33R133/22d – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Schober und die fachkundige Laienrichterin Mag. Eder-Helnwein in der Markenrechtssache der Antragssteller 1. ***** , vertreten durch die SMK Rechtsanwälte Steßl und Kasper Rechtsanwälte GmbH in Graz, und 2. ***** , vertreten durch die HASCH UND PARTNER Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die Antragsgegnerin S***** , vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Löschung der Marke SPARKLING über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 27.6.2022, Nm 5/2021-7, Nm 29/2021-8, in nichtöffentlicher Sitzung
I./ den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Die Zurückziehung des Löschungsantrags unter Anspruchsverzicht der Erstantragstellerin wird zur Kenntnis genommen.
2. Die Urkundenvorlage der Antragsgegnerin vom 15.12.2022 wird zurückgewiesen.
II./ zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Zweitantragstellerin binnen 14 Tagen die Kosten der Berufungsbeantwortung von EUR 3.238,92 (darin EUR 539,82 USt) zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
-Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Text
I./ 1. Die Zurückziehung des Löschungsantrags unter Anspruchsverzicht der Erstantragstellerin vom 1.12.2022 war formell zur Kenntnis zu nehmen. Das Berufungsverfahren sowie auch das (allfällige) weitere Verfahren wird nur mehr zwischen der Zweitantragstellerin (nunmehr: Antragstellerin) und der Antragsgegnerin geführt.
2. Die Antragsgegnerin hat eine Rekursentscheidung des OLG Wien vom 28.11.2022 (2 R 120/22i) ihrer Berufung nachgereicht und auf eine Begründungspassage verwiesen, die für das vorliegende Berufungsverfahren rechtlich bedeutsam sei. Mit der Berücksichtigung dieser Urkunde würde der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels umgangen.
II./
1. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Wortmarke AT 105920
SPARKLING ,
geschützt mit der Priorität vom 9.9.1983 (Tag der Anmeldung) für die Waren Schaumweine, Sekt in der Klasse 33.
2. Mit Antrag vom 3.8.2021 begehrte die Antragstellerin die Löschung gemäß § 33 Abs 1 MSchG, in eventu gemäß § 33b MSchG mit der wesentlichen Begründung, das Zeichen sei von der Registrierung ausgeschlossen, weil ihm jede Unterscheidungskraft fehle; es sei beschreibend und keine Herkunftsbezeichnung. Sowohl Sekt als auch Schaumwein würden auf Englisch als „Sparkling Wine“ bezeichnet. „Sparkling“ heiße auf Deutsch „spritzig“, „sprudelnd“, „perlend“, „prickelnd“, „mit Kohlensäure“, „schäumend“, „moussierend“; dementsprechend bedeute „Non Sparkling“ nichts anderes als das Gegenteil. In der englischen Fassung der Nizzaer Klassifikation seien sowohl „Schaumwein“ als auch „Sekt“ mit „Sparkling Wines“ angeführt.
Die Antragsgegnerin habe das Zeichen weder jetzt noch in der Vergangenheit in Alleinstellung verwendet, sondern immer in Kombination mit „G*****“, „V*****“, „S*****“ und „Brut“ bzw „Brut Klassik“. Es würden derzeit rund 100 Markenregistrierungen mit „Sparkling“ in der Klasse 33 existieren; auch die Antragstellerin verwende „Sparkling“ unter anderem für ihren Bioperlwein „Sparkling Blanc“.
Bezogen auf den Zeitpunkt der Markenanmeldung am 9.9.1983 hätte SPARKLING wegen des Fehlens der Unterscheidungskraft und wegen des beschreibenden Charakters nicht eingetragen werden dürfen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei dieser Begriff von den beteiligten Verkehrskreisen im Zusammenhang mit Sekt- und Schaumweingetränken mit „prickelnd“ und/oder „kohlensäurehaltig“ übersetzt worden, und er werde nach wie vor so übersetzt und verstanden.
Die Beschwerdeabteilung des Patentamts habe zum Thema Englischkenntnisse der österreichischen Bevölkerung in den 1970-iger oder 1980-iger Jahren im Jahre 1977 in der Entscheidung „Aquaseal“ festgestellt, dass ein beachtlicher Teil gute Englischkenntnisse vorweisen könne. Somit sei von sehr guten Englischkenntnissen der österreichischen Bevölkerung auch rund um das Jahr 1983 auszugehen.
Den Marktteilnehmern stehe kein gleichwertiger Alternativbegriff zur Verfügung, um damit ihre „prickelnden“ Konkurrenzprodukte zu benennen; es bestehe daher ein Freihaltebedürfnis. „Sparkling“ oder „Sparkling Wine“ sei zudem eine gebräuchliche Bezeichnung für Sekt und Schaumwein (§ 4 Abs 2 Z 5 MSchG). Ein Verkehrsgeltungsnachweis liege weder zum Anmelde- noch zum Eintragungszeitpunkt und auch nicht zum Zeitpunkt des Löschungsantrags vor.
3. Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, dass die Antragstellerin das Zeichen SPARKLING selbst kennzeichenmäßig verwende. Daher sei sie auch zur Unterlassung aufgefordert worden. Sie sei dem nicht nachgekommen und habe stattdessen den Löschungsantrag eingebracht. Der Antragstellerin obliege der Beweis, dass am 9.9.1983 die maßgeblichen österreichischen Verkehrskreise SPARKLING keine Unterscheidungskraft zuordnen hätten können und/oder das Wort als Beschreibung für Schaumweine oder Sekt verstanden hätten; dies sei nicht der Fall. Den österreichischen Verkehrskreisen sei – auch heute – eine konkrete Bedeutung von „Sparkling“ in Alleinstellung im Zusammenhang mit Schaumweinen und Sekt nicht ausreichend bekannt. Zudem seien die Englischkenntnisse in Österreich Anfang der 1980-iger Jahre noch weit weniger verbreitet gewesen als heute.
Die Registrierung der angefochtenen Marke indiziere vielmehr, dass die relevanten Verkehrskreise SPARKLING als Phantasiewort wahrgenommen haben. Durch die Verwendung von SPARKLING in Alleinstellung trete die unterstellte übliche Bedeutung des Wortes in den Hintergrund. Das Wort habe auch noch zahlreiche andere Bedeutungen, darunter „funkelnd“, „glänzend“, „glitzernd“ und „exzellent“. Einem solchen mehrdeutigen Wort mit einem nur vagen Bedeutungsinhalt komme Unterscheidungskraft zu. Auch heute sei es noch vollkommen unüblich, einen Sekt oder einen Schaumwein, der von Haus aus kohlensäurehaltig sei, zusätzlich auch noch als „prickelnd“ zu bezeichnen. Eine solche Bezeichnung wäre redundant und widersinnig und zeige nachvollziehbar das Fehlen der Eignung, das Produkt tatsächlich näher zu beschreiben.
„Sparkling“ sei auch keine gebräuchliche Bezeichnung für Sekt oder Schaumweine. Gebräuchlich seien „Sekt“, „Schaumwein“, „Frizzante“ und „Champagner“. Mangels Vorliegens einer Gattungsbezeichnung komme es auf die Frage einer angeblichen Untätigkeit der Antragsgegnerin nicht an. Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis.
Mit Eingabe vom 21.4.2022 brachte die Antragsgegnerin ergänzend vor, SPARKLING habe aufgrund der intensiven und langjährigen Nutzung inzwischen Verkehrsgeltung erworben. Das Unternehmen produziere und vertreibe seit 1842 Sekt und gehöre heute zu den führenden und bekanntesten Sektherstellern Österreichs. Kurz nach der Gründung habe das Unternehmen einen Sekt mit der Markenbezeichnung „S***** Sparkling G*****“ in Österreich auf den Markt gebracht. Seither verwende sie SPARKLING durchgehend kennzeichenmäßig für ihre berühmten Sektprodukte, deren Bekanntheit auch amtsnotorisch sei. Seit der Einführung des Sektprodukts und der angefochtenen Marke sei SPARKLING stets kennzeichenmäßig und prominent zusätzlich zur Dachmarke „S*****“ auf den Etiketten geführt worden.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen (Teil-)Beschluss folgte die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts dem Antrag der Streitteile, vorerst über die originäre Schützbarkeit des Zeichens abzusprechen, und sprach aus, dass die angefochtene Marke AT 105920 im Prioritätszeitpunkt nicht originär schützbar gewesen sei. Nach Rechtskraft dieses Beschlusses werde das Verfahren zur Prüfung darüber fortgesetzt, ob das Zeichen die Unterscheidungskraft durch Benutzung erworben habe.
Sie ging vom Sachverhalt aus, den sie auf Seite 27 und auf den Seiten 34 bis 36 (von 37) der Entscheidung festgehalten hat und aus dem sich – auf das Wesentliche zusammengefasst – hervorheben lässt:
«Die Antragsgegnerin verwendet die Marke im Zusammenhang mit anderen Begriffen („S***** Sparkling“, „Sparkling G*****“, „Sparkling V*****“) seit zumindest 1866, wobei die Verwendung in Form von „S***** Sparkling“ bis heute besteht.
SPARKLING ist ein englisches Wort, das übersetzt „spritzig“, „sprudelnd“, „perlend“, „prickelnd“, „mit Kohlensäure“, „schäumend“, „moussierend“ bedeutet.»
Rechtlich ging die Nichtigkeitsabteilung unter ausführlicher Anführung der für das Eintragungsverfahren geltenden Rechtsprechung, auf die schon vorab verwiesen wird (§ 500a ZPO), davon aus, dass auch zum Zeitpunkt der Markenanmeldung am 9.9.1983 ein beträchtlicher Teil der österreichischen Bevölkerung bereits gute Englischkenntnisse gehabt habe. Daher hätten die beteiligten allgemeinen Verkehrskreise das Wort „Sparkling“ auch im Prioritätszeitraum mit „prickelnd“, „moussierend“ übersetzt und verstanden. Dies gelte noch mehr für den ebenfalls beteiligten Weinhandel und andere Fachkreise.
Es stehe außer Frage, dass „prickelnd“, „moussierend“ eine Eigenschaft von Schaumweinen und Sekt beschreibe, selbst wenn diese Beschreibung redundant sei, weil Sekt ohnedies nur mit Kohlensäure angeboten werde. Bereits 1983 habe gegolten, dass ein Wort, das sprachlich ausschließlich die Beschaffenheit der Ware angebe, von der Registrierung ausgeschlossen sei, selbst wenn es für den allgemeinen Verkehr nicht verständlich sei. Gerade die Tatsache, dass „Sparkling“ sowohl von der Antragsgegnerin nur in Kombination mit anderen Zeichen, wie „V*****“ oder „G*****“, als auch von der Antragstellerin und einer Vielzahl von anderen Winzern als Hinweis auf deren Schaumweine und Sektprodukte verwendet werde, zeige, dass man bewusst auf eine Eigenschaft des Produkts – im Vergleich zu „normalen“ Weinen – hinweisen möchte. Somit handle es sich bei der angefochtenen Marke um eine beschreibende Angabe, der auch keine Unterscheidungskraft zukomme. Die Löschungsgründe des § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG iVm § 33 MSchG seien erfüllt. Auf den Löschungsgrund des § 4 Abs 1 Z 5 MSchG müsse nicht mehr eingegangen werden.
5. Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, wegen Aktenwidrigkeit, wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel und wegen wesentlicher Verfahrensmängel mit dem Antrag auf Abweisung der Löschungsanträge; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
6.1 Soweit die Antragsgegnerin die festgestellten Übersetzungsbedeutungen von „Sparkling“ als unrichtige Tatsachenfeststellung und Aktenwidrigkeit bekämpft und ergänzend festgestellt haben möchte, dass das Wort unter anderem auch „funkelnd“, „glänzend“, „glitzernd“, „exzellent“ bedeute, ist dem rechtlich entgegenzuhalten, dass dies nicht relevant ist, weil die begehrten weiteren Übersetzungsoptionen wiederum nur eine beschreibende/anpreisende Angabe der Beschaffenheit vermitteln. Auch eine Vielzahl von (weiteren) Übersetzungsbedeutungen machen das Wort „Sparkling“ bezogen auf Schaumweine und Sekt nicht zu einer Phantasiebezeichnung; alle von den Parteien angeführten Übersetzungen beschreiben nur eine oder mehrere Eigenschaften dieser Waren (siehe auch Punkt 8.1 ff).
Entscheidend ist rechtlich, was die beteiligten Verkehrskreise (durchschnittlich aufmerksamer und verständiger Verbraucher und/oder Fachkreise der betroffen Waren) zum Prioritätszeitpunkt unter SPARKLING verstanden haben, und ob sie diesem Wort einen die Kennzeichenfunktion ausschließenden Sinngehalt zugeordnet haben. Ob ein der Fremdsprache entnommener Begriff Unterscheidungskraft besitzt, hängt davon ab, ob seine Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr im Begriff einen Sinngehalt erkennen konnte, der die Herkunftsfunktion des Zeichens beseitigen würde (4 Ob 325/99v, Manpower mwN; 4 Ob 277/04w, Powerfood ). Dafür ist es nicht erforderlich, alle möglichen Bedeutungen des Wortes zu kennen.
6.2 Die Antragsgegnerin bekämpft die Feststellung „Es ist also zusammenfassend davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise das Wort SPARKLING auch im Prioritätszeitraum mit ‚prickelnd, moussierend‘ übersetzt und verstanden haben, da diese über gute Englischkenntnisse verfügt haben.“ und begehrt anstelle eine Negativfeststellung.
Sie behauptet, es gebe für diese Feststellung keine Beweisergebnisse; die Nichtigkeitsabteilung habe sich ausschließlich auf vereinzelte Entscheidungen aus Schönherr/Thaler , Entscheidungen zum Markenrecht (1985) gestützt. Teilweise stammten diese Entscheidungen aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die von ihr angeführten Entscheidungen seien alle außer Acht gelassen worden.
6.3 Die Hinweise der Antragsgegnerin auf einzelne (anders lautende) Entscheidungen sind für den konkreten Fall nicht relevant, weil Markeneintragungen – dies gilt auch für gerichtlich bewirkte – grundsätzlich keine präjudizielle Wirkung für andere Verfahren entfalten (stRsp, zuletzt zB 4 Ob 78/18a, Schneewette ; 4 Ob 90/20v, Kulinarium Catering ; Asperger in Kucsko/Schumacher , marken.schutz³ § 4 Rz 71 ff mwN; Koppensteiner , Markenrecht 4 70). Damit können Marken-Entscheidungen, die englischsprachige Bezeichnungen zum Gegenstand hatten oder haben, auch nicht für das Verkehrsverständnis, insbesondere zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt, herangezogen werden.
In diesem Zusammenhang wird jedoch auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen, dass der Großteil der österreichischen Bevölkerung im Jahr 1983 grundsätzlich englischsprachige Begriffe in ihrer Bedeutung verstanden haben, insbesondere wenn es sich – so wie hier – um einen einfachen, leicht verständlichen Begriff gehandelt hat. Englisch ist als wichtigste Handelssprache in Österreich die geläufigste Fremdsprache ( Koppensteiner , Markenrecht 4 84 mwN; RS0066456; 4 Ob 36/14v, selective/line ), so auch zum 9.9.1983. Dies gilt umso mehr für das (Sprach-)Verständnis der beteiligten Fachkreise, wie im konkreten Fall des Wein- und Getränkehandels, der mit dem Begriff „Sparkling“ schon wegen der Internationalität der aus dem Ausland bezogenen Schaumweine konfrontiert gewesen ist.
6.4 Die Ausführungen der Antragsgegnerin zu den getroffenen Feststellungen in Bezug auf die Telefonerhebung „S***** Sparkling“ im September 1990 (Beilage ./6) können dahingestellt bleiben. Für die zu prüfende originäre Unterscheidungskraft sind diese Feststellungen nicht relevant, denn sie betreffen nicht die Frage, wie bekannt die Bedeutung des englischen Worts „sparkling“ im Jahr 1990 in Österreich gewesen ist.
7.1 Soweit die Antragsgegnerin den Umstand als wesentlichen Verfahrensmangel bemängelt, dass in erster Instanz weder vorgebracht noch erörtert worden sei, dass die Fachkreise 1983 über besondere (über die Sprachkenntnisse der Allgemeinbevölkerung hinausgehende) Sprachkenntnisse verfügt hätten, ist auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen: Zum Eintragungshindernis des beschreibenden Charakters und/oder des Fehlens der Unterscheidungskraft (iSd Art 3 Abs 1 lit b und c RL 89/104/EWG) fremdsprachiger Zeichen hat der EuGH in der Entscheidung C 421/04, Matratzen Concord/Hukla Germany [MATRATZEN] , klargestellt, dass bei der Beurteilung der „beteiligten Verkehrskreise“ auf „den Handel und/oder normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist“ (Rn 24). Durch die Verwendung der Formulierung „und/oder“ geht hervor, dass es auch auf die Fachkreise allein ankommen kann (vgl auch EuGH C-45/11 P, Deutsche Bahn/HABM [Rn 49: „die maßgeblichen Verkehrskreise, dh die Gewerbetreibenden und das allgemeine Publikum“]; so auch 4 Ob 77/15z, Amarillo, uva).
Da SPARKLING bereits für den Durchschnittsverbraucher damals als beschreibende (Beschaffenheits-)Angabe leicht verständlich war, kann die Beurteilung des Sprachverständnisses der Fachkreise als besser keinen Verfahrensmangel begründen. Im Übrigen haben die Parteien das Sprachverständnis ohnedies in ihrem umfangreichen Vorbringen behandelt.
7.2 Soweit die Antragsgegnerin in Bezug auf die Fachkreise auf das Umfrageergebnis aus dem Jahre 1990 verweist und ausführt, dass sich daraus ergebe, dass die Bezeichnung „Sparkling“ nicht in einem beschreibenden Sinn bekannt gewesen sei, sondern im Gegenteil als Marke, ist dem nur entgegenzuhalten, dass die Fragestellung auf eine (allfällige) Verkehrsgeltung von „S***** Sparkling“ abgezielt hat (vgl Beilage ./6 ) und nicht auf das Verständnis von „Sparkling“. Für das (Sprach-)Verständnis der befragten Verkehrskreise zum Wort „Sparkling“ kann daraus nichts abgeleitet werden.
7.3 Die Bezugnahme der Nichtigkeitsabteilung auf eine interne Notiz des Prüfers bei der Gesetzmäßigkeitsprüfung ist für die vorzunehmende Beurteilung ebenfalls nicht relevant und kann unbeachtet bleiben.
8. Die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Rechtsrüge überzeugen nicht:
8.1 Fremdsprachige Begriffe sind im Allgemeinen so zu behandeln wie deutschsprachige ( Newerkla in Kucsko/Schumacher , marken.schutz³ § 4 Rz 224). Ob sie unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care ; 4 Ob 28/06f, Firekiller ; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche ; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood ; 4 Ob 28/06f, Firekiller ). Bei einer gespaltenen Verkehrsauffassung genügt es, wenn diese Kenntnis nur für einen dieser Verkehrskreise besteht, auch wenn er zahlenmäßig kleiner als jener der Endverbraucher ist (C-412/05 P, Alcon Inc. ; C-421/04, Matratzen Concord [Rn 24]; C-102/07, Adidas/Marca Mode II [Rn 23]; 4 Ob 7/12a, Sinupret/Sinuvex ; 4 Ob 77/15z, AMARILLO ; uva).
Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RS0066644).
8.2 Die Nichtigkeitsabteilung ist bei der Beurteilung vom 9.9.1983 ausgegangen. Es mag unter bestimmten Umständen zutreffen, dass die Beurteilung des Verkehrsverständnisses auch eine Tatfrage sein kann; dies aber nur dann, wenn zur Beurteilung die allgemeine Lebenserfahrung des Richters oder dessen Fachwissen nicht ausreicht (RS0043658). Dies ist hier aber nicht der Fall. Die Nichtigkeitsabteilung hat die hier aufgeworfene Frage zutreffend als Rechtsfrage beurteilt, weil die allgemeine Verständnisfähigkeit – wie auch die Feststellung der Verkehrsauffassung – grundsätzlich nicht durch demoskopische Ermittlungen, sondern durch das gerichtliche Erfahrungswissen bestimmt wird. Es handelt sich auch nicht um eine Erörterung offenkundiger Tatsachen, sondern um Rechtsanwendungshilfen (vgl Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering , Markengesetz 13 § 8 Rz 447, 586 ff).
Auch das Berufungsgericht geht – unabhängig vom Ergebnis allfälliger Abfragen im Internet (dessen Heranziehung als eines mehrerer Mittel zur Bestimmung des Verkehrsverständnisses im Übrigen nicht zu beanstanden wäre) – davon aus, dass der (mit-)beteiligte Verkehrskreis des (Fach-)Handels, aber auch die Endverbraucher bereits im Jahr 1983 den Begriff SPARKLING als beschreibende (Beschaffenheits-)Angabe gekannt, erkannt und verstanden haben. Es handelt sich – auch bezogen auf den Prioritätszeitpunkt – für die Waren Schaumweine, Sekt nicht um ein wenig geläufiges Wort. Englisch war auch im Jahr 1983 die wichtigste Handelssprache in Österreich und die geläufigste Fremdsprache ( Koppensteiner , Markenrecht 4 84 mwN; RS0066456; 4 Ob 36/14v, selective/line ), was sich auch daran zeigt, dass im Schuljahr 1983/84 der Fremdsprachenunterricht (überwiegend Englisch) generell im 3. Schuljahr (8. Altersjahr) eingeführt wurde; der Einführung ging eine mehr als 20jährige Versuchszeit voraus.
Eine stichprobenartige Sichtung der dokumentierten Rechtsprechung aus den frühen 1980er-Jahren ergibt auch, dass auch damals schon englische (und andere fremdsprachige) Wörter nicht als schützbar angesehen worden sind, zum Beispiel:
- Nuevo (span.) für Sportartikel, Schi; Bm 1/80; PBl 1984, 115; ÖBl 1984, 90;
- Jet Tours für „transports et entrepôts“; Bm 4/81; PBl 1983, 189; ÖBl 1984, 4;
- Calmday für pharmazeutische Produkte ; Bm 10/81; PBl 1983, 114; ÖBl 1983, 104;
- Peerless für Geräte zum Abscheiden von Flüssigkeiten und Festkörpern aus Gasen; Bm 20/79; PBl 1983, 169; ÖBl 1983, 162.
8.3 Soweit sich die Antragsgegnerin wiederum auf die Beilage ./6 stützt, ist ihr entgegenzuhalten, dass dieses Beweismittel allenfalls zum Nachweis einer erworbenen Verkehrsgeltung hilfreich sein kann, die hier (noch) nicht zu behandeln ist.
Auf die fehlende Relevanz von (historischen) Einzelfallentscheidungen wurde bereits in Punkt 6.3 eingegangen. Unstrittig ist auch, dass es um das Zeichen SPARKLING in Alleinstellung geht.
9. Im Ergebnis teilt das Berufungsgericht die Rechtsansicht der Nichtigkeitsabteilung, dass SPARKLING für die Waren „Schaumweine, Sekt“ in der Klasse 33 bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung eine beschreibende Angabe der Beschaffenheit, jedenfalls nicht originär unterscheidungskräftig war und auch so aufgefasst wurde. Allein der Umstand, dass die so bezeichneten Waren immer kohlensäurehaltig/prickelnd/perlend sind, löste und löst – wegen der Redundanz – keinen Nachdenk- oder Interpretationsprozess aus. Die Verwendung eines eigentlich überflüssigen, für die Information zur Beschaffenheit von Sekt und Schaumweinen nicht notwendigen Merkmals wird auch dazu verwendet, das beschriebene Merkmal hervorzuheben. Dies gilt vor allem dann, wenn es eine typische Eigenschaft der so beschriebenen Ware betrifft. SPARKLING ist auch im Jahr 1983 nicht geeignet gewesen, die Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen, nämlich die Zuordnung zu einem Markeninhaber (Herkunftsfunktion), zumal im Interesse des Export- und Importhandels auch eine Freihaltebedürfnis in Bezug auf SPARKLING anzunehmen war und ist (vgl Newerkla in Kucsko/Schumacher , marken.schutz³ § 4 Rz 225).
10. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm § 122 Abs 1 und 142 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 3 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO.
Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Die Bewertung durch die Antragstellerin ist unbedenklich. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben jedenfalls EUR 30.000.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.