JudikaturOLG Wien

9Ra71/24p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Pöhlmann als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Oberbauer und den Richter Mag. Viktorin sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf North und Mag. Irene Holzbauer in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* GmbH, **, vertreten durch Mag. Martin Lanner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. B* , **, **, vertreten durch Mag. Dieter Kieslinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 22.413,82 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 12.3.2024, **-18, in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 2 ASGG, § 480 ZPO zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 2.482,62 (darin EUR 413,77 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Die Beklagte war von 10.5.2010 bis 31.8.2022 als Angestellte bei der Klägerin beschäftigt. Von 25.9.2020 bis 25.6.2022 absolvierte die Beklagte einen Lehrgang an der **. Die Kosten dieser Ausbildung von EUR 17.900 (exkl USt) trug die Klägerin. Mit zuvor schriftlich geschlossener Rückzahlungsvereinbarung vom 14.9.2020 vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte der Klägerin ihre Arbeitskraft für vier Jahre ab Beendigung der Ausbildung zur Verfügung stellen werde. Für den Fall einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte vor Ablauf dieses Zeitraums verpflichtete sie sich zur Rückzahlung der Ausbildungskosten, wobei sich der Rückzahlungsbetrag anteilig um 1/48 pro Monat verringern sollte. Weiters vereinbarten die Parteien, dass die Ausbildungszeit zu zwei Drittel über Arbeitszeit (22 Tage) und zu einem Drittel über die Freizeit (11 Tage) abzudecken sei. Die Kosten der 22 Arbeitstage wurden in der Rückzahlungsvereinbarung mit EUR 5.488,33 brutto festgehalten. Das Dienstverhältnis endete am 31.8.2022 durch Dienstnehmerkündigung.

Die Klägerin begehrte mit der am 6.2.2023 eingebrachten Klage die Rückzahlung der Ausbildungskosten von EUR 22.413,82 sA und brachte dazu im Wesentlichen vor, der Beklagten keinen Anlass gegeben zu haben, das Dienstverhältnis zu kündigen. Insbesondere habe die direkte Vorgesetzte der Beklagten, DI C*, die Beklagte nie persönlich angegriffen oder deren Arbeit erschwert, sondern sich immer um ein gutes und konstruktives Arbeitsverhältnis zur Beklagten bemüht. Sie habe für das nunmehr von der Beklagten relevierte Verhalten sachliche Gründe gehabt und diese auch stets transparent kommuniziert. Die Beklagte habe ihrerseits allerdings die Führung durch DI C* nicht akzeptiert, nachdem sie sich zuvor selbst um die Leitung des Fachbereichs BMG Services beworben habe. Die Beklagte habe weder die Geschäftsführung noch den Betriebsrat über ein allfälliges Mobbing oder Bossing informiert oder um Abhilfe gebeten. Die Klägerin habe daher die Kündigung der Beklagten nicht verschuldet. Sie habe auch nicht auf die Rückforderung der Kosten verzichtet. Die Klägerin habe der Beklagten am 21.11.2022 ein Angebot einer Ratenvereinbarung unterbreitet, wonach sie ausschließlich unter der Bedingung der Annahme und Erfüllung der Ratenvereinbarung auf die Kosten der 22 versäumten Arbeitstage (EUR 5.488,33 brutto) verzichtet hätte. Die Beklagte habe dieses Angebot aber nicht angenommen. Der nunmehr eingeklagte Rückzahlungsbetrag ergebe sich aus der Reduktion der Ausbildungskosten um 2/48 (= EUR 974,51), nachdem die Beklagte nach Abschluss ihrer Ausbildung am 25.6.2022 noch zwei volle Monate bei der Klägerin beschäftigt gewesen sei.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und brachte im Wesentlichen vor, die Klägerin habe sie zu einer berechtigten Kündigung gedrängt. Sie sei in den letzten Monaten ihres Dienstverhältnisses einem massiven Bossing durch ihre direkte Vorgesetzte, DI C*, ausgesetzt gewesen. Diese habe die Beklagte von Beginn an persönlich angegriffen und ihre Arbeit erschwert. Sie habe die Beklagte von notwendigen Informationen (zB Budget, Personalangelegenheiten, Termine) abgeschnitten und regelmäßig schikaniert. So habe sie etwa der Beklagten einen unterstützenden Mitarbeiter entzogen, das bereits geplante Projekt der Digitalisierungstage abgesagt und der Beklagten Reisetätigkeiten untersagt, wodurch ihr im nächsten Jahr das Dienstauto entzogen worden wäre. Weiters habe sie keine Urlaubsübergaben mit der Beklagten als ihre Stellvertreterin durchgeführt und der Beklagten vereinbarungswidrig den fachlichen „Lead“ im Bereich Building Information Modeling und Digitalisierung nicht gelassen. Die Beklagte habe bereits im Frühjahr 2022 in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer auf das Mobbingverhalten hingewiesen. Die Klägerin habe aber keine Abhilfe geschaffen, weswegen die Beklagte schließlich gekündigt habe. Die Klägerin habe schließlich mit Schreiben vom 11.11.2022 auf die Rückforderung des fortgesetzten Entgelts für 22 durch die Ausbildung versäumte Arbeitstage (EUR 5.488,93 brutto) verzichtet.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt und verpflichtete die Beklagte zum Kostenersatz. Es legte seiner Entscheidung den eingangs zusammengefassten sowie nachfolgenden Sachverhalt zugrunde, wobei die im Berufungsverfahren bekämpften Feststellungen durch Fettdruck hervorgehoben werden:

„Die Beklagte war jahrelang Stellvertreterin des Fachbereichs BMG Services, übernahm interimistisch die Fachbereichsleitung von Juli bis Ende des Jahres 2021, nachdem die vorherige Abteilungsleiterin die Klägerin verlassen hatte und bewarb sich für die Position der Fachbereichsleitung. Die Stelle erhielt allerdings ab 1.1.2022 C*.

Der Fachbereich BMG Services beschäftigt sich unter anderem mit Digitalisierung und Building Information Modeling (idF „BIM“). Als Fachbereichsleiterin ist C* maßgeblich bei Personalentscheidungen hinsichtlich der ihr unterstehenden Mitarbeiter:innen beteiligt. Bei der Einstellung von neuen Mitarbeiter:innen stimmt sich C* grundsätzlich mit ihrem Team ab. Die Entscheidung treffen letztendlich die Geschäftsführung und die Fachbereichsleitung gemeinsam. Die Einstellung von sog. Work Study–Mitarbeitern fällt in den alleinigen Verantwortungsbereich der Fachbereichsleitung. Diesbezüglich informiert C* die Geschäftsführung lediglich im Nachhinein. C* ist als Fachsbereichsleiterin gegenüber ihren Mitarbeiter:innen weisungsbefugt und ist für die Zuteilung von Aufgaben zuständig. Diese Aufgabenverteilung hält sie in Funktionsbeschreibungen fest. Dienstreisen der Mitarbeiter:innen müssen von ihr genehmigt werden.

a) Zur Zusammenarbeit

Die Beklagte war fachlich sehr versiert, auf den Bereich „BIM“ und Digitalisierung spezialisiert und insgesamt sehr engagiert bei der Ausübung ihrer Tätigkeit. Auch während ihrer 22 freigestellten Ausbildungstage beantwortete sie ihre dienstlichen E-Mails zügig und war für die anderen Mitarbeiter:innen erreichbar. Dies wurde von der Klägerin und C* nicht verlangt und war eine persönliche Entscheidung der Beklagten aufgrund des hohen Arbeitsausmaßes.

Als C* die Leitung des Fachbereiches BMG Services mit 1.1.2022 übernahm, befand sich die Abteilung in einer schwierigen Situation. Neben der, für Unruhe sorgenden, Neubesetzung der Führungsposition war die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter:innen sehr hoch und die Kommunikation durch die Covid-Pandemie stark eingeschränkt.

Das Verhältnis zwischen C* und der Beklagten war von Anfang an angespannt. Die Beklagte war über die Besetzung der Führungsposition durch die fachbereichsfremde C* anstatt ihrer eigenen Person enttäuscht. Sie war fachkundig, erfahren und erwartete von der neuen Vorgesetzten rasche und fachlich fundierte Entscheidungen. Die Beklagte kam schnell zu der Ansicht, dass C* kein Bewusstsein über den Umfang der Angelegenheiten der Abteilung hatte und nicht genug Expertise mitbrachte. C* war neu im Team, musste sich daher erst etablieren und auch fachlich neu einarbeiten. Sie fühlte sich von der direkten Art der Beklagten teilweise überrumpelt und in ihrer Autorität untergraben. C* wollte die Abteilung nach ihren Vorstellungen leiten und versuchte sich diesbezüglich auch gegenüber der Beklagten zu behaupten, wollte sie aber nicht schikanieren oder ungerecht behandeln. Die Beklagte empfand das Verhalten von C* als unangenehm, negativ und zunehmend gegen ihre Person gerichtet. Ihr Führungsstil unterschied sich schon dadurch von der bisher geübten Unternehmenskultur, dass sie die enge Abstimmung mit den Auftragnehmern als weniger wichtig empfand als die Beklagte. Sowohl C* als auch die Beklagte versuchten jeweils aufeinander zuzugehen, es kam aber immer wieder zu Uneinigkeiten und Missverständnissen.

Verstärkt wurde das angespannte Verhältnis durch die Frage, wer bzw. ob die Beklagte weiterhin die Stellvertretung der Fachbereichsleitung übernehmen würde. C* wollte diese Entscheidung nicht gleich zu Beginn offiziell treffen. C* teilte der Beklagten nach einem Mitarbeitergespräch im Frühjahr 2022 mit, dass sie noch nicht wisse, ob die Beklagte Stellvertreterin bleiben würde, da sie noch nicht genügend Vertrauen in die Beklagte hätte. Faktisch blieb die Beklagte die Stellvertreterin auch in dieser Zeit die Stellvertreterin der Fachbereichsleitung.

Schlussendlich entschied sich C* aber für die Beklagte als ihre offizielle Stellvertreterin, vergaß diese Entscheidung vor ihrem ersten zweitägigem Urlaubsantritt in der Osterwoche 2022 zu kommunizieren [F1]. Die Beklagte sowie die anderen Mitarbeiter:innen erfuhren dies aus dem Abwesenheitsassistenten von C* ging davon aus, dass die Beklagte aufgrund deren fachlichen Kompetenz sowie dem Umstand, dass sie die Abteilung lange interimistisch geleitet hatte, keine Probleme haben würde, die dringenden Angelegenheiten in ihrer Urlaubszeit zu übernehmen. Die Beklagte setzte C* bei allen E-Mails in CC. Im Juni 2022 war C* drei weitere Tage auf Urlaub, wobei sie hier ihre dienstlichen E-Mails selbst las und beantwortete, da sie die Ressourcen von der sehr ausgelasteten Beklagten schonen wollte. Vor den beiden Urlaubsantritten führte C* keine Übergabegespräche über die wahrzunehmenden Aufgaben mit der Beklagten.

In der Zeit, in der C* noch nicht sicher war, ob sie die Beklagte als Stellvertreterin einsetzen wollte, informierte sie die Beklagte in dieser Zeit nicht über die managementbezogenen Themen. Die spätere Arbeit der Beklagten als Stellvertreterin wurde ihr dadurch geringfügig erschwert. C* vergaß auch zwei Mal, die Beklagte von Abstimmungsterminen betreffend deren Aufgabenbereich Digitalisierung in Kenntnis zu setzen [F2]. Auf Nachfrage einer Mitarbeiterin wurde dies nachgeholt.

Die Beklagte beschäftigte sich vorwiegend mit „BIM“ und Digitalisierung und bildete in diesem Thema auch D* aus, der zunächst für 20 Wochenstunden als Work Study und schließlich ab März 2022 Vollzeit im Fachbereich BMG Services tätig war. Vereinbart war, dass D* auch nach seiner Aufstockung weiterhin für „BIM“ und Digitalisierung und somit als Unterstützung für die Beklagte eingesetzt werden würde. C* entschied allerdings, dass D* zwar weiterhin hauptsächlich im Bereich „BIM“ und Digitalisierung eingesetzt werden sollte, er aber auch vernetzend im Bereich Digitalisierung hinsichtlich anderer Programme der Klägerin Kenntnisse erlangen sollte. Sie veränderte nach einiger Abstimmung mit ihm seine Funktionbeschreibung dahingehend, dass er neben „BIM“ und Digitalisierung auch für die IT-Koordination [zuständig] sein sollte. Dadurch fühlte sich die Beklagte außen vor gelassen, da D* damit nicht mehr ausschließlich zu ihrer Unterstützung im Bereich „BIM“-Management, sondern auch für andere Aufgaben eingesetzt wurde. Seine Haupttätigkeit blieb aber das „BIM“-Management.

Die Beklagte fühlte sich von C* öfters vor den Kopf gestoßen. Einmal, als C* bei einer von der Beklagten vorbereiteten Power-Point-Präsentation nichts Inhaltliches auszusetzen hatte, jedoch Kleinigkeiten wie einen Beistrich und einen Grafik-Pfeil bemängelte; ein weiteres Mal bei einem von der Beklagten vorbereiteten Artikel „BMG News: Aktuelle Entwicklungen von BIM“ für das Intranet der Klägerin aus dem Fachbereich BMG Services. Intranet-Artikel mussten vor Veröffentlichung von acht Führungskräften freigegeben werden. Nachdem die Beklagte alle Freigaben eingeholt hatte, der Artikel Korrektur gelesen und ins „Corporate Wording“ gebracht worden war, übermittelte sie den Artikel am Mittwoch, 23.2.2022, C* und D* per E-Mail und schrieb dazu u.a.: „[…] Wenn ihr Änderungswünsche habt, lasst es mich zeitnah wissen, damit wir das diese Woche noch einarbeiten können. Am Montag ist Abgabe. [...]“ C* antwortete am Donnerstag, 24.2.2022 „Liebe B*, vielen Dank – hört sich gut an! Ob wir DIM als DIM bezeichnen würde ich nach dem CAB-Meeting besprechen wollen – und den Eingangsabsatz wie von E* angeregt fügst du noch ein, oder?[…]“. Die Beklagte glaubte, aufgrund der Änderungen nochmals die Freigaben der anderen Führungskräfte einholen zu müssen, und empfand daher die Änderungswünsche von C* als Affront. C* war der Meinung, dass sie als Verantwortliche des Fachbereichs und dessen Außenauftritt, das letzte Wort hatte und hätte daher die Freigaben der anderen Führungskräfte aufgrund diese Änderungen nicht mehr für notwendig gehalten.

Weitere Spannungen gab es im Zusammenhang mit einem Meeting mit der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer in einer Unterarbeitsgruppe zum Thema Digitalisierung. Dabei fiel C* der Beklagten unwirsch mit den Worten „Das mein ich nicht“ ins Wort und beendete damit ein Thema, dass die Beklagte soeben ausführen wollte. Andere Teilnehmer der Besprechung erkundigten sich im Nachhinein bei der Beklagten, warum sich in der Abteilung der Umgangston so geändert habe. Bei einer anderen Besprechung mit externen Personen erklärte C* zu der Beklagten, sie spreche „wie am Bau“. C* erklärte der Beklagten im Nachhinein, sie hätte das gesagt, da sie sich von der Beklagten gewünscht hätte, dass die Beklagte bei der besprochenen Vorgehensweise statt „so geht das nicht“ zu sagen, C* gefragt hätte, wie sie es gerne gehabt hätte.

Die Beklagte und C* waren sich weiters bei der Kommunikation des Fachbereichs mit den anderen Mitarbeiter:innen der Klägerin uneinig. Die Beklagte wollte diese stark intensivieren, während C* sie reduzieren wollte. C* wollte nicht den Anschein erwecken, dass sich die Abteilung zu sehr mit sich selbst beschäftigte. C* schränkte daher das von der Beklagten vorbereitete, an das Vorjahr angelehnte Kommunikationskonzept stark ein.

Angeregt durch die vielen Anfragen anderer Mitarbeiter zu den Digitalisierungsthemen und den Entwicklungen der Programme bei der A* entstand unter der Federführung der Beklagten schon im Herbst 2021 die Idee, im Mai 2022 „Digitalisierungstage“ abzuhalten. Dabei sollte die Arbeit der Abteilung sowie der aktuelle Stand in puncto Digitalisierung vorgestellt werden und andere Mitarbeiter:innen der Klägerin in neue Digitalisierungsmaßnahmen eingeschult werden. Um eine Vielzahl von kleineren (Schulungs-)Terminen für jedes Thema zu vermeiden, sollten die Schulungen und Präsentationen der Programme jeweils gebündelt auf ein paar Tage, vor Ort an den Unternehmensstandorten der A* in Österreich durchgeführt werden. Die Beklagte vereinbarte zur Vorbereitung dieser Digitalisierungstage eine Besprechung mit den betroffenen Mitarbeitern und übermittelte das Besprechungsprotokoll sodann an C*. C* fand die Idee grundsätzlich gut, hielt die Durchführung im Mai 2022 aber als verfrüht, da die vorzustellenden Programme einen unterschiedlichen Entwicklungsfortschritt aufwiesen und das Digitalisierungsteam auch so schon überlastet war. Sie hielt es im Anbetracht dessen für einen sehr großen Aufwand, dass drei bis vier Mitarbeiter:innen des Fachbereichs für mehrere Tage durch Österreich fahren würden. Sie wollte daher zuerst genauer festlegen, welche Themenbereiche vorgetragen werden sollten und noch eine weitere Entwicklungszeit der Programme abwarten. Daher entschied sie, die Digitalisierungstage auf Herbst zu verschieben. Die Beklagte war verärgert über die vorläufige Absage der Digitalisierungstage, da sie die Durchführung für sinnvoll, notwendig und letztendlich entlastend hielt.

Die Voraussetzung für Mitarbeiter:innen der Klägerin, ein Dienstauto zu bekommen und zu behalten, ist eine bestimmte Mindestkilometeranzahl pro Jahr. Dienstreisen werden daher im Vorhinein genau geplant. Die Beklagte ging vor Übernahme der Fachbereichsleitung durch C* davon aus, dass sie die Kilometeranzahl im Jahr 2022 erreichen würde, da neben den geplanten Digitalisierungstagen auch eine Dienstreise nach ** zu einer Tagung und weitere Schulungen in ganz Österreich geplant waren. Für die Dienstreise nach ** stellte die Beklagte bei C* einen Dienstreiseantrag, erhielt aber ein paar Tage keine Rückmeldung. Die Beklagte erfuhr dann von Kollegen, dass C* in der Zwischenzeit bei der Regionalleitung ** nachgefragt hatte, ob die Anwesenheit der Beklagten tatsächlich notwendig sei. C* versuchte aufgrund der Covid-Pandemie unnötige Reisen ihres Teams so gut wie möglich zu vermeiden. Bei einem ohnehin stattfindenden Gespräch mit der Regionalleitung ** informierte sie sich daher auch darüber. Die Beklagte hatte das Gefühl, dass C* versuchte, ihr Dienstreisen zu untersagen, weil sie wusste, dass der Beklagten dadurch ihr Anspruch auf ein Dienstauto verloren gehen könnte.

Am 15. Februar 2022 fand ein Gespräch zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer der Klägerin, F*, statt. Dabei wurde besprochen, dass die Beklagte enttäuscht über ihre unerfolgreiche Bewerbung auf die Fachbereichsleitung war, dass die Kommunikation zwischen C* und ihr nicht gut funktionierte und sie sich oft uneinig waren, sowie weiters dass C* am durch die Beklagte entworfenen Kommunikationskonzept viel geändert hatte und dass die Beklagte die neue Situation als unangenehm fand. In diesem Gespräch gab es seitens der Beklagten jedoch keine konkreten Beschwerden dahingehend, dass C* sie schlecht behandeln, insbesondere „Mobbing“ an ihr üben, würde. Die Beklagte stellte in diesem Gespräch dem Geschäftsführer letztendlich in Aussicht, dass sie selbst das Gespräch mit C* suchen wolle und dabei auch keine Hilfe von ihm benötige. Ein weiteres Gespräch gab es zu diesem Thema nicht.

b) Zur Kündigung und Ausbildungskostenrückersatz

Die Beklagte entschied sich im Juli 2022 zu kündigen, vorrangig weil sie bemerkte, dass sie in naher Zukunft keine Führungsposition bei der Klägerin erhalten würde. Sie glaubte, mitunter auch nach Absolvierung der Ausbildung anderswo gute Chancen auf eine Führungsposition zu haben und wollte sich auch beruflich weiterentwickeln. Ein untergeordnete Rolle spielte auch, dass sie die Zusammenarbeit mit C* als schwierig empfand. Nach ihrer Kündigung erhielt die Beklagte eine Führungsposition in einem anderen Unternehmen.

In einem Gespräch mit dem Geschäftsführer F* im September 2022 sprach die Beklagte die offenen Ausbildungskosten an und bot der Klägerin einen Teilbetrag von € 10.000 an. Bei einem Telefonat einige Zeit später teilte F* ihr mit, dass die Klägerin damit nicht einverstanden war.

Kurz darauf, im November 2022, trug die Geschäftsführung der Leiterin der Abteilung „Corporate Service HR“ auf, sich mit der Beklagten hinsichtlich der offenen Ausbildungskosten in Verbindung zu setzen. Am 3.11.2022 wandte sich diese nach einem erfolglosen Anruf mit nachfolgender E-Mail an die Beklagte:

„Liebe B*,

es tut mir so leid, dass ich mich erst so spät melde, leider hat mich das unsägliche Virus erwischt und einiges verzögert. Ich würde mich gerne mit dir abstimmen betreffend der Rückzahlung, damit wir die Modalitäten so gestalten, dass sie für dich auch machbar sind und für uns auch in unseren Rahmen passen. Wie machen wir das am besten?

Liebe Grüße

G*“

Nachdem sich die Beklagte auf diese E-Mail nicht meldete, sendete G* am 11.11.2022 eine weitere Mail:

„Liebe B*,

bitte um Kontaktaufnahme betreffend der Rückzahlung der Ausbildungskosten. Von Seiten des BMG wird die Rückzahlung in 4 Jahresraten vorgeschlagen, dies heißt eine Rate in der Höhe von € 4475 / Quartal. Dies sind die reinen Ausbildungskosten. Die Geschäftsführung hat entschieden den Kostenanteil der Arbeitstage nicht zurück zu fordern.

Liebe Grüße

G*“

Die, für die Klägerin nicht zeichnungsberechtigte, der Beklagten bekannte Leiterin der Abteilung „Corporate Service HR“ wollte mit diesen E-Mails mit der Beklagten Kontakt aufnehmen, um die Abwicklung des Ausbildungskostenrückersatzes und das diesbezüglich erwähnte Angebot der Klägerin zu besprechen. Die auch G* so kommunizierte Absicht der Klägerin war es, der Beklagten die Rückzahlung der reinen Ausbildungskosten in vier Raten vorzuschlagen, und für den Fall der Annahme des Angebots auf die Geltendmachung der Kosten der versäumten 22 Arbeitstage in Höhe von € 5.488,33 brutto zu verzichten. Der Beklagten war bewusst, dass die Leiterin der HR – Abteilung lediglich unverbindlich Informationen an sie weitergeben wollte und es in Personalangelegenheiten nach Usus der Klägerin einer Vereinbarung mit der Unterschrift einer Geschäftsführung bedürfe. Sie nahm nicht an, dass die Klägerin durch die E-Mail von G* von der Rückzahlung von € 5.488,33 ohne weitere Bedingung absah.

Das entsprechende offizielle Angebot zur Rückzahlungsvereinbarung wurde am 21.11.2022 mitsamt den Unterschriften der Geschäftsführer der Klägerin an die Beklagte übermittelt und enthielt u.a. folgende Passage:

„[…] Wird diese Ratenzahlungsvereinbarung von Ihnen fristgemäß erfüllt, erklären wir uns bereit, auf die Rückforderung der Kosten von EUR 5.488,33 für die aufgewandte Arbeitszeit zu verzichten.

Bitte senden Sie uns die Ratenzahlungsvereinbarung umgehend unterfertigt zurück. Sollte die Vereinbarung nicht bis spätestens 15. Dezember 2022 bei uns eingelangt sein, behalten wir uns vor rechtliche Schritte zu setzen.“

Die Beklagte nahm das Angebot nicht an.“

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die von DI C* gesetzten Verhaltensweisen würden kein Mobbing/Bossing darstellen, da es an der ausreichenden Systematik, Dauer und Häufigkeit sowie der objektiven Eignung zur Verdrängung der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis fehle. Die Gründe für die von DI C* gesetzten Maßnahmen seien sachlich nachvollziehbar gewesen. Dass sie die Beklagte mit den Worten „das mein´ ich nicht“ unterbrochen und ihr gesagt habe, sie spreche „wie am Bau“, würde zwar ein unfreundliches und unsachliches Verhalten von DI C* darstellen, das unter entsprechenden Begleitumständen unter den Begriff des Mobbings/Bossings fallen könne. Unter Berücksichtigung der starken Stellung der Beklagten und der Bemühungen von DI C*, sich als Vorgesetzte zu etablieren und gegen die Beklagte zu behaupten, seien aber auch diese unwirschen Äußerungen nicht geeignet gewesen, die Beklagte aus dem Arbeitsverhältnis auszustoßen. Zudem habe es sich dabei um zwei Einzelfälle gehandelt, denen es für sich allein an der ausreichenden Intensität gemangelt habe. Aus dem E-Mail vom 11.11.2022 sei eine rechtsgeschäftliche Erklärung eines (unbedingten) Verzichts betreffend die Entgeltfortzahlungskosten nicht abzuleiten und auch von der Beklagten nicht so verstanden worden. Vielmehr handle es sich dabei um eine Wissenserklärung ohne Rechtsfolgewillen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Zur Beweisrüge:

1.1. Voranzustellen ist, dass es zum Wesen der freien Beweiswürdigung gehört, dass sich das Gericht für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen auf Grund seiner Überzeugung entscheidet, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann (RS0043175). Das Gericht hat nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu prüfen, ob jener Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht ist, der es rechtfertigt, die fragliche Tatsache für wahr zu halten ( Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5 , § 272 ZPO Rz 1). Wird eine Feststellung im Berufungsverfahren bekämpft, hat das Berufungsgericht die dagegen vorgetragenen Argumente unter Berücksichtigung aller dazu vorliegenden Beweisergebnisse zu prüfen. Nur bei einer solchen Gesamtschau ist eine Beurteilung möglich, ob gegen die vom Erstgericht vorgenommene Beweiswürdigung Bedenken bestehen (RS0040123).

1.2. Anstelle der bekämpften Feststellungen begehrt die Beklagte folgende Ersatzfeststellungen:

[F1]: „Schlussendlich entschied sich C* aber für die Beklagte als ihre offizielle Stellvertreterin; dabei unterließ sie es, diese Entscheidung vor ihrem ersten 2-tägigen Urlaubsantritt in der Osterwoche 2022 zu kommunizieren.“

[F2]: „C* setzte auch zweimal die Beklagte bewusst nicht von Abstimmungsterminen betreffend deren Aufgabenbereich Digitalisierung in Kenntnis.“

1.2.1. Soweit die Beklagte hinsichtlich beider bekämpfter Feststellungen fehlendes Vorbringen moniert, ist sie auf die Behandlung der Rechtsrüge zu verweisen.

1.2.2. Ihre weitere Argumentation zielt darauf ab, das Verhalten von DI C* nicht als versehentliches, sondern als bewusstes Vorenthalten von Informationen festzustellen. Nach Ansicht der Beklagten sei es unwahrscheinlich und weltfremd, dass auf die Kommunikation derart wesentlicher Entscheidungen einfach vergessen werde. Zudem habe das Beweisverfahren keine Anhaltspunkte für ein bloßes Vergessen ergeben.

Damit weckt die Beklagte keine Bedenken an der Beweiswürdigung des Erstgerichts, das ausführlich darlegte, aus welchen Gründen es ausschloss, dass DI C* die Beklagte schikanieren bzw ungerecht behandeln habe wollen, und insofern von einem bloßen Versehen ausging. Dabei ließ das Erstgericht nicht außer Betracht, bei DI C* einen „unruhigen Respekt“ vor der Beklagten bemerkt zu haben, und zog ins Kalkül, dass DI C* versucht habe, „ihre Autorität gegenüber der starken Beklagten unter Beweis zu stellen und die Abteilung nach ihren eigenen Vorstellungen zu führen“ (ON 18, Seite 10). Soweit das Erstgericht dessen ungeachtet unter Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung davon ausging, dass die Informationen aufgrund der allgemeinen Hektik und Arbeitsbelastung nicht absichtlich, sondern bloß versehentlich vorenthalten wurden, sind diese Erwägungen nicht zu beanstanden.

Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Der Berufungswerber muss vielmehr die Überschreitung des dem Gericht durch § 272 ZPO eingeräumten Bewertungsspielraums aufzeigen.

Dies gelang der Beklagten nicht, zumal sie keine stichhaltigen Gründe darlegt, weshalb DI C* die Beklagte bewusst nicht über Termine sowie darüber informieren habe wollen, dass sie sich für die Beklagte als ihre Stellvertreterin entschieden habe. Dies wäre schon deshalb nicht nachvollziehbar, da kein damit verbundener Mehrwert für DI C* ersichtlich wäre. Dass es sich dabei um reine Böswilligkeit gehandelt hätte, kann den Beweisergebnissen in dieser Form nicht ansatzweise entnommen werden.

Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung und legt sie der weiteren Beurteilung zu Grunde (§ 498 ZPO).

2. Zur Rechtsrüge:

2.1. Die Beklagte wendet sich auch insoweit gegen die beiden (bereits mittels Beweisrüge) bekämpften Feststellungen, als diese mangels entsprechenden Vorbringens überschießend und demzufolge unbeachtlich seien. Die Klägerin habe nicht vorgebracht, dass die Weitergabe von Informationen „vergessen“ worden sei. Hätte das Erstgericht berücksichtigt, dass der Beklagten Informationen (bewusst) vorenthalten worden seien, hätte es das Verhalten von DI C* in seiner Gesamtheit als Mobbing qualifizieren müssen.

Nach der Rechtsprechung wird eine Rechtssache rechtlich unrichtig beurteilt, wenn der Entscheidung unzulässige überschießende Feststellungen zugrunde gelegt werden (RS0040318 [T2]; RS0036933 [T10, T11, T12]; RS0037972 [T11]; RS0112213 [T1, T4]). Das Gericht darf die bei seiner Beweisaufnahme hervorkommenden Umstände nur insoweit berücksichtigen, als sie im Parteivorbringen Deckung finden. Bei der Beurteilung, ob eine überschießende Feststellung vorliegt, ist nicht darauf abzustellen, ob sich der vom Erstgericht getroffene Sachverhalt wörtlich mit Parteienbehauptungen deckt, sondern nur zu prüfen, ob sich die Feststellungen im Rahmen eines geltend gemachten Klagsgrundes oder erhobener Einwendungen halten (RS0040318 [T16]; RS0037972 [T22]).

Im vorliegenden Fall wendete die Beklagte konkret ein, aufgrund massiven Bossings zu einer berechtigten Kündigung gedrängt worden zu sein, wobei sie in diesem Zusammenhang (unter anderem) das Vorenthalten von Informationen behauptete.

Dazu ist auszuführen, dass das Vorenthalten von Informationen entweder auf einer bewussten Entscheidung oder auf einem unbewussten Vorgang basiert. Während die Beklagte in ihrem Vorbringen zur Untermauerung ihrer gegen die Klägerin gerichteten Vorwürfe ein bewusstes Vorenthalten von Informationen behauptete, stellte das Erstgericht – wie auch aus der Beweiswürdigung ersichtlich (ON 18, Seite 10) - jeweils das logische Gegenstück hierzu fest, zumal es davon ausging, dass der Beklagten die Informationen in der allgemeinen Hektik und Arbeitsbelastung „nicht absichtlich“ vorenthalten worden seien.

Indem festgestellt wurde, dass es sich jeweils um ein bloßes Vergessen – und somit kein bewusstes Vorenthalten – handelte, halten sich die beiden Feststellungen insoweit im Rahmen des Vorbringens der Beklagten, als das Erstgericht diesen Behauptungen nicht folgte und seiner Entscheidung stattdessen die zwingende Schlussfolgerung zugrunde legte, dass es sich um ein versehentliches, unbewusstes Vorenthalten von Informationen durch DI C* handelte. Die beiden Feststellungen sind somit vom Parteivorbringen gedeckt und nicht als überschießend zu qualifizieren.

2.2. Ferner meint die Beklagte, dass nach dem festgestellten Sachverhalt die Voraussetzungen für Mobbing/Bossing vorliegen würden, weshalb die Kündigung berechtigt gewesen sei und der Klägerin kein Ausbildungskostenrückersatz zustehe.

Der Oberste Gerichtshof definiert Mobbing regelmäßig als eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen („Mobbing“) bzw zwischen Vorgesetzten und Untergebenen („Bossing“), bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet (1 Ob 39/20x; 1 Ob 56/18v; 9 ObA 131/11x je mwN; RS0124076). Typisch ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, systematische Isolation, Zurückhaltung von Informationen oder Rufschädigung (8 ObA 12/21d; 9 Ob 86/08z; RS0124076 [T2]).

Für das Vorliegen von Mobbing/Bossing ist neben der subjektiven Betroffenheit des Dienstnehmers auch erforderlich, dass sich das Geschehen nach objektiven Gesichtspunkten als geeignet darstellt, die Würde des Betroffenen zu beeinträchtigen. Bei Bossing ist wesentlich, ob die vom Vorgesetzten gesetzten Maßnahmen objektiv geeignet waren, beim Untergebenen einen Effekt des Verdrängens aus dem Arbeitsverhältnis zu bewirken, gleich, ob auch die Absicht darauf abzielte (RS0124076 [T7]).

In der Regel beruhen Mobbinghandlungen auf Vorsatz, was schon aus dem für Mobbing charakteristischen systematischen, ausgrenzenden und prozesshaften Geschehen über einen längeren Zeitraum abgeleitet werden kann (9 ObA 86/08z). Eine Absicht des Täters, zu mobben, ist für die Erfüllung des objektiven Tatbestands nicht erforderlich (vgl zB 1 Ob 71/19a; 1 Ob 39/21y). Sachlich begründete Maßnahmen und situationsadäquate Reaktionen des Dienstgebers stellen kein Bossing dar - und zwar selbst dann nicht, wenn diese vom Dienstnehmer subjektiv als einseitig gegen ihn gerichtet wahrgenommen wurden (vgl 8 Ob 2/16a; 1 Ob 56/18v).

Denjenigen, der ein Mobbing oder Bossing behauptet, trifft - anders als bei in Sondergesetzen geregelten Diskriminierungstatbeständen - die uneingeschränkte Beweislast (vgl 9 ObA 131/11x).

Entgegen den Ausführungen der Beklagten lassen sich aus den Feststellungen die Voraussetzungen für Mobbing/Bossing nicht ableiten, zumal der Kündigung der Beklagten kein systematisches, ausgrenzendes und prozesshaftes Geschehen über einen längeren Zeitraum zugrunde liegt. Den in der Berufung angeführten Argumenten ist im Einzelnen zu entgegnen:

Der Umstand, dass das Verhältnis zwischen DI C* und der Beklagten von Anfang an angespannt war, stellt für sich keine Mobbingsituation dar, die einen Effekt des Verdrängens aus dem Arbeitsverhältnis zu bewirken vermag. Auch dass die Beklagte das Verhalten von DI C* als unangenehm, negativ und zunehmend gegen ihre Person gerichtet empfunden hat, begründet noch kein Mobbing/Bossing, zumal es auf die objektive Eignung und nicht auf das subjektive Empfinden ankommt (vgl RS0124076 [T9]).

Soweit die Beklagte jene Vorfälle ins Treffen führt, bei denen sie von DI C* über die Entscheidung hinsichtlich ihrer Stellvertreterin sowie über Abstimmungstermine nicht in Kenntnis gesetzt wurde, übersieht sie, dass es sich hierbei jeweils um ein Versehen von DI C* handelte, da sie nach den Feststellungen vergessen hatte, die Beklagte darüber zu informieren. Ein Umstand, der sich nur versehentlich ereignet, kann sich aber nicht gezielt gegen eine Person richten. Ein Versehen stellt schon grundsätzlich kein systematisches Geschehen dar. Ein systematisches Vorgehen erfordert notwendigerweise einen entsprechenden Vorsatz, der sich zwar nicht konkret auf Mobbing bzw Bossing, wohl aber auf die gesetzten Handlungen und deren Auswirkungen in ihrer Gesamtheit beziehen muss. Eine systematische Ausgrenzung aus Versehen oder Unachtsamkeit ist daher nicht denkbar.

Darüber hinaus ist die unterbliebene Information über managementbezogene Themen hinsichtlich jenes Zeitraums, in dem sich DI C* mangels ausreichenden Vertrauens noch nicht sicher war, ob sie die Beklagte als Stellvertreterin einsetzen wollte, auch sachlich gerechtfertigt. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Notwendigkeit bestanden hätte, der Beklagten derartige Informationen zukommen zu lassen, solange diese noch nicht Stellvertreterin von DI C* war. Dass der Beklagten dadurch zu einem späteren Zeitpunkt ihre Arbeit als Stellvertreterin geringfügig erschwert wurde, ändert daran nichts, zumal sich der Vorwurf der Beklagten auf den vorangegangenen Zeitraum bezog, als sie noch nicht Stellvertreterin war. Soweit die Beklagte meint, DI C* habe sie regelmäßig und wiederholt „zappeln“ lassen und fehlendes Vertrauen nur als Vorwand vorgeschoben, um sie länger in Ungewissheit zu belassen, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt, dem solche Beweggründe nicht zu entnehmen sind.

Hinsichtlich der weiters monierten Unterlassung von Übergabegesprächen vor zwei Urlaubsantritten lässt sich nicht erkennen, inwiefern damit für die Beklagte der Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis verbunden sein konnte, zumal es sich um kurze Urlaube im Ausmaß von zwei bzw drei Tagen handelte und DI C* während des dreitägigen Urlaubs ihre dienstlichen E-Mails selbst las und beantwortete (ON 18, Seite 4). Ungeachtet dessen begründen diese beiden einzelnen Vorfälle kein systematisches Geschehen über einen längeren Zeitraum.

Dass DI C* „Kleinigkeiten“ bei einer von der Beklagten vorbereiteten Power-Point-Präsentation bemängelte, ist wiederum vor dem Hintergrund der Verantwortlichkeit von DI C* als weisungsbefugter Fachbereichsleiterin zu sehen und würde allenfalls bei schikanösem Verhalten einen Verdrängungseffekt begründen können, für das die Feststellungen aber keine Grundlage bieten.

Zuletzt handelt es sich auch bei den beanstandeten Äußerungen („Das mein´ ich nicht“; die Beklagte spreche „wie am Bau“) um kein systematisches, ausgrenzendes und prozesshaftes Geschehen über einen längeren Zeitraum, sondern – wie bereits vom Erstgericht zutreffend ausgeführt – um zwei Einzelfälle, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich DI C* hinsichtlich der zweiten Äußerung im Nachhinein noch bei der Beklagten erklärte (ON 18, Seite 6) und dabei nachvollziehbare Gründe für ihre Bemerkung anführte.

In der Gesamtbetrachtung erweist sich daher die Beurteilung des Erstgericht als zutreffend, wonach das Verhalten von DI C* gegenüber der Beklagten trotz der festgestellten Konflikte nicht als Mobbing zu qualifizieren ist.

2.3. Schließlich moniert die Beklagte, dass die Klägerin in Anbetracht des E-Mails vom 11.11.2022 auf die Rückforderung der Entgeltaufwandskosten von EUR 5.488,33 verzichtet habe.

Angesichts des Inhalts des E-Mails vom 11.11.2022 ist in rechtlicher Hinsicht zunächst eine Abgrenzung zwischen Willenserklärung und Wissenserklärung vorzunehmen. Eine Willenserklärung liegt dann vor, wenn die Äußerung auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist, also Rechte und Pflichten zu begründen, zu ändern oder aufzuheben. Bei einer Wissenserklärung geht es demgegenüber darum, dass die eine Partei der anderen oder beide Parteien übereinstimmend sich bloß ihre Vorstellungen über bestimmte Tatsachen mitteilen, jedoch keinen Willen dahin äußern, mit der Erklärung bestimmte Rechtsfolgen bewirken zu wollen (RS0028641 [T3]; RS0120267).

Die Frage, ob eine Wissens- oder doch eine auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärung vorliegt, muss im Einzelfall anhand des Wortlauts der Erklärung und allfälliger näherer Umstände beurteilt werden (vgl RS0028641 [T2], RS0032666 [T1]).

Soweit sich die Beklagte auf die Vertrauenstheorie beruft, nach der für das Verständnis einer Erklärung alleine der objektive Erklärungswert maßgebend sei, ist zunächst zu entgegnen, dass ein vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille, den der andere Teil erkannt hat, dem objektiven Erklärungswert vorgeht (RS0014005 [T3]). Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen nahm die Beklagte nicht an, dass die Klägerin durch das E-Mail von der Rückzahlung von EUR 5.488,33 ohne weitere Bedingung absah (ON 18, Seite 8). Für ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten als Erklärungsempfängerin bleibt insoweit kein Raum.

Dessen ungeachtet hätte aber auch ein redlicher, verständiger Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung aller Umstände nicht von einem bedingungslosen (teilweisen) Verzicht auf Ansprüche der Klägerin ausgehen dürfen. Nach den Feststellungen sprach die Beklagte im Anschluss an ihre Kündigung den Geschäftsführer der Klägerin auf die offenen Ausbildungskosten an und bot die Zahlung eines Teilbetrags von EUR 10.000 an, womit die Klägerin nicht einverstanden war. In einem E-Mail vom 3.11.2022 zeigte sich die Klägerin allerdings offen für eine einvernehmliche Lösung, zumal sie anbot, die Rückzahlung sowie die Modalitäten derselben gemeinsam mit der Beklagten abzustimmen. Nachdem die Klägerin keine Reaktion der Beklagten auf ihr E-Mail vom 3.11.2022 erhalten hatte, bestand für einen redlichen, verständigen Erklärungsempfänger des E Mails vom 11.11.2022 kein vernünftiger Grund, nunmehr von einem – an keine weiteren Bedingungen geknüpften – Verzicht der Klägerin auf die Rückzahlung von EUR 5.488,33 auszugehen, zumal weiterhin keine Einigung hinsichtlich des Rückersatzes der von der Klägerin getragenen Kosten der Ausbildung in Aussicht stand.

Im Kontext mit den nicht abgeschlossenen Vergleichsbemühungen hätte ein objektiver Erklärungsempfänger demnach keine endgültige und rechtlich bindende Willenserklärung erwartet, sondern das E-Mail vom 11.11.2022 vielmehr als Mitteilung über die derzeitige Verhandlungsposition verstanden. Demzufolge war von einem unverbindlichen Vorschlag der Klägerin zur Regelung ihrer offenen Ansprüche auszugehen, die einen Verzicht auf einen Teil ihrer Forderung in Aussicht stellte, der allerdings mit einer Zahlung der restlichen Ausbildungskosten von EUR 17.900 (EUR 4.475/Quartal) verknüpft sein sollte.

Bei der im E-Mail vom 11.11.2022 enthaltenen Formulierung, wonach die Geschäftsführung „entschieden“ habe, den Kostenanteil der Arbeitstage „nicht zurück zu fordern“, handelte es sich daher um eine bloße Wissenserklärung, mit der keine Rechtsfolgen verbunden waren.

Zusammengefasst kommt der Berufung der Beklagten damit keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 41 Abs 1, 50 ZPO.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt. Ob überschießende Feststellungen zu berücksichtigen sind (RS0037972 [T15]), ist ebenso wie die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen als Bossing zu qualifizieren sind (RS0124076 [T6]), sowie die Unterscheidung zwischen Wissens- und Willenserklärung (vgl RS0028641 [T2], RS0032666 [T1]) eine Frage des Einzelfalls.

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