPO Rz 75 mwN [Stand 1.9.2019, rdb.at]; Fucik aaO § 72 ZPO Rz 2).