JudikaturOLG Wien

16R10/25w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Sonntag als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Mag. Elhenicky und Mag. Ingemarsson in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren **, **, vertreten durch Dr. Robert Weik, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B * , geboren **, **, vertreten durch Dr. Franz Martin Orou, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 125.000, sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13.11.2024, **, gemäß den §§ 471 Z 5, 473 Abs 1 und 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Berufung wegen Nichtigkeit wird verworfen .

II. Der Berufung wird im Übrigen nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.923,90 (darin EUR 320,65 an USt) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Der Kläger begehrte Zahlung von EUR 125.000, sA und brachte dazu vor, der Beklagte habe die Domain C* am 28.4.2017 registriert. Am 4.3.2018 hätten die Streitparteien einen Vertrag abgeschlossen, der unter anderem die Vereinbarung enthalten habe, dass alle Rechte und Pflichten sowie Einnahmen und Verluste betreffend die Domain C* in einem Verhältnis von 50:50 dem Kläger und dem Beklagten zuzuschreiben seien. Beide Parteien hätten dieselben Rechte und Verpflichtungen für die Domain. Der Kläger habe erhebliche Finanzierungskosten für das Vorhaben der Streitteile im Vorfeld getragen. Dem Kläger stehe die Hälfte aus dem Veräußerungserlös zu. Im Frühjahr 2021 habe der Beklagte die Domain zum Verkauf angeboten, ohne den Kläger zu informieren. In weiterer Folge habe der Kläger erfahren, dass die Domain vom Beklagten veräußert worden sei. Er habe eine Stufenklage beim Bezirksgericht Liesing erhoben und den Beklagten zur Rechnungslegung aufgefordert. Der Beklagte sei vom Bezirksgericht Liesing, bestätigt durch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, verpflichtet worden, den Kaufvertrag über den Verkauf der Domain vorzulegen, den aus dem Verkauf der Domain erlangten Verkaufserlös bekanntzugeben sowie über sämtliche Einnahmen betreffend die Domain seit dem 4.3.2018 Rechnung zu legen. Der Beklagte habe sodann mitgeteilt, dass er die Domain zu einem Kaufpreis von US Dollar 275.000, verkauft habe. Dem Kläger stünden aufgrund des Vertrages vom 4.3.2018 50 % des Verkaufserlöses zu. Die Gesellschaft sei im April 2018 nicht aufgelöst worden. Der Kläger habe sich weiterhin um die Verwirklichung des Projekts bemüht und sowohl einen Programmierer als auch einen Investor gefunden.

Sollte man tatsächlich die Aufhebung der GesbR annehmen, so habe die Vereinbarung vom 4.3.2018 dennoch weiter bestanden. Die Domain sei daher nach der Auflösung nicht an den Beklagten zurückgefallen. Die Domain sei der Gesellschaft nicht nur zur Benützung überlassen, sondern ihr übertragen worden (quoad sortem), weil der Kläger die Finanzierung des Joint Ventures übernommen habe. Der Beklagte sei maximal Treuhänder iSd Rechtssatzes RS0022088 gewesen.

Das Scheitern des gemeinsamen Projektes sei ausschließlich vom Beklagten verschuldet worden. Der Beklagte habe keine Forderung gegenüber dem Kläger. Er habe keine Investitionen getätigt und könne diese auch nicht konkretisieren. Der Kläger spreche sich ausdrücklich gegen eine Aufrechnung allfälliger Forderungen des Beklagten aus, die im Übrigen verjährt wären. Der Beklagte habe seine Gegenforderungen auch nicht hinreichend substantiiert. Die pauschale Aufrechnungseinrede verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot.

Der Beklagte bestritt und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ihm stünden gegen den Kläger umfangreiche Gegenforderungen zu. Es sei das Vermögen der GesbR aufzuteilen. Die Domain sei nicht Teil der GesbR geworden. An ihr habe kein Miteigentum des Klägers bestanden. Der Kläger habe nichts zum Wert der GesbR beigetragen. Das Projekt sei aufgrund des Verschuldens des Klägers gescheitert. Der Kläger wäre um den Klagsbetrag bereichert. Es wird die Aufrechnung mit der Bereicherung des Klägers erklärt. Der Kläger hätte Leistungen in gleichwertiger Höhe erbringen müssen, um die Hälfte des Verkaufserlöses zu erhalten. Dies sei nicht der Fall gewesen. Der Beklagte selbst habe umfangreiche Investitionen in Form von Arbeitsleistung, Know how und Kapital, jedenfalls in Höhe des eingeklagten Betrages, geleistet. Auch hier werde ausdrücklich die Aufrechnung gegen die Klagsforderung erklärt.

Das Projekt der auf unbestimmte Zeit gegründeten Gelegenheitsgesellschaft sei im April 2018 beendet worden, weil beide Parteien die gemeinsame Weiterführung des Projekts als ausgeschlossen erachtet hätten. Damit sei der Gesellschaftszweck dauerhaft und offensichtlich unmöglich geworden. Die Website sei im Einvernehmen der Parteien im Mai 2018 „abgedreht“ worden. Der Verkauf der Domain sei drei Jahre nach Beendigung der Gesellschaft erfolgt und liege deshalb außerhalb des Geltungsbereichs des Gesellschaftsvertrages. Der Gesellschaftsvertrag sei nach Auflösung der Gesellschaft nicht mehr gültig gewesen. Dem Beklagten alleine stehe das Eigentum an der Domain und damit auch der Verkaufserlös nach der Auflösung der GesbR zu. Der GesbR sei nur ein Gebrauchsrecht (quoad usum) an der Domain zugestanden. Es habe keine Vermögenswerte am Ende der Gesellschaft gegeben.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren auf Zahlung von EUR 125.000, samt 4 % Zinsen seit 18.3.2021 statt und wies das Zinsenmehrbegehren ab. Es sprach aus, dass die eingewandte Gegenforderung nicht zu Recht bestünde. Es stellte nachfolgenden Sachverhalt fest:

„Die Streitteile hatten zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt eine Kooperationsvereinbarung getroffen, von der unter anderem die Domain „C*“, welche vom Beklagten am 28.4.2017 registriert worden war, erfasst war.

Am 4.3.2018 schlossen die Streitteile (in Abänderung einer zuvor getroffenen Vereinbarung) eine schriftliche Vereinbarung ab, welche von beiden Streitteilen unterfertigt wurde und die unter anderem auch eine Regelung betreffend die Domain C* enthielt.

Dieser Vertrag hat folgende maßgebliche Passagen:

„Hiermit wird vereinbart, dass alle Rechte und Pflichten sowie alle Einnahmen und Verluste betreffend:

Die Domain C*

in einem Verhältnis von 50/50,

somit 50 % Herrn A*

und 50 % Herrn B* zuzuschreiben sind.

Für alle zukünftige Partner, Shareholder und Advisor wird vereinbart, dass die Anteile sowie Gewinne/Verluste aliquot von den oben angeführten Parteien zu tragen sind.

Beide Parteien halten die selben Rechte und Verpflichtungen für die oben angeführten Firmen, Produkte und Markenrechte sowie Domains aber auch und nicht ausschließlich auch für geistiges Eigentum.“

Die Vereinbarung entspricht der im Verfahren als Beilage ./B bzw. ./1 vorgelegten Urkunde, ist dem Urteil angeschlossen und bildet zur Gänze Teil der Feststellungen.

Die Domain C* wurde am 18. März 2021 vom Beklagten um einen Verkaufspreis von USD 275.000,-- verkauft, wobei der Kläger aufgrund des zwischenzeitigen Zerwürfnisses der Streitteile dem Verkauf weder zugestimmt hatte, noch zum Verkaufszeitpunkt überhaupt Kenntnis vom erfolgten Verkauf hatte.

Da der Beklagte sich in der Folge weigerte, Auskunft zu geben, brachte der Kläger schließlich zur Zahl D* des Bezirksgerichtes Liesing eine Stufenklage ein, mit der er vom Beklagten die Rechnungslegung über den Verkaufserlös und die Einnahmen betreffend die Domain C* begehrte.

Mit Teilurteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 30. Juni 2023 (D*-20) erkannte das Bezirksgericht Liesing den Beklagten schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution den Kaufvertrag über den Verkauf der Domain „C*“ an einen Dritten vorzulegen, den aus dem Verkauf der Domain „C*“ erlangten Verkaufserlös bekanntzugeben sowie über sämtliche Einnahmen betreffend die Domain „C*“ seit dem 4.3.2018 Rechnung zu legen.

Es stellte den maßgeblichen Inhalt der zwischen den Streitteilen am 4.3.2018 getroffenen Vereinbarung fest und gelangte rechtlich zum Ergebnis, dass diese Vereinbarung wirksam und aufrecht sei und der Beklagte daraus zur Rechnungslegung gegenüber dem Kläger verpflichtet sei. Die maßgeblichen Erwägungen lauten wie folgt:

„Ausgehend von den getroffenen Feststellungen haben die Parteien mit schriftlicher Vereinbarung vom 4.3.2018 einen wirksamen Vertrag mit dem festgestellten Inhalt geschlossen. Der Inhalt dieses Vertrages war nach den getroffenen Feststellungen insbesondere vom übereinstimmenden Willen beider Parteien getragen (§ 861 ABGB). Nach dem Inhalt dieses Vertrages sollen alle Rechte und Pflichten sowie die Einnahmen und Verluste - unter anderem - aus der Domain „C*“ zwischen den Parteien zu gleichen Teilen aufgeteilt werden. Aus dieser Vertragsformulierung ist ein (wechselseitiger) Offenlegungsanspruch beider Vertragsparteien über sämtliche Einnahmen und Ausgaben aus der Domain als Hilfsanspruch zwangsläufig abzuleiten, selbst wenn dies nicht ausdrücklich schriftlich festgehalten wurde.

Zu dem vom Beklagten unmittelbar vor Schluss der Verhandlung erhobenen (Rechts-) Vorbringen ist auszuführen, dass der Kläger seine Ansprüche auf die Vereinbarung vom 4.3.2018 stützt, die nach den getroffenen Feststellungen frei von Willensmängeln erfolgte und somit wirksam zustande kam. Der vom Beklagten behauptete Dissens liegt ebenso wenig vor wie ein Irrtum auf Seiten des Beklagten. Auch eine rechtsmissbräuliche oder wider Treu und Glauben erfolgte Rechtsausübung ist nicht ersichtlich. Schließlich sind auch die rechtlichen Einwendungen zu einem (angeblichen) Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht stichhaltig. Die Nichtumsetzung bzw. das Scheitern des Projekts war für die Vertragsparteien gerade nicht unvorhersehbar, weshalb sie auch in der ersten handschriftlichen Vereinbarung den entsprechenden Passus aufnahmen und weshalb es nach den getroffenen Feststellungen auch zu Diskussionen zwischen den Parteien betreffend der vom Kläger gewünschten Streichung des hier relevanten Vertragspassus in der Vereinbarung vom 4.3.2018 unmittelbar vor Vertragsunterfertigung kam. Nach den getroffenen Feststellungen strich der Beklagte den Passus und unterfertigte anschließend die Vereinbarung, weshalb er sich nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen kann. Auch der Verjährungseinwand des Beklagten ist nicht gerechtfertigt. …“

Das Teilurteil des Bezirksgerichtes Liesing entspricht seinem gesamten Inhalt nach der als Beilage ./H bzw. ./3 vorgelegten Urkunde, ist dem Urteil angeschlossen und bildet ebenfalls Teil der Feststellungen.

Der vom Beklagten gegen dieses Teilurteil erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Dezember 2023, 64 R 113/23z, nicht Folge gegeben. Das Teilurteil ist rechtskräftig.

Das Berufungsurteil enthält folgende hier maßgebliche Rechtsausführungen:

„Zuletzt steht der Beklagte noch auf dem Standpunkt, das Erstgericht hätte im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zum rechtlichen Schluss gelangen müssen, dass die darin übernommenen Pflichten der Beklagten unter dem Vertrag stillschweigend inhärenten Bedingungen gestanden seien, dass der Kläger seine im Rahmen des Projekts übernommenen Pflichten ordnungsgemäß erfüllen würde. Da dem Kläger die Aufbringung der Finanzierung nicht gelungen sei, sei die Vertragsbeendigung durch den Beklagten berechtigt gewesen. Die Beendigung des Vertrages habe auch die Aufkündigung etwaiger vom Beklagten übernommener Pflichten miteingeschlossen.

Ob der Beklagte die Vertragsbeziehung zu Recht oder zu Unrecht beendet hat, mag vorliegend ebenso dahinstehen wie die Gründe, warum der zitierte Passus in Beilage ./1 nicht vereinbarungsgegenständlich in Beilage ./B wurde. Auch wenn die Aufkündigung der Vereinbarung durch den Beklagten zu Recht erfolgt sein mag, heißt das noch nicht, dass sodann sämtliche dortige Vereinbarungen obsolet werden. Eine derartige Junktimierung findet sich weder im Wortlaut des Textes, noch würde sie sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben (vgl. dazu allgemein Bollenberger/Spitzer in KBB 6 § 914 Rz 55 ff zur einfachen und ergänzenden Vertragsauslegung). Eine Übung des redlichen Verkehrs im Sinne des § 914 ABGB findet sich hier auch nicht.“

Das Berufungsurteil entspricht seinem gesamten Wortlaut nach der im Verfahren als Beilage ./I bzw. ./2 vorgelegten Urkunde, ist dem Urteil angeschlossen und bildet Teil der Feststellungen.

Nach Beendigung dieses Verfahrens, teilte der Beklagte dem Rechtsvertreter des Klägers schließlich mit E-Mail vom 17. Jänner 2024 mit, dass er die Domain am 18.3.2021 zu einem Preis von USD 275.000, verkauft hatte bzw. übermittelte einen Screenshot, aus dem dies so hervorgeht. Zahlungen an den Kläger wurden vom Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren nicht geleistet.

Dass der Beklagte eingetragener Unternehmer im Sinne des UGB wäre, oder sonst regelmäßig kaufmännisch agiert, kann nicht festgestellt werden.“

Rechtlich schloss das Erstgericht, dass im Rechnungslegungsverfahren vor dem Bezirksgericht Liesing die Wirksamkeit der zwischen den Streitteilen geschlossenen Vereinbarung vom 4.3.2018 geprüft und bejaht worden sei. Aufgrund der Bindungswirkung dieses rechtskräftigen Teilurteils sei eine Verhandlung, Beweisaufnahme und neuerliche Prüfung des bereits rechtskräftig entschiedenen Klagsanspruches ausgeschlossen. Es sei irrelevant, ob die Vereinbarung als Vertrag über die Errichtung einer GesbR zu qualifizieren sei oder nicht. Nach der Vereinbarung seien die Einnahmen aus der Domain im Verhältnis 50:50 aufzuteilen. Dass dieses Aufteilungsverhältnis von der Erbringung bestimmter Leistungen abhängig gewesen sei, sei dem Vertragstext nicht zu entnehmen. Soferne der Beklagte seine Gegenforderungen auf erbrachte Leistungen stütze, sei auszuführen, dass der Beklagte keine ziffernmäßig bestimmte Gegenforderung geltend gemacht habe. Er habe auch nicht konkretisiert, welche Leistungen er genau erbracht haben sollte. Der Kläger habe unternehmerische Zinsen begehrt, dafür bestünde jedoch keine Grundlage. Das Zinsenmehrbegehren sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen die Klagsstattgebung richtet sich die Berufung des Beklagten aus den Gründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil und das Verfahren infolge Nichtigkeit aufzuheben und die Klage abzuweisen, in eventu das Urteil dahin abzuändern, das Klagebegehren abzuweisen, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Berufung des Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsmittelentscheidung:

I. Zur Berufung wegen Nichtigkeit :

Der Beklagte rügt, das Erstgericht habe es unterlassen, die Parteien zur Frage der Aufteilung der Aktiva und Passiva zum relevanten Zeitpunkt einzuvernehmen. Aus den Einvernahmen hätte festgestellt werden können, dass die GesbR zum Zeitpunkt der Beendigung über kein Aktivvermögen verfügt habe (spätestens mit Mai 2018).

Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO liegt vor, wenn einer Partei die Möglichkeit genommen wurde, vor Gericht zu verhandeln. Unter „Verhandeln“ im Sinne des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO ist die Erstattung von Vorbringen und die Stellung von Anträgen sowie die Stellungnahme zu Vorbringen und Anträgen des Prozessgegners zu verstehen (RS0042221), nicht aber die Ablegung einer Aussage als Partei. Das Unterbleiben der Parteienvernehmung kann daher keinesfalls Nichtigkeit, sondern je nach Relevanz einen einfachen Verfahrensmangel bewirken (RS0107383; RS0042221).

Die Berufung wegen Nichtigkeit war daher zu verwerfen.

II. Zu den weiteren Berufungsgründen:

Mängelrüge :

1. Der Beklagte rügt die Unterlassung der Parteieneinvernahme auch als Verfahrensmangel. Durch den zu Unrecht und überraschend vorzeitigen Schluss der Verhandlung ohne jegliche Parteieneinvernahme sei eine Beweisaufnahme für die Ermittlung der Vermögensaufteilung der GesbR unmöglich geworden. Hätte das Erstgericht die Parteien einvernommen, so hätte es feststellen können, dass die GesbR im Zeitpunkt der Beendigung im Mai 2018 über kein Vermögen mehr verfügt habe.

1.1. Im Teilurteil des Rechnungslegungsverfahrens war zu prüfen, ob die Vereinbarung von März 2018, wonach dem Kläger die Hälfte der Einnahmen betreffend die Domain „C*“ zustehe und er dieselben Rechte für die Domain wie der Beklagte halte, im Zeitpunkt der Beendigung der Zusammenarbeit der Streitteile im Mai 2018 und auch im Zeitpunkt des Verkaufs der Domain „C*“ im März 2021, wirksam und aufrecht war. Dies wurde im Teilurteil des Bezirksgerichtes Liesing, das vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht bestätigt wurde, bejaht. Die Grundlage für den Rechnungslegungsanspruch, nämlich die Wirksamkeit der Vereinbarung hinsichtlich des Hälfteanspruchs des Klägers an der Domain auch noch im März 2021, deckt sich mit der Grundlage der Zahlungspflicht. Es besteht hinsichtlich dieser Vorfrage Bindungswirkung für das Zahlungsbegehren (RS0035069; RS0034978 [T2]; grundlegend 4 Ob 243/17i), sodass das Erstgericht zutreffend mit den Parteien in der Verhandlung erörterte, dass ausschließlich Rechtsfragen zu klären seien (ON 13 S 1). Eine Überraschungsentscheidung liegt daher nicht vor.

1.2. Wenn der Berufungswerber moniert, dass im Zeitpunkt des Abbruchs der Zusammenarbeit zwischen den Streitteilen kein Vermögen vorhanden gewesen sei und sich dies durch eine Parteieneinvernahme bewiesen hätte, so übersieht er die unstrittige Tatsache, dass die Domain als Vermögenswert weiter bestand. Ob oder welches Vermögen im Mai 2018 sonst noch bestand, ist nicht entscheidungsrelevant. Zudem verband der Beklagte sein Vorbringen, wonach am Ende der Gesellschaft keine Vermögenswerte mehr gegeben gewesen seien, nicht mit einem Beweisantrag auf Parteieneinvernahme gemäß § 76 ZPO (ON 13 S 6 und 7), sodass in der Unterlassung der Parteieneinvernahme auch aus diesem Grund keine Mangelhaftigkeit begründet werden kann.

Tatsachenrüge :

Der Beklagte bekämpft:

„Dass dieses Aufteilungsverhältnis von der Erbringung bestimmter Leistungen eines der Streitteile abhängig wäre, ist dem Vertragstext nicht zu entnehmen.“

Er begehrt statt dessen:

„Das Aufteilungsverhältnis war von der Erbringung bestimmter Leistungen der Streitteile abhängig“.

Der Berufungswerber rügt dazu, dass der Vertrag vom 4.3.2018 eine in Gründung stehende Gesellschaft und die gemeinsame Ausarbeitung eines Projektes vorgesehen habe, sodass jeder Gesellschafter gemäß § 1175 ABGB verpflichtet gewesen sei, zur Erreichung des Gesellschaftszwecks beizutragen.

Mit dieser Rüge nimmt der Berufungswerber eine Auslegung der Vereinbarung vom 4.3.2018 vor. Die Auslegung einer Urkunde ist eine Rechtsfrage (RS0017911) und nicht unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung geltend zu machen.

Das Berufungsgericht übernimmt den festgestellten Sachverhalt als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und einer bedenkenlosen Beweiswürdigung und legt ihn seiner weiteren Beurteilung gemäß § 498 Abs 1 ZPO zugrunde:

Rechtsrüge :

1. Voranzustellen ist, dass Grundlagen (Vorfragen), die sowohl den Rechnungslegungs- als auch den Zahlungsanspruch betreffen und bereits bei der Erledigung des Rechnungslegungsbegehrens zu prüfen waren, hier nicht nochmals zu untersuchen sind. Sie entfalten bindende Wirkung für das Zahlungsbegehren (vgl 3 Ob 108/10v; 4 Ob 182/13p; 4 Ob 243/17i; RS0035069).

1.1. Der Beklagte stützt sich auf Rechtsausführungen des Berufungsurteils des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien im Rechnungslegungsverfahren 64 R 113/23z 8 und schließt daraus, dass sich die Aufteilung der Einnahmen einer GesbR nur auf Einnahmen, welche beim Betrieb erwirtschaftet worden seien, nicht jedoch auf die Substanz des zum bloßen Gebrauch (quoad usum) beigestellten Vermögens beziehe. Die Domain sei, wie das Berufungsgericht im Rechnungslegungsverfahren festgehalten habe, nicht im Miteigentum der Gesellschafter, sondern im Eigentum des Beklagten gestanden. Daher stehe dem Beklagten die Domain und der Erlös aus der Domain nach der Beendigung der GesbR alleine zu.

1.2. Das Berufungsurteil im Rechnungslegungsverfahren setzte sich auf den Seiten 8 und 9 mit der Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges auseinander. Es führte dazu aus, dass die Vereinbarung vom 4.3.2018 als Vertrag über die Errichtung einer GesbR zu qualifizieren und Miteigentum an der Domain nicht vereinbart worden sei. Alleiniger Inhaber sei zu diesem Zeitpunkt der Beklagte gewesen. Für eine Anwendung des § 838a ABGB (außerstreitiger Rechtsweg für ein Rechnungslegungsverfahren) bestehe kein Raum. Die Auseinandersetzung über einen auf Vertrag gegründeten Anspruch eines Gesellschafters gegenüber einem anderen Gesellschafter einer „GesbR neu“ gehöre nicht zu den Streitigkeiten, die ein Gesetz ausdrücklich oder schlüssig in das außerstreitige Verfahren verweise (RS0131122).

2. Sowohl im Rechnungslegungsverfahren als auch im Zahlungsverfahren war und ist unstrittig, dass der Beklagte die alleinige Verfügungsgewalt über die Domain hatte. Die Domain war nie auf den Kläger registriert. Damit ist aber die Frage, ob die Domain nur zur Nutzung (quoad usum) überlassen oder im Innenverhältnis quoad sortem eingebracht wurde, noch nicht gelöst und auch vom Berufungsgericht im Rechnungslegungsverfahren nicht beantwortet worden. Diese Frage ist anhand der zwischen den Gesellschaftern getroffenen Vereinbarung zu klären(RS0022088 [T5]).

2.1. Im Rechnungslegungsverfahren wurde abschließend die Wirksamkeit der Teilungsvereinbarung im Zeitpunkt der Veräußerung der Domain beurteilt und bejaht. Das Erstgericht im gegenständlichen Verfahren erläuterte in seiner rechtlichen Beurteilung, dass dem Vertragstext nicht zu entnehmen sei, die vereinbarte Teilung der Einnahmen aus der Domain wäre von der Erbringung bestimmter Leistungen einer der Streitteile abhängig gewesen. Dass der Wortlaut des Vertragstextes ./B eine derartige Leistungsverpflichtung enthalten würde, behauptet auch der Berufungswerber nicht.

Die Streitteile einigten sich vertraglich darauf, dass dem Kläger an den Einnahmen aus der Domain die Hälfte zukommen sollte und zwar selbst dann, wenn das Projekt nicht innerhalb von 12 Monaten zustande kommen sollte. Hintergrund dieser Regelung war, dass der Kläger vor dem 4.3.2018 Vorfinanzierungen in das Projekt behauptete, die er (auch) durch die Rechte- und Vermögensteilung an der Domain abgegolten haben wollte. Der Beklagte zeigte sich letztlich einverstanden. Er stimmte der Entfernung eines vorher bestandenen Passus, dass sämtliche Domainrechte, wenn das Projekt nach 12 Monaten nicht zustande kommen sollte, an ihn zurückfallen sollten, zu. Aufgrund des übereinstimmenden Parteiwillens fand sich des Passus eines Zurückfallens an den Beklagten in der Vereinbarung vom 4.3.2018 nicht mehr (BG Liesing ** Seite 8, 9 und 10).

2.2. Die Streitteile trafen daher gerade keine Vereinbarung quoad usum, wie sie der Beklagte behauptet. Die Vereinbarung entsprach vielmehr einem quoad sortem, wonach die Domainrechte nicht an den Verfügungsberechtigten alleine zurückfallen sollten (RS0022088). Der Beklagte war zwar nach außen alleine verfügungsberechtigt, zumal die Registrierung alleine auf seinen Namen erfolgt war, die Domain sollte aber im Innenverhältnis wie ein gemeinsames Eigentum behandelt werden, an denen beiden Parteien die „selben Rechte halten“ sollten (letzter Satz der Vereinbarung vom 4.3.2018).

Ausdrücklich sieht die Vereinbarung vor, dass nicht nur sämtliche Rechte, sondern auch alle Einnahmen betreffend die Domain den Streitteilen im Verhältnis 50/50 zuzuschreiben seien. Wie das Erstgericht zutreffend auslegte, ist unter einer „Einnahme“ redlicherweise auch der Verkaufserlös zu verstehen (§ 500a ZPO).

Dem Kläger steht daher die Hälfte aus der Einnahme, dem erzielten Erlös aus der Veräußerung der Domain, zu.

Auf die abgewiesene Gegenforderung, die weder aufgeschlüsselt (RS0034059) noch beziffert wurde (RS0034059, RS0040779, RS0037151), wie der Kläger zutreffend einwandte, kommt der Beklagte in seiner Berufung nicht zurück.

Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung basiert auf den §§ 50, 41 ZPO.

Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO in Ermangelung des Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zuzulassen.

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