JudikaturOLG Wien

33R60/24x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Gewerberlicher Rechtsschutz
18. Juni 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke „EcoBox“ über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 1.2.2024, AM 11258/2023-3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird geändert und lautet:

«1. Die Wortmarke EcoBox ist für folgende Waren in das Markenregister einzutragen:

Klasse 19 : Baumaterialien und Bauelemente, nicht aus Metall; Baumaterialien und Bauelemente aus Holz und Holzimitaten; Vorgefertigte Bauelemente (nicht metallisch), insbesondere Stützen, Träger, Wand- und Deckenelemente; Verbundelemente und Verbundplatten, nicht aus Metall; nicht metallische Profile für Gebäude; nicht metallische Balken für Bauzwecke; Rahmenkonstruktionen, nicht aus Metall, für Gebäude.»

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin begehrt die Eintragung der Wortmarke

E coBox

für die im Spruch genannten Waren.

Mit dem angefochtenen Beschluss stellte die Rechtsabteilung fest, dass die Marke nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG registrierbar sei. Die Verkehrskreise würden das Zeichen nur als allgemeinen Hinweis auf die Beschaffenheit oder Form der damit bezeichneten Waren sehen. Sie würden davon ausgehen, dass es sich um Bauelemente und materialien handle, die ökologischen Ursprungs seien und der Herstellung von boxartigen Gebäuden wie Containern, (kleineren) Wohnhäusern oder Gartenhütten dienten. Verstehe man „Box“ im Sinne von Karton oder Behältnis, würden die Verkehrskreise nur auf die Art der Verpackung der Waren, nämlich in einer ökologischen Box, schließen. Dem Zeichen fehle daher die Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem sinngemäßen Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und die Marke für die beantragten Waren in das Markenregister einzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

1.1 Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (vgl RS0066749; Koppensteiner , Markenrecht 4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), also jene des Handels und der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RS0079038 [T1]; Asperger aaO Rz 64-65; Koppensteiner aaO 83).

1.2 Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 4 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 P, Eurohypo ). Die Unterscheidungskraft fehlt einem Zeichen aber dann, wenn es die maßgebenden Verkehrskreise als Information über die Art der mit ihm gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft. Eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG. Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (vgl 4 Ob 11/14t, Expressglass ua).

1.3 Ein Zeichen ist nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RS0066456; RS0109431). Lässt sich dagegen die Beziehung zwischen Ware oder Dienstleistung und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, dann ist die Registrierung des Zeichens auch ohne Verkehrsgeltung ebenso erlaubt, wie wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, der Art ihrer Herstellung oder ihrer Zweckbestimmung handelt (RS0066456; RS0109431 [T3]; RS0090799; 4 Ob 153/21k, myflat ).

In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird bei Prüfung des Eintragungshindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab angelegt: Jede noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (4 Ob 46/18w, Stimmung hoch zwei mwN; RS0132935).

1.4 Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) oder bei Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit den Waren und Dienstleistungen, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn im Wort, in der Wortfolge oder Wortkombination eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung enthalten ist und diese innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit als solche erfasst werden kann (vgl RS0066456; 4 Ob 26/93, Smash; 4 Ob 158/05x, Steirerparkett; OLG Wien 33 R 136/22w, Saubermacher OUTSOURCING ).

1.5 Aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken (wie etwa Werbeslogans) sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken; ihre Schutzfähigkeit ist zu verneinen, wenn sie nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistungen selbst enthalten, die sie beschreibt (RS0122385). Der EuGH hat darüber hinaus ausgesprochen, dass die Eintragung auch einer solchen Wortverbindung unzulässig ist, die geeignet ist, von anderen Wirtschaftsteilnehmern zur Bezeichnung eines Merkmals ihrer Waren- oder Dienstleistungen verwendet zu werden (C 191/01 P, Doublemint, Rz 32). Dies erklärt sich aus der Überlegung, dass ein allgemeines Interesse daran besteht, dass Zeichen oder Angaben, die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können, weshalb es nicht erlaubt ist, dass solche Zeichen oder Angaben einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (C 191/01 P, Doublemint, Rz 31; C 265/00, Biomild, Rz 36; 4 Ob 180/16y, FairUse ).

1.6 Fremdsprachige Begriffe sind im Allgemeinen so zu behandeln wie deutschsprachige ( Newerkla in Kucsko/Schumacher aaO § 4 Rz 224). Die Eintragung eines fremdsprachigen Worts als Marke ist unzulässig, wenn die beteiligten Verkehrskreise im Mitgliedstaat, in dem die Eintragung beantragt wird, imstande sind, die Bedeutung dieses Worts trotz seiner Fremdsprachigkeit zu erkennen (OLG Wien 34 R 12/14f, Nero ; 33 R 91/23d, OLIOBENE; 33 R 146/23t, ICONIC ENTERTAINMENT ). Ob ein fremdsprachiger Begriff Kennzeichnungskraft hat, hängt somit davon ab, ob er im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care ; 4 Ob 28/06f, Firekiller ; 4 Ob 11/14t, Expressglas ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen kann dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden:

2.1 Der Antragstellerin ist darin beizupflichten, dass sich die unter dem Zeichen registrierten Waren eher an Fachkreise als an den Durchschnittsverbraucher richten. Umso mehr ist – weil Englisch als wichtigste Handelssprache in Österreich die geläufigste Fremdsprache ist (4 Ob 36/14v, SELECTIVE/LINE; OLG Wien 34 R 78/14m, BE ORIGINAL ) – davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise über gute Englischkenntnisse verfügen.

2.2 Entgegen der von der Rechtsabteilung vertretenen Ansicht kommt der englischen Vorsilbe „eco-“ keine ganz eindeutige Bedeutung zu: Sie kann nämlich nicht nur für „ecological“ und damit für ökologisch oder umweltfreundlich stehen, sondern auch für „economical“, also ökonomisch im Sinne von wirtschaftlich oder sparsam.

Mit dem Wort „Box“ assoziiert man zunächst eine Schachtel oder einen Karton, allenfalls auch einen Lautsprecher. Dies schon deshalb, weil das Wort in diesen Bedeutungen auch in der deutschen Sprache Verwendung findet. Als Synonym für ein (kleines) Haus wird es hingegen im Deutschen grundsätzlich nicht verwendet. Dass es diese Bedeutung (neben anderen) im Englischen hat, in welchem Sinn es etwa im sozialkritischen Lied „Little Boxes“ von Malvina Reynolds (1962) verwendet wird, erschließt sich dem österreichischen Publikum, selbst wenn es gut Englisch kann, nicht ohne Weiteres.

2.3 Diese Mehrdeutigkeit führt dazu, dass das hier in Rede stehende Zeichen für das Publikum keine sofort erschließbare Aussage über eine bestimmte Eigenschaft der Waren ausdrückt. Vielmehr erfordert die Ermittlung eines bestimmten Bedeutungsinhalts zum Einen eine Auseinandersetzung mit der Frage, für welche der zwei in Frage kommenden Worte die Abkürzung „eco“ im vorliegenden Fall steht. Zum Anderen muss man überlegen, welche konkrete Bedeutung von „Box“ die Antragstellerin vor Augen hatte und inwiefern sich diese auf ihre Waren bezieht. Selbst wenn man nämlich „Box“ als Hinweis auf ein Haus oder einen Container erkennt, ist ein weiterer Gedankenschritt erforderlich, um zu den Baumaterialien und elementen, mit denen das Gebäude errichtet wird, zu gelangen.

Damit zeigt die Antragstellerin letztlich zutreffend auf, dass (zumindest) ein Denkprozess erforderlich ist, um eine gedankliche Verbindung zu einem bestimmten Merkmal des Produkts herzustellen. Ohne einen solchen Denkprozess erschließt sich nämlich keine klare Vorstellung von einem bestimmten Sinngehalt des Zeichens in Bezug auf die angemeldeten Waren (vgl 4 Ob 198/20a, DerStandard; OLG Wien 33 R 63/21h, PLAIN).

2.4 Dem weiteren Argument der Rechtsabteilung, die Verkehrskreise würden das Zeichen allenfalls auch als Hinweis auf die Verpackung der damit gekennzeichneten Waren sehen, ist entgegenzuhalten, dass dies nicht schadet, weil es (nur) darauf ankommt, ob das Zeichen als Hinweis auf die Ware selbst verstanden werden kann. Das ist wie bereits dargelegt hier nicht der Fall.

3. Dem Rekurs war daher Folge zu geben und das Zeichen für die beanspruchten Waren in das Markenregister einzutragen.

4. Grundsätzlich können gemäß § 38 MSchG Rekursentscheidungen im Eintragungsverfahren nach Maßgabe des § 62 AußStrG mit Revisionsrekurs angefochten werden. Dessen ungeachtet wäre ein Rechtsmittel der allein hiezu legitimierten Antragstellerin zurückzuweisen, weil ihr Rekurs vollständig erfolgreich war und sie durch die Entscheidung des Rekursgerichts nicht beschwert ist (vgl RS0006880 ua). Der Revisionsrekurs ist daher jedenfalls unzulässig; ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands entfällt.

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