33R36/24t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Gewährung des Schutzes der internationalen Wortmarke BEST FOR ALL (IR 1620551) über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 20.12.2023, IR 196/2023-8, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Die Antragstellerin ist Inhaberin der internationalen Wortmarke
BEST FOR ALL
mit der Priorität 8.9.2021, eingetragen für die Dienstleistungen der Klasse 40 Metal processing, namely, custom steel fabrication to the order and specification of others.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte die Rechtsabteilung zur Gänze die vorläufige Schutzverweigerung vom 9.8.2023 unter Verweis auf die dort schon stichwortartig bekannt gegebenen Gründe: „Keine Unterscheidungskraft; allgemeiner Slogan ohne Originalität; die Marke weist nicht auf ein bestimmtes Unternehmen hin.“
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem sinngemäßen Antrag auf Schutzzulassung in Österreich; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1.1 Die Rechtsfolge der beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf vorgenommenen Registrierung einer internationalen Marke ist grundsätzlich, dass sie in jedem Vertragsstaat (auf den sich der Schutz erstreckt, vgl Art 3 bis Abs 1 MMA und Art 3 ter PMMA) so geschützt ist, wie wenn sie in jedem der betroffenen Vertragsländer unmittelbar hinterlegt (eingetragen) worden wäre (Art 4 Abs 1 S 1 MMA, Art 4 Abs 1 lit a S 1 PMMA; Koppensteiner, Markenrecht 4 243; 4 Ob 128/03g; Om 4/10).
1.2 Die Behörde eines Verbandslandes, der eine internationale Registrierung notifiziert wurde (hier am 9.3.2023), kann diese wie eine nationale Anmeldung prüfen, sie ist bei der Prüfung allerdings gemäß Art 5 MMA/PMMA auf die in Art 6 quinquies Teil B Z 2 der PVÜ genannten Gründe beschränkt ( Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 2 Rz 88 f).
1.3 Im Fall der Versagung des Schutzes einer internationalen Marke durch das österreichische Patentamt hat die Antragstellerin dieselben Rechtsmittel, die sie hätte, wäre ein Eintragungsantrag im Schutzverweigerungsland gestellt worden; sie kann dagegen mit Rekurs nach § 37 MSchG vorgehen ( Koppensteiner aaO 243 mwH; Ullrich aaO § 2 Rz 96).
2. Die Antragstellerin weist in ihrem Rekurs darauf hin, dass die beteiligten Verkehrskreise hier in erster Linie Fachkreise seien, weil die kundenspezifische Stahlherstellung im Auftrag und nach Spezifikation von Dritten laut Klasse 40 für Durchschnittskonsumenten nicht von Interesse sei. Für die angesprochenen Verkehrskreise sei die angemeldete Wortfolge aber mehrdeutig; es erschließe sich aus ihr nicht sofort eine bestimmte Eigenschaft der betroffenen Dienstleistungen.
2.1 Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft nicht erfüllen (RS0132933, RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee ; C 104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (vgl RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht 4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), also jene des Handels und der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RS0079038 [T1]; Asperger aaO Rz 64-65; Koppensteiner aaO 83).
2.2 Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 4 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 P, Eurohypo ). Die Unterscheidungskraft fehlt einem Zeichen aber dann, wenn es die maßgebenden Verkehrskreise als Information über die Art der mit ihm gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft. Eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG. Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (vgl 4 Ob 11/14t, Expressglass, uva).
2.3 Ein Zeichen ist nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RS0066456; RS0109431). Lässt sich dagegen die Beziehung zwischen Ware oder Dienstleistung und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, dann ist die Registrierung des Zeichens auch ohne Verkehrsgeltung ebenso erlaubt, wie wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, der Art ihrer Herstellung oder ihrer Zweckbestimmung handelt (RS0066456; RS0109431 [T3]; RS0090799; 4 Ob 153/21k, my flat ).
2.4 Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) oder bei Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit den Waren und Dienstleistungen, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn im Wort, in der Wortfolge oder Wortkombination eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung enthalten ist und diese innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit als solche erfasst werden kann (vgl RS0066456; 33 R 136/22w, Saubermacher OUTSOURCING ).
2.5 Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken (wie etwa Werbeslogans) sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken; ihre Schützbarkeit ist zu verneinen, wenn sie nur eine Aussage über die Waren oder Dienstleistungen selbst enthalten, die sie beschreibt (RS0122385). Der EuGH hat darüber hinaus ausgesprochen, dass die Eintragung auch einer solchen Wortverbindung unzulässig ist, die geeignet ist, von anderen Wirtschaftsteilnehmern zur Bezeichnung eines Merkmals ihrer Waren oder Dienstleistungen verwendet zu werden (C 191/01 P, Doublemint, Rz 32). Dies erklärt sich aus der Überlegung, dass ein allgemeines Interesse daran besteht, dass Zeichen oder Angaben, die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können, weshalb es nicht erlaubt ist, dass solche Zeichen oder Angaben einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (C 191/01 P, Doublemint, Rz 31; C 265/00, Biomild, Rz 36; 4 Ob 180/16y, FairUse ).
2.6 Fremdsprachige Begriffe sind im Allgemeinen so zu behandeln wie deutschsprachige ( Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 224). Die Eintragung eines fremdsprachigen Worts als Marke ist unzulässig, wenn die beteiligten Verkehrskreise im Mitgliedstaat, in dem die Eintragung beantragt wird, imstande sind, die Bedeutung dieses Worts trotz seiner Fremdsprachigkeit zu erkennen (34 R 12/14f, Nero; 33 R 91/23d, OLIOBENE ). Ob ein fremdsprachiger Begriff Kennzeichnungskraft hat, hängt somit davon ab, ob er im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care ; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 11/14t, Expressglas ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ).
2.7 Die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, ist nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen (C 398/08 P, Vorsprung durch Technik , Rz 35 mwN). Für Werbeslogans gelten daher die gleichen Grundsätze wie für andere Mehrwortzeichen (vgl RS0122385 [T1]). Sie sind aber dann nicht schützbar, wenn der Satz oder Satzteil nur eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung enthält (17 Ob 21/11d, Echte Berge II; 4 Ob 36/14v, SELECTIVE/LINE, Rz 3.2; 34 R 78/14m, BE ORIGINAL ). Entscheidend ist, ob der Verkehr aus dem Slogan zumindest gleichzeitig auch einen Herkunftshinweis entnimmt (C 398/08 P, Vorsprung durch Technik, Rz 45). Unterscheidungskraft fehlt neben beschreibenden Slogans vor allem üblichen Anpreisungen. Werbemäßige Anpreisungen sind als Marke nicht schützbar (4 Ob 36/14v, SELECTIVE/LINE, Rz 3.4 mwN). Bei einem Werbeslogan ist insbesondere zu prüfen, ob er Bestandteile enthält, die einen gewissen Interpretationsaufwand erfordern und die über die offenkundige Werbeaussage hinaus die maßgeblichen Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen einzuprägen (RS0122385 [T2]; 33 R 40/22b, Tophotel ).
3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen:
3.1 Der Antragstellerin ist darin beizupflichten, dass die unter dem Zeichen registrierten Dienstleistungen eher Fachkreise als den Durchschnittsverbraucher ansprechen. Umso mehr ist – weil Englisch als wichtigste Handelssprache in Österreich die geläufigste Fremdsprache ist (4 Ob 36/14v, SELECTIVE/LINE; 34 R 78/14m, BE ORIGINAL ) – davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise über gute Englischkenntnisse verfügen und „BEST FOR ALL“ mit „das Beste für alle/alles“ übersetzen werden. Nach allgemeinem Verständnis ist damit ein Qualitätsmerkmal gemeint; die vom Zeichen erfassten Dienstleistungen bieten „das Beste“ für jeden Kundenkreis, der Metallverarbeitungen bei der Antragstellerin in Auftrag gibt. Dass der Kunde sich die beste Metallverarbeitung für „sein“ Ausgangsmaterial erwartet, ist dabei ebenso naheliegend wie die Annahme, dass die Antragstellerin das gewünschte Endprodukt am besten herstellt. Die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang behauptete Mehrdeutigkeit der Wortfolge erschließt sich für das Rekursgericht daher nicht.
3.2 Damit unterscheidet sich das Zeichen auch von der von der Antragstellerin ins Treffen geführten Wort-Bild-Marke „DerStandard“ (vgl 4 Ob 198/20a). Diese ließ dem OGH zufolge mehrere Deutungen zu, gerade weil mit „DerStandard“ kein konkretes Qualitätsmerkmal ausgedrückt wird. Hingegen ist aus „BEST FOR ALL“ sofort, ohne komplizierte Gedankenoperation, zu erschließen, dass damit höchstwertige Dienstleistungen angeboten werden. Folglich wird die Wortfolge nur als Hinweis auf die Qualität der Dienstleistungen aufgefasst. Zudem können die maßgeblichen Verkehrskreise „BEST FOR ALL“ als klassischen Werbeslogan wahrnehmen, dem sie allerdings aufgrund seines allgemeinen Aussagegehalts keinen Herkunftshinweis für bestimmte Waren oder Dienstleistungen entnehmen werden (vgl Asperger aaO Rz 103 mwN; 4 Ob 169/01h, Best Energy; T 270/02, BESTPARTNER ). Darüber hinaus steht einer Eintragung auch entgegen, dass die angemeldete Wortfolge auch von anderen Wirtschaftsteilnehmern zur Bezeichnung eines Merkmals ihrer Waren- oder Dienstleistungen verwendet werden könnte und insoweit ein Freihaltebedürfnis nicht auszuschließen ist (vgl C 191/01 P, Doublemint, Rz 31 f; 33 R 170/23x, NOVOLINE ).
3.3 Ein Vergleich zu 33 R 63/21h scheitert wiederum daran, dass das dort zu beurteilende englischsprachige Zeichen – „PLAIN“ – tatsächlich mehrere Bedeutungen hat und dem Publikum daher in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen (ua Vermietung von Wohnungen, Beherbungs- und Verpflegungsleistungen) verschiedene Interpretionsmöglichkeiten offenstanden. Wie ausgeführt, ist dies hier zu verneinen. Außerdem kann ein Zeichen, das vom Verkehr mehrdeutig aufgefasst wird, selbst dann als beschreibend von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (4 Ob 7/05s, Car care ).
4. Damit bedarf die Entscheidung der Rechtsabteilung keiner Korrektur.
5. Die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft wirft im Einzelfall keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf (vgl RS0121895). Der ordentliche Revisionsrekurs ist daher nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.