JudikaturOLG Wien

16R143/24b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
14. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Sonntag als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Elhenicky und Dr. Rieder in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb. am **, **, vertreten durch Alix Frank Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagten Parteien 1. DDr. B* , geb. am **, Zahnarzt, **, und 2. C* AG , **, beide vertreten durch Rechtsanwälte Gruber Partnerschaft KG in Wien, wegen EUR 10.710,92 s.A. und Feststellung (Streitwert: EUR 5.000,--; Gesamtstreitwert: EUR 15.710,02), über den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse: EUR 1.119,24) gegen die im Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Juli 2024, ** 64, enthaltene Kostenentscheidung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Kostenrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie zu lauten hat:

„Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 4.027,70 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 333,01 (darin EUR 55,50 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit dem in der Hauptsache unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Urteil gab das Erstgericht dem Begehren auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von EUR 10.710,92 samt Zinsen statt und wies das Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche Schäden aus der zahnmedizinischen Behandlung im Zeitraum 2014 bis 2020 ab.

Mit der angefochtenen Kostenentscheidung verpflichtete das Erstgericht die Beklagten, dem Kläger die mit EUR 3.043,28 bestimmten Kosten zu ersetzen (Punkt 3.), und erkannte den Kläger schuldig, den Beklagten die mit EUR 7.070,98 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen (Punkt 4.).

Die Beklagten bekämpfen diese Kostenentscheidung mit Kostenrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und begehren deren Abänderung dahin, dass allein der Kläger zum Kostenersatz an die Beklagten in Höhe von EUR 5.146,94 verpflichtet werde.

Der Kläger beantragt, dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Kostenrekurs ist teilweise berechtigt .

1. Die Rekurswerber wenden sich allein gegen die unterbliebene Saldierung der vom Erstgericht bestimmten wechselseitigen Kostenersatzansprüche. Nach der Rechtsprechung sei zur Verhinderung unbilliger Ergebnisse im Fall der Erhebung eines Rechtsmittels nur von einer Seite ein Kostenzuspruch zugunsten jener Partei vorzunehmen, die den insgesamt höheren Verfahrenskostenzuspruch erlangt habe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten daher nur die saldierten Kosten zugesprochen werden dürfen. Nach Abzug der dem Kläger zuerkannten Kosten von netto EUR 2.811,56 von den den Beklagten zuerkannten Nettokosten von EUR 6.323,38 hätte sich für den Kläger ein Nettozuspruch von EUR 3.511,82 ergeben. Zuzüglich EUR 702,36 an Umsatzsteuer sowie der Differenz zwischen den zuerkannten Barauslagen von EUR 932,76 wären den Beklagten daher Verfahrenskosten von brutto EUR 5.146,94 zuzusprechen gewesen.

2. Zutreffend weisen die Beklagten zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hin, wonach die (infolge verschiedener Verfahrensabschnitte den Parteien wechselseitig zustehenden) Kosten einer Instanz in der Kostenentscheidung zu saldieren sind, die Saldierung also geboten ist (RS0035877, zuletzt 2 Ob 95/23v; auch OLG Wien 5 R 92/17m [unveröff]). Der Oberste Gerichtshof hat dies in der Entscheidung 3 Ob 23/94 (SZ 67/143) ausführlich begründet und sich in diesem Zusammenhang eingehend auch mit der in der Rekursbeantwortung dagegen ins Treffen geführten gegenteiligen Lehrmeinung M. Bydlinskis (Kostenersatz im Zivilprozess 462ff; vgl auch M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 § 53 ZPO Rz 1) auseinandergesetzt. Vor allem hat er in dieser Entscheidung klargestellt, dass die Saldierung nicht gegen das im § 52 Abs 1 ZPO ausgesprochene Gebot, über die Kostenersatzpflicht dem Grunde nach zu entscheiden, verstößt und schon deshalb zweckmäßig ist, weil nur dadurch die Möglichkeit einer ungerechtfertigten Exekutionsführung und die Notwendigkeit des Widerspruchs gemäß § 35 EO wegen einer Aufrechnungserklärung von vornherein ausgeschaltet werden kann. Es spreche aber auch für die Saldierung, dass die Aufrechnung ausgeschlossen sei, soweit eine Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten worden sei und dieser - wie hier die Klagevertreterin bereits in der Klage - gemäß § 19a Abs 4 RAO die Zahlung der Kosten an sich gefordert habe. Dann hindere nämlich das gesetzliche Pfandrecht die Aufrechnung. Unterbleibe die Saldierung, könne es zu dem nicht sachgerechten Ergebnis kommen, dass eine Partei ihrem Gegner Kosten zu ersetzen habe, obwohl sie ihre eigene - möglicherweise sogar höhere - Kostenersatzforderung wegen der schlechten Vermögenslage des Gegners nicht hereinbringen könne.

3. In Entsprechung des in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung verankerten Saldierungsgebots ist die Kostenentscheidung des Erstgerichts daher dahin abzuändern, dass die den Prozessparteien zuerkannten wechselseitigen Kostenforderungen, gegen deren Höhe sich die Rekurswerber nicht wenden, zu saldieren sind. Dazu ist vom Kostenzuspruch an die Beklagten von brutto EUR 7.070,98 der Kostenzuspruch an den Kläger von brutto EUR 3.043,28 abzuziehen; der Saldo zugunsten der Beklagten errechnet sich auf diese Weise mit brutto EUR 4.027,70.

In diesem Umfang war dem Kostenrekurs daher Folge zu geben und die Kostenentscheidung des Erstgerichts dahin abzuändern, dass der Kläger zum Ersatz des Saldos der wechselseitig zuerkannten Kostenforderungen von EUR 4.027,70 zu verpflichten war.

4. Soweit die Rekurswerber darüber hinaus weitere EUR 1.119,24 zugesprochen erhalten wollen, unterliegen sie einem Rechenfehler. Rechnerisch richtig ergibt sich nämlich – worauf in der Rekursbeantwortung zu Recht hingewiesen wird - kein anderes Ergebnis, auch wenn man – wie die Beklagten im Rekurs – zunächst den Saldo aus den wechselseitigen Nettokostenzusprüchen bildet und die darauf entfallende Umsatzsteuer sowie den Barauslagenüberhang erst danach hinzurechnet. Zu berücksichtigen gilt dabei allerdings, dass die den Parteien zuerkannten Barauslagen nicht der Umsatzsteuer unterliegen und daher entgegen der Darstellung im Rekurs der Nettovertretungskostenzuspruch an die Beklagten nicht EUR 6.323,38, sondern richtig EUR 3.737,73 (= EUR 7.070,98 abzüglich EUR 2.585,70 USt-freie Barauslagen und EUR 747,55 USt) und jener an den Kläger nicht EUR 2.811,56, sondern richtig EUR 1.158,62 (= EUR 3.043,28 abzüglich EUR 1.652,94 USt-freie Barauslagen und EUR 231,72 USt) beträgt. Ausgehend von einem Saldo der Nettovertretungskostenzusprüche von EUR 2.579,11 errechnet sich unter Hinzurechnung der Umsatzsteuer von EUR 515,83 sowie des Barauslagenüberhangs von EUR 932,76 aber wieder der in die Kostenentscheidung aufzunehmende Saldo von EUR 4.027,70.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41 Abs 1 und 50 ZPO iVm § 11 RATG. Bemessungsgrundlage im Kostenrekursverfahren ist gem § 11 RATG jener Betrag, dessen Zuspruch bzw Aberkennung beantragt wird. Da sich die Beklagten mit dem Kostenrekurs nicht gegen die Zuerkennung eines Kostenersatzes an den Kläger in Höhe von EUR 3.043,28, sondern nur gegen die Schaffung eines eigenen Kostentitels für den Kläger wenden, ist das Rekursinteresse im Kostenrekursverfahren mit EUR 1.119,24 anzusetzen, in welchem Umfang die Beklagten einen höheren Kostenzuspruch erzielen wollen. Infolge vollständigen Unterliegens mit diesem Interesse haben die Beklagten dem Kläger die Kosten seiner Rekursbeantwortung zur Gänze, wenn auch nur auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 1.119,24 zu ersetzen.

6. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

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