JudikaturOLG Wien

18Bs47/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Mag. Frohner in der Strafsache gegen A* wegen § 205a Abs 1 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Februar 2025, GZ **, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird dahingehend Folge gegeben , dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* im Ermittlungsverfahren gemäß § 196a Abs 1 StPO auf 600,- Euro erhöht wird.

Text

Begründung:

Am 13. Jänner 2025 stellte die Staatsanwaltschaft Wien das gegen A* wegen des Verdachts der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung nach § 205a Abs 1 StGB geführte Ermittlungsverfahren nach Einlangen des Abschlussberichts der Landespolizeidirektion B* zu ** (ON 2) gemäß § 190 StPO ein (ON 1.2, 1).

Mit Antrag vom 12. Februar 2025 (ON 5.2) begehrte A* die Zuerkennung eines Beitrags zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren in Höhe von 1.200,- Euro, somit 20 % des Höchstbetrages nach § 196a Abs 1 StPO, und verwies dabei – unter Anschluss eines Leistungsverzeichnisses – auf die zu seiner Verteidigung erforderlichen Vertretungshandlungen seines Verteidigers wie eine Mandantenbesprechung, Akteneinsicht beim Landeskriminalamt, E-Mail-Verkehr mit dem Mandanten, den zuständigen Behörden bzw der C* sowie der Erstattung einer Stellungnahme für den Beschuldigten (ON 5.3).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. Februar 2025 bestimmte die Erstrichterin den Beitrag zu den Kosten der Verteidigung gemäß § 196a Abs 1 StPO mit 200,- Euro.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde des A* (ON 7.2), der im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zukommt.

Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 StPO eingestellt, hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient hat. Als Kriterien für die Bemessung des Beitrags nach § 393a StPO, an den die Regelung des § 196a StPO angelehnt ist, wurden von der Judikatur bisher der Aktenumfang, die Schwierigkeit bzw Komplexität der Sach- und Rechtslage (etwa die Notwendigkeit, sich mit Gutachten auseinander zu setzen) sowie der Umfang des Ermittlungsverfahrens (Haftverhandlungen, Beschwerden) herangezogen. Die Höhe der vom Verteidiger seinem Mandanten im Innenverhältnis verrechneten Kosten ist für die Bemessung grundsätzlich nicht von Belang ( Lendl , WK-StPO § 393a Rz 10f).

Der Pauschalkostenbeitrag im Höchstbetrag der Grundstufe (Stufe 1) in Höhe von 6.000 Euro soll grundsätzlich für alle Verteidigungshandlungen zur Verfügung stehen, die nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Da die Bandbreite der Verfahren, die in Stufe 1 fallen, von ganz einfachen Verteidigungsfällen, wie etwa einer gefährlichen Drohung, bis hin zu Wirtschaftsstrafsachen, die auch in dieser Stufe vorkommen können, reicht, kann sich der Betrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw sich von diesem weiter entfernen. Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein durchschnittliches Standardverfahren rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz Berücksichtigung findet, Erfolgs- und Erschwerniszuschläge jedoch außer Betracht zu bleiben haben.

In Anwendung der genannten Kriterien ist dem Erstgericht vorweg dahingehend beizupflichten, dass es sich bei gegenständlichem Verfahren aufgrund des geringen Umfangs der Ermittlungsergebnisse (vier Ordnungsnummern bis zur Einstellung) und des dargelegten Verfahrensaufwands im Vergleich zu Standardfällen um einen deutlich weniger arbeits- und zeitintensiven Ermittlungsakt handelt, der mit Blick auf den singulär aufzuklärenden Tatvorwurf weder tatsächlich schwierig erfassbar noch rechtlich komplex war.

Die Höhe des Verteidigerkostenbeitrags ist somit innerhalb des für all jene Verteidigungsfälle, die nicht außergewöhnlich oder extrem sind, zur Verfügung stehenden Rahmens des Abs 1 leg cit auszumitteln.

Zur konkreten Bemessung wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein durchschnittliches Standardverfahren eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostenansätze der allgemeinen Honorarkriterien rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird.

Wenngleich somit in den Erläuterungen zu § 196a StPO nun Beträge für die Bestimmung der Pauschalkosten bei einem durchschnittlichen Verfahren am Bezirks- und am Landesgericht bestimmt werden, ändert dies nichts daran, dass – wie bisher - weiterhin bei ganz einfachen Verteidigungsfällen der Einstieg etwa bei 10 % des Höchstbetrags anzusetzen ist ( Lendl, aaO Rz 9ff), da die Kriterien für die Bemessung des konkreten Pauschalkostenbetrages an die Regelung des § 393a Abs 1 StPO angelehnt werden sollen (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 3). Es wird daher grundsätzlich an der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten, sodass weiterhin kein vollständiger Ersatz der Verteidigerkosten stattfindet, sondern ein angemessener Beitrag dazu geleistet wird.

Dem Rechtsmittelwerber ist dahingehend beizupflichten, dass fallkonkret, auch wenn es sich um ein nicht komplexes sowie im Umfang unterdurchschnittliches Ermittlungsverfahren handelt, ein Beitrag von lediglich 200,- Euro nicht als angemessen angesehen werden kann, zumal die im Antrag unter Anschluss eines Leistungsverzeichnisses plausibel dargelegten Tätigkeiten (ON 5.3) als zweckmäßige Verteidigungshandlungen anzusehen sind und insgesamt ein nicht unerhebliches Ausmaß an Einsatz des Verteidigers dokumentieren. Der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren ist daher diesem Umstand Rechnung tragend entsprechend zu erhöhen.

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