JudikaturOLG Wien

17Bs60/24h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider-Reich und den Richter Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 1. Februar 2024, GZ 25 BE 25/24b-11, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene staatenlose A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Krems eine wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und Abs 3 Z 2 FPG über ihn mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 10. November 2023 zu AZ 13 Hv 62/23a verhängte Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten.

Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 9. Dezember 2024, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 24. April 2024 vorliegen, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 9. Juli 2024.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss, der am 1. Februar 2024 betreffend das Datum der Ausfertigung aufgrund eines Schreibfehlers (Zahlensturz) berichtigt wurde (ON 12), lehnte das Erstgericht aus generalpräventiven Gründen eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG ab (ON 11).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach deren Kundmachung am 5. Februar 2024 erhobene (ON 13, 1), in weiterer Folge nicht näher näher ausgeführte Beschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK 2 StGB § 46 Rz 15/1).

Nach § 46 Abs 2 StGB ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Die Anlassverurteilung erfolgte, weil A* (zusammengefasst) am 9. September 2023 die rechtswidrige Durch- und Einreise von Fremden durch Österreich und nach Deutschland mit dem Vorsatz förderte, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem er mit einem von ihm angemieteten Kraftfahrzeug insgesamt 15 syrische Staatsangehörige von ** mit dem Zielort Deutschland beförderte.

Wie das Erstgericht zutreffend erkannte, stehen der bedingten Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt schon gewichtige generalpräventive Erwägungen entgegen. Gerade bei der großen Zahl an (teils auch professionell organisierten) Schleppereidelikten bedarf es dringend einer konsequenten Strafverfolgung, um der Allgemeinheit die soziale Unerwünschtheit derartiger strafbarer Handlungen aufzuzeigen, um diese Kriminalitätsform erfolgreich bekämpfen zu können. Denn diese hat in den letzten Jahren in Österreich und Europa massiv zugenommen. Solche strafbare Handlungen stellen nicht nur eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, sondern auch eine teils lebensbedrohliche Gefahr für die Vielzahl an geschleppten Personen, welche teils unter unwürdigen Beförderungsbedingungen durch mehrere Länder transportiert werden, häufig ohne ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitsversorgung.

Ein stark verkürzter tatsächlicher Strafvollzug würde jedoch dazu führen, dass für die Allgemeinheit die Hemmschwelle zur Straffälligkeit leichter überwunden würde als bei einem die Proportionen von Schuldgehalt und Strafhöhe wahrenden Strafvollzug. Im konkreten Fall führte der Strafgefangene die Schleppung in Bezug auf 15 Fremde, sohin das Fünffache der Qualifikationsgrenze des § 114 Abs 3 Z 2 FPG, durch. Gerade durch diesen Aspekt sowie den sozialen Störwert dieser Kriminalitätsform im Allgemeinen, hebt sich die Anlasstat aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig auftretenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend ab. Eine Fortsetzung des Strafvollzugs ist daher ausnahmsweise aufgrund der Tatschwere erforderlich, um potentiellen Delinquenten das Missverhältnis zwischen dem aus derart verübten Verbrechen zu erwartenden Gewinn und dem strafrechtlichen Risiko im Fall der Betretung aufzuzeigen. Eine Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt würde auch dem Auftrag der Strafrechtspflege, die generelle Normtreue in der Bevölkerung zu festigen, zuwiderlaufen und unweigerlich eine Bagatellisierung dieser Form der in den letzten Jahren stetig steigenden Delinquenz zum Ausdruck bringen.

Der Beschwerde des A*, der zudem ein durch zahlreiche Ordnungswidrigkeiten getrübtes Vollzugsverhalten aufweist (vgl ON 6 bis 9), war daher der Erfolg zu versagen.

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