JudikaturOLG Wien

32Bs233/23h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten B* gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 23. August 2023, AZ 51 Hv 33/23b 147, nach der unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Seidl, im Beisein der Richterin Dr. Vetter und des Richters Dr. Farkas als weitere Senatsmitglieder in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Strnad, des Angeklagten B* und seines Verteidigers Mag. Michael Slany durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung am 31. Jänner 2024 zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen - auch in der Rechtskraft erwachsene Schuld- und Freisprüche der Mitangeklagten A*, E*, C* und D* enthaltenden - Urteil wurde B* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (I.A.3.) sowie des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2, Abs 3 SMG (II.A.) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Demnach haben

I. vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut in einer die Grenzmenge mehrfach übersteigenden Menge, in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich A*, E*, C* und B* als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung und unter Mitwirkung weiterer Mitglieder dieser kriminellen Vereinigung als Mittäter und D* im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB) durch das Betreiben von Indoorplantagen

A. erzeugt, indem sie die Blüten von den von ihnen

aufgezogenen Cannabispflanzen abtrennten, nämlich

3. in ** im Zeitraum Herbst 2022 bis zum 30. März 2023 A* und B* insgesamt ca. 34,8 Kilogramm Cannabiskraut, enthaltend eine Reinsubstanz von 4833,72 Gramm THCA und 135,72 Gramm Delta-9-THC (Reinheitsgehalt 13,89% THCA und 0,39% Delta-9-THC);

II. vorschriftswidrig die Cannabispflanze zum Zwecke der Gewinnung von Suchtgift in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, angebaut, indem sie eine Indoorplantage betrieben und die nachgenannte Anzahl an Cannabispflanzen bis zur Erntereife aufzogen, wobei sie mit dem Vorsatz handelten, dass das Suchtgift in Verkehr gesetzt werde, nämlich

A. A*, E*, C* und B* als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung und unter Mitwirkung weiterer Mitglieder dieser kriminellen Vereinigung als Mittäter im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB) in ** im Zeitraum ab Anfang 2023 bis zu ihrer Festnahme im März 2023 in **, und zwar insgesamt rund 600 Cannabispflanzen (beinhaltend 833,4 Gramm THCA und 23,4 Gramm Delta-9-THC, Reinheitsgehalt 13,89% THCA und 0,39 % Delta-9-THC)

Bei der Strafbemessung werteten die Tatrichter den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd, erschwerend hingegen die mehrfache Deliktsqualifikation, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen sowie die vielfache Überschreitung des 25 fachen der Grenzmenge.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 138.2) Berufung des B*, die in weiterer Folge zu ON 176.2 zur Ausführung gelangte.

Soweit der Angeklagte im Rahmen der Berufung materiell-rechtliche Nichtigkeit anspricht und anregt, dass die Generalprokuratur eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erheben solle, ist vorauszuschicken, dass die Generalprokuratur keinen Anlass zur Erhebung einer solchen gefunden hat (vgl Mitteilung der Generalprokuratur vom 22. November 2023 zu GZ Gw 325/23m).

Mit dem Vorbringen, die strafbaren Handlungen auf Bitte seines Vaters C* hin begangen und offenbar aus Gehorsam gehandelt zu haben, wird der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 4 StGB angesprochen. Die Tatausübung aus Gehorsam setzt ein als verpflichtend empfundenes Autoritätsverhältnis voraus, das etwa bei minderjährigen Kindern gegenüber den Eltern in Frage kommt ( Riffel in WK² § 34 Rz 13 mwN). Nachdem der Berufungswerber sein 27. Lebensjahr bereits zu Beginn des Tatzeitraums vollendet hatte, wurde dieser Milderungsgrund zu Recht nicht herangezogen.

Mit dem Monitum, das Erstgericht hätte nicht von einer unmittelbaren Täterschaft ausgehen dürfen, da er lediglich einen mildernd zu berücksichtigenden Tatbeitrag gesetzt habe, wird kein Milderungsgrund angesprochen. Als untergeordnete Tatbeteiligung iSd § 34 Abs 1 Z 6 StGB wäre im Übrigen nur ein Verhalten strafmildernd, welches nach Art und Umfang für die Tatausführung nicht erheblich ist. Das trifft etwa auf an sich nicht notwendige, aber noch in einer kausalen Beziehung stehende Aufpasserdienste bei einem Einbruchsdiebstahl zu ( Riffel aaO § 34 Rz 16). Bereits mit Blick auf die Urteilsannahmen (Abfüllen von Erde, Transport von Erde nach **, Anlieferung von Cannabissetzlingen, Verbringen eines Aufzuchtscontainers in die Halle [US 12 f]; arbeitsteiliges Anpflanzen [US 14]), liegt dieser Milderungsgrund nicht vor. Mit dem Hinweis auf die Aussage des A*(ON 89.4 S 8), wonach der neue Container nicht für den Suchtmittelanbau bestimmt gewesen sei, entfernt sich der Berufungswerber nicht nur von den Feststellungen (US 12f), sondern übergeht er, dass sich die angesprochene Aussagepassage auf die Container in ** (und nicht jenen in ** [vgl dazu ON 89.4 S 7]) bezieht.

Dass er keinen Profit aus seiner Tätigkeit gezogen habe, stellt gleichsam keinen Milderungsgrund dar, vielmehr wäre ein Gewinnstreben des Berufungswerbers zusätzlich erschwerend zu werten gewesen.

Weiters hat das Erstgericht entgegen dem Vorbringen des Berufungswerbers die mehrfache Deliktsqualifikation zutreffend als erschwerend gewertet, weil sowohl zu I.A.3. als auch zu II.A. Qualifikationen vorliegen, die nicht die Strafdrohung bestimmen.

Mit der Behauptung, dass § 28 SMG zu § 28a SMG in Scheinkonkurrenz stehe und er nicht wegen der Vorbereitung als auch dem vollendeten Delikt verurteilt hätten werden dürfen, übersieht der Berufungswerber, dass sich der Schuldspruch zu I.A.3. auf im Zeitraum Herbst 2022 bis zum 30. März 2023 erzeugtes Cannabiskraut bezieht, während zu II.A. der Anbau weiterer 600 Cannabispflanzen ab Anfang des Jahres 2023 zur Aburteilung kam (US 14).

Soweit moniert wird, dass der Erfolgsunwert niedrig sei, weil die am 30. März 2023 sichergestellten 600 Stück Pflanzen nicht in Verkehr gesetzt worden seien, lässt der Berufungswerber außer Acht, dass nur die strafbare Handlung der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 SMG zur Aburteilung kam und nicht das (versuchte) Überlassen von Suchtgift.

Mit dem weiteren Vorbringen (etwa: dass es sich beim Schaufeln und Verladen um straflose Vorbereitungshandlungen handle) und seinen beweiswürdigenden Erwägungen bekämpft der Angeklagte lediglich den bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch.

Mit dem Vorbringen, die Beitragshandlungen der D* seien deutlich geringer bestraft worden als seine eigenen, übergeht der Berufungswerber, dass D* nicht nur eine deutlich geringere Menge an Suchtgift zu verantworten, sondern sich - im Gegensatz zu ihm - auch geständig gezeigt hatte. Im Übrigen lässt er – auch mit seinen Überlegungen zu den Strafhöhen weiterer Mitangeklagter - das Prinzip der Einzeltatschuld (vgl Fabrizy / Michel Kwapinski/Oshidari , StGB 14 § 32 Rz 2; RIS Justiz RS0090678, RS0090917) außer Acht.

Ausgehend von einem Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe und den vom Erstgericht korrekt erfassten besonderen Strafzubemessungsgründen erweist sich die ohnedies im unteren Bereich des Strafrahmens ausgemessene Sanktion schon mit Blick auf die in Rede stehende Suchtgiftmenge als keiner Reduktion zugänglich.

Wenn der Angeklagte darauf verweist, dass die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe sein berufliches Fortkommen und sein Privatleben zerstören würde, ist dem entgegenzuhalten, dass Grundlage für die Bemessung der Strafe ausschließlich die Schuld des Täters ist und das im § 32 Abs 2 StGB normierte Postulat , die mit Strafe verbundenen entsozialisierenden Folgen möglichst gering zu halten, nicht als gesetzlicher Auftrag zu verstehen ist, die Strafe generell zu mildern (vgl Mayerhofer , StGB 6 Anm 2 zu § 32).

Eine angesichts der Strafhöhe vorliegend nur nach § 43a Abs 4 StGB in Betracht kommende teilbedingte Nachsicht soll auf extreme Ausnahmefälle, wie etwa Konflikt- oder Krisensituationen, beschränkt bleiben und kommt nur in Betracht, wenn die hohe Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens besteht ( Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari , StGB 14 § 43a Rz 5). Abgesehen davon, dass fallkonkret keine Konflikt- oder Krisensituation in Rede steht, stehen einer solchen Nachsicht aber auch allgemein-prohibitive Erwägungen entgegen ( Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari , aaO § 32 Rz 7), weil die fühlbare Ahndung derartiger, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangener Suchtgiftdelinquenz erforderlich ist, um bei tatgeneigten Personen ausreichend abschreckende Wirkung zu erzielen.

Einer – nur im Rahmen außerordentlicher Strafmilderung nach § 41 Abs 3 StGB denkbaren – gänzlich bedingten Nachsicht der Strafe steht bereits entgegen, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe gerade nicht beträchtlich überwiegen.

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