JudikaturOLG Wien

33R126/24b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
05. September 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Schober und die Richterin Mag. Felbab in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. D*** , und 2. V ***, beide vertreten durch Mag. Michael Nierla, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei K *** , vertreten durch die KUHN Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen (zuletzt) EUR 65.400,34 sA (hier: Verfahrenshilfe) über den Rekurs der zweitklagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 9.8.2024, 10 Cg 24/21s-85, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig .

Begründung

Text

Mit gemeinsamer Klage vom 17.5.2021 begehrten die Erstklägerin EUR 35.400,34 und der Zweit- und Drittkläger je EUR 30.000 von der Beklagten. Der Gesamtstreitwert betrug EUR 95.400,34 s.A.

Den Klägern wurde mit Beschluss vom 6.7.2021 (ON 12) die Verfahrenshilfe jeweils im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a, c und f und Z 3 ZPO bewilligt.

Der Klagsführung des damals minderjährigen Drittklägers wurde die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung versagt (ON 20). Mit Beschluss vom 22.10.2021 (ON 25.2) wurde das Verfahren hinsichtlich des Drittklägers für nichtig erklärt und dessen Klage zurückgewiesen.

Das Verfahren zwischen den verbleibenden Parteien wurde mit Bekanntgabe des ewigen Ruhens vom 9.12.2022 (ON 52) beendet.

Der Beschluss des Erstgerichts vom 27.3.2024 (ON 72) über die Nachzahlungsverpflichtung des Zweitklägers gemäß § 71 ZPO wurde über Rekurs des Revisors vom OLG Wien aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, weil es gemäß § 71 Abs 2 ZPO in der Fassung der ZVN 2022 (anwendbar auf Beschlüsse nach dem 30.4.2022, vgl § 619 Abs 2 Z 1 und 4 ZPO) den Ersatz von Gerichtsgebühren auch der Höhe nach festzulegen habe. Dem damals auch vom Zweitkläger erhobenen Rekurs wurde keine Folge gegeben (OLG Wien 33 R 75/24b vom 15.5.2024).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss verpflichtete das Erstgericht neuerlich (nur) den Zweitkläger zur gänzlichen Nachzahlung der Beträge, von deren Berichtigung er durch die gewährte Verfahrenshilfe einstweilen befreit gewesen sei. Der Zweitkläger habe binnen 14 Tagen zunächst die mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 7.2.2023 bestimmten Sachverständigengebühren von EUR 1.226 und danach die durch die Einbringung der Klage am 17.5.2021 angefallene Pauschalgebühr von EUR 3.578,80 zu ersetzen.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Zweitklägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihm keine Verpflichtung zur Nachzahlung auferlegt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt;

Rekursbeantwortungen wurden jeweils nicht eingebracht.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Soweit der Zweitkläger inhaltsgleich wie in seinem ersten Rekurs und weiterhin ohne Begründung ausführt, die festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse würden es nicht rechtfertigen, ihm die Nachzahlung aufzuerlegen, ist er auf die Ausführungen in der bereits ergangenen Rechtsmittelentscheidung, Punkt 1.1, zu verweisen. Den vom Erstgericht im fortgesetzten Verfahren an den Zweitkläger gerichteten Auftrag, binnen 14 Tagen allfällige Änderungen seiner Vermögenssituation zum abgegebenen Vermögensbekenntnis von Jänner 2024 darzutun, ließ dieser unbeantwortet, sodass auch von keinen tatsächlichen Änderungen auszugehen ist.

2. Der Zweitkläger moniert weiters, dass ihm der Ersatz aller Barauslagen auferlegt worden sei, obwohl nur EUR 30.000 des ursprünglichen Gesamtstreitwerts von EUR 90.400,34 sowie des nach Wegfall des Drittklägers eingeschränkten Gesamtstreitwerts von EUR 65.400,34 auf ihn entfielen. Selbst wenn man aufgrund von seiner Einkommens- und Vermögenssituation eine Verpflichtung zur Nachzahlung bejahen würde, dürfte sich diese nur auf 31 % der Pauschalgebühr und 46 % der Sachverständigengebühren belaufen. Daran ändere auch die Bestimmung des § 7 Abs 4 GGG nichts, die auf „denselben“ Gebührenbetrag und somit auf Solidarforderungen abstelle, bei denen die Ansprüche der einzelnen Kläger und das Gesamtbegehren ident seien. Geradezu denkunmöglich erscheine, dass der Zweitkläger darüber hinaus sogar noch für den sogenannten Streitgenossenzuschlag von 15 % haften solle. Die Sachverständigengebühren mögen zwar solidarisch auferlegt worden sein, dies entfalte jedoch keine Bindungswirkung für die ausgesprochene Nachzahlungsverpflichtung.

2.1 Nach § 7 Abs 4 GGG sind zwei oder mehrere Personen zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig, soweit sie die Verpflichtung zur Entrichtung desselben Gebührenbetrages trifft (vgl auch VwGH 2005/16/0138).

Mehrere Kläger, die Streitgenossen iSd § 11 ZPO in allen dort genannten Varianten sind, haften – ausgenommen bei verbundenen Verfahren – zur ungeteilten Hand für die Zahlung eines aufgrund des gesamten Klagebegehrens aller Streitgenossen zu berechnenden Gebührenbetrags. Das Vorliegen einer Streitgenossenschaft nach § 14 ZPO ist nicht gefordert (§ 7 Abs 1 Z 1 und Abs 4 GGG; Dokalik/Schuster , Gerichtsgebühren 14 [Stand 1.7.2022, rdb.at] § 7 GGG Anm 15, E1 und E9 jeweils mwN). Es ist daher – entgegen den Ausführungen des Zweitklägers – nicht notwendig, dass die Ansprüche der einzelnen Kläger und das Gesamtbegehren ident sein müssen. Maßgeblich ist, ob die Klage gemeinsam eingebracht wurde, und nicht, ob dies auch zwingend erforderlich war (vgl Obermaier, Kostenhandbuch 4 Rz 1.470 mit Darstellung der identen Grundsätze im Rechtsmittelverfahren).

Da die Kläger hier eine gemeinsame Klage erhoben haben, haften sie für die nach dem damaligen Gesamtstreitwert von EUR 95.400,34 zu berechnende Pauschalgebühr zuzüglich Streitgenossenzuschlag solidarisch.

2.2 B ei den Sachverständigengebühren wurde die solidarische Haftung der Erstklägerin und des Zweitklägers rechtskräftig ausgesprochen (ON 59, ergänzt durch ON 62; Rechtskraftbestätigung ON 64).

3. § 71 Abs 1 ZPO stellt bei der Nachzahlung auf Beträge ab, von deren Berichtigung die Partei einstweilen befreit gewesen ist. Soweit die Partei solidarisch für Kosten haftet, kann keine nur anteilige Nachzahlungsverpflichtung erfolgen.

Dem Rekurs war daher keine Folge zu geben.

4. Über Kosten des Rekursverfahrens war nicht abzusprechen. Der Zweitkläger hat – im Hinblick auf § 72 Abs 3 letzter Satz ZPO – zutreffend auch keine Rekurskosten verzeichnet.

5. Der Revisionsrekurs über die Verfahrenshilfe ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 4 ZPO).

Rückverweise