JudikaturOLG Wien

22Bs311/23f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* B* wegen § 87 Abs 1 StGB über die Berufungen der Staatsanwaltschaft Wien und des Angeklagten wegen Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. Juni 2023, GZ 013 Hv 59/23y-33.1, nach der am 16. Jänner 2024 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein der Richter Mag. Hahn und Mag. Trebuch, LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin HR Mag. Riener, sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seiner Verteidiger DDr. Dohr, LL.M., LL.M. und Mag. Kolar durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene serbische Staatsangehörige C* B* des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Anwendung der §§ 39 Abs 1a und 39a Abs 1 Z 4 iVm Abs 2 Z 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

Nach dem Schuldspruch hat der Angeklagte am 8. Dezember 2022 in ** D* E* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem er ihm mit einer Glasflasche zwei Schläge auf den Kopf versetzte, wodurch E* eine Rissquetschwunde in der linken oberen Stirnregion mit Einblutungen in die weiche Schädeldecke, einen offenen Schädeldachbruch im Bereich des Stirnbeins sowie eine traumatische Blutung zwischen Schädelknochen und harter Hirnhaut links (Epiduralhämatom) erlitt.

Bei der Strafbemessung werteten die Tatrichter keinen Umstand als mildernd, erschwerend demgegenüber die über die Anwendung des § 39 StGB hinausgehende Vorstrafe sowie den raschen Rückfall und hielten – unter Berücksichtigung der massiven Verletzungen des Opfers - davon ausgehend eine Freiheitsstrafe von acht Jahren für ebenso schuldangemessen wie tätergerecht.

Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 8. November 2023, GZ 15 Os 110/23z-4, kommt dem Oberlandesgericht Wien die Entscheidung über die verbleibenden Berufungen der Staatsanwaltschaft Wien und des Angeklagten zu, wobei erstere eine Aggravierung der Unrechtsfolge begehrt (ON 43), letzterer eine Herabsetzung derselben (ON 49.2).

Rechtliche Beurteilung

Keines der Rechtsmittel erweist sich als berechtigt.

Vorweg sind die Strafzumessungsgründe iSd § 32 Abs 2 und 3 StGB dahingehend zu ergänzen, dass der Angeklagte innerhalb offener Probezeit delinquierte (RIS-Justiz RS0090597), die Tatfolgen besonders schwer (jene nach § 87 Abs 2 erster Fall StGB nahezu erreichend) waren, das Opfer gegen den Angriff von hinten kaum Vorsicht gebrauchen konnte und die Tat durch zwei wuchtige Schläge gegen den Kopf besonders rücksichtslos ausgeführt wurde.

Zur Berufung des Angeklagten:

Diese vermag ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen keinen zusätzlichen Milderungsgrund anzuführen.

Zunächst ist unter Verweis auf die oben angeführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs festzuhalten, dass kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot vorliegt, weil § 39 StGB als reine Strafrahmenvorschrift die Subsumtion nicht berührt.

Der Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses gemäß § 34 Abs Abs 1 Z 17 erster Fall StGB liegt nicht vor, zeigte der Angeklagte doch weder Reue noch Einsicht. Ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung iSd zweiten Falls leg cit ist nicht gegeben, weil die relevanten Feststellungen im Wesentlichen auf den Angaben der Zeugen E* und F* gründen (US 6), und nicht auf der eine (Putativ-)Notwehr geltend machenden Verantwortung des Rechtsmittelwerbers.

Eine gemäß § 35 StGB relevante Berauschung des Letzteren wurde nicht festgestellt und wäre eine solche im Hinblick auf sein bescholtenes Vorleben auch nicht mildernd zu berücksichtigen gewesen. Demgemäß lag auch kein Umstand iSd § 34 Abs 1 Z 11 StGB vor.

Hinweise für eine allgemein begreifliche Gemütsbewegung sind dem konstatierten Sachverhalt nicht zu entnehmen, eine Alkoholisierung und ein „aufwühlendes“ Gespräch reichen dafür nicht hin.

Aber auch generalpräventive Gründe stehen einer Reduktion der Unrechtsfolge entgegen, weil es gilt, derartig massiver und ohne erkennbarem Anlass gezeigter Gewalt in der Öffentlichkeit unter Verwendung einer Waffe durch empfindliche Sanktionen entgegenzuwirken.

Zum Rechtsmittel der Anklagebehörde:

Diese zeigt zwar zutreffend auf, dass der Angeklagte bei raschem Rückfall aus nichtigen Motiven handelte und die Tat massive Folgen hatte, mithin ein hoher Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwert der für das Opfer kaum vorhersehbaren Handlung gegeben ist.

Jedoch erscheint es trotz dieser Umstände gerade noch nicht notwendig, die vom Erstgericht ausgemessene Sanktion, die über der Hälfte der bestehenden Strafbefugnis liegt, zu erhöhen, zumal der Berufungswerber nun erstmals eine langjährige Freiheitsstrafe zu verbüßen haben wird.

Den Berufungen war daher ein Erfolg zu versagen.

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