17Bs22/24w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider-Reich und den Richter Ing. Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Privatanklagesache des Privatanklägers und Antragstellers A* gegen den Privatangeklagten und Antragsgegners B* wegen § 111 Abs 1 und 2 StGB über die Beschwerde des Privatangeklagten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 27. Dezember 2023, GZ 39 Hv 71/23x-4, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Beschluss trug das Erstgericht dem Privatangeklagten auf, nachstehende Mitteilung binnen fünf Tagen in Form des § 13 MedienG unter Sanktion des § 20 MedienG auf seinem Facebookprofil zu veröffentlichen:
"Mitteilung gemäß § 37 Abs 1 MedienG:
Der Privatankläger und Antragsteller A*, dessen Bild im nachstehenden Beitrag veröffentlicht wurde, begehrt die Bestrafung des Angeklagten und Antragsgegners B* wegen § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB, die Auferlegung einer angemessenen Entschädigung gemäß §§ 6 Abs 1, 7a, 7b iVm 8 MedienG und die Einziehung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website gemäß § 33 Abs 1 MedienG, weil er am 21.2.2021 auf seinem Facebook-Profil ein Bild des Privatanklägers und Antragstellers mit dem Begleittext: „Lasst dieses Gesicht des Polizisten um die Welt gehen. Dieser Polizist eskalierte bei der Demo in **. Ein 82 jähriger unschuldiger Mann wurde zu Boden gerissen, verhaftet und stundenlang verhört. Dieser Polizist ist schuldig“ veröffentlichte. Der Privatankläger und Antragsteller erblickt in dieser Veröffentlichung die Verwirklichung des Tatbestandes der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB. Das medienrechtliche Verfahren ist anhängig.
Landesgericht Wiener Neustadt, Abteilung 39, 27. Dezember 2023.“
Dies begründete das Erstgericht im Wesentlichen damit, dass dem Privatankläger mit dem verfahrensgegenständlichen Posting der Vorwurf des Amtsmissbrauches bzw. einer völlig unangebrachten Gewaltausübung und sohin ein unehrenhaftes und gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten, das geeignet sei, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen und herabzusetzen, vorgeworfen werde. Der Privatankläger sei in dem Posting erkennbar.
Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt stehe dem Privatankläger nunmehr die Möglichkeit einer Privatanklage samt medienrechtlicher Anträge offen.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des B*, der Berechtigung nicht zukommt.
Die Tatbildlichkeit des gegenständlichen Postings wurde österreichweit in zahlreichen gleichgelagerten Verfahren bejaht (beispielsweise OLG Linz 10 Bs 285/23t, OLG Innsbruck 6 Bs 195/23m, OLG Graz 10 Bs 304/22s, OLG Wien 17 Bs 190/23z und 18 Bs 229/22s). Verschiedene Medieninhaber von Facebookaccounts wurden wegen Veröffentlichung (Verlinkung) des gegenständlichen Postings bereits rechtskräftig verurteilt (beispielsweise OLG Wien 18 Bs 123/23d, 17 Bs 30/23w, 17 Bs 208/22w, OLG Graz 9 Bs 210/22h, OLG Linz 8 Bs 80/22d). Die Behauptung des von der Beschwerde unangefochten gelassenen und zutreffend festgestellten Bedeutungsinhalts des Postings, ein Polizeibeamter habe einen Amtsmissbrauch begangen bzw. völlig unangebrachte Gewalt ausgeübt, unterstellt diesem fraglos ein unehrenhaftes und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhalten, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen (§ 111 StGB).
Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass das nach den erteilten Ermächtigungen geführte Offizialverfahren rechtskräftig eingestellt worden sei, übergeht er die im angefochtenen Beschluss auch zitierte Bestimmung des § 117 Abs 4 StGB, die gerade für diesen Fall den Verletzten (Privatankläger) selbst zur Anklage berechtigt. Ob in diesem Verfahren dem Privatangeklagten ein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden kann, oder ob seiner bisherigen Verantwortung, er habe dieses Posting nicht auf seinen Facebookaccount gestellt und sohin nicht schuldhaft gehandelt, gefolgt wird, wird im Beweisverfahren des gegenständlichen Verfahrens zu klären sein. Dieser Umstand betrifft aber auch nicht den objektiven Tatbestand.
Gemäß § 37 Abs 1 MedienG hat das Gericht auf Antrag des Privatanklägers die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren anzuordnen, wenn anzunehmen ist, dass der objektive Tatbestand eines Medieninhaltsdeliktes hergestellt worden ist. Das Gericht hat daher zu prüfen, ob nach der Verdachtslage die begründete Annahme besteht, dass der objektive Tatbestand eines Medieninhaltsdeliktes (Rami in WK 2 MedienG § 33 Rz 16ff) hergestellt wurde. Der zutreffenden Annahme des Verdachts der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Medieninhaltsdeliktes setzt die Beschwerde inhaltlich nichts entgegen.
Die Entscheidung über den Antrag gemäß § 37 MedienG hat aufgrund des Vorbringens im Antrag zu erfolgen; ein Bescheinigungsverfahren hat grundsätzlich nicht stattzufinden (Rami in WK 2 MedienG § 37 Rz 14). Insofern geht der Beschwerdeantrag, den Beschluss aufzuheben und vor neuerlicher Beschlussfassung gegebenenfalls eine Verhandlung durchzuführen, in welcher sämtlicher Beweisanbote nachgekommen werden möge, fehl.
Der Beschwerde war sohin ein Erfolg zu versagen.