JudikaturOLG Wien

17Bs293/23x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* ua wegen §§ 156 Abs 1 StGB uaD über die Berufung des Erstangeklagten A* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. August 2023, GZ 34 Hv 73/23m-26.1, sowie dessen nach § 498 Abs 3 StPO implizite Beschwerde gegen den (verfehlt) unter einem gefassten Beschluss nach §§ 50, 51 StGB nach der am 24. Jänner 2024 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Röggla, im Beisein der Richterin Mag. Schneider Reich und des Richters Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Dr. Lechner, des Erstangeklagten A* sowie seines Verteidigers Mag. Daniel Strauss durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Erstangeklagten A* auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

II. den Beschluss gefasst:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch des Mitangeklagten B* enthaltenden Urteil wurde der am ** geborene Österreicher A* des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB und des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers nach 158 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 156 Abs 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt.

Weiters wurde gemäß § 20 (richtig:) Abs 3 StGB ein Betrag von EUR 61.034,86 für verfallen erklärt.

Gemäß § 44 Abs 2 StGB iVm § 87 Abs 1 GewO iVm § 13 Abs 1 Z 1 GewO wurde vom Entzug der Gewerbeberechtigung abgesehen (gemeint wohl: die Rechtsfolge des Ausschlusses von der Ausübung eines Gewerbes bedingt nachgesehen.).

Zugleich erteilte das Erstgericht - formell verfehlt im Urteil anstatt rechtsrichtig gemäß § 494 Abs 1 StPO in Form eines gesondert ausgefertigten Beschlusses (vgl Jerabek/Ropper in WK StPO § 494 Rz 1; Schroll/Oshidari in WK StGB § 50 Rz 16; RIS Justiz RS0101841, RS0120887) - gemäß §§ 50 Abs 1, 51 Abs 1 und 2 StGB dem Schlegel die Weisung, sich für die Dauer der Probezeit einer Spielsucht-Therapie zu unterziehen und dem Gericht binnen drei Monaten eine Bestätigung über den Antritt der Therapie und sodann alle drei Monate über den Therapiebesuch vorzulegen.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er [vor dem und {US 5}] am 12. Oktober 2022 in **

I) einen Bestandteil seines Vermögens, nämlich die ihm aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs mit einem Glücksspielanbieter zustehende Forderung in Höhe von 71.249,59 Euro, beiseite geschafft, indem er den Prozessfinanzierer „C* GmbH“ anwies, diesen Betrag auf das Konto seines Schwagers, B*, zu überweisen und dessen Existenz seinen Gläubigern im Insolvenzverfahren verschwieg, wodurch er die Befriedigung seiner Gläubiger schmälerte, welche am selben Tag im Rahmen einer Sanierungsplantagsatzung der 70%-igen Kürzung ihrer Forderungen zustimmten und dadurch einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden erlitten;

II) nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einen Gläubiger, nämlich seinen Schwager B*, begünstigt und dadurch andere Gläubiger, nämlich zumindest jene, die Forderungen in seinem Konkursverfahren angemeldet hatten, benachteiligt, indem er eine Auszahlung in Höhe von 71.249,59 Euro an B* veranlasste und ihm ermöglichte, 15.000 Euro – somit 60 % des ihm geschuldeten Betrags von ca 25.000 Euro – einzubehalten, obwohl er seinen übrigen Gläubigern am selben Tag im Rahmen der Sanierungsplantagsatzung lediglich eine Quote von 30 % anbot.

Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel und das teilweise Geständnis. Ein diversionelles Vorgehen wurde aufgrund der Schwere der Schuld und mangels Verantwortungsübernahme ausgeschlossen.

Der Verfallsbetrag bestehe im eingetretene Gläubigerschaden (Ausfall von EUR 61.034,86), in welchem Betrag A* bereichert worden sei.

Vom Entzug der Gewerbeberechtigung wurde abgesehen, weil der Erstangeklagte offensichtlich ein gewinnbringendes Unternehmen führe, zumal Spielverluste von rund EUR 200.000,-- großteils haben abgedeckt werden können. Das wirtschaftliche Überleben des Erstangeklagten und seiner Ehefrau hänge von seinem Unternehmen ab.

Der die Wurzel des Insolvenzverfahrens und auch des gegenständlichen Strafverfahrens bildenden Spielsucht des Erstangeklagten könne mit der Therapieweisung begegnet werden.

Rechtliche Beurteilung

Nach Zurückweisung der vom Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 14. November 2023, 11 Os 116/23b-5 (ON 31), ist vorliegend über dessen Berufung (ON 29) und die gemäß § 498 Abs 3 StPO implizite Beschwerde zu erkennen, denen keine Berechtigung zukommt.

Denn das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und angemessen gewichtet und ist unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungsregeln des § 32 StGB sowie spezial- und generalpräventiver Aspekte ausgehend von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zu einer nicht korrekturbedürftigen, diesen Strafrahmen nicht einmal zu einem Viertel ausschöpfenden Strafe gelangt und hat diese bedingt nachgesehen.

Mit seiner Berufung verweist der Erstangeklagte im Wesentlichen auf einen weit unterdurchschnittlichen Unwertgehalt der Taten. Der Handlungsunwert sei gering, weil er seit längerem an Spielsucht leide, der Erfolgsunwert wiederum sei niedrig, weil der beiseite geschaffte Betrag großteils zur Fortführung des Betriebs verwendet worden sei, und letztlich nur so die Quote habe bezahlt werden können. Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich hier um einen klassischen Fall einer betrügerischen Krida handelt, die in ihrem Tatbild auch keine Bereicherung des Täters oder Dritten fordert, sodass dahingestellt bleiben kann, wofür das beiseite geschaffte Vermögen verwendet wurde. Einen weit unterdurchschnittlichen Unwertgehalt vermag das Berufungsgericht nicht zu erkennen. Den Umstand der Spielsucht hat das Gericht bei Ausmittlung der Strafe sowohl bei deren Höhe, als auch deren und jener der Rechtsfolge bedingten Nachsicht, und bei der – mit seiner Zustimmung (ON 26.2,16) erteilten – Weisung berücksichtigt.

Der Berufung gegen das Verfallserkenntnis, die im Wesentlichen ebenso damit argumentiert, der beiseite geschaffte Betrag sei wieder ins Unternehmen geflossen und habe die Quotenzahlung sowie die Kostentragung des Insolvenzverfahren ermöglicht, ist das Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs (Seite 4) entgegenzuhalten: Eine Mittelverwendung zur Tilgung des (die auszubezahlende Quote übersteigenden) Gläubigerausfalls (vgl Kirchbacher in WK-StGB § 156 Rz 31) und damit die Befriedigung zivilrechtlicher Ansprüche aus der Tat wird auf Basis der Urteilsfeststellungen nicht behauptet; das Geld wurde der Verantwortung des Angeklagten folgend gerade nicht zur Bezahlung eines über die Quote hinausgehenden Betrags verwendet. Der Verfallsausspruch war somit ebenso zu bestätigen.

Letztlich kommt auch der impliziten Beschwerde gegen den Beschluss auf Erteilung einer Weisung keine Berechtigung zu. Die Weisung dient der individuellen Verbrechensvorbeugung und ist im konkreten Fall notwendig und zweckmäßig und auch geeignet, um einen Rückfall hintanzuhalten. Der Erstangeklagte hat dieser explizit zugestimmt, die diesbezüglichen Ausführungen des Erstgerichts überzeugen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rückverweise