JudikaturOLG Wien

33R52/24w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Gewerblicher Rechtsschutz
18. Juni 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Schmoliner und den fachkundige Laienrichter Hofrat Mag. Förster in der Markenrechtssache der Anmelderin A***** , wegen Übertragung der Marken Nr. 29880 und 36977 über die Rekurse der C***** , vertreten durch die John John Rechtsanwälte in Wien, gegen die Beschlüsse der Rechtsabteilung des Patentamts vom 16.5.2023, AM 1721/1953-13, 14 und AM 2933/1953-10, 11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Rechtsmittelverfahren 33 R 52/24w und 33 R 53/24t werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; das führende Verfahren ist 33 R 52/24w.

II. Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die C***** hat die Kosten ihrer Rekurse, die A***** hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortungen selbst zu tragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt jeweils EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist jeweils nicht zulässig.

Begründung

Text

I. Gemäß § 187 ZPO kann der Senat bei Parteienidentität Verfahren verbinden, wenn dadurch die Kosten und der Aufwand vermindert werden. Die Anwendung dieser Bestimmung ist nicht auf das Verfahren erster Instanz beschränkt. Es bestehen auch keine Bedenken, die Verbindung der Verfahren trotz des Fehlens einer allgemeinen Verweisungsnorm im Außerstreitgesetz auf § 187 ZPO zu stützen (vgl Höllwerth in Fasching/Konecny³ § 187 ZPO Rz 10; OLG Wien 33 R 124/20b; 33 R 81/23h ua).

II. Die Bildmarke Nr. *****0 (Rechtsmittelverfahren 33 R 52/24w) wurde am 23.10.1953 von der Ö***** Gesellschaft m.b.H. zur Eintragung im Markenregister angemeldet und am 11.2.1954 registriert.

Die Wortmarke Nr. *****7 (Rechtsmittelverfahren 33 R 53/24t) wurde mit der Priorität vom 12.9.1901 von der G***** AG zur Eintragung im Markenregister angemeldet und in der Folge registriert. 1957 wurde sie auf die Ö***** Gesellschaft m.b.H. umgeschrieben.

Im Jahr 2004 wurden beide Marken auf die B***** GmbH mit Sitz in Wien umgeschrieben.

Mit Eingabe vom 11.5.2023 beantragte die B***** GmbH, die beiden Marken von ihr auf die A***** AG zu übertragen. Dem Antrag war eine Übertragungserklärung (auf einem vom österreichischen Patentamt zur Verfügung gestellten Formular) vom 9.5.2023 angeschlossen, das mit den von einem Schweizer Notar beglaubigten Unterschriften von P***** (für die B***** GmbH) und D***** (für die A***** AG) versehen war.

Die Rechtsabteilung des Patentamts gab mit Beschluss vom 16.5.2023 dem Antrag auf Übertragung der beiden Marken statt.

Dagegen erhoben am 20.7.2023 zunächst die (a) B***** GmbH, (b) die Bo***** AG sowie (c) die C***** GmbH (in Folge „Rekurswerberin“) Rekurse mit der wesentlichen Begründung, P***** sei zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Übertragungserklärung für die B***** GmbH nicht zeichnungsberechtigt gewesen.

Die B***** GmbH sowie die Bo***** AG zogen in weiterer Folge ihre Rekurse zurück.

Die Rekurse der nunmehrigen Rekurswerberin wies die Rechtsabteilung mit den angefochtenen Beschlüssen zurück. Die Rekurswerberin sei keine Partei des Verfahrens und durch den Beschluss vom 16.5.2023 auch nicht in ihrem Rechtsschutzbegehren beeinträchtigt. Ihr komme daher keine Rechtsmittellegitimation zu.

Dagegen richten sich die Rekurse der Rekurswerberin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, „die Beschlüsse vom 16.5.2023 und 16.10.2023 aufzuheben und die [Rekurswerberin] als Inhaberin [der beiden Marken] einzutragen“.

Die A***** AG beantragt, den Rekursen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind nicht berechtigt.

1. Nach dem gemäß § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 PatG im Rekursverfahren anzuwendenden § 2 Abs 1 AußStrG ist Partei nicht nur der Antragsteller und der von diesem als Antragsgegner oder sonst als Partei Bezeichnete („formelle Parteistellung“), sondern jede Person, soweit ihre rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde. Ob eine rechtlich geschützte Stellung beeinflusst wird, ergibt sich aus dem materiellen Recht („materieller Parteibegriff“; vgl Klicka/Rechberger in Rechberger/Klicka , AußStrG² § 2 Rz 9 mwN). Unmittelbar beeinflusst ist eine Person dann, wenn die in Aussicht genommene Entscheidung Rechte oder Pflichten dieser Person ändert, ohne dass noch eine andere Entscheidung gefällt werden muss. Reflexwirkungen allein reichen nicht aus, eine materielle Parteistellung zu begründen (RS0123028; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG I² § 2 Rz 50).

2. Dass die Rekurswerberin nicht formelle Partei des Verfahrens zur Umschreibung der Marken war, ist schon deshalb nicht weiter strittig, weil die Rekurswerberin selbst vorbringt, erst danach, nämlich mit Kaufvertrag vom 5.7.2023 (./10), die Markenrechte erworben zu haben. Zu prüfen bleibt damit nur, ob ihr im Sinne der obigen Ausführungen materielle Parteistellung zukam.

3. Eintragungen im Markenregister wirken nur deklarativ ( Koppensteiner, Markenrecht 4 200; Lang in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³, § 28 MSchG Rz 2). Durch die – aus Sicht der Rekurswerberin unberechtigte – Umschreibung der Marken von der B***** GmbH auf die A***** AG wurde die Rechtsstellung der Rekurswerberin, die behauptet, die Rechte an den Marken von der Bo***** AG – die sie ihrerseits von der B***** GmbH erworben habe – übertragen erhalten zu haben, damit nicht unmittelbar beeinflusst. Dass eine Dritte, hier die A***** AG, im Markenregister als Inhaberin der Marken eingetragen ist, hindert nämlich wie dargelegt die zivilrechtliche Übertragung der Markenrechte nicht.

Eine Umschreibung der Marken auf die nunmehrige Rekurswerberin im Zeitpunkt der Entscheidungen der Rechtsabteilung über die Übertragung der Marken (jeweils am 16.5.2023) wäre wiederum schon deshalb nicht möglich gewesen, weil die Rekurswerberin – wie bereits dargelegt – ihrem eigenen Vorbringen zufolge erst danach, nämlich im Juli 2023, die Markenrechte erworben haben will.

Damit wäre aber jedenfalls noch eine andere Entscheidung – nämlich über die Umschreibung der Marken auf die Rekurswerberin – zu treffen gewesen, um die Rechtsstellung der Rekurswerberin unmittelbar zu ändern.

4. Die Rekurswerberin war damit weder formell noch materiell Partei des Verfahrens über die Umschreibung der Marken von der B***** GmbH auf die A***** AG. Ihr kommt somit auch kein Recht zu, gegen die darüber ergangene Entscheidung zu rekurrieren, weil die Rekurslegitimation in der Regel die Parteistellung voraussetzt ( Motal/Krist in Schneider/Verweijen, AußStrG § 45 Rz 23 [Stand 1.10.2018, rdb.at]; Klicka/Rechberger aaO § 45 Rz 6). Eine Ausnahme von dieser Regel liegt hier nicht vor.

5. Die Rekurse, in denen die Rekurswerberin im Übrigen nur ihren Standpunkt wiederholt, die Umschreibung der Marke auf die A***** AG sei zu Unrecht erfolgt, jedoch keine Argumente zu ihrer Rechtsmittellegitimation vorbringt, mussten schon aus diesem Grund erfolglos bleiben.

6. Gemäß § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 Z 7 PatG haben die Parteien die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

7. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war nach § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 PatG und § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt (vgl 4 Ob 66/18m ua).

8. Ob jemandem Parteistellung zukommt, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und begründet daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG. Der ordentliche Revisionsrekurs ist daher nicht zulässig.

Rückverweise