JudikaturOLG Wien

6R11/24t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
01. März 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende, die Richterin Mag. Nigl, LL.M., und den Richter Mag. Jelinek in der Rechtssache der Antragstellerin A*, geboren am **, **, vertreten durch Fink Bernhart Haslinglehner Peck Kaltenhauser Lassnig Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die Antragsgegnerin B* GmbH , FN **, **, wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 18.12.2023, 4 Se 514/23z-8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die B* GmbH ( Antragsgegnerin ) ist zu FN ** im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien mit dem Geschäftszweig Immobilienverwertung eingetragen.

Am 7.12.2023 beantragte A* ( Antrag stellerin ), gestützt auf den vollstreckbaren Zahlungsbefehl des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29.9.2023, 24 Cga 53/23f, über ausstehende Entgelte samt aliquoter Sonderzahlungen, Urlaubsersatzleistungen und Kündigungsentschädigung von EUR 27.569,96 sowie Kosten von EUR 2.640,72 jeweils samt Zinsen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin. Diese habe die Forderung trotz Fälligkeit bisher nicht bezahlt. Sie habe die Zahlungen eingestellt und sei zahlungsunfähig bzw überschuldet. Beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien würden zahlreiche Exekutionen „laufen“. Die unterbliebene Zahlung sei nicht bloß auf Nachlässigkeit oder Zahlungsunwilligkeit zurückzuführen, sondern - wie die Exekutionsdatenabfrage ergeben habe - als Zeichen des Mangels ausreichender Zahlungsmittel zu bewerten.

Zur Bescheinigung ihres Vorbringens legte die Antragstellerin den Zahlungsbefehl des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29.9.2023 zu 24 Cga 53/23f und einen Auszug aus der Exekutionsdatendatei zum Abfragezeitpunkt 21.11.2023 vor.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Insolvenzeröffnungsantrag ab. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Auszug aus der Exekutionsdatendatei ergebe sich, dass es in den dort angeführten Exekutionsverfahren zuletzt (August 2023) jeweils zum Vollzug von Pfändungen gekommen sei. Zur Überwindung der Zahlungsunwilligkeit sei das Insolvenzverfahren nicht geeignet; dazu diene das Exekutionsverfahren.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit einem auf Antragsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Antragstellerin steht auf dem Rechtsstandpunkt, die Insolvenzforderung und die Zahlungsunfähigkeit bescheinigt zu haben und macht im Rekurs eine primäre Mangelhaftigkeit iSd § 496 Abs 1 Z 2 ZPO infolge der Unterlassung eines Verbesserungsverfahrens durch das Erstgericht geltend. Für den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit würden zahlreiche Indizien vorliegen. Sie habe durch die Vorlage des Auszuges aus dem Exekutionsregister substantiiert dargelegt, dass eine Vielzahl an Verdachtsmomenten, nämlich Fahrnispfändungen mit erheblichem Volumen der betriebenen Forderungen stattgefunden hätten. Die Exekutionen gegen die Antragsgegnerin seien in kurzen zeitlichen Abständen erfolgt. Der wiederholte Vollzug von Fahrnispfändungen sei ein Symptom für Zahlungsunfähigkeit. Auch der vorgelegte Zahlungsbefehl stelle ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit dar, da die Antragstellerin das Arbeitsverhältnis durch vorzeitigen Austritt beenden habe müssen. Mit dem Rekurs legte die Antragstellerin ein Pfändungsprotokoll, ein Vermögensverzeichnis und Jahresabschlüsse betreffend die Antragsgegnerin vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt .

1. Gemäß § 70 Abs 1 IO ist das Insolvenzverfahren auf Antrag eines Gläubigers unverzüglich zu eröffnen, wenn er glaubhaft macht, dass er eine – wenngleich nicht fällige – Insolvenzforderung hat und der Schuldner zahlungsunfähig ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen juristischer Personen findet auch bei Überschuldung statt (§ 67 IO). Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn eine Schuldnerin infolge eines nicht bloß vorübergehenden Mangels an bereiten Zahlungsmitteln ihre fälligen Schulden in angemessener Frist nicht erfüllen und sich die dafür erforderlichen Mittel auch nicht alsbald verschaffen kann (RS0065106, RS0064528). Die Beurteilung, ob Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist eine aufgrund konkreter Tatsachenbehauptungen zur wirtschaftlichen Situation zu beantwortende Rechtsfrage (RS0043677).

2. Nach § 70 Abs 2 Satz 3 IO hat das Gericht den Schuldner und sonstige Auskunftspersonen zu vernehmen, wenn es rechtzeitig möglich ist; jedoch ist der Antrag ohne Anhörung sofort abzuweisen, wenn er offenbar unbegründet ist, insbesondere wenn die Glaubhaftmachung nicht erbracht ist oder wenn der Antrag offenbar missbräuchlich gestellt wurde ( Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, InsR 4 , § 70 KO Rz 55). Die offenbar fehlende Begründetheit kann sich dabei sowohl auf die Behauptungs- als auch die Bescheinigungsebene beziehen ( Schumacher aaO § 70 KO Rz 58). Die im Konkursantrag aufzustellenden Behauptungen (Konkursforderung/Zahlungsunfähigkeit) können nicht durch die Vorlage von Bescheinigungsmitteln ersetzt werden ( Schumacher aaO § 70 KO Rz 9).

2.1. Der antragstellende Gläubiger hat seine Eigenschaft als Insolvenzgläubiger sowie die Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin sowohl zu behaupten als auch zu bescheinigen. Der maßgebliche Zeitpunkt ist der Insolvenzantrag selbst. Die Glaubhaftmachung (Bescheinigung) hat das gegenüber der Beweisführung im engeren Sinn eingeschränkte Ziel, dem Richter die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit einer Tatsache zu vermitteln. Das Verfahren zur Glaubhaftmachung ist summarisch und nicht an die Förmlichkeiten des Beweisverfahrens im engeren Sinn gebunden; es muss rasch durchgeführt werden, weshalb die Bescheinigungsmittel parat sein müssen (8 Ob 282/01f mwN; Mohr , IO 11 § 70 E 116; vgl auch Übertsroider in Konecny , InsG § 70 IO Rz 51).

2.2. Im Insolvenzverfahren ist daher schon mit dem Eröffnungsantrag eine „erste Glaubhaftmachung“ der zu bescheinigenden Umstände vorzunehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Rekursgerichtes muss sie mit dem Antrag bereits erbracht sein (OLG Wien 6 R 16/19w, 6 R 63/20h, 6 R 21/21h uva), sodass die hiezu erforderlichen Bescheinigungsmittel bereits mit dem Insolvenzeröffnungsantrag vorzulegen sind. Dadurch soll dem Insolvenzgericht die im Gesetz geforderte unverzügliche Beurteilung ermöglicht werden, ob der Antrag nicht offenbar unbegründet ist ( Schumacher aaO § 70 KO Rz 13, 15 mwN; derselbe in KLS 2 § 70 Rz 12; vgl Mohr , IO 11 § 70 E 137; Übertsroider aaO § 70 IO Rz 40). Für das Insolvenzeröffnungsverfahren wird damit eine Ausnahme von dem sonst im Insolvenzverfahren geltenden Prinzip der Amtswegigkeit (§ 254 Abs 5 IO) statuiert. Fehlt es an einer wenigstens dem ersten Anschein nach ausreichenden Glaubhaftmachung auch nur einer der genannten Eröffnungsvoraussetzungen, so ist der Insolvenzantrag infolge der Sonderbestimmung des § 70 Abs 2 Satz 3 IO schon aufgrund der ersten Antragsprüfung sofort, also ohne Verbesserungsverfahren , abzuweisen ( Mohr , IO 11 § 70 E 125). Amtswegige Erhebungen oder die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens kommen erst bei positivem Ausgang der ersten Antragsprüfung in Betracht (OLG Wien 6 R 16/19w, 6 R 21/21h uva; vgl auch Übertsroider aaO § 70 IO Rz 100) und sind bei mangelhafter Behauptung und Bescheinigung nicht durchzuführen (vgl Schumacher in KLS 2 § 70 Rz 20).

Überzogene Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes im Gläubigerantrag sind abzulehnen ( Übertsroider aaO § 70 IO Rz 51). Es ist aber nicht überzogen, sondern für eine erste Glaubhaftmachung nötig, eine urkundliche Bescheinigung im schriftlichen Insolvenzantrag zu verlangen. Verweist der Gläubiger mangels eigenem Prozessakt oder mangels eigener Exekutionsakten auf Gerichtsakte anderer Gläubiger, ohne diesbezüglich Urkunden vorzulegen, so hat er eine erste Glaubhaftmachung nicht ausreichend erbracht ( Übertsroider aaO § 70 IO Rz 52).

3. Hier hat die Antragstellerin mit der Vorlage des vollstreckbaren Zahlungsbefehles des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29.9.2023, 24 Cga 53/23f, ihre Insolvenzforderung unzweifelhaft ausreichend bescheinigt. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes gilt dies auch für die behauptete Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin:

4.1. Regelmäßig ist die Zahlungsunfähigkeit jener Insolvenzgrund, der vom Gläubiger geltend gemacht wird. Ein Gläubiger verfügt nur selten über einen umfassenden und genauen Überblick über die Finanz- und Vermögenslage seines Schuldners. Notwendig, aber auch ausreichend ist daher die Behauptung und Bescheinigung von Indizien. Diese müssen in ihrer Gesamtheit nach der allgemeinen Lebenserfahrung den hinreichend sicheren Schluss auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit erlauben ( Übertsroider aaO § 70 IO Rz 53).

Die Rechtsprechung entwickelte Kriterien, welche Behauptungen eine Zahlungsunfähigkeit indizieren. Danach stellt die bloße Nichtbezahlung einer titulierten Forderung noch keinen ausreichenden Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit des Verpflichteten dar ( Mohr , IO 11 § 70 E 78, 90). Zahlungsunfähigkeit wird aber nicht allein durch die Tatsache, dass gegen den Schuldner Exekutionsverfahren anhängig sind, indiziert.

Zur Überwindung der Nachlässigkeit des Schuldners in der Erfüllung seiner Verpflichtungen und seines Zahlungsunwillens dient das Exekutionsverfahren, aber nicht das Konkursverfahren, wenn nicht auch Zahlungsunfähigkeit gegeben ist ( Mohr, IO 11 § 66 E 1; vgl 8 Ob 23/95 mwN; vgl auch 8 Ob 18/12y). Ebenso wenig genügt allein die Behauptung einer gegen den Schuldner erwirkten Exekutionsbewilligung ( Mohr , IO 11 § 70 E 83), weil sie auch Folge einer bloßen Zahlungsunwilligkeit des Schuldners sein könnte. Selbst das Vorbringen einer erfolglos geführten Exekution kann für die Behauptung der Zahlungsunfähigkeit nicht ausreichen, weil – wie häufig zu beobachten ist - der Vollzug einer Pfändung auch an der Unauffindbarkeit des Schuldners an der vom Gläubiger angegebenen Adresse scheitern kann und damit lediglich den Schluss auf das Fehlen eines Vollzugsortes an jener Adresse zulässt. Für die Zahlungsunfähigkeit des Verpflichteten bedarf es vielmehr weiterer Hinweise. Sie kann etwa dann indiziert sein, wenn mehrere Exekutionen über einen längeren Zeitraum ergebnislos verfolgt wurden (vgl Mohr , IO 11 § 70 E 88, auch E 95). Auch wird erst der wiederholte Vollzug von Fahrnispfändungen als Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit gesehen, ebenso ein am Fehlen pfändbarer Gegenstände gescheiterter Vollzugsversuch ( Mohr , IO 11 § 70 E 92 ff; vgl Schumacher in KLS 2 § 66 Rz 37).

4.2. Wendet man diese Grundsätze auf das Vorbringen und das Bescheinigungsanbot der Antragstellerin an, erweist sich die erste Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin – hier auch ohne ein eigenes Exekutionsverfahren geführt zu haben - als erbracht:

4.3. § 427 Abs 1 EO eröffnet einem Gläubiger die Möglichkeit, in bestimmte Daten über Exekutionsverfahren dann elektronisch Einsicht zu nehmen, wenn er daran ein näher bezeichnetes, spezifisches Interesse hat. Die Abfrage soll eine Beurteilung unter anderem dahin ermöglichen, ob der Gläubiger ein - konkretes - Exekutions- oder Insolvenzverfahren einleiten oder weiterführen soll. Die Abfrage dient damit unter anderem der Klärung der Sinnhaftigkeit der Einbringung eines Insolvenzantrags (JAB 1741 BlgNR 25.GP 3; Höllwerth in Deixler-Hübner , Exekutionsordnung, §§ 427-431 EO Rz 4). Der Gläubiger erhält aber nicht alle Daten aus den Exekutionsverfahren, etwa nicht über abgewiesene Exekutionsanträge, sondern nur Informationen über solche Exekutionsverfahren, die länger als ein Monat anhängig sind und bei denen somit die Vermutung nahe liegt, dass eine erhebliche Zahlungsstockung oder sogar Zahlungsunfähigkeit vorliegt (JAB IRÄG 2017, 1741 BlgNR 25. GP 3; Mohr in Mohr/Pimmer/Schneider , EO 17 Anm zu § 427).

§ 427 Abs 1 EO eröffnet die Abfrage von Daten über Exekutionsverfahren, die gegen den betreffenden Schuldner zur Hereinbringung von Geldforderungen geführt werden. Die elektronische Einsicht umfasst folgende Daten: das Exekutionsgericht, das Aktenzeichen und die Höhe der betriebenen Forderungen der Verfahren, die länger als ein Monat seit der Bewilligung anhängig und weder eingestellt noch - unter vollständiger Befriedigung des Gläubigers - beendet sind und bei denen auch nicht zwei Jahre seit dem letzten in die Daten aufgenommenen Exekutionsschritt abgelaufen sind, samt dem Hinweis auf eine Aufschiebung des Exekutionsverfahrens und die Art der Exekutionsmittel (Z 1), bei solchen Exekutionsverfahren auf bewegliche körperliche Sachen die erfolgten Pfändungen und ergebnislosen Vollzugsversuche (Z 2), und die Tatsache, dass innerhalb eines Jahres vor der Abfrage ein Vermögensverzeichnis abgegeben wurde (Z 3). Eingestellte oder beendete Exekutionsverfahren, die zur Hereinbringung von Geldforderungen geführt werden, werden nicht bekannt gegeben. Nicht ausgeworfen werden weiters Exekutionsverfahren, in denen zwei Jahre seit dem letzten in die Daten aufgenommenen Exekutionsschritt abgelaufen sind. Damit soll die Aussagekraft des Abfrageergebnisses insofern erhöht werden, als nicht bereits jedes anhängige Exekutionsverfahren Aufschlüsse über die mögliche Einbringlichkeit von Forderungen mit sich bringen muss. Erst bei etwas länger anhängigen und „aktiven“ Verfahren steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die wirtschaftliche Lage des Schuldners den Gläubiger zur Vorsicht mahnen könnte (JAB 1741 BlgNR 25. GP 4 f; vgl Höllwerth aaO §§ 427-431 EO Rz 6).

4.4. Aus der mit dem Eröffnungsantrag vorgelegten Exekutionsdatenabfrage ergibt sich im Konkreten:

Beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien sind drei Exekutionsverfahren aus 2021, ein Exekutionsverfahren aus 2022 und acht Exekutionsverfahren aus 2023 ausgewiesen. In sechs dieser Exekutionsverfahren beläuft sich die betriebene Forderung auf jeweils EUR 140.000,- (die Exekutionsmittel sind teils unterschiedlich), im übrigen liegen die betriebenen Forderungen zwischen EUR 805,- und EUR 187.842,90. In zwei Exekutionsverfahren sind ergebnislose Vollzugsversuche jeweils am 8.11.2021 mangels pfändbarer Gegenstände vermerkt (68 E 3382/21v wegen EUR 4.705,70; 68 E 3050/21w wegen EUR 171.300,-), am 10.2.2022 ein ergebnisloser Vollzugsversuch wegen eines negativen Vollzugsortes (68 E 4071/21t wegen EUR 55.000,-), eine Pfändung am 22.11.2022 (68 E 3326/22k wegen EUR 187.842,90; am 24.1.2023 wurde in diesem Verfahren eine Zahlungsvereinbarung getroffen) und drei Pfändungen am 30.8.2023 (69 E 1711/23v und 69 E 2311/23d je wegen EUR 140.000,-) bzw 31.8.2023 (69 E 4083/23t wegen EUR 805,-).

Zusammengefasst wurden in vier Exekutionsverfahren Pfändungen vollzogen, scheiterte der Vollzug in einem Exekutionsverfahren am Vollzugsort und in zwei Exekutionsverfahren am Fehlen pfändbarer Gegenstände. Zu fünf Exekutionsverfahren sind keine Zusatzinformationen enthalten.

Ein Vermögensverzeichnis wurde innerhalb des letzten Jahres abgegeben.

4.5. Das Gesetz versteht die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses nach § 47 EO als bloß subsidiäres Mittel zur Ausforschung von Vermögensobjekten des Verpflichteten, die als Exekutionsobjekt in Frage kommen. Die Aufforderung an den Verpflichteten zur Angabe seines Vermögens bildet somit gleichsam eine ultima ratio, die nur dann zur Anwendung kommen darf, wenn alle sonstigen Mittel, die in der Exekutionsordnung für die konkrete Exekution zur Erzielung der Befriedigung des betriebenen Anspruches vorgesehen sind, erfolglos ausgeschöpft wurden ( Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 47 EO Rz 2). Voraussetzung für die Verpflichtung des Verpflichteten, sein Vermögen anzugeben, ist, dass die Anlassexekution erfolglos geblieben ist ( Jakusch aaO § 47 EO Rz 20).

4.6. In der konkreten Konstellation ergeben sich daraus Indizien, die einen hinreichend sicheren ersten Schluss auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin erlauben. Die Antragstellerin bescheinigte mit der vorgelegten Exekutionsdatenabfrage mehrere anhängige Exekutionsverfahren und neben mangels pfändbarer Gegenstände erfolgloser Vollzugsversuche auch wiederholte Fahrnispfändungen. Die Exekutionsverfahren beziehen sich dabei nicht nur auf betriebene Forderungen von erheblicher Höhe (EUR 171.300,-; EUR 55.000,-; EUR 140.000,-), sondern im Jahr 2023 auch auf eine Forderung von (lediglich) EUR 805,-, zu deren Befriedigung ebenfalls eine Pfändung erfolgte, das Exekutionsverfahren aber noch nicht beendet wurde. Innerhalb von ca zwei Monaten nach der Pfändung vom 22.11.2022 wurde wegen der betriebenen Forderung im betreffenden Exekutionsverfahren eine Zahlungsvereinbarung getroffen. Eine solche erfolgte nach den nunmehr vorgenommenen Pfändungen im August 2023 bis zum Abfragezeitpunkt am 21.11.2023 nicht. Auch der Umstand, dass ein Vermögensverzeichnis innerhalb des letzten Jahres abgegeben wurde, deutet bei Berücksichtigung der gesetzlichen Voraussetzungen dafür auf die Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin hin. Das, was sich aufgrund von Exekutionsverfahren ergibt, kann je nach Sachlage unter Umständen ein ausreichendes erstes Indiz für das Vorhandensein von Zahlungsunfähigkeit sein ( Mohr , IO 11 § 70 IO E 58).

5. Zusammengefasst ist die erste Glaubhaftmachung der Insolvenzforderung der Antragstellerin sowie der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin schon mit dem Eröffnungsantrag als erbracht anzusehen und dem Rekurs daher Folge zu geben. Im fortgesetzten Verfahren wird der Antrag an die Antragsgegnerin zuzustellen und eine Einvernahmetagsatzung anzuberaumen oder ihr rechtliches Gehör im schriftlichen Weg einzuräumen sein. Soweit der Antragsgegnerin nicht die Gegenbescheinigung des Fehlens der Insolvenzvoraussetzungen gelingt, wird von Amts wegen das Vorliegen von kostendeckendem Vermögen zu prüfen und bei Vorliegen aller Voraussetzungen unverzüglich der Konkurs zu eröffnen sein.

6. Ein Kostenersatz findet im Insolvenzverfahren nicht statt (§ 254 Abs 1 Z 1 IO). Dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren ( Pesendorfer in KLS 2 § 254 Rz 2).

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