JudikaturOLG Wien

6R273/23w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
04. Dezember 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende, den Richter Dr. Pscheidl und die Richterin Mag. Nigl, LL.M., in der Firmenbuchsache der A* GmbH , FN **, **, wegen Eintragung einer Änderung des Gesellschaftsvertrages, über den Rekurs der Geschäftsführer B* und C*, beide **, beide vertreten durch Albl Frech Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 10.7.2023, 73 Fr 8343/23f-4, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass nachstehende Firmenbucheintragung bewilligt wird:

Generalversammlungsbeschluss vom 9.2.2023

Änderung des Gesellschaftsvertrages in den Punkten 11., 12. und 13.

Der Vollzug dieser Eintragung obliegt dem Handelsgericht Wien als Firmenbuchgericht.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.

Text

Begründung

Die A* GmbH ( Gesellschaft ) mit Sitz in ** ist seit 29.10.2022 zu FN ** im Firmenbuch eingetragen. Jeweils selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer und gleichteilige Gesellschafter sind B*, geboren am **, und C*, geboren am **. Das Stammkapital beträgt EUR 35.000,-, die Gründungsprivilegierung wird in Anspruch genommen.

Am 20.2.2023 beantragten die Geschäftsführer die Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages. Im Rahmen der ao Generalversammlung am 9.2.2023 hätten die Gesellschafter einstimmig die Änderung des Gesellschaftsvertrages durch Einfügung eines neuen Punktes 11. (Tod eines Gesellschafters) nach Punkt 10. (Aufgriffsrechte) beschlossen, wodurch sich die Nummerierung der nachfolgenden Punkte verschiebe (nunmehr Punkt 12. und 13.). Unter Vorlage des Protokolls der ao Generalversammlung sowie der aktuellen Fassung des Gesellschaftsvertrages beantragten die Geschäftsführer mit beglaubigter Unterschrift die Eintragung:

Gesellschaftsvertrag vom 09.02.2023

aktuelle Fassung des Gesellschaftsvertrages

Generalversammlungsbeschluss vom 09.02.2023

außerordentliche Generalversammlung“.

Der in der außerordentlichen Generalversammlung vom 9.2.2023 beschlossene Punkt „ 11. Tod eines Gesellschafters“ lautet:

„11.1 Wenn ein Gesellschafter stirbt (im Folgenden "Verstorbener") und sein Geschäftsanteil von Todes wegen zur Gänze oder teilweise auf einen Dritten übergehen soll, steht dem anderen Gesellschafter (im Folgenden "Verbleibender") — abweichend von Punkt 10 (zehntens) - ein Aufgriffsrecht (im Folgenden "Ablebensaufgriffsrecht") gegenüber der Verlassenschaft des Verstorbenen (im Folgenden "Verlassenschaft”) zu.

11.2 Die zur Vertretung der Verlassenschaft Berechtigten haben den Verbleibenden unverzüglich über das Ableben des Verstorbenen in der gesetzlich erforderlichen Form zu verständigen.

11.3 Der Verbleibende hat das Recht, binnen vier Wochen ab Erhalt der Verständigung gemäß Punkt 11.2 (elftens zwei) den Geschäftsanteil des Verstorbenen durch einseitige Erklärung aufzugreifen (im Folgenden "Ablebensaufgriffserklärung"). Die Ablebensaufgriffserklärung muss in der gesetzlich erforderlichen Form abgegeben werden.

11.4 Die Verlassenschaft ist im Falle der Abgabe der Ablebensaufgriffserklärung durch den Verbleibenden verpflichtet, umgehend, längstens binnen zwei Wochen ab Erhalt der Ablebensaufgriffserklärung, einen Abtretungsvertrag mit dem Verbleibenden zu unterfertigen und den Geschäftsanteil des Verstorbenen Zug um Zug gegen Unterfertigung auf den Verbleibenden zu übertragen. Der jeweils Verbleibende schuldet weder der Verlassenschaft, den Erben des Verstorbenen noch sonst einem Dritten ein Entgelt für den Aufgriff des Geschäftsanteils des Verstorbenen.

11.5 Klarstellend halten die Gesellschafter fest, dass die Einräumung des unter diesem Punkt 11 (elftens) vereinbarten Aufgriffsrecht wechselseitig erfolgt. Die Gesellschafter stellen für sich klar, dass diese wechselseitige Einräumung des Aufgriffsrecht für den Todesfall keinen unentgeltlichen Charakter hat und nicht in Schenkungsabsicht erfolgt.

11.6 Macht der Verbleibende nicht, nicht in vollem Ausmaß oder nicht fristgerecht von seinem Ablebensaufgriffsrecht Gebrauch, kann der Geschäftsanteil des Verstorbenen frei vererbt werden."

Mit Beschluss vom 9.3.2023 (ON 2) erteilte das Erstgericht den Verbesserungsauftrag, die einzutragende Rechtstatsache korrekt iSv „ Generalversammlungsprotokoll vom … Änderung des Gesellschaftsvertrages in den Punkten … “ zu beantragen. Weiters forderte es die Abänderung des Punktes 11.4. des Gesellschaftsvertrages. Nach hM stehe dem aufgrund einer Aufgriffsklausel zur Übertragung des Geschäftsanteils verpflichteten Gesellschafter ein Entgelt zu.

Im Antrag vom 21.3.2023 (ON 3) wurde das Eintragungsbegehren konkretisiert, sodass es nunmehr lautete:

„Gesellschaftsvertrag vom 09.02.2023

Änderung des Gesellschaftsvertrages in den Punkten 11., 12. und 13.

Gesellschafterbeschluss vom 09.02.2023

Generalversammlungsprotokoll vom 09.02.2023“.

Dieser Verbesserungsschriftsatz war vom Rechtsvertreter der Geschäftsführer, Mag. D*, beglaubigt unterfertigt, nicht aber von den Geschäftsführern selbst. Zur Aufforderung zur Abänderung des Gesellschaftsvertrages in Punkt 11.4 war darin ausdrücklich festgehalten, dass dieser nicht Folge geleistet werde.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht das Eintragungsbegehren ab. Die Vereinbarung von Aufgriffsrechten bzw Übertragungspflichten für den Todesfall sei zulässig. Die Rechtsnachfolger von Todes wegen seien diesfalls verpflichtet, mit den übrigen Gesellschaftern einen entsprechenden Abtretungsvertrag abzuschließen. Eine Klausel, wonach der Geschäftsanteil im Todesfall ipso iure dem Mitgesellschafter zufalle, sei demgegenüber unzulässig. Nach hM stehe dem aufgrund einer Aufgriffsklausel zur Übertragung des Geschäftsanteils verpflichteten Gesellschafter ein Entgelt zu. Sei der Übernahmepreis im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich festgelegt, so sei nach der Rsp ein angemessener Preis zu bezahlen, wobei für den Regelfall ein Anspruch auf den vollen objektiven Verkehrswert angenommen werde. Der Geschäftsanteil könne ggf (nach den im jeweiligen Einzelfall maßgeblichen Vereinbarungen) schon zu übertragen sein, auch wenn die Höhe der Abfindung noch nicht feststehe. Infolge der Bekanntgabe, den Gesellschaftsvertrag nicht abzuändern, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Geschäftsführer mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt .

1. Darin machen die Geschäftsführer geltend, die wechselseitige Einräumung des Ablebensaufgriffsrechts unter den Gesellschaftern sei ein entgeltliches Rechtsgeschäft. Dies werde durch Punkt 11.5 des Gesellschaftsvertrags untermauert, der unmissverständlich festschreibe, dass die wechselseitige Einräumung des Ablebensaufgriffsrechts " keinen unentgeltlichen Charakter hat und nicht in Schenkungsabsicht erfolgt ". Das Entgelt liege in der wechselseitigen Einräumung des Ablebensaufgriffsrechts. Eine "nochmalige" Entrichtung im Zuge der zukünftigen tatsächlichen Ausübung des Ablebensaufgriffsrechts gemäß Punkt 11.4 sei nicht vorgesehen und rechtlich auch keinesfalls erforderlich.

Statutarische Aufgriffsrechte für den Todesfall könnten gültig im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden und der den Erben gebührende Abfindungsbetrag nach hM auch unter dem objektiven Verkehrswert festgesetzt werden. Eine Minderung auf null sei zulässig. Aus Sicht der Verlassenschaft stehe das Aufgriffsrecht auf den Todesfall dem wirtschaftlichen Gehalt nach einem Rechtsgeschäft unter Lebenden, nämlich der Entäußerung des Geschäftsanteils, weitgehend gleich. Aufgrund der Entgeltlichkeit der wechselseitigen Einräumung des Ablebensaufgriffsrechts sei eine Erbenbenachteiligung unmöglich.

2. Jede Abänderung des Gesellschaftsvertrags ist von sämtlichen Geschäftsführern zum Firmenbuch anzumelden. Der Anmeldung ist der notariell beurkundete Abänderungsbeschluss mit dem Nachweis des gültigen Zustandekommens anzuschließen, weiters der vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrags; er muss mit der Beurkundung eines Notars versehen sein, dass die geänderten Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags mit dem Beschluss über die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt zum Firmenbuch eingereichten vollständigen Wortlaut des Gesellschaftsvertrags übereinstimmen (§ 51 Abs 1 GmbHG).

Die Anmeldung ist von den Geschäftsführern öffentlich beglaubigt zu unterzeichnen (§ 11 Abs 1 UGB). Mit der Beglaubigung sind die Identitätskontrolle und die Beweissicherung verbunden, nicht aber die Inhaltskontrolle und eine Warnfunktion ( Milchrahm/Rauter in WK-GmbHG § 51 Rz 8/1). Die Geschäftsführer trifft gegenüber der Gesellschaft die Pflicht, eine Anmeldung der Satzungsänderung vorzunehmen ( Milchrahm/Rauter aaO, § 51 Rz 10; vgl auch Diregger in U.Torggler , GmbHG § 51 Rz 3).

Zur Frage, ob eine Vertretung der Geschäftsführer bei der Anmeldung nach § 51 GmbHG zulässig ist, ist zu unterscheiden, ob es sich um einen Fall der bloßen Einreichung der Anmeldeerklärungen beim Firmenbuchgericht handelt oder ob eine Vertretung bei der Abgabe der Anmeldeerklärungen erfolgen soll: Die Einreichung (Übermittlung) der Anmeldeerklärung der Geschäftsführer durch eine bevollmächtigte Person ist zulässig, wobei sich Rechtsanwälte auf die erteilte Vollmacht berufen können (§ 8 RAO). Demgegenüber ist eine Vertretung bei der Willensbildung nach (zutreffender) Ansicht in der Literatur und Rsp unzulässig ( Milchrahm/Rauter aaO, § 51 Rz 9 mwN).

Mit dem Erfordernis der Mitwirkung sämtlicher Organvertreter (§ 9, § 53 iVm § 51) bezweckt das GmbHG, alle Geschäftsführer in die Pflicht zu nehmen und damit möglichst zu gewährleisten, dass die mit der Anmeldung abzugebenden Erklärungen den Tatsachen entsprechen. Diese Wertung lässt sich verallgemeinern: Wo das Gesetz eine Anmeldung durch sämtliche Organvertreter anordnet, ist wegen des damit offenbar verbundenen Höchstpersönlichkeitserfordernisses eine Stellvertretung ausgeschlossen ( Zib in Zib/​Dellinger , UGB § 11 Rz 50). Eine gewillkürte Vertretung ist nach dem Gesagten auch bei der Anmeldung sonstiger Satzungsänderungen der GmbH ausgeschlossen (§§ 51, 55 GmbHG, § 56 iVm § 51 GmbHG: sämtliche Geschäftsführer; Zib aaO § 11 Rz 51). Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH, der gemäß § 51 GmbHG die Abänderung des Gesellschaftsvertrages zum Handelsregister anmeldet, kann in dieser Eigenschaft auch im eigenen Namen gegen den (abweisenden) Beschluss des Registergerichtes Rekurs erheben (vgl RS0005933 iVm [T2]).

3. Die Pflicht des Firmenbuchgerichtes zur Prüfung der Satzungsänderung ist hinsichtlich ihres Umfangs im Gesetz nicht gesondert geregelt; sie richtet sich nach den allgemeinen Vorgaben. Demgemäß ist jedes Eintragungsbegehren grundsätzlich in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen, wobei die materielle Prüfpflicht „sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht“ besteht ( Milchrahm/Rauter aaO, § 51 Rz 26).

4. Hier bekämpfen die Geschäftsführer die Abweisung ihres Antrags auf Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages, sodass ihre Rekurslegitimation im eigenen Namen zu bejahen ist (aA OGH 6 Ob 145/02w).

Der Umstand, dass der Verbesserungsschriftsatz vom Rechtsvertreter beglaubigt unterschrieben wurde, nicht aber von den Geschäftsführern, führt hier zu keinen Bedenken in formeller Hinsicht, weil die Anmeldung zwar die begehrte Eintragung bestimmt zu bezeichnen hat (§ 16 Abs 1 erster Satz FBG), der genaue Wortlaut aber nicht erforderlich ist und inhaltlich zumindest so viel anzugeben ist, dass die Eintragung auch ohne Heranziehung der Beilagen möglich wäre ( Milchrahm/Rauter aaO § 51 Rz 8). Dies ist hier mit dem Erstantrag in ausreichendem Maß als erfüllt anzusehen.

5. Während bei Personengesellschaften der Tod eines (persönlich haftenden) Gesellschafters, sofern im Gesellschaftsvertrag nicht abweichendes vereinbart wurde, zur Auflösung der OG/KG führt (§§ 131 Z 4, 161 Abs 2 UGB), wird die GmbH durch den Tod eines ihrer Gesellschafter grundsätzlich nicht in ihrer Existenz berührt. Da Geschäftsanteile gemäß § 76 Abs 1 GmbHG vererblich sind, fallen sie mit dem Tod des Gesellschafters in dessen Verlassenschaft (§ 531 ABGB) und werden unter den Voraussetzungen des § 165 AußStrG inventarisiert. Der Erbe erwirbt den Geschäftsanteil aber nicht bereits mit dem Erbfall und darf ihn auch nicht eigenmächtig in Besitz nehmen (§ 797 ABGB). Erst mit der – den Notariatsakt ersetzenden – Einantwortung (als Modus) geht das gesamte Vermögen der Verlassenschaft auf den/die Erben über. Der Erbe erwirbt alle aus dem Geschäftsanteil resultierenden, nicht höchstpersönlichen – privatrechtlichen sowie öffentlich-rechtlichen – Rechte und Pflichten, sofern sie nicht von den Parteien als unvererbbar vereinbart wurden ( Wolkerstorfer , Erbfolge in den GmbH-Geschäftsanteil [112 f]).

6. Obwohl Geschäftsanteile somit übertragbar und vererblich sind (§ 76 Abs 1 GmbHG), können Aufgriffsrechte, etwa für den Todesfall, im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden (RS0059750). Die Zulässigkeit des Aufgriffs im Erbfall eines Gesellschafters hat nun durch die Entscheidung des OGH 6 Ob 64/20k insofern eine Bestätigung erlangt, als der OGH den Fall des Ablebens eines Gesellschafters ausdrücklich als Aufgriffsfall bezeichnet („… des freiwilligen Ausscheidens und des Ablebens eines Gesellschafters…“; vgl auch RS0133368; vgl Szep/Müller , Altes und Neues zu Regelungsmöglichkeiten bei Aufgriffsfällen und Aufgriffspreisen, GES 2023, 265 FN 85).

Ausschließlich einem im Gesellschaftsvertrag festgelegten Aufgriffsrecht kommt absolute (dingliche) Rechtswirkung zu. Diese absolute Wirkung endet erst mit dem Verzicht oder der Nichtausübung des Rechts ( Wolkerstorfer , aaO [187]).

Die statutarisch begründete Abtretungspflicht des Gesellschaftserben soll in der Regel die gesellschaftlichen Beziehungen regeln, das heißt beim Ausscheiden des Anteilsinhabers durch Tod die Zusammensetzung der die Gesellschaft mbH fortsetzenden Gesellschafter bestimmen, ist somit kein erb-, sondern ein gesellschaftsrechtlicher Tatbestand (6 Ob 1013/92). Eine für den Fall des Todes eines Gesellschafters abgeschlossene Vereinbarung kann jedenfalls nicht die Wirkung haben, dass der Geschäftsanteil mit dem Tod ohne weiteres den überlebenden Gesellschaftern zufällt. Er gehört zum Nachlass und ist in das Inventar aufzunehmen (RS0007884). Der Erbe muss den Geschäftsanteil an den Berechtigten durch förmliche Übertragung herausgeben. Es ist daher notwendig, dass die übrigen Gesellschafter einen Abtretungsvertrag mit den Erben des Verstorbenen abschließen. Bei einer Weigerung des oder der übertragungspflichtigen Erben ist im Klagsweg der sich weigernde Erbe zur Erfüllung, das heißt zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung, zu verhalten (vgl 6 Ob 1013/92; 6 Ob 63/10y). Für die Übertragung des Geschäftsanteils an den/die Aufgriffsberechtigten ist – als Übertragung mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden iSd § 76 Abs 2 GmbHG – jedenfalls die Notariatsaktsform einzuhalten ( Wolkerstorfer , aaO [195]). Die Normierung eines Aufgriffsrechts für den Todesfall der Gesellschafter wie im hier gegenständlichen Punkt 11. ist per se also zulässig (vgl auch Artmann in Artmann/Rüffler/Torggler , Abfindungsklauseln im Gesellschaftsvertrag, 77 [109 ff]).

7. Die nachträgliche – also nicht bereits bei der ursprünglichen Errichtung des Gesellschaftsvertrages erfolgende - Begründung statutarischer Aufgriffsrechte in einer GmbH bedarf nach der jüngeren höchstgerichtlichen Rsp keiner Notariatsaktsform, es reicht eine notarielle Beurkundung als Formerfordernis aus (6 Ob 63/10y, 6 Ob 81/11x; Schopper/Walch , Erbrechtliche Fragen zu Aufgriffsrechten bei GmbH-Geschäftsanteilen, NZ 2020/44 [168]; vgl Rauter in WK-GmbHG § 76 Rz 154; Wolkerstorfer , aaO [194]).

Formale Bedenken gegen die Gültigkeit der hier in Punkt 11. vorgenommenen Regelung bestehen daher ebenfalls nicht.

8. Nach hM steht dem aufgrund einer Aufgriffsklausel zur Übertragung des Geschäftsanteils verpflichteten Gesellschafter ein Entgelt zu. Ist der Übernahmepreis im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich festgelegt, so ist nach der Rsp ein angemessener Preis zu bezahlen, wobei für den Regelfall ein Anspruch auf den vollen objektiven Verkehrswert angenommen wird ( Rauter aaO § 76 Rz 158). Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung kann der Gesellschaftsvertrag Regelungen über die Höhe der Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters enthalten (6 Ob 142/05h ua), aber auch Vereinbarungen, die die Fälligkeit, das Berechnungsverfahren oder auch sonstige Auszahlungsbedingungen der Abfindung betreffen ( Wolkerstorfer , aaO [201]).

Das Recht der Kapitalgesellschaften enthält keine allgemeine Vorgabe hinsichtlich der Bemessung der Abfindung. Lediglich für das Ausscheiden nach dem GesAusG oder in Folge einer Umgründungsmaßnahme wird in den dafür maßgeblichen Bestimmungen vorgesehen, dass den jeweiligen Minderheitsgesellschaftern eine angemessene Barabfindung zukommen muss, worunter eine Abgeltung zum vollen Wert der Anteile zu verstehen ist ( Artmann aaO, [82 f und 109 ff]; vgl auch Wolkerstorfer , aaO [197]).

9. Eine Reduktion des Abfindungsbetrages (unter den Verkehrswert) im Gesellschaftsvertrag ist nach Ansicht in der Literatur und Rsp grundsätzlich möglich, ein gänzlicher Ausschluss kann aber (uU) unzulässig sein (6 Ob 657/95 [Ausschluss „bei gleichzeitigem Verlust aller Rechte aus dem Geschäftsanteil (also eine Enteignung des Gesellschafters)“ unzulässig]; 2 Ob 189/01k [Der Gesellschaftsvertrag kann die Höhe der Abfindung reduzieren, in aller Regel aber nicht ausschließen.]).

Privatautonomie ist im Zivilrecht die Grundregel, etwaige Einschränkungen durch vertragliche Gestaltung müssen gerechtfertigt werden. Die maßgebliche Schranke bildet dabei das Verbot des § 879 ABGB, der die Nichtigkeit von gesetz- oder sittenwidrigen Vereinbarungen anordnet. Dabei ist der Vorwurf der Sittenwidrigkeit auf wirklich Gravierendes zu beschränken ( Artmann , aaO [83 f]; Wolkerstorfer , aaO [201]).

Rechtliche Grenzen ergeben sich für die Kapitalgesellschaften aus dem Ausschüttungsverbot (§§ 52, 54 AktG, § 82 GmbHG; Artmann , aaO [109 f]).

Abfindungsbeschränkungen haben den Gleichbehandlungsgrundsatz im Verhältnis der Gesellschafter untereinander zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass eine Abfindungsbeschränkung für alle Gesellschafter unter den gleichen Bedingungen gleichmäßig gelten muss, sofern ein Gesellschafter einer allfälligen Ungleichbehandlung nicht zugestimmt hat ( Wolkerstorfer , aaO [202]). Die faktische Möglichkeit, von der Abfindungsbeschränkung zu profitieren, muss für alle Gesellschafter gegeben sein. Dies wäre etwa bei einer erheblichen Altersdifferenz zwischen den Gesellschaftern zu verneinen, könnte doch mit einer solchen Konstruktion die Umgehung des Pflichtteilsrechts bewirkt werden ( Wolkerstorfer , aaO [203]). Werden die Aufgriffsrechte im Todesfall wechselseitig vereinbart und liegt zwischen den Gesellschaftern eine erhebliche Altersdifferenz vor, ist von einem Sonderrecht des Jüngeren auszugehen ( Wolkerstorfer , aaO [195]). Unterschiedliche Abfindungsregeln für verschiedene Ausscheidensfälle führen aber nicht automatisch zur Unzulässigkeit der einen oder anderen Bestimmung. Denn die Interessen der Gesellschafter sind nicht in allen Ausscheidensfällen gleichermaßen schutzwürdig ( Artmann , aaO [85]).

Nach der Judikatur sind Abfindungsklauseln in einem Gesellschaftsvertrag dann unzulässig und unwirksam, wenn sie mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften oder außergesetzlichen Regeln unvereinbar sind, die dazu dienen, ein Minimum an Chancengleichheit zwischen den verbleibenden Gesellschaftern einerseits und dem ausgeschiedenen Gesellschafter, seinen Erben und Gläubigern andererseits zu gewährleisten (RS0034714). Eine durch die sittenwidrige Gläubigerbenachteiligung etwa begründete Nichtigkeit ist von Amts wegen wahrzunehmen und stellt ein Eintragungshindernis dar (6 Ob 142/05h; Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer , FBG § 15 Rz 33).

Neben der Sittenwidrigkeit aufgrund eines groben Missverhältnisses zwischen den Vertragsbeteiligten könnte sich die Nichtigkeit des Abfindungsausschlusses auch noch daraus ergeben, dass dadurch die Interessen Dritter, namentlich der Gläubiger von Gesellschaftern, beeinträchtigt werden ( Artmann , aaO [96]). So ist eine Abfindungsbeschränkung jedenfalls dann sittenwidrig, wenn sie eine gezielte Gläubigerbenachteiligung bezweckt ( Wolkerstorfer , aaO [203]).

10. Für die Auslegung von Gesellschaftsverträgen wird vertreten, dass auf die Unterscheidung in materielle (auch korporative oder echte) und formelle (unechte) Satzungsbestandteile Rücksicht zu nehmen ist. Unter korporativen Regelungen sind solche zu verstehen, die nicht nur für derzeitige, sondern auch für zukünftige Gesellschafter und Dritte von Bedeutung sind, also der Komplex der Gesellschaftsorganisation als Verbandsverfassung. Dass korporative Regelungen eines GmbH-Gesellschaftsvertrags nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang objektiv (normativ) auszulegen sind, ist nunmehr gefestigte Rsp. Nach stRsp und üA im Schrifttum sollen die §§ 914 f ABGB nicht auf korporative bzw materielle Satzungsregelungen anzuwenden sein. Das führt zu dem Ergebnis, dass nicht der übereinstimmende Wille der Gründungsgesellschafter bzw der Gesellschafter, die an der Vereinbarung der auszulegenden Regelung beteiligt waren, maßgeblich ist, sondern der anhand des Wortlauts und Zwecks zu ermittelnde objektive Erklärungswert ( Wolkerstorfer , aaO [218 f]; RS0108891; Artmann , aaO [109 f]). Auch Aufgriffsrechte (einschließlich damit zusammenhängender Bewertungsklauseln) zählen zu den korporativen Vertragsbestandteilen und sind daher nach hA objektiv auszulegen. Folglich kommt es für die Auslegung des Aufgriffsrechts nicht auf subjektive Umstände, Motive und Nebenabreden bei der Einräumung des Aufgriffsrechts, sondern nur auf den objektiv auszulegenden Wortlaut des Gesellschaftsvertrages an ( Wolkerstorfer , aaO [221]).

11. § 132 Abs 2 und § 133 Abs 3 UGB stehen einem Ausschluss des Abfindungsanspruchs nicht entgegen. Im Kapitalgesellschaftsrecht gibt es keine vergleichbare Regelung. Die Sittenwidrigkeit einer Abfindungsregelung ergibt sich nicht ohne weiteres aus dem Ausschluss der Abfindung, vielmehr muss eine grobe Verletzung der geschützten Interessen des Gesellschafters oder (unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen) eines Dritten vorliegen. Ein Ausschluss der Abfindung ist neben dem allgemein anerkannten Fall des Todes eines Gesellschafters (eine allfällige Beeinträchtigung von Pflichtteilsansprüchen bleibt hier außen vor) nicht sittenwidrig. Eine Sittenwidrigkeit aufgrund Beeinträchtigung von Interessen Dritter liegt nach hA nur dann vor, wenn die Abfindungsbeschränkung nur für den Fall des Konkurses oder pfändungsbedingten Ausscheidens aus der Gesellschaft, nicht aber in einem weiteren vergleichbaren Fall vorgesehen wird. Eine einheitliche Regelung für alle Ausscheidens fälle ist nicht erforderlich. Die gleichen Beurteilungsmaßstäbe gelten auch für den völligen Ausschluss der Abfindung ( Artmann , aaO [109 ff]; RS0121812 [T1]).

12. Ein gänzlicher Abfindungsausschluss wird von der Rsp sowie vom überwiegenden Schrifttum nur für den Fall des Todes aller oder bestimmter Gesellschafter anerkannt ( Wolkerstorfer , aaO [198]; Artmann, aaO [86 mwN und 91]; Rauter in WK-GmbHG § 75 Rz 135; Warto in Kletecka/Schauer , ABGB-ON 1.04 § 1203 Rz 10; Szep/Müller, aaO [275]). Dabei handelt es sich nach Auffassung des OGH nicht um eine Schenkung auf den Todesfall an die Mitgesellschafter; Pflichtteilsansprüche dürfen nicht beeinträchtigt werden ( Artmann, aaO [86 und 109 ff]). Für den Tod eines Gesellschafters wird ein Ausschluss der Abfindung als nicht sittenwidrig anerkannt. Dass es dabei auch zu Benachteiligungen von Gläubigern des späteren Erblassers kommen kann, wird in der Literatur nicht als störend empfunden ( Artmann, aaO [91]).

13. Ein Recht zum unentgeltlichen Aufgriff des Anteils eines verstorbenen Gesellschafters ist aus gesellschaftsrechtlicher Sicht somit als zulässig anzusehen. Für die Begründung der Zulässigkeit des gänzlichen Entfalls einer Abfindung (bzw im vorliegenden Zusammenhang: eines Abtretungspreises) in dieser Konstellation ist nicht auf die Interessen des Verstorbenen abzustellen, den die Vorgänge nach seinem Tod selbst nicht mehr betreffen, sondern auf jene der Verlassenschaft bzw der Erben. Beiden ist aber der Anteil unentgeltlich zugekommen, und den Erben steht auch - abgesehen von den noch zu behandelnden Pflichtteilsansprüchen - kein Recht auf die Erlangung eines Erbes zu. Ebenso wie sie es hinnehmen hätten müssen, wenn ihnen der Anteil gar nicht vererbt worden wäre, müssen sie es auch akzeptieren, dass sie den Anteil lediglich mit der Belastung durch die Abtretungspflicht erlangen und dass sie ihn daher alsbald wieder abgeben müssen ( Martin Karollus , Aufgriffsrecht für den Todesfall bei einer GmbH, ÖJZ 2023/86 [519]). Es stünde dem Gesellschafter ja frei, den Geschäftsanteil bspw noch am Tag vor seinem Tod an einen Dritten zu verschenken. Aus erbrechtlicher Sicht finden Abfindungsbeschränkungen aber jedenfalls eine Grenze im zwingenden Pflichtteilsrecht ( Szep/Müller , aaO [275]; Wolkerstorfer , aaO [209]).

Die Abfindungsbeschränkung ist somit einer doppelten Prüfung (sowohl auf ihre erb-, als auch auf ihre gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit) zu unterziehen ( Wolkerstorfer , aaO [209]). Liegt der Aufgriffspreis unter dem tatsächlichen Wert, können die Interessen der Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigt werden. Eine Verletzung von Interessen Pflichtteilsberechtigter ist insbesondere bei einem unentgeltlichen Erwerb des Geschäftsanteils durch einen oder mehrere Mitgesellschafter anzunehmen, weil in diesem Fall gar kein Gegenwert in die Verlassenschaft gelangen würde ( Wolkerstorfer , aaO [210]). Es ist daher zu prüfen, ob beim Entfall eines Aufgriffspreises ein unentgeltliches oder entgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt.

14. Die allfällige Unentgeltlichkeit wirkt sich insbesondere auch auf die Formvorschriften aus. Während entgeltliche und entgeltfremde Vereinbarungen eines Aufgriffsrechts auf den Todesfall - zumindest aus erbrechtlicher Sicht - formfrei möglich sind, müssen für die unentgeltliche Vereinbarung erbrechtliche Formvorschriften eingehalten werden, entweder jene der Schenkung auf den Todesfall (§ 603 ABGB; Notariatsakt), einer Erbeinsetzung (§§ 578 ff ABGB; zB eigenhändig schreiben und unterschreiben) oder eines Vermächtnisses (Formvorschriften wie bei der Erbeinsetzung; Schopper/Walch , aaO [162]).

Entgeltliche Verfügungen über Vermögensbestandteile, die erst mit dem Tod eines Vertragspartners wirksam werden sollen, unterliegen nicht den für unentgeltliche Verfügung auf den Todesfall geltenden besonderen Beschränkungen (RS0019095). Das österreichische Recht unterwirft nur unentgeltliche Verfügungen auf den Todesfall besonderen Beschränkungen (§ 603 ABGB).

15. Der OGH hat zur Verpflichtung zur unentgeltlichen Anteilsübertragung festgehalten, dass durch derartige Klauseln Pflichtteilsansprüche grundsätzlich nicht geschmälert werden dürfen (vgl 10 Ob 34/97s; vgl auch Wolkerstorfer , aaO [209]). Was das genau bedeutet, geht aber aus der Entscheidung nicht hervor. Welche Auswirkungen das Aufgriffsrecht auf Pflichtteilsansprüche hat, hängt zunächst davon ab, ob und mit welchem Wert der mit dem Aufgriffsrecht belastete Anteil bei der Bemessung des Pflichtteils zu berücksichtigen ist. Anders als bei einer Personengesellschaft, bei der im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden kann, dass der Anteil des verstorbenen Gesellschafters mit dessen Ableben untergeht, fällt bei einer GmbH der Anteil zunächst in die Verlassenschaft und ist dann allenfalls erst danach von der Verlassenschaft oder dem Erben aufgrund des Aufgriffsrechts wieder herauszugeben. Zu einer Verkürzung von Pflichtteilsansprüchen würde es nicht kommen, wenn man den Anteil nicht nur mit seinem Verkehrswert in das Inventar aufnimmt, sondern wenn man ihn auch mit diesem Wert als Ausgangspunkt für die Bemessung des Pflichtteils heranzieht. In der Literatur wird allerdings demgegenüber zumindest ein der Belastung mit dem Aufgriffsrecht entsprechender Abschlag befürwortet; bei einem bereits ausgeübten Aufgriffsrecht wird auch der Ausübungspreis (im vorliegenden Zusammenhang also null) als relevanter Wert angesetzt. Insofern kann es durch das Aufgriffsrecht sehr wohl zu einer Verringerung von Pflichtteilsansprüchen kommen. Für die weiteren Konsequenzen ist danach zu unterscheiden, ob das Aufgriffsrecht als ein unentgeltliches oder als ein entgeltliches Rechtsgeschäft einzustufen ist. Eine Unentgeltlichkeit ergibt sich noch nicht zwangsläufig aus der für sich gesehen unentgeltlichen Ausgestaltung des Aufgriffsrechts (der Verpflichtung zur Übertragung des Anteils ohne ein dafür zu leistendes Entgelt); angesichts der Einbettung des Aufgriffsrechts in den Gesellschaftsvertrag hängt die Einstufung vielmehr von der Gesamtheit der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen und von den konkreten Umständen ab. Das eine für sich gesehen unentgeltliche Abtretungspflicht beinhaltende Aufgriffsrecht wird etwa dann als Bestandteil einer entgeltlichen Vereinbarung anzusehen sein, wenn Gesellschafter, deren Ableben aus der Sicht ex ante gleich wahrscheinlich war, das Aufgriffsrecht für den Todesfall einander wechselseitig eingeräumt haben ( Martin Karollus , aaO [519 f]; Wolkerstorfer , aaO [196]).

Der Schutz von Pflichtteilsansprüchen richtet sich nach §§ 781 ff ABGB. Bei einer als entgeltlich einzustufenden Vertragsregelung kommt es demnach nicht zu einer Korrektur im Interesse der Pflichtteilsberechtigten. Liegt im konkreten Einzelfall nach den zuvor dargestellten Grundsätzen keine unentgeltliche Vereinbarung vor, kommt es in Ermangelung einer von § 781 Abs 2 Z 6 ABGB erfassten Leistung nicht zu einer Hinzurechnung gemäß §§ 781 ff ABGB. Aufgrund des Vorliegens einer entgeltlichen Vereinbarung bedarf es auch nicht der Einhaltung der Voraussetzungen für eine Schenkung auf den Todesfall oder für ein Vermächtnis. Die Pflichtteilsberechtigten müssen sohin in diesem Fall die Verkürzung ihrer Ansprüche hinnehmen. Eine Korrektur dieses Ergebnisses auf anderem Wege, etwa durch eine (Teil-)Nichtigkeit des Aufgriffsrechts infolge einer Sittenwidrigkeit, ist nicht geboten, vielmehr ist die Wertung der §§ 781 ff ABGB maßgeblich, wonach es nur bei als unentgeltlich einzustufenden Vereinbarungen zu einer Erhöhung von Pflichtteilsansprüchen kommt. Ein darüber hinausgehender Schutz der Pflichtteilsberechtigten vor Rechtsgeschäften des Verstorbenen, die eine Verringerung der Pflichtteilsansprüche zur Folge haben, ist nicht geboten ( Martin Karollus , aaO [521]; vgl auch Szep/Müller , aaO [275 f]).

16. Die Rsp geht davon aus, dass ein für den Todesfall vereinbarter Abfindungsausschluss als entgeltliches Geschäft zu betrachten ist und eine Trennung des Gesellschaftsvertrags in entgeltliche und unentgeltliche Bestandteile als mit seinem Wesen unvereinbar nicht in Betracht kommt ( Szep/Müller , aaO [275 f]; vgl auch Wolkerstorfer , aaO [206]: „Bei Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen handelt es sich nach stRsp um entgeltliche Geschäfte.“, sowie Wolkerstorfer , aaO [212]: „Nach jahrzehntelanger stRsp ist ein für den Todesfall vereinbarter Abfindungsausschluss als entgeltliches Geschäft zu betrachten.“; RS0019174: „Ein Gesellschaftsvertrag ist regelmäßig ein entgeltlicher Vertrag; er kann auch dann nicht als unentgeltlicher Vertrag bezeichnet werden, wenn einzelne seiner Vertragsklauseln nur einem einzelnen Gesellschafter zugute kommen.“; vgl auch zu den Personengesellschaften RS0037816; aA Wolkerstorfer , aaO [212 ff]).

17. Abschließend ist vor dem Hintergrund der beiden OGH-Entscheidungen 6 Ob 64/20k und 6 Ob 86/21x festzuhalten, dass keine Bedenken bestehen, in anderen Aufgriffsfällen (als jenen der Insolvenz und/oder Exekution) eine noch höhere Abfindungsbeschränkung vorzusehen, weshalb im Aufgriffsfall des Todes eines Gesellschafters (weiterhin) ein gänzlicher Abfindungsausschluss zulässig ist ( Szep/Müller , aaO [276 f]).

18. Die Vereinbarung eines wechselseitigen Aufgriffsrechts auf den Todesfall unter den Gesellschaftern bildet regelmäßig ein entgeltliches aleatorisches Rechtsgeschäft ( Schopper/Walch , aaO [163]). Ein Vertrag, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteils versprochen und angenommen wird, ist ein Glücksvertrag. Er gehört, je nachdem etwas dagegen versprochen wird oder nicht, zu den entgeltlichen oder unentgeltlichen Verträgen (§ 1267 ABGB). Glücksverträge können gemäß § 1267 ABGB entgeltlich oder unentgeltlich sein. Unentgeltlich ist etwa die unentgeltliche Ausspielung, die einseitige Wette. Die Entgeltlichkeit bezieht sich nicht auf den konkreten Leistungsaustausch, sondern auf Einsatz und Chance (Prämie und Versicherungsrisiko, bestehende Ungewissheit gegen erlangte Rechtssicherheit beim Vergleich; Bayer/Nowotny in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.05 § 1267 Rz 4; vgl auch Krejci/Böhler in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 1274 Rz 7).

19. Hier sind die beiden Gesellschafter – zwischen ihnen liegt ein Altersunterschied von rund 21 Monaten - völlig gleichberechtigt, was ihre Rechte und Pflichten in der Gesellschaft selbst betrifft. Sie sind beide jeweils selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer und gleichteilig am Gesellschaftsvermögen mit einer Stammeinlage von jeweils EUR 17.500,- beteiligt. Ausdrücklich ist in Punkt 7.4 des Gesellschaftsvertrages festgehalten, dass die Gewinnanteile dem Verhältnis der Beteiligungen am Stammkapital entsprechen. Sie sind damit ebenfalls gleichteilig am Gewinn beteiligt. Auch Stimmengleichheit in der Generalversammlung ist gegeben.

Sowohl die Vorkaufsrechte des Punktes 9. als auch die Aufgriffsrechte des Punktes 10. des Gesellschaftsvertrages kommen bei Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen beiden Gesellschaftern gleichermaßen zu. Die Ermittlung des Vorkaufs- bzw Aufgriffspreises ist im Gesellschaftsvertrag eindeutig festgelegt. In Punkt 10. sind bspw die Fälle der Insolvenz bzw des Vorliegens eines wichtigen Ausschlussgrundes geregelt.

20. Die hier erfolgte wechselseitige Einräumung eines Aufgriffsrechts mit der Verpflichtung zur unentgeltlichen Abtretung ist als entgeltliches Rechtsgeschäft zu qualifizieren. Richtig ist, dass durch den Todesfall betreffende Klauseln Pflichtteilsansprüche grundsätzlich nicht geschmälert werden dürfen. Ob dies der Fall wäre, lässt sich derzeit aber – schon weil naturgemäß die sonstigen Vermögensverhältnisse des „zuerst“ verstorbenen Gesellschafters im Zeitpunkt eines allfälligen Eintritts des Aufgriffsfalls nicht bekannt sind – nicht beurteilen. Dies wäre nach der Rsp des OGH - gegebenenfalls – auch erst über Klage des Pflichtteilsberechtigten im streitigen Verfahren zu klären (10 Ob 34/97s, vgl OLG Wien 6 R 99/21d). Ein Hindernis gegen die begehrte Eintragung folgt daraus aus gesellschaftsrechtlicher Sicht nicht. In Stattgabe des Rekurses war die angefochtene Entscheidung daher im Sinn der Bewilligung der Eintragung abzuändern.

21. Der Vollzug der Eintragung obliegt dem Erstgericht (§ 20 Abs 2 FBG).

22. Der Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses gründet auf § 15 Abs 1 FBG iVm §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStrG. Soweit überblickbar liegt noch keine höchstgerichtliche Judikatur zur Zulässigkeit eines zwischen GmbH-Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Abfindungsausschlusses für den Todesfall vor. Diese Rechtsfrage geht in ihrer Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinaus.

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