JudikaturOLG Wien

2R127/24x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
03. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden sowie die Richter MMag. Pichler und Mag. Meinl in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH, **, vertreten durch Dr. Christoph Kopecky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH, **, vertreten durch Mag. Robert Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 15.500 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 10.6.2024, **, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe bestätigt, dass sein Punkt 3. lautet: „Der Antrag der Beklagten vom 27.12.2023, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen den Zahlungsbefehl des HG Wien zu ** vom 3.10.2023 zu bewilligen, wird abgewiesen.“

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt EUR 15.500 an Werklohn für Leistungen im Bereich der Wasser-Installationsarbeiten auf der Liegenschaft der Beklagten. Am 3.10.2023 erließ das Erstgericht antragsgemäß den Zahlungsbefehl. Dieser wurde nach einem Zustellversuch an der Adresse der Beklagten zur Abholung ab 11.10.2023 hinterlegt und am 31.10.2023 als nicht behoben retourniert. Am 22.11.2024 erklärte das Erstgericht den Zahlungsbefehl für rechtskräftig und vollstreckbar.

Am 27.12.2023 beantragte die Beklagte I. die Zustellung des Zahlungsbefehls, II. die Aufhebung der Vollstreckbarkeit, III. die Aufschiebung bzw Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 9 EO und beantragte bzw erhob in eventu IV. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, V. Einspruch gegen den Zahlungsbefehl und VI. die Aufschiebung bzw Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 1 EO.

Sie brachte dazu vor, dass dem Geschäftsführer der Beklagten C* am 14.12.2023 die Bewilligung der Fahrnisexekution des BG Innere Stadt Wien vom 07.12.2023, **, zugestellt worden sei. Der Postbote haben den RSb-Brief direkt dem Geschäftsführer übergeben. Die Beklagte wisse seitdem vom Bestehen des (vermeintlich) rechtskräftigen Zahlungsbefehls. Die Beklagte sei Mieter eines Geschäftslokales in einem Zinshaus in der **. Die Beklagte verfüge über kein eigenes Brieffach in der Hausbrieffachanlage, es könne daher auch keine Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung stattgefunden haben. Die Beklagte sei Mieterin in Top 2 und 3 in diesem Haus und teile sich das Büro mit der D* GmbH. Die Beklagte habe den Zahlungsbefehl nicht behoben, weil sie von der Hinterlegung keine Kenntnis erlangt habe und auch nicht erlangt habe können. Der Geschäftsführer der D* GmbH leere regelmäßig das Brieffach aus und sei auch im Zeitraum ab der Hinterlegung am 11.10.2023 an der Firmenadresse immer wieder aufhältig gewesen. Es sei anzunehmen, dass die Hinterlegungsanzeige entweder vom Zusteller nie in irgendein Brieffach des Hauses eingelegt worden sei, oder zwischen Werbesendungen gelangt sei und daher von der Beklagten nicht berücksichtigt werden habe können. Der Zahlungsbefehl sei daher bis dato nicht rechtswirksam zugestellt worden.

Die Klägerin äußerte sich weder zu diesen Anträgen der Beklagten noch zu den Ergebnissen des in der Folge durchgeführten Bescheinigungsverfahrens.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Anträge der Beklagten auf Zustellung des Zahlungsbefehls (Spruchpunkt 1) sowie auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung (Spruchpunkt 2) ab und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Spruchpunkt 3) sowie den Einspruch der Beklagten (Spruchpunkt 4) zurück.

Es traf die auf den Seiten drei und vier der Beschlussausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass der Zusteller an der Abgabestelle niemanden angetroffen habe und davon ausgehen habe dürfen, dass sich an der Abgabestelle regelmäßig jemand aufhalte, um die Post dem Hausbrieffach zu entnehmen. Die Verständigung und Hinterlegung des Zahlungsbefehls sei gemäß § 17 ZustG daher ordnungsgemäß vorgenommen worden. Dass es sich bei dem Hausbrieffach um eine Abgabestelle der Beklagten handle, sei sogar seitens der Beklagten dem Zusteller mitgeteilt worden. Aufgrund der gesetzmäßigen Zustellung des Zahlungsbefehls seien die Anträge zu den Spruchpunkten 1 und 2 abzuweisen. Für eine Wiedereinsetzung habe die Beklagte in ihrem Vorbringen keinerlei Wiedereinsetzungsgründe darlegen können. Auf ungeahnte oder nicht plausibel dargestellte Gründe sei nicht weiters einzugehen und der Wiedereinsetzungsantrag daher zurückzuweisen. Der Einspruch gegen den Zahlungsbefehl sei als verspätet zurückzuweisen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (1.) und Mangelhaftigkeit des Verfahrens (2.) mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattgegeben werde, dass dem Antrag auf Zustellung des bedingten Zahlungsbefehls gefolgt werde, dass der Einspruch berücksichtigt werde und dass insbesondere die Aufhebung der (Vollstreckbarkeits-)“Bestätigung des Zahlungsbefehls“ verfügt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt .

1. Voranzustellen ist, dass die Beklagte eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Erstgerichts rügt (Punkt 1.) und darauf in der Überschrift „mangelhafte und unrichtige Feststellungen“ verweist („ad 1.“). Als weiteren Rekursgrund gibt sie  eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens an (Punkt 2.), tituliert ihre Ausführungen dazu dann allerdings mit „unrichtige rechtliche Beurteilung“ („ad 2.“).

Zu den konkret geltend gemachten Rekursgründen lässt sich somit aus der gewählten Strukturierung des Rekurses wenig gewinnen. Allerdings gereicht eine unrichtige oder unvollständige Bezeichnung der Rechtsmittelgründe dem Rechtsmittelwerber nicht zum Schaden, wenn die Rechtsmittelausführungen die Beschwerdegründe deutlich erkennen lassen. Das Rechtsmittel muss als Ganzes betrachtet und danach beurteilt werden, welchem Rechtsmittelgrund die in dem Rechtsmittel enthaltenen Rügen zuzuordnen sind (RS0041851 [T8]).

2.1 Inhaltlich bemängelt die Beklagte eingangs, dass die Feststellungen des Erstgerichts unzutreffend seien und sich mit dem Ergebnis des Bescheinigungsverfahrens nicht in Einklang bringen ließen.

Sie argumentiert, (1.) dass es das Erstgericht in unzutreffender Weise als nicht bescheinigt angesehen habe, dass die Hinterlegungsanzeige nicht ordnungsgemäß in das Brieffach der Beklagten eingelegt worden sei, (2.) dass das Erstgericht die Aussage des Geschäftsführers E* übergangen habe, wonach es schon öfter Vorfälle gegeben habe, dass die Beklagte die Post nicht erhalten habe, und (3.) dass das Erstgericht die Aussage des Zustellers für überzeugender als jene des Geschäftsführers der Beklagten und der Auskunftsperson E* gehalten habe.

Sollte die Beklagte damit die Beweiswürdigung des Erstgerichts angreifen wollen, ist ihr zu entgegnen, dass über Rekurse ohne vorhergehende mündliche Verhandlung zu entscheiden ist (§ 526 Abs 1 ZPO). Das Rekursgericht darf daher nur jene Feststellungen des Erstgerichts überprüfen, die ausschließlich aufgrund mittelbar aufgenommener Beweise (oder Bescheinigungsmittel) getroffen wurden (RS0044018). Von Feststellungen, die das Erstgericht – wie hier - nicht nur auf Urkunden, sondern auch auf die Vernehmung von Zeugen oder Parteien gestützt hat, darf das Rekursgericht also nicht abgehen (RS0044018 [T6]). Das Rekursgericht darf die getroffenen Feststellungen daher nicht überprüfen, sondern hat sie ohne weiteres der Behandlung der Rechtsrüge zugrundezulegen.

Die von der Beklagten dargelegten Bedenken könnten allerdings auch darauf abzielen, eine mangelhafte Begründung und damit einen Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO aufzuzeigen. Denn fehlt für eine wesentliche Feststellung eine nachvollziehbare Begründung bzw hat sich das Gericht in seiner Beweiswürdigung hiezu mit großen Teilen der Beweisergebnisse nicht auseinandergesetzt, ist einer solchen Feststellung der Boden entzogen und ein Verfahrensmangel verwirklicht (vgl 4 Ob 91/10a, 4 Ob 41/06t).

Allerdings gelingt es der Beklagten nicht, derartige Begründungsmängel aufzuzeigen. Das Erstgericht hat ausführlich und stringent dargelegt, aufgrund welcher Ergebnisse des Bescheinigungsverfahrens es zu den getroffenen Feststellungen gelangt ist. Ein Begründungsmangel in der für die Verwirklichung eines Verfahrensmangels geforderten Qualität liegt somit nicht vor.

2.2 Die Beklagte bemängelt weiters, dass das Erstgericht Feststellungen dazu hätte treffen müssen, was mit der Hinterlegungsanzeige nach dem Einwurf in das Postfach möglicherweise passiert sei. Es fehlten jegliche Feststellungen zu ihrem Vorbringen, dass die Hinterlegungsanzeige möglicherweise zwischen Werbesendungen gelangt sei und daher von der Beklagten nicht berücksichtigt habe werden können.

Auch hier bleibt unklar, welchen konkreten Rechtsmittelgrund die Beklagte geltend macht, eine unrichtige rechtliche Beurteilung (worauf die angeführten Rekursgründe hinweisen), eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens oder unrichtige Tatsachenfeststellungen. Zu letzterem ist erneut darauf hinzuweisen, dass die auf Grundlage von unmittelbar aufgenommenen Beweisen getroffenen Tatsachenfeststellungen vom Rekursgericht nicht zu überprüfen sind.

Sollte die Beklagte mit dieser Argumentation – entsprechend den von ihr angeführten Rekursgründen – einen primären Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO aufzeigen wollen, so ist ihr zu entgegnen, dass ein solcher - soweit im gegenständlichen Zusammenhang relevant – nur vorliegt, wenn das Erstgericht infolge Zurückweisung von Beweisanträgen andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt hat ( Pimmer in Fasching/Konecny 3 , § 496 Rz 57). Dies ist hier nicht gegeben, das Erstgericht hat alle von der Beklagten angebotenen Bescheinigungsmittel aufgenommen.

Soweit die Beklagte moniert, dass das Erstgericht zu ihrem Vorbringen, dass die Hinterlegungsanzeige möglicherweise zwischen Werbesendungen gelangt sei und daher von der Beklagten nicht berücksichtigt habe werden können, (gar) keine Feststellungen getroffen habe, versucht sie, sekundäre Feststellungsmängel aufzuzeigen, greift also die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts an.

Für die begehrten Feststellungen fehlt es aber an entsprechendem Vorbringen. Diesbezüglich ist auf die rechtlichen Ausführungen im Zusammenhang mit dem Wiedereinsetzungsantrag (siehe unten Punkt 4.2) zu verweisen.

2.3 Insgesamt ist den Ausführungen der Beklagten zu „mangelhaften und unrichtigen Feststellungen“ (ad 1.) somit ein Erfolg zu versagen.

3. Unter der Überschrift „unrichtige rechtliche Beurteilung“ (ad 2.) äußert die Beklagte zunächst Bedenken gegen die Gültigkeit der Zustellung . Ihrer Ansicht nach handle es sich bei dem betreffenden Brieffach nicht um einen geeigneten Ort für die Hinterlassung einer Hinterlegungsanzeige. Das Fach sei nicht versperrbar und lediglich mit der Bezeichnung „**“ bezeichnet gewesen. Der Zusteller hätte daher die Hinterlegungsanzeige an der Wohnungstür anzubringen gehabt.

Dazu ist einleitend klarzustellen, dass die Beklagte an der betreffenden Adresse ihren Sitz und ihr Büro hat. Es handelt sich somit um eine „Abgabestelle“ gemäß § 2 Z 4 ZustG.

Gemäß § 17 Abs 1 ZustG ist das Dokument […] zu hinterlegen, wenn es an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Nach Absatz 2 ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen.

Gemäß Absatz 4 ist die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig, wenn die im Absatz 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Das Argument der Beklagten, dass das im betreffenden Haus befindliche Hausbrieffach keine Abgabeeinrichtung darstelle, verfängt nicht.

Das Brieffach ist Teil einer dem ganzen Haus dienenden Hausbriefanlage. Es ist durch die Bezeichnung „**“ eindeutig dem von (ua) der Beklagten als Büro genutzten Top zugeordnet. Dass dazu ergänzend der Firmenname eines bereits gelöschten Unternehmens angeführt ist, schadet nicht. Dieses Brieffach wurde laufend für die Zustellung von Poststücken verwendet und (ua) vom Geschäftsführer der Beklagten regelmäßig entleert.

Auch die mangelnde Versperrbarkeit nimmt dem Brieffach nicht seine Eignung als Abgabeeinrichtung. Dazu ist § 17 Abs 2 ZustG näher zu betrachten, wonach im Fall, dass ein Einlegen der Verständigung von der Hinterlegung in das Hausbrieffach oder ein Zurücklassen an der Abgabeeinrichtung nicht möglich sein sollte, diese an der Abgabestelle zurückzulassen bzw an der Wohnungstüre anzubringen ist.

Zum einen stellt diese Bestimmung also bloß darauf ab, dass ein Einlegen möglich ist, bzw sieht für den gegenteiligen Fall Alternativen vor. Die Frage der Versperrbarkeit des Faches ist dafür irrelevant.

Zum anderen lässt sich aus dieser Bestimmung ableiten, dass es beim Hinterlassen der Hinterlegungsanzeige auf eine durch Versperren gegen unbefugte Entnahme gesicherte Einrichtung nicht ankommt. Denn das Gesetz sieht sogar ein Zurücklassen oder Anbringen an der Türe als ausreichend an. Die Rechtsansicht der Beklagten, dass „in einem offenen Postfach nicht hinterlegt werden“ dürfe, kann dementsprechend nicht geteilt werden.

Wenn die Beklagte weiters argumentiert, dass wegen einer „schlechten Briefkastenkultur“ (wobei sie sich dabei vom festgestellten Sachverhalt löst) eine Verständigung der Hinterlegungsanzeige an der Wohnungstür stattfinden hätte müssen, so ist ihr zu entgegnen, dass nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes dies eben nur dann zulässig ist, wenn ein Einlegen ins Hausbrieffach nicht möglich ist. Eine „schlechte Briefkastenkultur“ hat darauf keinen Einfluss.

Das Einlegen der Hinterlegungsanzeige in das Hausbrieffach der Beklagten war somit zulässig.

Da gemäß § 17 Abs 4 ZustG eine im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die in § 17 Abs 2 ZustG genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde, wird die Wirksamkeit einer Zustellungen auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Verständigung dem Zustellempfänger nicht zugekommen ist (RS0036624).

Die Zustellung des Zahlungsbefehls durch Hinterlegung war somit gültig. Die Unkenntnis von einer gesetzmäßigen Zustellung kann lediglich einen Wiedereinsetzungsgrund bilden.

4.1 Die Beklagte bemängelt im Hinblick auf ihren Wiedereinsetzungsantrag , dass vom Erstgericht relevante Feststellungen nicht getroffen worden seien. Dazu ist die (in „Ad. 1 mangelhafte und unrichtige Feststellungen“ enthaltene) Rüge zu zählen, dass zu ihrem Vorbringen, dass die Hinterlegungsanzeige möglicherweise zwischen Werbesendungen gelangt sei und daher von der Beklagten nicht berücksichtigt habe werden können, jegliche Feststellungen fehlten. Weiters vermisst sie nachvollziehbare Feststellungen dazu, dass der Beklagten grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Erstgericht in seiner Begründung darauf abstellt, dass die Beklagte in ihrem Vorbringen keinerlei Wiedereinsetzungsgründe dargelegt habe und auf ungeahnte oder nicht plausibel dargestellte Gründe nicht weiters einzugehen sei. Es hat aus diesem Grund schon davon abgesehen, durch entsprechende Befragung der vernommenen Personen Beweis zu dieser Thematik aufzunehmen, und hat es folgerichtig auch unterlassen, Tatsachen dazu festzustellen.

Tatsächlich brachte die Beklagte in ihrem Antrag ON 4 (und auch ihrem Rekurs) nahezu ausschließlich Tatsachen vor, die rechtlich darauf abzielten, dass der Zahlungsbefehl der Beklagten nicht wirksam zugestellt worden sei. Wenn die Beklagte in ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung aus diesen Umständen folgert, dass sie ohne Verschulden daran gehindert gewesen sei, rechtzeitig vom Zahlungsbefehl Kenntnis zu erlangen und dagegen fristgerecht Einspruch zu erheben, so übersieht sie, dass Grundvoraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Versäumnis einer Frist ist. Wenn der Zahlungsbefehl gar nicht rechtswirksam zugestellt worden wäre, hätte die Einspruchsfrist gar nicht zu laufen begonnen und die Beklagte hätte keine Frist versäumt.

4.2 Ausgehend von der Tatsache, dass die Hinterlegungsanzeige in das Hausbrieffach eingelegt wurde, die Zustellung damit als gültig anzusehen ist und die Einspruchsfrist zu laufen begann, beschränkt sich das weitere Beklagtenvorbringen ausschließlich darauf, dass die Hinterlegungsanzeige zwischen Werbesendungen gelangt sei und daher nicht von der Beklagten berücksichtigt habe werden können.

Gemäß § 149 Abs 1 ZPO hat die Partei, welche die Wiedereinsetzung beantragt, in dem bezüglichen Schriftsatze oder in dem den Schriftsatz ersetzenden Anbringen zu Protokoll alle den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Umstände anzuführen und die Mittel zu ihrer Glaubhaftmachung anzugeben.

In einem Wiedereinsetzungsantrag ist somit insbesondere das gemäß § 146 Abs 1 ZPO geforderte unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis anzuführen, durch das die Partei an der rechtzeitigen Vornahme der befristeten Prozesshandlung verhindert wurde. § 146 Abs 1 ZPO nennt dazu ausdrücklich den Umstand, dass die Partei von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat.

Das von der Beklagten dazu erstattete Vorbringen erfüllt diese Anforderungen nicht bzw ist unschlüssig. Die Tatsache, dass die Verständigung möglicherweise zwischen Werbesendungen gelangt sei, kann nicht alleine als Erklärung dafür dienen, dass die Hinterlegungsanzeige von der Beklagten nicht berücksichtigt werden konnte. Es handelt sich nachgerade um den Standardfall, dass sich die tägliche Post aus verschiedenen Brief- und Werbesendungen zusammensetzt. Dieser Umstand stellt für sich kein Hindernis im Sinne des § 146 Abs 1 ZPO dar. Die Beklagte bot in ihrem Vorbringen schlicht keine – in einem Bescheinigungsverfahren überprüfbare - Erklärung dafür an, aus welchen Gründen sie von der – gegebenenfalls zwischen Werbesendungen liegenden - Hinterlegungsanzeige keine Kenntnis erlangt habe (etwa wie sie beim Durchsehen und Sortieren des Postfach-Inhalts vorgehe bzw wie sie es organisiert habe, dass die an sie adressierten Poststücke von jenen an die andere Büro- und Brieffachnutzerin und von Werbung entsprechend getrennt werde).

Dasselbe gilt, soweit die Beklagte darüber hinaus das Fehlen von Feststellungen bemängelt, auf deren Grundlage der Grad des Verschuldens beurteilt werden könnte:

Wie in § 146 Abs 1 ZPO ausdrücklich festgeschrieben, hätte die Beklagte zumindest die Gründe darlegen müssen, warum sie ohne Verschulden keine Kenntnis von der Hinterlegung erlangt haben soll. Ihr Vorbringen beschränkte sich hingegen auf (spekulative) Annahmen zum Verbleib der Hinterlegungsanzeige, enthielt allerdings keine Umstände, aufgrund derer ein Verschulden der Beklagten ausgeschlossen bzw dessen Grad als minder beurteilt werden könnte.

Dem Rekurs war daher auch in dieser Hinsicht ein Erfolg zu versagen.

5.  Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren gründet auf §§ 40 und 50 ZPO. Die Klägerin hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig. Auch eine „Maßgabebestätigung“ ist ein Konformatsbeschluss, wenn damit keine Änderung des Inhaltes der erstgerichtlichen Entscheidung vorgenommen werden soll (RS0074300 T17). Der Wiedereinsetzungsantrag scheiterte hier sowohl nach der Begründung des Erstgerichts als auch nach der des Rekursgerichts am nicht ausreichenden Vorbringen zu den Wiedereinsetzungsgründen.

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