JudikaturOLG Wien

7Ra102/24g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
25. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende, die Richterin Mag. Derbolav-Arztmann und den Richter Mag. Zechmeister sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Stefan Varga und MMag. PhD Cornelia Axmann in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die bfp Brandstetter Feigl Pfleger Rechtsanwälte GmbH in Amstetten, wider die beklagte Partei B* GmbH , **, vertreten durch die Bruckmüller Rechtsanwalts GmbH in Linz, wegen zuletzt EUR 37.955,99 brutto s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.9.2024, **-15, gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass unter den Spruchpunkten 1. und 2. des angefochtenen Urteils nach jeweils der Wortfolge „dem Kläger“ die Wortfolge „binnen 14 Tagen“ ergänzt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.664,32 (darin EUR 610,72 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1.6.2017 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde mit Vereinbarung vom 17.1.2024 einvernehmlich zum 31.8.2024 aufgelöst. Zur Anwendung gelangt der Kollektivvertrag für Angestellte im Handwerk und Gewerbe (im Folgenden kurz als „Kollektivvertrag“ bezeichnet).

Der Kläger begehrte zuletzt einen Betrag von EUR 37.955,99 brutto s.A. Er brachte zusammengefasst vor, dass es sich dabei um offene Ansprüche aus seinem Dienstverhältnis zur Beklagten handle. Ihm seien Vordienstzeiten nicht angerechnet und kollektivvertragliche Gehaltserhöhungen nicht gewährt worden. Die vereinbarten Provisionen seien ihm laut Arbeitsvertrag für die Abgeltung von Mehrarbeitsstunden, Überstunden, Diäten, Reisezeiten und Rufbereitschaften gewährt worden. § 18 Abs 1 des Kollektivvertrags, der vorsehe, dass Provisionen im Hinblick auf das Mindestgrundgehalt zu berücksichtigen seien, könne daher nicht angewendet werden. Es könne nicht ein und derselbe Betrag gleichzeitig zur Abwendung einer bestehenden kollektivvertraglichen Unterentlohnung und gleichzeitig zur Abgeltung von erbrachten Überstunden dienen. Die Beklagte könne sich auch nicht auf Verfall berufen. Der Verfallseinwand der Beklagten sei sittenwidrig und unberechtigt. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten die rechtzeitige Geltendmachung der klagsgegenständlichen Ansprüche vereitelt oder zumindest erschwert. So seien ihm Abrechnungsunterlagen nicht zur Verfügung gestellt worden. Ein Verfall nach § 18 des Kollektivvertrags könne nicht eingetreten sein, weil zur Überprüfung, ob das Mindestgrundgehalt erreicht worden sei, die jahresdurchschnittliche Provision hätte vorliegen müssen. Eine etwaige Verfallsfrist für die Ansprüche des Jahres 2023 hätte daher erst nach Dezember 2023 beginnen können.

Die Beklagte bestritt das Klagsvorbringen und beantragte Klagsabweisung. Sie wendete im Wesentlichen ein, dass mit dem Kläger auf Grund seiner Verwendung als Personalberater zusätzlich zum Grundgehalt eine Provisionsvereinbarung abgeschlossen worden sei. Aus § 18 Abs 1 des Kollektivvertrags folge, dass diese Provision im Hinblick auf das Mindestgrundgehalt zu berücksichtigen sei. Der Kollektivvertrag habe darüber hinaus nur Erhöhungen der Mindestgehälter vorgesehen und keine Erhöhung der Ist-Gehälter sowie der Sonderzahlungen. Darüber hinaus seien die Ansprüche, die sich auf einen Zeitraum vor dem 23.11.2023 beziehen würden, verfallen, weil der Dienstvertrag eine schriftliche Geltendmachung innerhalb von 3 Monaten ab Fälligkeit vorsehe und erstmals mit Schreiben der Arbeiterkammer C* vom 23.2.2024 die Ansprüche geltend gemacht worden seien. Zur korrekten Anrechnung der Vordienstzeiten wäre der Kläger verpflichtet gewesen, die dafür relevanten Unterlagen vorzulegen, was er jedoch nicht getan habe. Im Übrigen sei der Kläger unabhängig vom Verwendungsgruppenjahr immer über dem im Kollektivvertrag angegebenen Mindestgrundgehalt entlohnt worden. Aus § 11 des Kollektivvertrags folge, dass als Basis der Sonderzahlungen das Fixum zu dienen habe. Zusätzlich habe die Beklagte die Überschreitung des Mindestgrundgehalts, die durch die Provisionszahlung eingetreten sei, der Einfachheit halber monatlich mitberücksichtigt. Jedenfalls seien Ansprüche des Klägers, selbst unter der Annahme, dass er tatsächlich Ansprüche auf Grund fehlender Anrechnung von Vordienstzeiten habe, gemäß § 17 Abs 8 des Kollektivvertrags verfallen. Der Kläger habe seine Einstufung spätestens seit Unterfertigung des Dienstvertrags gekannt und hätte 2 Monate Zeit gehabt, allfällige Nachweise zur Anrechnung zu bringen. Unzutreffend sei, dass ihm irgendwelche Abrechnungsunterlagen nicht zur Verfügung gestellt worden wären, vielmehr habe er monatlich Gehaltsabrechnungen erhalten.

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Beklagte schuldig, dem Kläger EUR 1.150,42 brutto s.A. zu zahlen (Spruchpunkt 1. des angefochtenen Urteils). Das Klagemehrbegehren auf Zahlung weiterer EUR 36.805,17 brutto s.A. wurde abgewiesen (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Urteils).

Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

„Mit E-Mail vom 13. April 2016 bewarb sich der Kläger beim damaligen Prokuristen der beklagten Partei, Ing. D*, als Kunden-Personalberater (Beilage./4) und übermittelte aus diesem Anlass unter anderem seinen Lebenslauf. In diesem finden sich unter anderem Tätigkeiten als Personalmanager bei „E*“, Gebietsleiter bei F*, Filialleiter Stv. bei „G*“ und Niederlassungsleiter bei H*.

Seit dem Jahr 2006 hatte der Kläger eine Tätigkeit als Personalvermittler ausgeübt, wie schließlich auch bei der beklagten Partei.

Es kam zu einem Bewerbungsgespräch zwischen dem Kläger und Ing. D*, im Zuge dessen der Kläger nach seinen bisherigen Tätigkeiten und Aufgaben befragt wurde. Die Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei Verwendungsgruppenjahren wurde nicht explizit besprochen, Ing. D* forderte den Kläger lediglich auf, den Lebenslauf „ordentlich“ zu verbessern sowie einen Versicherungsdatenauszug vorzulegen. Dies tat der Kläger auch am folgenden Tag.

Auf Basis des Lebenslaufs sowie des übermittelten Versicherungsdatenauszuges kam Ing. D* zum Ergebnis, dass als Vordienstzeiten fünf Jahre und vier Monate anzurechnen wären und vermerkte dies auch am Versicherungsdatenauszug des Klägers (Beilage./4, Seite 5).

Am 2. Juni 2016 wurde zwischen der beklagten Partei und dem Verein „I*“ ein von 08.06.2016 bis 07.12.2016 befristeter Überlassungsvertrag betreffend den Kläger geschlossen, in welchem sich als Berechnungsgrundlage des Entgelts der Hinweis auf „KV für Angestellte im Handwerk und Gewerbe, Verwendungsgruppe III nach 4 Vwgrj.“ findet (Beilage./G).

Am 6. Dezember 2016 wurde zwischen dem Kläger und der J* GmbH, ein Dienstvertrag geschlossen, wobei eine Einstufung in Verwendungsgruppe I erfolgte (Beilage./B).

Am 2. Juni 2017 schlossen die Parteien einen unbefristeten Arbeitsvertrag, in welchem sich auszugsweise folgende Vereinbarungen finden:

„8. Eingestuft in Vwgr.: III Verwendungsjahr : 1+2“;

„10. Gehalt: 1.783,71 /Monat (brutto), fällig am Monatsletzten.

11. Weiters wird eine Provisionszahlung entsprechend einer gesondert zu treffenden Vereinbarung ausbezahlt. Mit dieser, über den Kollektivvertrag hinausgehenden Zahlungen sind sämtliche Mehrarbeitsstunden, Überstunden, Diäten, Reisezeiten und Rufbereitschaften abgegolten.

12. Sonderzahlungen: Das Gehalt unter Punkt 10 wid nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages 14 mal jährlich ausbezahlt (Provisionszahlungen haben darauf keinerlei Auswirkungen!!).“

„24. soweit gesetzlich oder kollektivvertraglich nichts anderes vorgesehen ist, hat der/die Dienstnehmer/in offene Ansprüche aus dem gegenständlichen Dienstverhältnis bei sonstigem Verfall innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit bei der Gesellschaft schriftlich geltend zu machen. Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleiben die gesetzliche Verjährungsfrist gewahrt.“ (Beilage./D)

Bei Abschluss des Dienstvertrages wurden zwischen den Parteien keine weiteren Gespräche über Verwendungsgruppe und Verwendungsjahr geführt.

Die im Dienstvertrag erwähnte Zusatzvereinbarung betreffend Provisionen lautet auszugsweise:

„1. Die ersten 6 Monate wird 1% des Monatsumsatzes der Kostenstelle als Bruttoprovision berücksichtigt. Die Auszahlung erfolgt ein Monat im Nachhinein.

Ab dem 7. Monat wird für die Provisionszahlung 1% des Monatsumsatz der Kostenstelle als Basiswert mit dem Faktor Z des vorherigen Monats (aus Tabelle DB) multipliziert. Die Auszahlung dieser Bruttoprovision erfolgt ein Monat im Nachhinein.“ (Beilage./E)

Im Zeitraum April 2021 bis April 2024 wurden dem Kläger folgende Bruttozahlungen geleistet:

April 2021: 2.932,46, Mai 2021: 3.032,44, Juni 2021: 4.954,57, Juli 2021: 3.170,86, August 2021: 3.389,63, September 2021: 3.545,17, Oktober 2021: 3.450,59, November 2021: 5.109,18, Dezember 2021: 3.376,72, Jänner 2022: 3.271,42, Februar 2022: 3.271,42, März 2022: 3.271,42, April 2022: 3.466,81, Mai 2022: 3.271,42, Juni 2022: 5.442,69, Juli 2022: 3.545,47, August 2022: 3.508,22, September 2022: 3.405,97, Oktober 2022: 3.584,79, November 2022: 5.428,78, Dezember 2022: 3.594,14, Jänner 2023: 3.556,93, Februar 2023: 3.556,92, März 2023: 3.556,92, April 2023: 3.556,92, Mai 2023: 3.556,92, Juni 2023: 5.340,63, Juli 2023: 3.670,82, August 2023: 3.827,36, September 2023: 3.556,93, Oktober 2023: 3.556,92, November 2023: 5.341,26, Dezember 2023: 3.556,92, Jänner 2024: 3.899,94, Februar 2024: 3.899,95, März 2024: 3.899,94, April 2024: 3.899,94 (Beilage./2).

Diese Beträge umfassen stets das in Punkt 10 des Dienstvertrages erwähnte Fixum von Euro 1.783,71 brutto sowie die Provisionen laut Zusatzvereinbarung Beilage./E.

Darüber hinaus erhielt der Kläger jeweils im Juni und November eines Jahres Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration in Höhe von jeweils Euro 1.783,71 ausbezahlt.

Während des Dienstverhältnisses beanstandete der Kläger regelmäßig mündlich gegenüber seinem Vorgesetzten Herrn K* die Einstufung laut Dienstvertrag.

Erstmals schriftlich machte er Ansprüche mit Schreiben der Arbeiterkammer C* vom 23.2.2024 geltend (Beilage./3).

Der Kläger hatte während seines Dienstverhältnisses die Gehaltsabrechnungen regelmäßig erhalten, ebenso waren ihm die geleisteten Mehr- und Überstunden bekannt. Auch hinsichtlich der Provisionszahlungen erhielt er an jedem Monatsende einen Datensatz, aus welchem sich Kunde und Umsatz ergaben.

Dass die beklagte Partei aufgrund einer Überschreitung des vierzehnfachen kollektivvertraglichen Mindestgrundgehalts am Jahresende diese Überschreitung, die durch die Provisionszahlungen eingetreten wäre, der Einfachheit halber sogleich monatlich bei Sonderzahlungen berücksichtigen würde, wurde mit dem Kläger nicht vereinbart und diesem auch nicht mitgeteilt.“

Rechtlich führte das Erstgericht zusammengefasst aus, § 18 des Kollektivvertrags normiere, dass das Mindestgrundgehalt eines Provisionsbeziehers als erreicht gelte, wenn sein Monatsbruttogehalt zuzüglich der jahresdurchschnittlichen Provision das Mindestgrundgehalt der entsprechenden Verwendungsgruppe erreiche. Die Formulierung des Kollektivvertrags differenziere nicht zwischen unterschiedlichen Provisionsarten. Eine Auslegung des normativen Teils eines Kollektivvertrags nach den Grundsätzen der §§ 6, 7 ABGB ergebe, dass die dem Kläger geleisteten Provisionen bei der Frage der Erreichung des Mindestgrundgehalts zu berücksichtigen seien. Stelle man unter diesem Blickwinkel die Mindestgrundgehälter laut Kollektivvertrag von April 2021 bis März 2024 den an den Kläger geleisteten Zahlungen gegenüber, werde deutlich, dass selbst unter Zugrundelegung einer höheren Anzahl von Verwendungsgruppenjahren – wie vom Kläger anlässlich der Klagsausdehnung vorgebracht – das Mindestgrundgehalt stets erreicht worden sei. Dies auch unter Berücksichtigung, dass in den Monaten Juni und November Sonderzahlungen in Höhe von EUR 1.783,71 geleistet worden seien.

Auch aus der Tatsache, dass das Fixum seit Beginn des Dienstverhältnisses gleich geblieben sei und sich daher die Differenz von diesem zum Mindestgrundgehalt laut Kollektivvertrag erhöht habe, könne für den Kläger nichts gewonnen werden. Der Kollektivvertrag enthalte keine Bestimmung zu einer Mitnahme der Überzahlung oder Erhöhung der Ist-Gehälter oder die Aufrechterhaltung der Überzahlung bei Vorrückungen. Erhöht würden nur die kollektivvertraglichen Mindestgehälter. Im Falle einer Überzahlung bleibe das verdiente Gehalt so lange unverändert, als der Gesamtbetrag das kollektivvertragliche Mindestgehalt übersteige. Erhalte ein Arbeitnehmer somit ein überkollektivvertragliches Gehalt, verringere sich die Überzahlung bei Vorrückung in ein höheres Verwendungsgruppenjahr entsprechend. Es erfolge somit keine Anpassung des überkollektivvertraglichen Gehalts. Bereits hieraus ergebe sich, dass der Anspruch des Klägers auf Gehaltsdifferenzen nicht zu Recht bestehe.

Fraglich sei allerdings noch, ob die geleisteten Sonderzahlungen den einzelvertraglichen und kollektivvertraglichen Ansprüchen genügten. Der Berechnung der Höhe der Weihnachtsremuneration bzw. des Urlaubszuschusses sei ein Monatsgehalt zugrundezulegen. Die dem Kläger geleistete Provision stelle keine garantierte Mindestprovision, sondern eine Umsatzprovision dar, weshalb sie in dieses Monatsgehalt nicht einzubeziehen sei. Die Höhe des Gehalts sei nach dem Stichtagsprinzip zu ermitteln, relevant sei die Höhe des Bezugs im Monat der Fälligkeit. Dem Kläger seien stets Sonderzahlungen in Höhe seines Fixums von EUR 1.783,71 brutto ausbezahlt worden. Eine Gegenüberstellung dieser von Juni 2021 bis November 2023 geleisteten Sonderzahlungen mit den in diesen Monaten kollektivvertraglich gebührenden Mindestgehältern ergebe, dass stets das gemäß § 11 Abs 1 des Kollektivvertrags jedenfalls zustehende Mindestgrundgehalt nicht erreicht worden sei. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass der Beklagten aus den Unterlagen und dem Bewerbungsgespräch im Jahr 2016 bekannt gewesen sei, dass es hinsichtlich des Klägers anrechenbare Vordienstzeiten gegeben habe, die jedoch im Dienstvertrag Beilage ./D nicht Berücksichtigung gefunden hätten. Anrechenbare Vordienstzeiten seien vom Angestellten zu Beginn des Dienstverhältnisses, längstens jedoch innerhalb von 2 Monaten nachzuweisen. Ungeachtet der im Kollektivvertrag normierten Nachweispflicht des Arbeitnehmers bestehe eine entsprechende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, der den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen habe, dass die Anrechnung der im Bewerbungsschreiben bzw. bei den Vertragsverhandlungen erwähnten Vordienstzeiten noch eines zusätzlichen Nachweises durch entsprechende Zeugnisse oder Arbeitspapiere bedürften, falls er darauf noch einen Wert lege. Die Beklagte sei ihrer Fürsorgepflicht hinsichtlich der ihr bekannten Vordienstzeiten nicht nachgekommen. Daher habe der Kläger grundsätzlich die Möglichkeit, seine Ansprüche hieraus auch über die im Kollektivvertrag erwähnten 2 Monate seit Beginn des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.

Fraglich sei, ob die Ansprüche darüber hinaus nach dem Dienstvertrag verfallen seien. Die im Dienstvertrag vereinbarte Bestimmung, dass Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen seien, sei wirksam. Diese Vereinbarung sei nicht sittenwidrig. Die Berufung der Beklagten auf die Verfallsklausel verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Dass die Beklagte während des Dienstverhältnisses einen anderen Rechtsstandpunkt als der Kläger eingenommen und Gehaltsabrechnungen auf dieser Basis übergeben habe, könne keine Sittenwidrigkeit darstellen. Die Beklagte habe dem Kläger auch ordnungsgemäße Abrechnungen übergeben. Es sei kein bewusst rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten vorgelegen, das es darauf angelegt hätte, dem Kläger die Geltendmachung seiner Ansprüche ernsthaft zu erschweren. Vielmehr habe die fehlerhafte Berechnung der Sonderzahlungen auf einer anderen Rechtsansicht beruht. Da die im Dienstvertrag vereinbarte Bestimmung, dass Ansprüche innerhalb von 3 Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend zu machen seien, wirksam und die erstmalige schriftliche Geltendmachung durch den Kläger erst am 23.2.2024 erfolgt sei, seien alle Ansprüche auf Sonderzahlungen exklusive der Weihnachtsremuneration 2023 verfallen. Hinsichtlich dieser bestehe das Klagebegehren allerdings zu Recht und wäre dem Kläger unter Heranziehung der auf Grund der Vordienstzeiten zustehenden Einstufung nach „10 Verwendungsgruppenjahren“ eine Weihnachtsremuneration in Höhe des Fixums von EUR 2.934,13 brutto zugestanden. Tatsächlich ausbezahlt worden seien jedoch lediglich EUR 1.783,71 brutto. Im Ausmaß der Differenz von EUR 1.150,42 brutto bestehe das Klagebegehren zu Recht.

Gegen den klagsabweisenden Teil dieses Urteils (Spruchpunkt 2.) richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich rechtlicher Feststellungsmängel mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im zur Gänze klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird im Anfechtungsumfang ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben. Die Beklagte erhebt in ihrer Berufungsbeantwortung eine Tatsachenrüge.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

Auch der Tatsachenrüge der Beklagten in ihrer Berufungsbeantwortung kommt keine Berechtigung zu.

Zur Tatsachenrüge der Beklagten in ihrer Berufungsbeantwortung:

Die Beklagte bekämpft in ihrer Berufungsbeantwortung „hilfsweise“ Feststellungen des Erstgerichts.

1.) Zunächst bekämpft sie folgende Feststellung:

„Während des Dienstverhältnisses beanstandete der Kläger regelmäßig mündlich gegenüber seinem Vorgesetzten Herrn K* die Einstufung laut Dienstvertrag.“

Stattdessen begehrt sie folgende Ersatzfeststellung:

„Der Kläger hat weder mündlich noch schriftlich seine Einstufung laut Dienstvertrag beanstandet und bis zum AK-Schreiben niemals Ansprüche geltend gemacht.“

Die Beklagte führt im Wesentlichen aus, dass das Erstgericht die bekämpfte Feststellung auf die Aussage des Klägers bei seiner Parteienvernehmung gestützt habe. Dabei verkenne das Erstgericht jedoch, dass sich der Kläger in seinen Aussagen betreffend die Unterredungen zur Einstufung ständig widersprochen habe. Darüber hinaus habe der Kläger selbst angegeben, dass bei Abschluss des Dienstvertrags nicht über Verwendungsgruppe oder Verwendungsjahr gesprochen worden sei. Diese Aussage decke sich mit der Aussage des Geschäftsführers der Beklagten. Aus einer Gesamtschau der Aussagen ergebe sich, dass der Kläger – wenn überhaupt – lediglich moniert habe, dass er zu wenig verdient habe.

Diese Tatsachenrüge ist nicht berechtigt.

Die bekämpfte Feststellung findet Deckung in der Aussage des Klägers (vgl. ON 12.4, S 3 unten). Ein Widerspruch in den Angaben des Klägers, der die Glaubwürdigkeit seiner Aussage stichhaltig in Zweifel ziehen lassen würde, liegt nicht vor. Die Beklagte differenziert nämlich nicht ausreichend zwischen den verschiedenen Zeitpunkten, zu denen die Frage der Einstufung Gesprächsthema war oder nicht. So ist der Beklagten zu entgegnen, dass das Erstgericht unbekämpft festgestellt hat, dass bei dem Bewerbungsgespräch zwischen dem Kläger und Ing. D* die Berücksichtigung von Vordienstzeiten der Verwendungsgruppenjahre nicht explizit gesprochen wurde. Diese Feststellung findet auch Deckung in der diesbezüglichen Aussage des Klägers (vgl. ON 12.4, S 2). Ebenso wurde vom Erstgericht unbekämpft festgestellt, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 2.6.2017 zwischen den Parteien keine weiteren Gespräche über Verwendungsgruppe und Verwendungsjahr geführt wurden.

Der Beklagten gelingt es somit nicht, stichhaltige Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Feststellung und der vom Erstgericht dazu angestellten Beweiswürdigung zu erwecken. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht die Angaben des Klägers zu diesem Beweisthema als glaubwürdig beurteilte (vgl. S 8 f des angefochtenen Urteils) und seinen Feststellungen zugrunde legte.

2.) Die Beklagte bekämpft „hilfsweise“ weiters folgende erstgerichtliche Feststellung:

„Ing. D* forderte den Kläger lediglich auf, den Lebenslauf „ordentlich“ zu verbessern sowie einen Versicherungsdatenauszug vorzulegen.“

Die Beklagte begehrt stattdessen folgende Ersatzfeststellung:

„Der Kläger hat trotz eigener Angaben und Aufforderung – bis auf den Versicherungsdatenauszug – keine weiteren Nachweise hinsichtlich einer allfälligen Anrechnung von Vordienstzeiten vorgelegt.“

Die Beklagte versucht auch hier die bekämpfte Feststellung mit dem wesentlichen Argument zu bekämpfen, dass die dieser Feststellung zugrundeliegende Aussage des Klägers unrichtig sei und sich aus der Aussage des Zeugen Ing. D* die begehrte Ersatzfeststellung ergebe.

Auch diese Tatsachenrüge ist nicht berechtigt.

Von der Beklagten wird zu Recht nicht in Zweifel gezogen, dass die bekämpfte Feststellung Deckung in der Aussage des Klägers findet (Näheres dazu s. ON 12.4, S 2 f). Die Argumentation der Beklagten vermag keine stichhaltige Bedenken gegen die Richtigkeit der Angaben des Klägers in diesem Punkt zu erwecken. Auch die Aussage des Zeugen Ing. D* ist nicht ausreichend geeignet, die Unrichtigkeit der bekämpften Feststellung und der diesbezüglichen Aussage des Klägers zu begründen. Hervorzuheben ist nämlich, dass der Zeuge Ing. D* bei seiner gerichtlichen Vernehmung – im Unterschied zum Kläger - großteils angab, dass er sich hinsichtlich der verschiedenen beim Bewerbungsgespräch besprochenen Punkte „nicht mehr genau erinnern könne“ und „dies jetzt nicht mehr wisse“ (Näheres dazu s. ON 12.4, S 8 ff).

Da der Tatsachenrüge der Beklagten keine Berechtigung zukommt und der Kläger lediglich eine Rechtsrüge erhoben hat, übernimmt das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen und legt sie seiner Entscheidung zugrunde (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).

Zur Rechtsrüge der Berufung des Klägers:

1.) Unter Punkt 1. der Rechtsrüge beanstandet der Kläger, dass das Erstgericht die an ihn erfolgten Provisionszahlungen „für die Erreichung des kollektivvertraglichen Mindestgrundgehalts“ berücksichtigt habe. Der Kläger führt dazu zusammengefasst aus, dass die Regelung des § 18 des Kollektivvertrags nur insoweit gelten könne, als nicht zulässigerweise eine andere (einzelvertragliche) Regelung zu Gunsten des Arbeitnehmers getroffen worden sei und/oder keine Überstunden angefallen seien, die durch den gleichen Provisionsbetrag abgedeckt würden, da eine Provisionszahlung nicht einerseits geleistete Überstunden (gemäß einer Dienstvertragsregelung) abgelten und andererseits gleichzeitig auch noch eine kollektivvertragliche Unterentlohnung ausgleichen könne. Die zwischen den Streitteilen getroffene einzelvertragliche Vereinbarung in Punkt 11. des Arbeitsvertrags sehe vor, dass mit den Provisionszahlungen eine Abgeltung von Mehrarbeitsstunden, Überstunden, Diäten, Reisezeiten und Rufbereitschaften einhergehe. Dass die Provisionszahlungen auch noch etwas anderes abgelten sollten, sei nicht vereinbart worden. Die einzelvertragliche Regelung des Punktes 11. des Arbeitsvertrags gehe insoweit der Bestimmung des § 18 des Kollektivvertrags vor, sodass letztere entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht greife.

Dieser Rechtsauffassung des Klägers ist nicht beizutreten.

Mit Punkt 11. des Arbeitsvertrags wurde keine von § 18 des Kollektivvertrags abweichende Regelung getroffen. Dieser Punkt des Arbeitsvertrags betrifft nämlich eine andere Frage als die, welche in § 18 des Kollektivvertrags geregelt ist. Mit den zwischen den Parteien vereinbarten Provisionszahlungen (vgl. Beilage ./D iVm ./E) sind laut Punkt 11. des Arbeitsvertrags (Beilage ./D) „über den Kollektivvertrag hinausgehende Zahlungen sämtliche Mehrarbeitsstunden, Überstunden, Diäten, Reisezeiten und Rufbereitschaften abgegolten“ . Damit bezieht sich diese Bestimmung auf die Wirkung von Provisionszahlungen, soweit es sich dabei um über den Kollektivvertrag hinausgehende Zahlungen handelt.

Im Gegensatz dazu regelt § 18 des Kollektivvertrags, dass das kollektivvertragliche Mindest grundgehalt als erreicht gilt, „wenn das Monatsbruttogehalt zuzüglich der jahresdurchschnittlichen Provision das Mindestgrundgehalt erreicht“. § 18 des Kollektivvertrags regelt somit die Differenzzahlungen zwischen Fixum und Mindestgrundgehalt und bezieht sich nicht auf Provisionszahlungen, die als über den Kollektivvertrag hinausgehende Zahlungen zu beurteilen sind.

Wie sich aus dem angefochtenen Urteil zweifelsfrei ergibt (vgl. dazu die Feststellungen des Erstgerichts zu den an den Kläger im Zeitraum April 2021 bis April 2024 geleisteten Bruttozahlungen auf S 7 f des angefochtenen Urteils und die laut Kollektivvertrag vorgesehenen Mindestgrundgehälter auf S 10 des angefochtenen Urteils), wurde der Kläger immer deutlich über dem kollektivvertraglichen Mindestgrundgehalt (Gesamtbetrag aus Gehaltsfixum von EUR 1.783,71 brutto und der Provision laut Punkt 11. des Arbeitsvertrags iVm Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag Beilage ./E) entlohnt. Dass der Kläger tatsächlich Mehrarbeitsstunden, Überstunden, Diäten, Reisezeiten und Rufbereitschaften erbracht und nicht ausreichend abgegolten bekommen hätte, wurde vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nicht substanziiert behauptet. Vielmehr beschränkten sich seine diesbezüglichen Ausführungen auch im erstinstanzlichen Verfahren auf die Anführung eines hypothetischen Sachverhalts (vgl. z.B. ON 9, S 6 f und Berufung ON 16, S 3 ff).

2.) Punkt 2. der Rechtsrüge des Klägers enthält Ausführungen zum „angeblichen Verfall von Klagsansprüchen“.

Auch diesen Ausführungen kommt keine Berechtigung zu.

Unter Punkt 2.1. der Rechtsrüge steht der Kläger zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass die Beurteilung, ob das kollektivvertragliche Mindestgehalt bezahlt worden sei, erst im Nachhinein (nach Ablauf des betreffenden Jahres) erfolgen könne, weil zuvor die Ermittlung einer „jahresdurchschnittlichen Provision“ iSd § 18 des Kollektivvertrags denklogisch nicht möglich sei. Daher könne ein Anspruch auf ergänzende Zahlung (zwecks Erlangung dieses Mindestgehalts) auch erst nachträglich entstanden und fällig sein.

Diese Argumentation geht bereits deswegen ins Leere, weil der Kläger auf Basis des von ihm unbekämpft gebliebenen Sachverhalts und § 18 des Kollektivvertrags – wie oben bereits näher erläutert wurde – immer über dem kollektivvertraglichen Mindestgrundgehalt entlohnt wurde. Der vom Kläger hier angesprochene „Anspruch auf ergänzende Zahlung (zwecks Erlangung dieses Mindestgehalts)“ besteht somit schon aus diesem Grund nicht zu Recht, weshalb sich die Frage des Verfalls insofern nicht stellt.

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage sind die vom Kläger unter Punkt 2.1. lit a) und b) der Rechtsrüge gewünschten zusätzlichen Feststellungen rechtlich nicht relevant. Der Kläger ist hier abermals darauf hinzuweisen, dass er immer weit über dem kollektivvertraglichen Mindestgrundgehalt entlohnt wurde, dies selbst unter Zugrundelegung und Anrechnung der von ihm gewünschten höheren Anzahl von Verwendungsgruppenjahren.

Der Kläger berücksichtigt in diesem Zusammenhang unrichtigerweise auch nicht, dass der Kollektivvertrag – wie bereits das Erstgericht richtig und eingehend aufgezeigt hat – keine Bestimmung zu einer Mitnahme der Überzahlung oder Erhöhung der Ist-Gehälter oder einer Aufrechterhaltung der Überzahlung bei Vorrückungen enthält und nur die kollektivvertraglichen Mindestgehälter erhöht werden (Näheres dazu s. S 12, zweiter Absatz des angefochtenen Urteils).

Aus den gleichen Argumenten gehen auch die – im Übrigen nicht näher konkretisierten – Ausführungen des Klägers unter Punkt 2.2. der Berufung ins Leere, bei denen der Kläger zusammengefasst auf dem Standpunkt steht, dass ihm keine hinreichenden Abrechnungsunterlagen von der Beklagten zur Verfügung gestellt worden seien, sodass auch insoweit ein Verfall nicht eingetreten sein könne.

Unter Punkt 2.3. der Rechtsrüge steht der Kläger zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass die Berufung der Beklagten auf einen angeblichen Verfall auch wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam sei.

Aus den oben dargelegten Gründen gehen auch diese Ausführungen bereits mangels der erforderlichen rechtlichen Relevanz ins Leere. Ein Anspruch des Klägers auf „ergänzende Zahlung (zwecks Erlangung dieses Mindestgehalts)“ besteht schon deswegen nicht, weil er selbst unter Zugrundelegung und Anrechnung der von ihm gewünschten Zahl von Verwendungsgruppenjahren auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen und des § 18 des Kollektivvertrags im verfahrensgegenständlichen Zeitraum immer über dem kollektivvertraglichen Mindestgrundgehalt bezahlt wurde.

Der Vollständigkeit halber ist dem Kläger in diesem Zusammenhang zu erwidern, dass das Erstgericht - in Einklang mit der (auch zitierten) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass hier weder eine Sittenwidrigkeit noch ein Verstoß gegen Treu und Glauben gegeben ist. Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen hat die Beklagte die rechtzeitige Geltendmachung von Ansprüchen des Klägers weder erschwert noch praktisch unmöglich gemacht (vgl. RS0034487 [T11] ua). Wie das Erstgericht richtig erkannt hat, hat die Beklagte während des Dienstverhältnisses mit dem Kläger in diesem Zusammenhang lediglich einen anderen Rechtsstandpunkt eingenommen und die Gehaltsabrechnungen auf dieser Basis übergeben. Dies stellt keine Sittenwidrigkeit dar. So führt die bloße Einnahme einer bestimmten Rechtsansicht durch den Dienstgeber noch nicht dazu, dass dem Dienstnehmer treuwidrig die Geltendmachung seiner Ansprüche erschwert oder praktisch unmöglich gemacht würde (RS0034487 [T12]).

Auch soweit der Kläger argumentiert, dass er gegenüber seinem Vorgesetzten regelmäßig mündlich die Einstufung laut Dienstvertrag beanstandet habe, ist für den Kläger nichts gewonnen, weil in Punkt 24. des Dienstvertrags Beilage ./D vereinbart ist, dass der Dienstnehmer, soweit gesetzlich oder kollektivvertraglich nichts anderes vorgesehen ist, offene Ansprüche aus dem gegenständlichen Dienstverhältnis bei sonstigem Verfall innerhalb von 3 Monaten ab Fälligkeit der Gesellschaft schriftlich geltend zu machen hat. Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen ist eine schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen aus seinem Dienstverhältnis zur Beklagten erst mit Schreiben der Arbeiterkammer C* vom 23.2.2024 – und damit verspätet - erfolgt (vgl. Beilage ./3).

Auf Basis der ständigen Rechtsprechung ist diese Vereinbarung einer dreimonatigen Verfallsfrist und der (einfachen) Schriftform nicht als sittenwidrig oder rechtsunwirksam zu beurteilen (vgl. 8 ObA 19/24p; 9 ObA 163/97d uva; RS0016688 ua). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Verfallsklauseln nicht nur den Zweck haben, dem Beweisnotstand zu begegnen, in welchem sich der Arbeitgeber bei verspäteter Geltendmachung befinden würde (RS0034417 [T4]), sondern auch für eine möglichst rasche Bereinigung offener Ansprüche zu sorgen (RS0034417 [T9]). Der Zweck von Verfallsbestimmungen besteht (auch) in der Klarstellung der offenen Ansprüche der Arbeitnehmer (RS0034417 [T14]).

3.) Unter Punkt 3. der Rechtsrüge steht der Kläger zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass er keine ordnungsgemäßen Abrechnungen erhalten habe. Auch hier wiederholt er seine – nicht zielführende - Argumentation, dass die Beurteilung, ob eine unterkollektivvertragliche Bezahlung vorliege, nach dem Kollektivvertrag erst durch entsprechende Ermittlung am Ende eines Jahres möglich sei, da § 18 Abs 1 des Kollektivvertrags auf die jahresdurchschnittliche Provision abstelle, die erst nach Ablauf des Jahres überhaupt errechenbar sei. Selbst mit einer laufenden Übermittlung von monatlichen Gehaltsrechnungen werde dem noch nicht Genüge getan.

Aus den oben aufgezeigten Gründen geht diese Argumentation aus rechtlichen Gründen ins Leere. Auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen und den in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Urteils angeführten Mindestgrundgehältern laut Kollektivvertrag und unter Berücksichtigung der vom Kläger gewünschten Zugrundelegung einer höheren Anzahl von Verwendungsgruppenjahren gelangt man zu dem Ergebnis, dass der Kläger hinsichtlich der klagsgegenständlichen Zeiträume immer über dem kollektivvertraglichen Mindestgrundgehalt entlohnt wurde. Die Frage, ob eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung in dem vom Kläger gewünschten Sinn vorliegt oder nicht, kann daher mangels erforderlicher rechtlicher Relevanz unbeantwortet bleiben.

Der Vollständigkeit halber wird dem Kläger in diesem Zusammenhang entgegnet, dass das Erstgericht unbekämpft festgestellt hat, dass der Kläger während seines Dienstverhältnisses die Gehaltsabrechnungen regelmäßig erhalten hatte, ebenso waren ihm die geleisteten Mehr- und Überstunden bekannt. Auch hinsichtlich der Provisionszahlungen erhielt er an jedem Monatsende einen Datensatz, aus welchem sich Kunde und Umsatz ergaben.

4.) Unter Punkt 4. der Rechtsrüge wünscht der Kläger umfangreiche zusätzliche Feststellungen (Näheres dazu s. S 10 – 14 der Berufung) mit der wesentlichen Begründung, dass das Erstgericht auf Grund unrichtiger Rechtsansicht maßgebliche Feststellungen zur unterkollektivvertraglichen Entlohnung des Klägers nicht getroffen habe.

Die behaupteten rechtlichen Feststellungsmängel liegen nicht vor. Das Erstgericht hat sämtliche für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen getroffen. Wie oben bereits mehrfach aufgezeigt wurde, wurde der Kläger nicht unterkollektivvertraglich entlohnt. Darüber hinaus scheiden Feststellungsmängel auch deswegen aus, weil die Frage, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe eine unterkollektivvertragliche Entlohnung vorliegt, keine Tatfrage sondern eine Rechtsfrage darstellt.

Der Berufung war daher spruchgemäß ein Erfolg zu versagen. Es war jedoch eine Maßgabebestätigung insofern vorzunehmen, als unter den Spruchpunkten 1. und 2. des angefochtenen Urteils offensichtlich aufgrund eines Versehens des Erstgerichts vergessen wurde, die Leistungsfrist „binnen 14 Tagen“ - wie sie im zuletzt erhobenen Urteilsbegehren des Klägers auch angegeben wurde (vgl ON 10, Seite 3) – anzuführen. Insofern liegt eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 419 Abs 1 ZPO vor, die gemäß §§ 2 Abs 1 ASGG, 419 Abs 3 ZPO vom Berufungsgericht im Wege einer Maßgabebestätigung zu korrigieren war (vgl. M. Bydlinski in Fasching / Konecny 3 III/2 § 419 ZPO Rz 15 mwN; 10 ObS 200/99f uva).

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 2 Abs 1 ASGG, 41 Abs 1 und 50 ZPO. Der Kläger hat der Beklagten die tarifmäßig verzeichneten Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen. Ein Kostenzuspruch wie in der Berufungsbeantwortung beantragt zu Handen der Beklagtenvertreterin hatte nicht zu erfolgen, weil es für einen solchen Kostenzuspruch keine gesetzliche Grundlage gibt (3 Ob 30/04i mit ausführlicher Begründung; idS auch Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.74 mwN; OLG Wien 8 Ra 13/24a; 7 Ra 101/22g; 9 Ra 99/19y uva).

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG geforderten Qualität nicht zur Beurteilung stand.

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