22Bs330/23z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 letzter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 3. November 2023, GZ 96 Hv 84/23k-28.3, nach der am 13. Juni 2024 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein der Richter Mag. Hahn und Mag. Gruber als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart des Oberstaatsanwalts Mag. Ropper, LL.M. sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Kresbach, LL.M. durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Verbrechens der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 letzter Fall StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 106 Abs 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwölf Monaten (bei gleichzeitigem Ausspruch gemäß § 44 Abs 2 StGB in Bezug auf die Rechtsfolge des Ausschlusses von der Ausübung eines Gewerbes) verurteilt.
Der Schuldspruch erfolgte, weil A* am 21. September 2023 in ** B*
I./ durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Handlung nötigte, die besonders wichtige Interessen der genötigten Person verletzte, und zwar dazu, Österreich zu verlassen, indem er ihr zunächst telefonisch und in weiterer Folge per SMS mitteilte, dass er widrigenfalls sie und ihre beiden Kinder töten werde, wobei das angedrohte Übel auch gegen Angehörige der Bedrohten gerichtet war;
II./ gefährlich mit dem Tod bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er ihr zumindest eine Stunde nach den in Punkt I./ genannten Handlungen neuerlich per SMS mitteilte, dass er sie und ihre beiden Kinder töten werde, wobei er diese Äußerung dadurch bestärkte, dass er ihr ein Lichtbild einer Pistole mit drei Patronen sowie eines Friedhofs schickte, ihr mitteilte, die drei Patronen seien für sie, die „Maschine“ sei bei ihm und er warte bereits auf sie, wobei das angedrohte Übel auch gegen Angehörige der Bedrohten gerichtet war.
Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichts ging der verheiratete Angeklagte zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2018 mit B* ein außereheliches Verhältnis ein, welches bis zum 21. September 2023 andauerte. Die Genannte lebte bis zu diesem Zeitpunkt mit ihren beiden minderjährigen Kindern, nämlich ihrem einer unehelichen Beziehung entstammenden Sohn C* sowie ihrer Tochter D*, in einer Wohnung des Angeklagten, auf dessen finanzielle Unterstützung sie auch angewiesen war, in **. Eine Vaterschaft des Angeklagten zu C* wurde bis dato weder durch Anerkenntnis noch durch Gerichtsentscheidung festgestellt.
Nachdem B* A* am Morgen des 21. September 2023 telefonisch mitgeteilt hatte, sich zu trennen, äußerte der Genannte sinngemäß, dass er sie und die Kinder töten werde und überwies ihr einen Geldbetrag in Höhe von EUR 2.000,--, was er ihr per SMS-Nachricht kundtat und mit der Forderung verknüpfte, das Land zu verlassen, andernfalls er sie wie auch die Kinder C* und D* töten würde. Diese Drohungen wiederholte er in weiteren SMS-Nachrichten zwischen 7.47 Uhr und 9.45 Uhr und schwor zudem sowohl auf den Koran als auch auf seinen Sohn E*.
B* beschloss unter dem Eindruck dieser Äußerungen, die sie ängstigten und welche sie auch ernst nahm, die Wohnung und Österreich tatsächlich zu verlassen, weshalb sie A* wiederholt fragte, wie lange sie Zeit für einen Auszug hätte und dabei auch auf den Umstand hinwies, dass sie noch packen müsste. Zudem verständigte die Genannte die Polizei, die gegen 8.28 Uhr an ihrer Wohnadresse eintraf.
Noch während der Erstbefragung der B* auf der Polizeiinspektion ** übermittelte der Angeklagte zwischen 10.41 Uhr und 11.35 Uhr weitere SMS-Nachrichten, in welchen er erneut und wiederholt äußerte, sie und ihre beiden Kinder zu töten. Erneut schwor er dabei auf den Koran und machte wiederholt deutlich, dass er nicht „spielen“, sondern es „ernst“ meinen würde. Zur weiteren Bekräftigung seiner Äußerungen sandte er ein Lichtbild einer Pistole mit drei Patronen, welches er davor eigens über eine Google-Suchanfrage aus dem Internet heruntergeladen hatte. Zudem übermittelte er ihr ein Foto eines Friedhofs, an welchem er zuvor vorbeigefahren war, und welches er dazu eigens mit seinem Mobiltelefon aufgenommen hatte. Dazu teilte er ihr mit, dass die „Maschine“ bei ihm wäre, er genau drei Kugeln hätte, die letzte wäre für sie, er würde auf sie warten und jede Sekunde zu leben wäre für sie ein Geschenk.
Am späten Abend des 21. September 2023 verließ B* aus Angst vor dem Angeklagten mit ihren beiden Kindern Österreich in Richtung Tschechische Republik.
Sinn und Bedeutungsinhalt der telefonischen Äußerung des Angeklagten und daran anschließenden Textnachrichten lag darin, B* eine Rechtsgutbeeinträchtigung in Form einer Körperverletzung an ihr wie auch an ihren beiden Kindern in Aussicht zu stellen. Im Zeitpunkt der telefonischen Äußerung wusste und wollte der Angeklagte B* zu einer Handlung, nämlich dem Verlassen der Republik Österreich veranlassen, wobei er es dabei auch ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass diese Handlung besonders wichtige Interessen der Genannten verletzte. A* wusste und wollte dabei anlässlich dieser Äußerung und übermittelten Nachrichten, dass diese bei B* den Eindruck einer ernst gemeinten Ankündigung der bevorstehenden Rechtsgutbeeinträchtigung in Form einer Körperverletzung an ihr wie auch an ihren beiden Kindern erweckte. Mit der Art der Wahl der Worte wollte er auch den Eindruck erwecken, der Eintritt des angekündigten Übels, nämlich einer Körperverletzung, wäre von seinem Willen abhängig. Es war ihm auch klar, dass die Genannte durch die Äußerung und seine Nachrichten den Eindruck gewinnen konnte, er wäre in der Lage und willens, eine Rechtsgutbeeinträchtigung in Form einer Verletzung am Körper an ihr wie auch an ihren beiden Kindern tatsächlich herbeizuführen. Zudem war ihm bewusst, dass dies zur Durchsetzung seines Ziels kein sittlich erlaubtes Mittel darstellte.
Sinn und Bedeutungsinhalt der weiteren Nachrichten und Bilder bestand darin, B* eine Rechtsgutbeeinträchtigung in Form ihres Todes wie auch jenes ihrer beiden Kinder in Aussicht zu stellen. Er wollte bei ihr dadurch den Eindruck erwecken, es stünde eine ernst gemeinte Ankündigung eines Angriffs auf ihr Leben wie auch das Leben ihrer Kinder bevor. Weiters wusste und wollte er den Eindruck erwecken, der Eintritt des sinngemäß angekündigten Übels in Form des Todes wäre von seinem Willen abhängig und war ihm aufgrund der Wahl und des konkreten Einsatzes des Mittels auch klar, dass B* den Eindruck gewinnen konnte, er wäre in der Lage und willens, einen Anschlag auf ihr Leben wie auch jenes ihrer beiden Kinder tatsächlich herbeizuführen. Darüber hinaus verfolgte er die Absicht, die Genannte in Furcht und Unruhe, sohin in einen nachhaltigen, das ganze Gemüt ergreifenden, peinvollen Seelenzustand zu versetzen. Dabei hielt er es auch ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass er das beabsichtigte Ziel erreichen werde.
Zu diesen Feststellungen gelangte die Erstrichterin aufgrund der logisch nachvollziehbaren und glaubwürdigen Angaben der Zeugin B* gegenüber den ersteinschreitenden Polizeibeamten und in ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren, die in den abgebildeten SMS-Nachrichten ihre Deckung gefunden hätten. Den davon abweichenden Ausführungen in der Hauptverhandlung hätte wegen der Widersprüchlichkeit und der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechend auch deshalb nicht gefolgt werden können, weil es sich um eine reine Gefälligkeitsaussage gegenüber dem Angeklagten gehandelt hätte. Die Verantwortung des Angeklagten wurde als bloße Schutzbehauptung gewertet.
Konstatierungen zur jeweiligen subjektiven Tatseite leitete die Tatrichterin aus dem äußeren Geschehen ab.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und hielt davon ausgehend eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten für ebenso schuldangemessen sowie tätergerecht. Die Gewährung bedingter Nachsicht sah es in Anbetracht bisheriger Unbescholtenheit und mangels entgegenstehender generalpräventiver Gründe als ausreichend an. Eine bloße Geldstrafe hätte die Warnfunktion verfehlt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig mit umfassendem Anfechtungsziel angemeldete (ON 30) und fristgerecht wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 2, Z 3, Z 9 lit a, Z 10a StPO), Schuld und Strafe ausgeführte Berufung des Angeklagten (ON 33).
Rechtliche Beurteilung
Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.
In Übereinstimmung mit der Oberstaatsanwaltschaft Wien war zu erwägen, dass der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 3 StPO nur dann vorliegt, wenn in der Hauptverhandlung eine Bestimmung verletzt oder missachtet worden ist, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet (§§ 126 Abs 4, 140 Abs 1, 144 Abs 1, 155 Abs 1, 157 Abs 2 und 159 Abs 3, 221 Abs 2, 228, 240a, 250, 252, 260, 271, 427, 434d Abs 1 und Abs 2 sowie 439 Abs 1 und Abs 2 StPO). Mit diesem Nichtigkeitsgrund können nur Verletzungen von Verfahrensvorschriften, nicht aber Feststellungsmängel (in Bezug auf das Bestehen oder Nichtbestehen einer Lebensgemeinschaft als Voraussetzung einer Aussagebefreiung gemäß § 156 Abs 1 Z 1 StPO) gerügt werden (vgl. RIS-Justiz RS0099091). Da gegen die vom Landesgericht als Einzelrichter ausgesprochenen Urteile gemäß § 489 Abs 1 letzter Satz StPO für den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 3 StPO die in § 468 Abs 1 Z 3 StPO zitierten Bestimmungen gelten, wird festgehalten, dass die hier relevierte Bestimmung des § 159 Abs 3 StPO in § 468 Abs 1 Z 3 StPO zitiert wird.
Gemäß § 159 Abs 3 erster Satz StPO ist die gesamte Aussage eines Zeugen nichtig, wenn dieser auf seine Befreiung von der Aussagepflicht nach § 156 Abs 1 Z 1 StPO nicht ausdrücklich verzichtete. Voraussetzung ist die Befreiung von der Aussagepflicht nach § 156 Abs 1 Z 1 StPO und somit Angehörigeneigenschaft der Zeugin. Die Auffassung des Erstgerichts, dass unter einer außerehelichen Lebensgemeinschaft eine auf längere Dauer ausgerichtete, ihrem Wesen nach der Beziehung miteinander verheirateter oder verpartnerter Personen gleichkommende Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft zu verstehen ist (Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 72 Rz 4; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB 4 § 72 Rz 15; RIS-Justiz RS0092256), entspricht ständiger Judikatur. Da der Angeklagte und das Opfer zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vernehmung (RIS-Justiz RS0097509) in keiner Wohngemeinschaft lebten und die vom Erstgericht konstatierte finanzielle Unterstützung der B* (US 4) keine Wirtschaftsgemeinschaft darstellt (zum Begriff vgl. RIS-Justiz RS0047035, RS0112637), ist der Umstand, dass der Angeklagte seit 12. Dezember 2023 an der Adresse der als Zeugin Vernommenen seinen Hauptwohnsitz meldete, irrelevant.
Das im Sinne einer Schuldausführung unter Bezugnahme auf Aussagen des Angeklagten und des Opfers, eine langjährige Beziehung zu haben, erfolgte Vorbringen ist schon deshalb nicht berechtigt, zumal eine solche Beziehung nicht unbedingt eine Lebensgemeinschaft sein muss, sondern erst bei Erfüllen der genannten Kriterien eine solche darstellt.
Der weitere Einwand, das Gericht hätte B* nicht vernehmen dürfen, weil sie ein gemeinsames Kind mit dem Angeklagten habe, ist ebenso nicht berechtigt. Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung der Angehörigenbegriff personenstandsrechtlich und nicht biologisch zu beurteilen (Jerabek/Ropper in WK² StGB § 72 Rz 4; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari aaO Rz 3; RIS-Justiz RS0107048, RS0092180). Eine rechtswirksame Vaterschaft zu einem unehelichen Kind setzt die entsprechende Feststellung durch Gerichtsurteil oder durch verbindliches Anerkenntnis voraus (RIS-Justiz RS0107048, RS0092180; Jerabek/Ropper aaO Rz 9; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari aaO). Nach den erstgerichtlichen Feststellungen lag ein solches Urteil oder Anerkenntnis nicht vor (US 4) und wurde auch nicht behauptet, sodass eine Aussagebefreiung auch aus diesem Grund nicht in Betracht kam. Bleibt noch anzumerken, dass der Angeklagte ursprünglich nur von Sorgepflichten für zwei bzw. drei Kinder im Alter von 17, 19 (und 21) Jahren sprach (vgl. ON 2.5, 2; ON 28.1, 2).
Dem weiteren Einwand, dass die Einführung und Verwertung der Aussage im „Vorverfahren“ den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 2 StPO darstellt, ist zu entgegnen, dass sich diese Rüge unter anderem auf die Verlesung eines im Ermittlungsverfahren aufgenommenen Protokolls bezieht und setzt zu ihrer Geltendmachung einen Widerspruch des Berufungswerbers gegen die Verlesung dieses Protokolls in der Hauptverhandlung voraus. Er ist zur Geltendmachung des Nichtigkeitsgrunds jedoch nicht legitimiert, wenn er sich am Ende der Hauptverhandlung mit der Verlesung sämtlicher Schriftstücke einverstanden erklärte (Kirchbacher, StPO 15 § 281 Rz 30/1). Ein solcher Widerspruch erfolgte fallbezogen nicht und war der Angeklagte mit dem Vortrag des gesamten Akteninhalts einverstanden (vgl. ON 28.1, insbesondere S 26).
Die folglich zu behandelnde Schuldberufung verschlägt.
So gelingt es dem – insbesondere auf ein Umfeld gegenseitiger milieubedingter Unmutsäußerungen hinweisenden – Berufungswerber nicht, Bedenken an der Richtigkeit der erstrichterlichen Beweiswürdigung zu wecken. Das Erstgericht stellte den Geschehensablauf in einleuchtender und nachvollziehbarer Weise dar und begründete insbesondere unter Verwertung des persönlich gewonnenen Eindrucks aller Beteiligten, warum es aufgrund der für nachvollziehbar und glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin B* gegenüber den ersteinschreitenden Beamten und im Ermittlungsverfahren ihren Depositionen in der Hauptverhandlung und der leugnenden Verantwortung des Angeklagten keine Überzeugungskraft zumaß. Der Berufungswerber vermag keine Bedenken an der logisch und empirisch einwandfreien Beweiswürdigung des Erstgerichts zu wecken. Dabei tut es nichts zur Sache, wenn aus den von der Erstrichterin aus den vorliegenden Beweisergebnissen folgerichtig abgeleiteten Urteilsannahmen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen – insbesondere die subjektive Tatseite betreffend – möglich sind.
Richtig ist, dass B* gegenüber den ersteinschreitenden Beamten in gebrochenem Deutsch über Drohungen berichtete. Allerdings fügte sie auch – unmissverständlich – hinzu, ihm wirklich alles zuzutrauen und sie würde sich in ihrer Wohnung nicht mehr sicher fühlen. Hinzu tritt, dass die vormalige Lebensgefährtin des Angeklagten auch die Befürchtung äußerte, dieser könnte die Tochter D* aus der Schule abholen, was auch zu einem entsprechenden Polizeieinsatz führte (ON 2.2, 2).
Darüber hinaus bestätigte sie die Drohungen in ihrer unter Beiziehung eines Dolmetschers erfolgten Vernehmung vor den erhebenden Beamten (ON 2.6, 4) und sie bat die Polizei aufgrund ihrer großen Angst sogar um Begleitung zur Wohnung, um noch persönliche Gegenstände daraus holen zu können (ON 2.6, 5), sodass für den Angeklagten, selbst wenn diesen Darlegungen größere Präzision und exakterer Wahrheitsgehalt zukommen soll, daraus nichts zu gewinnen ist.
Aus dem bloßen Umstand, das die Zeugin wegen der Selbstbezichtigung nach entsprechender Belehrung eine Frage nicht beantworten wollte, können keine beweiswürdigenden Schlüsse gezogen werden.
Dass gegenständliche Drohungen im Gegensatz zu anderen Äußerungen während der Beziehung Ernstlichkeit zukommt, zeigt sich schon darin, dass B* sogar noch in der Hauptverhandlung deponierte, sich bei Ansichtigwerden des Fotos erschreckt zu haben (ON 28.1, 22), wobei sie zuvor noch niemals zur Polizei gegangen war und auch keine Bilder von Waffen und Friedhöfen bekommen hatte (ON 28.1, 21). Gerade das Herunterladen von Fotos (vgl. ON 28.1, 11) und Fotografieren eines Friedhofs (vgl. ON 28.1, 13) zeigt geradezu, dass der Angeklagte nicht spontan handelte, sondern gezielt entsprechende Nachrichten übermittelte und sogar gegenüber den Kriminalbeamten deponierte, dass er ihr große Angst machen wollte, damit sie endlich geht (ON 2.5, 4). Wenn er sodann meinte, dies nicht ernst gemeint zu haben, stehen obangeführte Erwägungen als auch der Umstand entgegen, dass er während der Erstbefragung der Genannten in der Polizeiinspektion ** laufend Nachrichten übermittelte (vgl. ON 2.10, 3). Dass es sich bei diesen Nachrichten um ernst gemeinte Drohungen handelte, kann auch aus der Wahrnehmung der einschreitenden Beamten, wonach B* in einem emotional aufgebrachten, weinerlichen Zustand war und Angst vor A* hatte (ON 2.10, 4), abgeleitet werden. Zu Recht leitete das Erstgericht auch aus der (weiteren) schriftlichen Reaktion der B* (vgl. ON 2.9, 2 ff) auf die Drohungen des Angeklagten ab, dass es sich hierbei nicht um einen üblichen Umgangston zwischen den beiden handelte, andernfalls andere – den Äußerungen des Angeklagten ähnlich kommende Antworten – zu erwarten gewesen wären (US 8).
Bleibt anzumerken, dass es durchaus gerichtlicher Erfahrung entspricht, dass mehrmalige Streitereien nicht ausschließen, dass eine Person die andere doch einmal nötigt und/oder gefährlich bedroht.
Richtig ist, dass B* am 21. September 2023 wegfahren wollte (ON 28.1, 24) bzw. vor hatte, nach ** zu fahren (ON 2.6, 4). Wenn man allerdings aus Angst um seine als auch die Gesundheit der Kinder ** – tatsächlich (vgl. ON 11.2, 2; ON 7.2, 2) – verlässt, um sich in Sicherheit zu bringen (vgl. ON 2.6, 5), handelt es sich der Ansicht des Berufungswerbers zuwider nicht um eine auf freier Willensentscheidung beruhende Handlung, sondern um das Nachkommen der abgenötigten Handlung. Anders als bei einer freiwilligen Ausreise fragte die Bedrohte auch konkret nach, bis wann sie Zeit habe (zum Einpacken) (ON 2.9, 4 ff).
Dass A* und B* (angeblich) wieder zusammen leben, schließt nicht aus, dass vormals – im Zuge einer beabsichtigten Trennung – ernst gemeinte Drohungen ausgesprochen wurden. Den (offenkundig in diese Richtung abzielenden) Beweisanträgen war daher nicht zu folgen, weil sie kein für die Schuld- oder Subsumtionsfrage relevantes Beweisthema – auch mangels näherer Präzisierung im Sinne des § 55 StPO – nannten.
Dem Angeklagten gelingt es sohin nicht, Bedenken gegen die aktenkonforme und realistische Beweiswürdigung des Erstgerichts und die auf dieser Basis getroffenen Feststellungen hervorzurufen, sodass auch die Schuldberufung erfolglos bleiben musste.
Der Rüge eines Feststellungmangels im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO wird mit der Oberstaatsanwaltschaft übereinstimmend entgegnet, dass die exakt wörtliche Feststellung von Drohungen nicht erforderlich ist, zumal für Bedeutung und Tragweite einer Drohung nicht allein deren Wortlaut ausschlaggebend ist, sondern ihr für den Bedrohten erkennbarer bzw. wahrer Sinngehalt in Verbindung mit dem sonstigen Verhalten des Täters (RIS-Justiz RS0092588 [T14], RS0092947, RS0093339, RS0092887) bzw. die der Äußerung in der konkreten Situation zukommende Bedeutung (RIS-Justiz RS0092088). So kommt es auch nicht auf die Form der Bedrohung – ob in Worten, Gesten oder sachlichen Vorkehrungen - an, sondern es ist Aufgabe des Gerichts, Sinn und Tragweite derartiger Handlungsweisen im Einzelfall festzustellen (RIS-Justiz RS0092588 [T15]). Tatsächlich hat das Erstgericht die Äußerungen wörtlich in indirekter Rede festgestellt und versucht der Berufungswerber die Feststellung des Bedeutungsinhalts der Äußerungen zu bekämpfen.
Zur Frage der Qualifikation wird festgehalten, dass eine Drohung mit dem Tod nach der Judikatur so geartet sein muss, dass aus ihr die ernst zu nehmende Absicht der Verwirklichung des vorerwähnten Übels im wörtlichen Sinn zu entnehmen ist, und dass nicht etwa eine Übertreibung vorliegt (RIS-Justiz RS0092778). So wurde auch eine Morddrohung mit einer (durch Ausstrecken eines Fingers der in der Hosentasche befindlichen Hand) vorgetäuschten Faustfeuerwaffe bejaht (RIS-Justiz RS0092778 [T2]). Angesichts dieser Rechtsprechung vermag der Berufungswerber keine unrichtige rechtliche Subsumtion im Sinne der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen.
Die weitere Rechtsrüge, deren Gegenstand der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt ist und deren gesetzmäßige Ausführung daher das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung hat (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581; RIS-Justiz RS0099810), verfehlt diese Prämissen. Indem sie erneut lediglich die Aussagen des Angeklagten und des Opfers thematisiert und insbesondere daraus das Vorliegen milieu- bzw. situationsbedingte beiderseitige Drohungen und Beschimpfungen behauptet, greift sie nur die Beweiswürdigung an.
Die Diversionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10a StPO) ist deshalb nicht berechtigt, weil ein Urteil nur dann nichtig ist, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen oder wenn Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäbe, das Gericht dazu aber keine Feststellungen traf. Gegenstand ist nämlich nur die rechtsfehlerhafte Beurteilung der tatsächlichen Urteilsannahmen, nicht aber deren einwandfreie Ermittlung (Ratz aaO Rz 659, 660). Zudem erfordert die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS-Justiz RS0124801, RS0116823 [T3]).
Das Erstgericht stellte sämtliche für eine Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen erforderlichen Tatsachen fest und liegen diese Bedingungen – wie folgt dargestellt – im Übrigen auch nicht vor.
Eine intervenierende Diversion nach dem elften Hauptstück der Strafprozessordnung setzt nämlich voraus, dass die Schuld des Angeklagten nicht als schwer anzusehen ist. Dabei umfasst der in der Strafzumessungsschuld zum Ausdruck kommende Vorwurf das vom Angeklagten verwirklichte Handlungsunrecht, die eigentliche, vielfach als Gesinnungsunwert bezeichnete täterspezifische Schuld und darüber hinausgehend alle für die Bestimmung der Strafe sonst noch bedeutsamen Umstände im Sinne der §§ 32 ff StGB. Der eigentliche Schuldvorwurf bezieht sich auf die im Vergleich mit einem rechtstreuen Menschen beurteilte Verwerflichkeit der individuellen inneren Antriebssteuerung zum konkret verwirklichten Unrecht. Die Strafzumessungsschuld orientiert sich schließlich anhand von schuldmaßgeblichen Faktoren vor, nach und neben der Tatbestandserfüllung, somit an den Kriterien der §§ 32 ff StGB und ist in Art einer Strafzumessung eine Gesamtbewertung aller Faktoren vorzunehmen (Schroll/Kert, WK-StPO § 198 Rz 13, 14, 18, 24). Nach der Judikatur orientiert sich die Schuldabwägung zunächst an der gesetzlichen Strafdrohung, in welcher der Gesetzgeber eine generelle Vorbewertung des Unrechts- und Schuldgehalts des betreffenden Deliktstypus zum Ausdruck bringt. Dieser Ansatz ist im Hinblick auf die Diversionsgrenzen des § 198 Abs 2 Z 1 StPO dahingehend zu präzisieren, dass nicht der typische Schuldgehalt der der Anzeige zugrundeliegenden Straftat bzw. des im Verhältnis dazu bestehenden Grunddelikts als Vergleichsbasis zu einem noch nicht schweren Verschulden heranzuziehen ist. Demgemäß ist zu beachten, dass bei einem fünf Jahre Freiheitsstrafe erreichenden Strafrahmen bereits die Tatbestandsverwirklichung in der Regel ein hohes Maß an krimineller Energie sowie einen erheblichen sozialen Störwert und damit einen gesteigerten Unrechtsgehalt signalisiert und daher ein bloß durchschnittliches Verschulden in der Regel besondere unrechts- oder schuldmindernde Umstände voraussetzt. In diesem Zusammenhang kommt aber auch der Strafuntergrenze entscheidende Bedeutung zu (Schroll/Kert aaO 28, 28/1, 28/2). Ausgehend von einer Strafdrohung des Verbrechens der schweren Nötigung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, dem damit einhergehenden hohen Maß an krimineller Energie sowie erheblichen sozialen Störwert und gesteigerten Unrechtsgehalt sowie mit Blick auf zwei Angriffe binnen kürzester Zeit, die (auch) ein fluchtartiges Verlassen von Österreich bewirkten, liegt das Diversionshindernis der schweren Schuld vor.
Darüber hinaus hängt die Möglichkeit einer Diversion auch von der Haltung des Angeklagten ab. Ein Geständnis ist keine Voraussetzung für ein diversionelles Vorgehen. Sie setzt jedoch eine gewisse Unrechtseinsicht oder eine partielle Übernahme der Verantwortung für das Bewirken der eine strafrechtliche Haftung begründenden Tatsachen voraus (Schroll/Kert aaO Rz 36, 36/1; RIS-Justiz RS0126734, RS0116299, RS0130304). Fallbezogen mangelt es an der Bereitschaft des Angeklagten, Verantwortung für das Tatgeschehen zu übernehmen, sodass insgesamt spezialpräventive Erwägungen Schuldspruch und Straffestsetzung erfordern.
In der Straffrage ist das Rechtsmittel ebensowenig berechtigt.
Bei einer Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe erweist sich die über den Angeklagten verhängte zwölfmonatige Unrechtsfolge nach Abwägung der zutreffend angeführten Strafzumessungsgründe keinesfalls als überhöht. Die Tathandlungen stehen zwar tatsächlich im Zusammenhang mit der Beziehungsproblematik zwischen den beiden Betroffenen, was jedoch zu keiner für den Angeklagten günstigeren Lösung der Straffrage führen kann. Wenn neuerlich das Vorliegen situationsbedingter Unmutsäußerungen zur Begründung für die begehrte Herabsetzung der Sanktion angeführt wird, ist der Angeklagte auf obangeführte Erwägungen in Lösung der Nichtigkeits- und Schuldfrage zu verweisen. Weiters wurde den Depositionen der Zeugin B* in der Hauptverhandlung im Wesentlichen nicht gefolgt, sodass auch daraus kein geringer Unrechts- und Schuldgehalt abgeleitet werden kann.
Der bisherige ordentliche Lebenswandel und der Besuch einer Therapie werden von A* zwar zu Recht angesprochen, begründen aber geradezu jene Umstände, die eine zur Gänze bedingte Strafnachsicht rechtfertigen. Die mutmaßlich neuerliche Aufnahme der Lebensgemeinschaft und eine damit einhergehende Versöhnung sind zwar bei Lösung der Straffrage zu berücksichtigen, führen aber mit Blick auf die ohnehin nur mit einem Fünftel der angedrohten Höchststrafe ausgemittelten Unrechtsfolge nicht zu deren Reduktion.
Die Berufung musste sohin erfolglos bleiben.