22Bs49/25d – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Einzelrichter Mag. Hahn in der Strafsache gegen A* wegen § 218 Abs 1a StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 31. Jänner 2025, GZ **-7, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht nach der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Wien vom 14. November 2024 erfolgten Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen A* wegen § 218 (Abs 1a) StGB gemäß § 190 Z 2 StPO (ON 1.1) über dessen Antrag auf Zuspruch von EUR 1.707,50 (ON 6) unter Abweisung des Mehrbegehrens den an ihn zu leistenden Pauschalbeitrag zu den Kosten der Verteidigung mit EUR 350,--.
Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des A*, worin er – verkürzt dargestellt - moniert, dass aufgrund der zuletzt stattgefundenen Gesetzesänderung gemäß § 196a StPO für ein durchschnittliches bezirksgerichtliches Verfahren EUR 1.500,-- pauschal als Beitrag zu den Kosten zustehen (ON 8).
Rechtliche Beurteilung
Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.
Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 StPO eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung gemäß § 196a Abs 1 StPO zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von EUR 6.000,-- nicht übersteigen.
Das Höchstmaß des Beitrags kann bei Verfahren, die durch außergewöhnlichen Umfang oder besondere Komplexität gekennzeichnet sind, sowie im Falle der Überschreitung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens (§ 108a Abs 1 StPO) um die Hälfte überschritten und im Falle extremen Umfangs des Verfahrens auf das Doppelte erhöht werden (Abs 2 leg cit).
Maßgebliches Kriterium ist daher der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen, die Dauer des Ermittlungsverfahrens, die Anzahl an Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalts, der in seiner Komplexität (von ganz einfachen Fällen wie einem einfachen Diebstahl oder einer gefährlichen Drohung bis hin zu umfangreichen Strafverfahren im Bereich der organisierten Kriminalität oder Wirtschaftsstrafverfahren von entsprechend höherer Komplexität) variieren kann und bei dem auch Aspekte wie beispielsweise die Art der wirtschaftlichen Verflechtungen (Schachtelfirmen, mehrfache Auslandsbeteiligungen), die Besonderheiten von schwer nachvollziehbaren Geldflüssen (unklare Geldverschiebungen in andere Länder) oder Sachverhaltskonstellationen, die die Ermittlungsarbeit erheblich aufwendig (Erfordernis von Sachverständigengutachten und Rechtshilfeersuchen) gestalten, zu berücksichtigen sind. Die Bemessung des Beitrags steht jedoch weiterhin unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der einzelnen Verteidigungshandlungen (EBRV 2557 BlgNR 27. GP 3).
Für ein durchschnittliches Verfahren der „Grundstufe“ (Stufe 1) erachtet es der Gesetzgeber als angezeigt, von den durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein sogenanntes Standardverfahren auszugehen und den sich dabei ergebenden Betrag als Ausgangsbasis für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags heranzuziehen. Da die Bandbreite der Verfahren, die in Stufe 1 fallen, - wie schon oben dargestellt - von ganz einfachen Verteidigungsfällen bis hin zu aufwendigen Wirtschaftsstrafsachen reicht, kann sich der Betrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw. sich von diesem wieder entfernen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein durchschnittliches, in die landesgerichtliche Zuständigkeit resultierendes Standardverfahren im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw. einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw. Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostensätze der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) rund EUR 3.000,-- an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird (EBRV 2557 BlgNR 27. GP 5).
Für Verfahren, die – wie das vorliegende – in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fallen, ist angesichts deren im Regelfall geringeren Komplexität und auch der kürzeren Verfahrensdauer eine Reduktion der „Ausgangsbasis“ angezeigt, sodass hier als Richtwert die Hälfte des Durchschnittswerts, sohin EUR 1.500,--, angemessen erscheint (EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 5).
Orientiert an den dargelegten Kriterien ist konkret von einem insgesamt unterdurchschnittlichen Verteidigungsaufwand auszugehen. Der Ermittlungsakt umfasste bis zur Einstellung lediglich zwei Ordnungsnummern und wurde das allein gegen den Beschwerdeführer geführte Verfahren nur sechs Tage nach seiner Vernehmung eingestellt.
Der Verteidiger verzeichnete im Wesentlichen neben einer Vollmachtsbekanntgabe mit verbundenem Antrag auf Akteneinsicht Kosten für eine schriftlichen Stellungnahme an die LPD ** sowie für eine Teilnahme an der achtminütigen (vgl. ON 2.5) Beschuldigtenvernehmung (ON 6.3).
Die zu lösenden Sach- und Rechtsfragen erwiesen sich zudem als nicht besonders komplex. Die Wartezeit vor der Vernehmung fällt nicht besonders ins Gewicht und kann im bloßen Vorliegen eines Ermächtigungsdelikts keine besondere Schwierigkeit erblickt werden.
Vor diesem Hintergrund ist der vom Erstgericht festgesetzte Betrag von EUR 350,-- nicht zu gering bemessen.
Richtig ist, dass die Regelung des § 196a StPO nun einen Kostenbeitrag bei Einstellung des Ermittlungsverfahrens vorsieht und die davor bestehenden Höchstsätze tatsächlich erweitert wurden. Allerdings darf in diesem Zusammenhang aber nicht außer Acht gelassen werden werden, dass § 393a Abs 2 Z 3 StPO in Verfahren vor dem Bezirksgericht bei einem Freispruch, also in der Regel nach Abführung eines Ermittlungsverfahrens und einer Hauptverhandlung sowie eventuell auch eines Rechtsmittelverfahrens samt zweitem Rechtsgang, einen Höchstbeitrag zu den Verteidigerkosten von EUR 5.000,-- normiert. Demgemäß muss ein solcher Beitrag für den Fall bloß eines Ermittlungsverfahrens deutlich geringer ausfallen.
Aufgrund des fallbezogen äußerst kurzen und aus Sicht des Verteidigers nicht überdurchschnittlich aufwendigen Ermittlungsverfahrens erweist sich der vom Erstgericht zugesprochene Beitrag von mehr als 20% der üblichen „Ausgangsbasis“ (EUR 1.500,-- im Fall eines bezirksgerichtlichen Verfahrens) als angemessen und nicht korrekturbedürftig.
Die Beschwerde gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss – auch in Ansehung des nicht erfolgten Ersatzes der Barauslagen für „ERV-Kosten“ (vgl. 7 Ob 218/16h; RIS-Justiz RG0000128) - musste daher erfolglos bleiben.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).