JudikaturOLG Wien

3R197/24y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Resetarits und die KR Mag. a Rodrix in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , geb. **, Pensionistin, **, vertreten durch Mag. Elisabeth Mace, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei C* Aktiengesellschaft , FN **, **, vertreten durch Dr. Nikolaus Friedl, Rechtsanwalt in Wien, wegen (zuletzt) EUR 30.683,72 s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 20.09.2024, **, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen des Beklagtenvertreters die mit EUR 3.269,22 (darin enthalten EUR 544,87 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hat mit der Beklagten einen Haushaltsversicherungsvertrag abgeschlossen, der auch das Risiko Feuer umfasst. Auf diesen Vertrag kommen die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung (ABH 2007) zur Anwendung, die auszugsweise lauten wie folgt:

„Artikel 7 Versicherungswert:

1. Als Versicherungswert von versicherten Sachen gemäß Artikel 1, Punkt 1. gilt grundsätzlich der Neuwert.

Als Neuwert gelten die Kosten für die Wiederherstellung bzw. Wiederbeschaffung von neuen Sachen gleicher Art und Güte.

[…]

Artikel 8 Entschädigung

1. Besondere Bestimmungen zur Entschädigung:

1.1 Bei Zerstörung oder Abhandenkommen wird der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Schadenereignisses ersetzt.

1.2 Bei Beschädigung werden die notwendigen Reparatur- bzw. Reinigungskosten zur Zeit des Eintritts des Schadenereignisses (Neuwertschaden), höchstens jedoch der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Schadenereignisses, ersetzt.

[…]

Artikel 11 Zahlung der Entschädigung;

Wiederherstellung, Wiederbeschaffung;

1. Der Versicherungsnehmer hat vorerst nur Anspruch: 1.1. bei Zerstörung oder Abhandenkommen der versicherten Sachen auf Ersatz des Zeitwertes.

1.2 Bei Beschädigung der versicherten Sachen auf Ersatz des Zeitwertschadens.

Der Zeitwertschaden verhält sich zum Neuwertschaden wie der Zeitwert zum Neuwert.

2. Den Anspruch auf den die Zahlung gemäß Punkt 1. übersteigenden Teil der Entschädigung – bei Wertsachen gemäß Artikel 1, Punkt 1.1.2 auf den, für den Versicherungsnehmer erzielbaren Kaufpreis übersteigenden Teil der Entschädigung – erwirbt der Versicherungsnehmer erst dann und nur insoweit, als folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

2.1 Es ist gesichert, dass die Entschädigung zur Gänze zur Wiederherstellung bzw. Wiederbeschaffung verwendet wird.

2.2 Die wiederhergestellten bzw. wiederbeschafften Sachen dienen dem gleichen Verwendungszweck.

2.3 Die Wiederherstellung bzw. Wiederbeschaffung erfolgt binnen drei Jahren ab dem Eintritt des Schadenereignisses.“

Am 01.02.2021 ereignete sich in der Wohnung der Klägerin ein Brand. Im Hinblick auf das Schadensereignis zahlte die Beklagte der Klägerin unpräjudiziell einen Betrag von EUR 15.292,74. Dieser Betrag schlüsselt sich auf wie folgt:

- Neuwertentschädigung Vorhänge, Rollos EUR 924,83, Küchenzeile inkl Geräte EUR 3.700,--; Reinigung von Elektrogeräten EUR 650,--; Geruchsneutralisierung Ozongenerator EUR 300,--; Lebensmittel EUR 416,67; Erstreinigung EUR 250,--; USt EUR 1.248,30; brutto EUR 7.489,80;

- weiterer Ersatz: Entsorgung nicht reinigbarer Teile der Küche EUR 200,--; Reinigung der Einrichtungsgegenstände EUR 2.200,--; notwendige Materialien für Reinigungsarbeiten EUR 246,--; Kosten der Textilreinigung EUR 3.011,58; GU-Zuschlag EUR 425,64; Abwicklungkosten EUR 335,06; Abzug wegen Entsorgungsrabattes – EUR 562,90; USt EUR 1,294,66; brutto EUR 7.767,95;

- anteilige Elektrogeräte brutto EUR 34,99;

- Kleiderreinigung (direkt an die D* GmbH bezahlt) EUR 636,34.

Die Klägerin begehrt die Zahlung weiterer EUR 30.683,72 s.A, die sich sich aus den Kosten der Wiederbeschaffung diverser (Einrichtungs)Gegenstände (insgesamt EUR 27.182,62), dem Ersatz von Reinigungs- und Entrümpelungskosten (EUR 12.956,80), Ausmietkosten (gesamt EUR 5.105,--), dem Zeitwertersatz von Kinderspielzeug (EUR 600,--), Dokumentations- sowie Generalunkosten (insgesamt EUR 132,04) unter Berücksichtigung der geleisteten Teilzahlungen zusammensetzt. Die – näher bezeichneten – Gegenstände, deren Wiederbeschaffungswert begehrt werde, haben entsorgt werden müssen, eine Reinigung oder Reparatur sei nicht möglich gewesen. ‬

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und bringt zusammengefasst vor, die Klägerin habe die ihr zustehenden Beträge bereits erhalten. Der Großteil der Gegenstände sei reinigbar. Zudem werden nach den Versicherungsbedingungen nur Gegenstände gleicher Art und gleicher Gute neuwertentschädigt. Die Wohnung der Klägerin sei ohne hochwertiges Inventar ausgestattet gewesen. Nach Ablauf von drei Jahren stehe der Klägerin zudem nur mehr eine Zeitwertentschädigung zu.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es stellte den auf den Urteilsseiten 2 bis 4 sowie 7 bis 10 ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den verwiesen wird. Insbesondere traf es folgende bekämpfte Feststellungen:

Die Wohnung der Klägerin hat rund 42 m² und war zum Zeitpunkt des Brandes am 01.02.2021 nicht hochwertig, sondern einfach und zweckmäßig ausgestattet. Die Wohnung war durch den Brand leicht verrußt, was der von der Beklagten beigezogene Sachverständige auch noch zwei Tage später bei der Besichtigung wahrnehmen konnte. bekämpfte Feststellung [F1]

Es kann nicht festgestellt werden, ob das Kinderspielzeug für die Enkelkinder der Klägerin neuwertig und durch den Brand gänzlich beschädigt war bzw. einen Wert von EUR 600,-- hatte .“ bekämpfte Feststellung [F2]

Die in den von der Klägerin eingeholten Kostenvoranschlägen enthaltenen Gegenstände (.A - ./J) sind höherwertig als jene Gegenstände, die in ihrer Wohnung vorhanden waren bzw. sind. bekämpfte Feststellung [F3]

Der Zeitwert der an der Wohnung vorhanden gewesenen bzw. dort verbliebenen korrespondierenden Gegenstände kann nicht festgestellt werden. bekämpfte Feststellung [F4]

„E s kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin vom Schadensereignis weg vorübergehend für zehn Monate, d. h. bis inklusive November 2022 in der im gleichen Haus befindlichen Wohnung ihres Mannes tatsächlich alleine lebte, während dieser bei Freunden unterkam. Ebenso wenig kann festgestellt werden, ob die Klägerin die monatliche Miete von EUR 413,50 (./L) samt nicht feststellbaren tatsächlich angefallenen Stromkosten komplett übernahm, alternativ, ob sie sich an den Kosten anteilsmäßig beteiligte, bejahendenfalls in welchem Ausmaß. Ebenso wenig kann festgestellt werden, ob die Klägerin Kosten von EUR 120,-- für einen eigenen Internetanschluss in der Wohnung ihres Mannes aufwendete .“ bekämpfte Feststellung [F5]

Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin beabsichtigt/e, die von der Beklagten bereits erhaltenen Deckungsbeiträge (Vorhänge, Rollos; Küchenzeile inklusive Geräte) oder zukünftige Deckungsbeiträge zur Wiederherstellung bzw. Wiederbeschaffung im Sinne des ABH 2007 zu verwenden. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin innerhalb von drei Jahren ab dem Schadensereignis, d. h. dem Brand am 01.02.2021, zum Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses am 09.04.2024 war diese Frist auch schon abgelaufen, beabsichtigte, eine Wiederherstellung beziehungsweise Wiederbeschaffung im Sinne der ABH 2007 in Angriff zu nehmen und abzuschließen .“ bekämpfte Feststellung [F6]

Vielmehr war die Klägerin in Dezember 2021 wieder in ihre Wohnung gezogen, wobei nicht festgestellt werden kann, ob sie zwischen dem Schadensereignis am 01.02.2021 und ihrem Wiedereinzug außer die bereits entsorgt gewesenen Teile der Küche – weitere Gegenstände, insbesondere Einrichtungsgegenstände mit Textilelementen (Sessel, Couch, Bett) oder Geschirr sowie Besteck entsorgte. bekämpfte Feststellung [F7]

Rechtlich erwog das Erstgericht, ein Neuwertersatz scheide schon deshalb aus, weil nicht gesichert sei, dass die Entschädigung zur Gänze zur Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung verwendet werde und keine Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung binnen drei Jahre ab dem Schadensereignis erfolgt sei. Darüber hinaus bestehe Anspruch auf Neuwertersatz gem Art 7 AHB 2007 nur für Sachen gleicher Art und Güte, was nach den Feststellungen keinesfalls erfüllt sei. Für einen Zeitwertersatz bestehe keine Sachverhaltsgrundlage. Vor diesem Hintergrund erübrige sich ein Eingehen auf weitere Tat- und/oder Rechtsfragen insbesondere zur Reinigbarkeit von Gegenständen und dem Gesundheitszustand der Klägerin.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil abzuändern und dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Mängelrüge

1.1. Die Berufungswerberin rügt die unterlassene Ergänzung des eingeholten Sachverständigengutachtens von DI E* und releviert die Unterlassung der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Bei Einholung dieser Gutachten wäre das Erstgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Reinigung der beschädigten Gegenstände (auch aus medizinischen Gründen) nicht möglich gewesen sei.

1.2. Das Erstgericht hat zur Frage der Möglichkeit der Reinigung der beschädigten Gegenstände keine Feststellungen getroffen, weshalb die von der Berufung relevierten Umstände keinen (primären) Stoffsammlungsmangel, sondern nur eine sekundäre Mangelhaftigkeit im Sinn des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO begründen könnten, die mit der Rechtsrüge aufzugreifen und im Rahmen von deren Erledigung zu behandeln sind. Einen primären Verfahrensmangel im Sinn des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO bringt die Berufungswerberin damit nicht zur Darstellung (RS0043304).

2. Beweisrüge

2.1. Anstelle der bekämpften Feststellungen [F1] bis [F4] begehrt die Berufungswerberin folgende Ersatzfeststellungen:

Bei dem in der Wohnung der Klägerin am 01.02.2021 stattgefundenen Brandereignis sind das Inventar der Wohnung und zahlreiche Gegenstände massiv beschädigt worden und sind nahezu die gesamte Wohnungseinrichtung sowie sämtliche Geräte unbrauchbar geworden und müssen diese wiederbeschafft und ersetzt werden. Die Wohnung der Klägerin war hochwertig ausgestattet und wurde durch den Brand stark verrußt. Ersatzfeststellung [E1]

Das Kinderspielzeug der Enkelkinder der Klägerin war neuwertig und wurde durch den Brand gänzlich beschädigt bzw. hat[te] einen Wert von EUR 600,--. Ersatzfeststellung [E2]

Die in den von der Klägerin eingeholten Kostenvoranschlägen enthaltenen Gegenstände (./A - ./J) entsprechen jenen Gegenständen, die in ihrer Wohnung vorhanden waren bzw. sind. Ersatzfeststellung [E3]

Der Zeitwert der in der Wohnung vorhanden gewesenen bzw. dort verbliebenden korrespondierenden Gegenstände beträgt zumindest Euro 31.964,--. Ersatzfeststellung [E4]

Die Berufungswerberin meint, das Erstgericht habe das eingeholte Sachverständigengutachten und die vorlegten Lichtbilder (Beilage ./L) in der Beweiswürdigung nicht (ausreichend) berücksichtigt. Aus diesen Beweisergebnissen (sowie ihrer und der Aussage des Zeugen B*) ergebe sich insbesondere der Umstand, dass die Gegenstände nicht gereinigt werden hätten können.

2.2. Die erfolgreiche Geltendmachung der Beweisrüge setzt auch voraus, dass die bekämpfte und die gewünschte Feststellung in einem Austauschverhältnis zueinander stehen. Ein solches liegt nur dann vor, wenn zwischen der bekämpften und der begehrten Feststellung ein derartiger inhaltlicher Widerspruch (Gegensatz) besteht, dass sie nicht nebeneinander bestehen können. Die eine Feststellung muss die andere ausschließen (RS0043150 [T9]; RI0100145). Das Erstgericht hat keine Feststellungen zur Frage getroffen, ob vom Brand betroffene Gegenstände unbrauchbar zerstört wurden oder aber eine Instandsetzung durch eine Reinigung möglich gewesen wäre. Jene Teile der Ersatzfeststellung [E1], die diesen Umstand behandeln („ unbrauchbar geworden und müssen neu angeschafft werden “), setzen sich damit nicht in Widerspruch zur bekämpften Feststellung [F1], sondern erweitern diese, womit ein sekundärer Feststellungsmangel gerügt wird, auf den noch in der Rechtsrüge einzugehen sein wird. Aus welchen Beweisergebnissen die Berufungswerberin ableiten möchte, dass die Wohnung vor dem Brand hochwertig ausgestattet gewesen sei, legt sie nicht dar. In Übereinstimmung mit dem Erstgericht widerspricht dieser Standpunkt eklatant den im Akt erliegenden Lichtbildern (Beilage ./N). Ob die Wohnung bei dem Brandereignis leicht oder stark verrußt wurde, ist nicht von Bedeutung, weil daraus allein kein Rückschluss auf den tatsächlich eingetretenen Schaden gezogen werden kann.

2.3. Die im Akt liegenden Lichtbilder (Beilage ./N, Fotos Nr. 44 bis 46) zeigen einige augenscheinlich billige Plastikspielzeuge, für die die Klägerin – wie auch bei allen anderen Gegenständen – weder eine Rechnung, noch sonstige Beweismittel vorlegte, aus denen sich der (Neu- oder Zeit-) Wert ableiten lassen hätte. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Spielzeug auch nur annähernd einen Wert von EUR 600,-- hat(te), liegen nicht vor. Eine Beschädigung ist auf den Bildern nicht ersichtlich, sodass der Negativfeststellung [F2] insgesamt keine Bedenken begegnet.

2.4. Das Erstgericht hat die Feststellung [F3] ausführlich begründet (US 16). Diesen Ausführungen - denen sich das Berufungsgericht anschließt und mit denen sich die Berufung inhaltlich nicht auseinandersetzt - ist nichts hinzuzufügen.

2.5. Die Klägerin hat für keinen einzigen Gegenstand Rechnungen oder sonstige Beweismittel vorgelegt, aus denen sich ein Zeitwert auch nur näherungsweise ableiten ließe. Wie sich der nun in der Erstfeststellung [E4] genannte Zeitwert von zumindest EUR 31.964,-- errechnet, legt die Berufung nicht offen, ist aber – neben dem Umstand, dass ein solcher im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht behauptet wurde – insoweit bemerkenswert, als dieser Wert sogar den begehrten Wiederbeschaffungswert der Gegenstände übersteigt. Da kein einziges Beweisergebnis besteht, das Aufschluss über die jeweiligen Zeitwerte gegeben hätte, ist die bekämpfte Negativfeststellung [F4] nicht zu beanstanden.

2.5. Anstelle der bekämpften Feststellung [F5] bis [F7] werden folgende Ersatzfeststellungen begehrt:

Die Klägerin lebte vom Schadensereignis weg vorübergehend für zehn Monate, d.h. bis inklusive November 2021 in der im gleichen Haus befindlichen Wohnung ihres Mannes tatsächlich alleine, während dieser bei Freunden unterkam. Die Klägerin hat während dieses Zeitraumes die monatliche Miete von Euro 413,50 (./L) und die tatsächlich angefallenen Stromkosten komplett übernommen. Darüber hinaus hat die Klägerin Kosten von EUR 120,-- für einen eigenen Internetanschluss in der Wohnung ihres Mannes aufgewendet. Ersatzfeststellung [F5]

Die Klägerin beabsichtigt, die von der Beklagten bereits erhaltenen Deckungsbeiträge und auch zukünftige Deckungsbeiträge zur Wiederherstellung bzw. Wiederbeschaffung im Sinne der ABH 2007 zu verwenden. Die Klägerin beabsichtigte innerhalb von drei Jahren ab dem Schadensereignis, d. h. dem Brand am 01.02.2021, eine Wiederherstellung bzw. Wiederbeschaffung im Sinne der ABH 2007 in Angriff zu nehmen und abzuschließen.“ Ersatzfeststellung [F6]

Die Klägerin hat zwischen dem Schadensereignis am 1.2.2021 und ihrem Wiedereinzug weitere Gegenstände, insbesondere Einrichtungsgegenstände mit Textilelementen (Sessel, Couch, Bett) und Geschirr sowie Besteck entsorgt. Ersatzfeststellung [F7]

Die Berufungswerberin meint, das Erstgericht hätte ihrer und der Aussage des Zeugen B* folgen müssen. Zudem sei die Beweiswürdigung zur bekämpften Feststellung [F7] spekulativ.

2.6. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Maßgeblich ist alleine, ob für die richterliche Einschätzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ausreichende Gründe bestanden ( Klauser/Kodek JN-ZPO 18 § 467 ZPO E 39/1). Die Beweiswürdigung kann daher nur dadurch erfolgreich angefochten werden, dass stichhaltige Gründe gegen deren Richtigkeit ins Treffen geführt werden ( Rechberger in Fasching/Konecny 3 § 272 ZPO Rz 4 ff).

2.7. Die Erstrichterin hat sich in der Beweiswürdigung umfassend mit den Aussagen der Genannten auseinandergesetzt und detailliert dargelegt, weshalb es diesen Angaben keinen Glauben schenkte. Die Berufungswerberin unternimmt weitgehend nicht einmal den Versuch, Argumente gegen die nachvollziehbare Beweiswürdigung ins Treffen zu führen, sondern begnügt sich damit, auf die beiden Aussagen zu verweisen. Mangels inhaltlicher Auseinandersetzung mit den einzelnen Argumenten der erstgerichtlichen Beweiswürdigung gelingt es der Berufungswerberin nicht, Zweifel an dieser zu erwecken.

3. Rechtsrüge

3.1. Art 11 AHB sieht eine „strenge“ Wiederherstellungsklausel vor, welche den Anspruch durch den Versicherungsfall zunächst nur in Höhe des Zeitwertes entstehen lässt und der Restanspruch auf die „Neuwertspanne“ erst dadurch entsteht, dass die Wiederherstellung durchgeführt oder (fristgerecht) gesichert ist (vgl RS0120710). Die Wiederherstellungsklausel bei der Neuwertversicherung begründet keine Obliegenheit, sondern eine Risikobegrenzung (RS0081840). Ist die Wiederbeschaffung (Wiederherstellung) einmal ausreichend sichergestellt, wird der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Bezahlung des Neuwertes fällig. Dieser fällig gewordene Anspruch besteht auch dann, wenn sich später herausstellen sollte, dass trotz Sicherstellung in der Folge die Wiederbeschaffung unterbleibt (RS0121821). Wann die Verwendung gesichert ist, ist nach Treu und Glauben zu entscheiden (RS0081868). Dabei darf keine 100%ige Sicherheit, ob eine Wiederherstellung gesichert ist, verlangt werden, sondern es darf bloß kein vernünftiger Zweifel an deren Durchführung bestehen. Die Vorlage von Kostenvoranschlägen, einer Absichtserklärung des Versicherungsnehmers, eines noch nicht angenommenes Angebotes, die bloße Bauplanung oder eine bloß behelfsmäßige Reparatur reichen aber für die Sicherung der Wiederherstellung nicht aus (7 Ob 132/22w).

3.2. Die Klägerin hat im Verfahren bloß Kostenvoranschläge vorgelegt, mit denen sie eine Sicherstellung gerade noch nicht ausreichend nachgewiesen hat. Die Negativfeststellung zur Wiederherstellungsabsicht geht zu ihren Lasten (vgl zB 7 Ob 132/22w). Der Klägerin steht schon aus diesem Grund kein Ersatz auf Basis des Neuwertes zu, auf die in der Berufung aufgeworfene Frage der Fortlaufhemmung sowie den Umstand, ob eine Reinigung möglich gewesen wäre, kommt es somit nicht mehr entscheidend an.

3.3. Die Klägerin hat ihr Begehren in erster Instanz, trotz des Einwandes der Beklagten (vgl S 2 in ON 42), gar nicht auf eine Entschädigung nach dem Zeitwert gestützt. Ein Zuspruch der Zeitwertentschädigung würde aber ohnedies an der Negativfeststellung des Erstgerichtes scheitern. Gleiches gilt für die weiters begehrten Kosten, gegen deren Abweisung in der Rechtsrüge aber ohnedies keine Ausführungen getätigt werden.

Der unberechtigten Berufung war der Erfolg zu versagen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

4. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen war.

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