JudikaturOLG Wien

6R231/24w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. September 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie die Richter Dr. Pscheidl und Mag. Jelinek im Konkurs über das Vermögen des A*, geboren am **, **, Insolvenzverwalter Dr. B*, Rechtsanwalt in Horn, über den Rekurs der Gläubigerin C* AG, FN **, **, vertreten durch Marschitz, Beber Studeny Rechtsanwälte in Mistelbach, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 26.6.2024, GZ 9 S 36/23a-28, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass dessen Punkt I. einschließlich seines unbekämpften Teils insgesamt lautet:

I. Zuweisungen

Die Verteilungsmasse beträgt € 131.780,54 .

Aus der Verteilungsmasse werden zugewiesen

a) als Vorzugsposten

für die GA Erstattung Re Nr. 23164 vom 18.12.2023

Rücklagenbildung und laufende Aufwendungen **

b) in der bücherlichen Rangordnung

In der bücherlichen Rangordnung der F* registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, nunmehr C* AG, zur gänzlichen Abdeckung des zu ihren Gunsten ob den 158/4862 und 20/4862 stel Anteilen der EZ ** KG ** eingetragenen Höchstbetragspfandrechtes von € 70.000,--, aushaftend derzeit mit € 53.275,73 inklusive Zinsen

€ 53.275,73

c) der allgemeine Masse

Auf das Massekonto den Restbetrag von

€ 67.110,42

sowie die Zinsen der fruchtbringenden Anlegung des Kaufpreises in derzeit unbekannter Höhe abzüglich der Bankspesen.

Damit ist die Verteilungsmasse erschöpft.“

Die zur Ausführung des Verteilungsbeschlusses erforderlichen Anordnungen obliegen dem Erstgericht.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Über das Vermögen des A* ( Schuldner ) wurde auf Antrag einer Gläubigerin mit Beschluss vom 21.11.2023 der Konkurs eröffnet und Dr. B* zum Insolvenzverwalter bestellt.

Zu ON 7/6 meldete die C* AG ( Rekurswerberin, Gläubigerin ) am 13.12.2023 eine Insolvenzforderung von EUR 162.923,43 an und machte ein Absonderungsrecht an den dem Schuldner gehörenden 158/4862 stel Anteilen (Wohnung) und den 20/4862 stel Anteilen (Garagenplatz) an der Liegenschaft EZ **, KG ** mit einem Höchstbetrag von EUR 70.000 geltend.

Mit weiteren Eingaben vom 08.01.2024, 18.01.2024 und 18.04.2024 schränkte die Gläubigerin ihre Forderung schrittweise auf zuletzt EUR 51.716,47 ein.

Mit Beschluss vom 16.05.2024 (ON 23) genehmigte das Erstgericht über Antrag des Insolvenzverwalters den Kaufvertrag über die 158/4862 stel Anteile (Wohnung) und die 20/4862 stel Anteile (Garagenplatz) an der Liegenschaft **, KG ** mit einer Käuferin sowie den Nachtrag zum Kaufvertrag.

Am 19.6.2024 (ON 27/1) meldete die Gläubigerin zur Verteilung des Erlöses der Liegenschaft folgende Forderungen an:

Forderung aus dem Kreditvertrag vom 22.12.2017 über den Einmalbarkredit (Wohnbaukredit) zu Kreditkonto Nr. ** EUR 51.716,47

zuzüglich 0,469 % pa Sollzinsen und 1,225 % pa Verzugszinsen, jeweils ab 17.01.2024, bei vierteljährlicher kontokorrentmäßiger Abrechnung und Kapitalisierung, berechnet bis 31.03.2024 EUR 720,33

Zwischensumme Kapital samt kapitalisierter Zinsen per 31.03.2024 EUR 52.436,80

zuzüglich 0,469 % pa Sollzinsen und 1,225 % pa Verzugszinsen, jeweils ab 01.04.2024, bei vierteljährlicher kontokorrentmäßiger Abrechnung und Kapitalisierung, berechnet bis 25.06.2024

Zwischensumme Zinsen EUR 838,93

sowie die Kosten der Forderungsanmeldung vom 13.12.2023 EUR 250,24

Kosten der Forderungseinschränkung vom 08.01.2024 EUR 225,24

Kosten der Forderungseinschränkung vom 18.01.2024 EUR 225,24

Kosten der Forderungseinschränkung vom 18.04.2024 EUR 205,08

________________

Zwischensumme Kosten EUR 905,80

Gesamtsumme sohin EUR 54.181,53

Für die Anmeldung verzeichnete die Gläubigerin auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 51.716,47 Kosten gemäß TP 1 RATG von EUR 205,08 (darin EUR 34,18 USt).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.06.2024 (ON 28) wies das Erstgericht der Gläubigerin, wie in der Forderungsanmeldung beantragt, EUR 53.275,73 aus dem Kreditvertrag inklusive kapitalisierter Zinsen zu, nicht aber die in der Anmeldung enthaltenen sowie die für die Anmeldung verzeichneten Kosten von zusammen EUR 1.110.88.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Gläubigerin mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, dass der Gläubigerin auch die von ihr angemeldeten Kosten von EUR 1.110.88 zugesprochen werden.

Der Insolvenzverwalter beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Mit Errichtung und Einverleibung der Pfandurkunde sei ua unter Punkt 3. zwischen den Parteien vereinbart worden, dass alle etwaigen Vertretungs-, Prozess- und Zwangsvollziehungskosten, auch soweit sie nicht gesetzlich den gleichen Rang mit dem Kapital genießen, im Rahmen des pfandrechtlich sichergestellten Kredithöchstbetrags durch die Gläubigerin geltend gemacht werden können.

Die herrschende Rechtsprechung billige dem betreibenden Gläubiger im Meistbotsverteilungsverfahren zwar grundsätzlich keine Kosten zu. Eine Ausnahme bestehe jedoch, wenn eine vertragliche Vereinbarung über den Ersatz solcher Kosten existiere.

2. Bei der außergerichtlichen Verwertung einer mit Absonderungsrechten belasteten Sache bildet der Erlös eine Sondermasse, die durch das Insolvenzgericht zu verteilen ist. Das Insolvenzgericht hat den durch den Masseverwalter erzielten Erlös nach den Verteilungsvorschriften der EO in einer amtswegig durchzuführenden Verteilungstagsatzung aufgrund eines Beschlusses zu verteilen (EvBl 1990/163; ecolex 1992, 769; ZIK 1997, 180 ua). Dabei sind die Verteilungsvorschriften der EO nicht nur hinsichtlich der Rangordnung (§ 49 Abs 2 IO), sondern überhaupt anzuwenden (RS0003381 [T2]; RS0003046 [T2, T3, T4], Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger , InsR 4 § 119 KO Rz 107).

3.1. Zur Anfechtung des Verteilungsbeschlusses sind an sich alle auf das Meistbot gewiesenen Personen und Behörden einschließlich des Verpflichteten und – aus bestimmten Gründen – auch der Ersteher berechtigt ( Angst in Angst/Oberhammer , EO 3 § 234 EO Rz 1). Das Rekursrecht steht nach einhelliger Ansicht den zur Verteilungstagsatzung nicht Erschienenen zu, wenn im Verteilungsbeschluss eigene Ansprüche des Rekurswerbers gesetzwidrig nicht oder nicht im angesprochenen Maß berücksichtigt wurden; § 234 regelt nämlich nur das Rekursrecht jener Personen, welche die Ansprüche dritter Gläubiger anfechten wollen, nicht aber jener, welche eine gesetzwidrige Nichtberücksichtigung eigener Ansprüche behaupten ( Markowetz in Deixler-Hübner , EO § 234 EO Rz 4).

3.2. Zu berücksichtigen ist aber, dass im Rekursverfahren das Neuerungsverbot gilt. Das Neuerungsverbot bedeutet, dass das Rekursgericht auf der gleichen Sachverhaltsgrundlage zu entscheiden hat, wie sie dem Erstgericht vorlag oder bei mängelfreier Führung des Verfahrens hätte vorliegen müssen (vgl Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 65 EO Rz 33).

Der Rekurs ist daher zulässig, er ist aber nicht berechtigt:

4. Gemäß § 254 Abs 1 Z 1 IO findet im Insolvenzverfahren grundsätzlich kein Kostenersatz statt. Kostenersatz beispielsweise für die Forderungsanmeldung oder die Teilnahme an der Meistbotsverteilungstagsatzung kann aber aufgrund von Vereinbarungen der Parteien über eine Nebengebührensicherstellung berechtigt und bei der Verteilung des Erlöses zu beachten sein. Nebengebühren können im Rahmen des im Grundbuch eingetragenen Höchstbetrages berücksichtigt werden, wenn für sie eine Pfandhaftung vereinbart wurde ( Pesendorfer in KLS 2 § 254 Rz 2; vgl auch RS0003480; OLG Wien 6 R 389/17w = ZIK 2018/149).

Aufgrund vertraglicher Vereinbarung zu ersetzende Kosten sind auch nicht vom Judikat 201, wonach ein Kostenzuspruch im Verteilungsverfahren nicht stattfindet (3 Ob 150/60), erfasst (vgl RS0003480 [T2]); für deren Zuweisung sind vielmehr die grundbücherliche Eintragung und das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis maßgeblich.

Eine vertragliche Verpflichtung des Pfandschuldners zum Ersatz der Kosten eines Insolvenzverfahrens ist zulässig; sie umfasst aber nur die zur zweckentsprechenden Verfolgung der gesicherten Forderung erforderlichen Kosten ( Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger , InsR 4 § 119 KO Rz 128).

Der Gläubigerin ist daher grundsätzlich zuzustimmen, dass trotz des Ausschlusses eines Kostenersatzes im Insolvenzverfahren bei Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung auch die Befriedigung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten begehrt werden kann.

5. Der verfahrensrechtliche Anspruch auf Zuweisung aus dem Meistbot wird durch die Anmeldung zur Meistbotverteilung geltend gemacht. Diese ist der Antrag, eine bestimmte, näher bezeichnete Forderung im Verteilungsbeschluss durch Zuweisung aus der Verteilungsmasse zu berücksichtigen ( Angst in Angst/Oberhammer , EO 3 § 210 EO Rz 1).

Die Anwendbarkeit der Vorschriften der EO erstreckt sich auch auf die Forderungsanmeldung. Eine Forderungsanmeldung hat dem Verpflichteten und nachrangigen Pfandgläubigern die Möglichkeit zur Prüfung der Frage zu geben, ob der vom Schuldner als Darlehen oder Kredit in Anspruch genommene Betrag in richtiger Höhe enthalten ist, ob die Zinsen richtig berechnet wurden und ob alle Tilgungszahlungen berücksichtigt sind ( Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger , InsR 4 § 119 KO Rz 112)

5.1. Werden Zinsen angemeldet, so genügt nicht die bloße Angabe eines Betrages; die Anmeldung muss vielmehr alle für die Überprüfung der Berechnung der Zinsen erforderlichen Angaben, wie Höhe des Zinsfußes, Kapitalsbetrag sowie Beginn und Ende des Zinsenlaufes enthalten. Die Anmeldung soll allen auf das Meistbot gewiesenen Berechtigten Aufschluss darüber geben, was der Gläubiger verlangt, um allenfalls dagegen Widerspruch erheben zu können (RS0003153).

5.2. Zwar besteht – soweit überblickbar – keine Rechtsprechung zu den notwendigen Angaben bei der Anmeldung von bloß auf vertraglicher Grundlage zu ersetzenden Kosten. Die dem im vorigen Absatz zitierten Rechtssatz zugrunde liegenden Erwägungen machen es aber auch hier erforderlich, alle für die Überprüfung der Berechtigung der angemeldeten (Kosten)Forderung erforderlichen Angaben bereits in der Anmeldung zu machen. Hierzu gehört auch das Vorbringen zur Verpflichtung des Pfandschuldners zum Ersatz der Kosten eines Insolvenzverfahrens. Nur so wäre den zum Widerspruch Berechtigten die Prüfung möglich, ob die begehrten Kosten von der vertraglichen Regelung umfasst sind oder nicht.

6. Im vorliegenden Fall meldete die Gläubigerin zwar die bisherigen Kosten als Forderung an und verzeichnete auch für die Anmeldung Kosten. Sie brachte aber nicht vor, auf welcher Grundlage ihr die Zuweisung dieser – ohne vertraglicher Vereinbarung nicht ersatzfähigen - Kosten gebührt. Damit hat sie die für die Überprüfung ihrer Forderung erforderlichen Angaben im erstinstanzlichen Verfahren nicht gemacht. Sie legte lediglich die Pfandurkunde vor. Der Hinweis auf eine Urkunde kann fehlendes Tatsachenvorbringen aber nicht ersetzen (RS0038037 [T19]).

Das nunmehr im Rekurs erstmalig erstatte Vorbringen zur vertraglichen Kostentragungsregelung verstößt gegen das Neuerungsverbot (vgl Pkt 3.2.).

7. Ein unterbliebener Verbesserungsauftrag wäre nur über Einwand der Gläubigerin zu prüfen, den sie in ihrem Rekurs aber nicht erhoben hat.

Abgesehen davon war das Erstgericht aber ohnedies nicht verpflichtet, einen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Das Exekutionsgericht hat nur einem in der Verteilungstagsatzung erschienenen Gläubiger zufolge § 78 EO iVm § 182 Abs 1 ZPO in Ansehung einer mangelhaft angemeldeten oder mangelhaft nachgewiesenen Forderung einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, der allenfalls auch zu einer Erstreckung der Verteilungstagsatzung führen kann. Da eine gesetzliche Verpflichtung, auf Mängel der Anmeldung hinzuweisen, für den Exekutionsrichter erst in der Verteilungstagsatzung besteht, gibt es für ihn keine Pflicht zur Erteilung eines Verbesserungsauftrags noch vor der Verteilungstagsatzung beziehungsweise gegenüber einem der Verteilungstagsatzung ferngebliebenen Gläubiger (vgl RS0117431).

8. Die Nichtberücksichtigung der angemeldeten und verzeichneten Kosten erfolgte angesichts des fehlenden Vorbringens zur vertraglichen Vereinbarung zu Recht.

9. Aufgrund eines offenbaren Schreibfehlers des Erstgerichts war mit einer Maßgabebestätigung vorzugehen. Dieses legte dem angefochtenen Beschluss eine Verteilungsmasse von EUR 133.500 zugrunde, während sich anhand des Kaufvertrags, des Nachtrags zum Kaufvertrag und aus dem Verteilungsentwurf des Insolvenzverwalters ergibt, dass die zu verteilende Sondermasse tatsächlich nur EUR 131.780,54 beträgt. Die entsprechenden Berichtigungen, insbesondere auch bei der Höhe des der Masse zugewiesenen Betrags, waren von Amts wegen vorzunehmen.

Die zur Ausführung des neu gefassten Verteilungsbeschlusses erforderlichen Anordnungen waren dem Erstgericht zu überlassen (§ 252 IO iVm § 527 Abs 1 ZPO; Angst/Jakusch/Moh r EO 15 , § 234 EO E 49).

10. Festzuhalten ist, dass auch die Zuweisung der Fruktifikationszinsen fehlerhaft erfolgte. Diese fallen nicht in die allgemeine Verteilungsmasse, sondern bilden eine Sondermasse, die auf alle Gläubiger, die im Verteilungsbeschluss aus der allgemeinen Verteilungsmasse eine Zuweisung erhalten haben, im Verhältnis der ihnen zugewiesenen Beträge aufzuteilen ist (RS0003531; Angst in Angst/Oberhammer , EO 3 § 229 Rz 8 mwN). Hierbei handelt es sich jedoch um keinen berichtigungsfähigen Schreibfehler, sondern um eine unrichtige rechtliche Beurteilung, die vom Rekursgericht mangels Geltendmachung im Rekurs nicht aufgegriffen werden kann.

11. Ein Kostenersatz findet im Insolvenzverfahren nicht statt (§ 254 Abs 1 Z 1 IO). Dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren ( Pesendorfer in KLS 2 § 254 Rz 2).

12. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 252 IO iVm § 528 Abs 2 Z 1, 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

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