33R78/23t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Tscherner und den fachkundigen Laienrichter Hofrat DI Dr. Schmelzer in der Patentsache der Antragstellerin H***** , vertreten durch die Haffner und Keschmann Patentanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin A***** , vertreten durch die Kliment Henhapel Patentanwälte OG in Wien, wegen Nichtigkeit des Patents E 492239 („Lumenspitze mit Linseneinspritzung für die Wundenversorgung“) über die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 28.9.2022, N 2/2019-11, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 2.580,10 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründ e
Text
Der Antrag wendet sich gegen den österreichischen Teil E 492239 des europäischen Patents EP 2002803 B1 (in der Folge „Streitpatent“), angemeldet am 29.2.2008 unter Beanspruchung der Priorität der Anmeldung US 11/761457 vom 12.6.2007.
Die Antragsgegnerin hatte ursprünglich folgendes Patent angemeldet :
1. An intraocular lens injector cartridge (10), comprising:
a) a body (12) having an internal lumen (15);
b) a tubular nozzle (14) having an outer wall (36) and an opening (18), the nozzle projecting distally from the body, the opening being fluidly connected to the internal lumen of the body; characterized by
c) a canopy (20) projecting distally from the opening (18); and
d) at least one peripheral protrusion (22) extending laterally from the outer wall of the nozzle proximally from the opening.
2. The cartridge of claim 1, wherein the canopy (20’) partially surrounds the opening (18’) between approximately a 10 o’clock position to approximately a 2 o’clock position.
3. The cartridge of claim 1, wherein the canopy (20") partially surrounds the opening (18 ") between approximately a 9 o’clock position to approximately a 3 o’clock position.
4. The cartridge of claim 1, wherein the canopy (20) entirely surrounds the opening (18).
5. The cartridge of any one of claims 1 to 4, wherein the peripheral protrusion (22) comprises a plurality of protrusions.
6. The cartridge of any one of claims 1 to 4, wherein the peripheral protrusion (22) comprises a continuous protrusion encircling the nozzle (14).
7. The cartridge of any one of claims 1 to 6, wherein the peripheral protrusion (22) comprises an angled distal face (23).
8. The cartridge of any one of claims 1 to 6, wherein the peripheral protrusion (22) comprises a flange.
9. The cartridge of any one of claims 1 to 6, wherein the peripheral protrusion (22) comprises a stop.
Das erteilte Patent enthält folgende Ansprüche:
1. An intraocular lens injector cartridge (10), comprising:
a) a body (12) having an internal lumen (15);
b) a tubular nozzle (14) having an outer wall (36) and an opening (18), the nozzle projecting distally from the body, the opening being fluidly connected to the internal lumen of the body;
c) at least one peripheral protrusion (22) extending laterally from the outer wall of the nozzle proximally from the opening;
characterized in that
the at least one peripheral protrusion (22) is spaced proximally from the plane of the opening so as to provide an insertion depth limitation and prevent full insertion of the cartridge tip, in use, and wherein the nozzle opening is defined by an extended canopy (20, 20’, 20") projecting distally from a plane of the opening (18, 18’, 18") at least partially encircling the opening.
2. The cartridge of claim 1, wherein the canopy (20’) partially surrounds the opening (18’) between approximately a 10 o’clock position to approximately a 2 o’clock position.
3. The cartridge of claim 1, wherein the canopy (20") partially surrounds the opening (18") between approximately a 9 o’clock position to approximately a 3 o’clock position.
4. The cartridge of claim 1, wherein the canopy (20) entirely surrounds the opening (18).
5. The cartridge of any one of claims 1 to 4, wherein the peripheral protrusion (22) comprises a plurality of protrusions.
6. The cartridge of any one of claims 1 to 4, wherein the peripheral protrusion (22) comprises a continuous protrusion encircling the nozzle (14).
7. The cartridge of any one of claims 1 to 6, wherein the peripheral protrusion (22) comprises an angled distal face (23).
8. The cartridge of any one of claims 1 to 6, wherein the peripheral protrusion (22) comprises a flange.
9. The cartridge of any one of claims 1 to 6, wherein the peripheral protrusion (22) comprises a stop.
Die deutsche Übersetzung lautet:
1. Intraokularlinsen-Einführpatrone (10), die aufweist:
a) einen Körper (12) mit einem internen Lumen (15);
b) eine röhrenförmige Düse (14) mit einer Außenwand (16) und einer Öffnung (18), wobei die Düse distal von dem Körper vorsteht, wobei die Öffnung in Fluidverbindung mit dem internen Lumen des Körpers besteht;
c) wenigstens einen peripheren Vorsprung (22), der sich seitlich von der Außenwand der Düse proximal von der Öffnung erstreckt;
dadurch gekennzeichnet, dass
der wenigstens eine periphere Vorsprung (22) proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet ist, um eine Begrenzung der Einführtiefe bereit zu stellen und im Gebrauch die komplette Einführung der Patronenspitze zu verhindern , und wobei die Düsenöffnung durch ein erweitertes Dach (20, 20‘, 20‘‘) definiert ist, das distal von einer Ebene der Öffnung (18, 18‘, 18‘‘) vorsteht und die Öffnung wenigstens teilweise umgibt.
2. Patrone nach Anspruch 1, wobei das Dach (20‘) die Öffnung (18‘) zwischen etwa einer 10-Uhr-Position und etwa einer 2-Uhr-Position teilweise umgibt.
3. Patrone nach Anspruch 1, wobei das Dach (20‘‘) die Öffnung (18‘‘) zwischen etwa einer 9-Uhr-Position und etwa einer 3-Uhr-Position teilweise umgibt.
4. Patrone nach Anspruch 1, wobei das Dach (20) die Öffnung (18) vollkommen umgibt.
5. Patrone nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei der periphere Vorsprung (20) eine Vielzahl von Vorsprüngen aufweist.
6. Patrone nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei der periphere Vorsprung (22) einen kontinuierlichen Vorsprung aufweist, der die Düse (14) umgibt.
7. Patrone nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei der periphere Vorsprung (22) eine abgewinkelte distale Fläche (23) aufweist.
8. Patrone nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei der periphere Vorsprung (22) einen Flansch aufweist.
9. Patrone nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei der periphere Vorsprung (22) einen Anschlag aufweist.
Anspruch 1 enthält somit folgende Merkmale:
1.1 Intraokularlinsen-Einführpatrone (10), die aufweist:
1.2 einen Körper (12) mit einem internen Lumen (15);
1.3 eine röhrenförmige Düse (14) mit einer Außenwand (16) und einer Öffnung (18);
1.3.1 wobei die Düse distal von dem Körper vorsteht;
1.3.2 wobei die Öffnung in Fluidverbindung mit dem internen Lumen des Körpers steht;
1.3.3 und wobei die Düsenöffnung durch ein erweitertes Dach (20, 20‘, 20‘‘) definiert ist, das distal von einer Ebene der Öffnung (18, 18‘, 18‘‘) vorsteht und die Öffnung wenigstens teilweise umgibt.
1.4 wenigstens einen peripheren Vorsprung (22), der sich seitlich von der Außenwand der Düse proximal von der Öffnung erstreckt;
1.4.1 der wenigstens eine periphere Vorsprung (22) ist proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet, um eine Begrenzung der Einführtiefe bereitzustellen und im Gebrauch die komplette Einführung der Patronenspitze zu verhindern .
[Hervorhebungen jeweils nicht im Original.]
Die Ansprüche 2 bis 9 definieren dazu jeweils einzelne ergänzende Merkmale.
Das Streitpatent wird zusammengefasst dahin beschrieben, dass dieses die Technik der schon bisher praktizierten Einführung von IOLs (intra ocular lenses, künstlichen Linsen) mit Hilfe einer Einführpatrone verbessert, die ein erweitertes Dach zur Öffnung und Abstützung der Wunde sowie zum zielgerichteten Einführen der gefalteten Linse durch das geöffnete Auge und eine Vorrichtung aufweist, die eine Einführtiefenbeschränkung bietet und die komplette Einführung der Patronenspitze verhindert.
Adressat des Streitpatents ist eine Fachperson, die eine Ausbildung zum Diplomingenieur der Medizintechnik absolviert hat und Erfahrung im Bereich der Entwicklung von Instrumenten für die Augenheilkunde, insbesondere medizinischen Implantationsgeräten für die IOLs und spezielle Kenntnisse von Operationstechniken und den dabei auftretenden Problemen aufweist.
Die Einführpatrone sieht etwa wie folgt aus (Figur 3 aus der Patentschrift):
Die Antragstellerin beantragt die Nichtigerklärung des Streitpatents wegen Fehlens der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit und weil der Gegenstand des Streitpatents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe.
Die Patentinhaberin beantragt, den Antrag abzuweisen.
Das Streitpatent sei neu und erfinderisch. Die Merkmale des erteilten Hauptanspruchs seien bereits in der Anmeldung offenbart.
Die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts gab dem Antrag statt und erklärte das Patent im vollen Umfang für nichtig. Sie begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das Merkmal „der wenigstens eine periphere Vorsprung (22) ist proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet“ von der ursprünglichen Offenbarung nicht gedeckt sei. Damit gehe der Gegenstand des erteilten unabhängigen Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Der Anspruch 1 und auch die davon abhängigen Ansprüche 2 bis 9 seien daher zu versagen und nicht aufrecht zu erhalten. Den Hilfsanträgen sei nicht stattzugeben, weil diese unabhängige Ansprüche zum Gegenstand hätten, die das ursprünglich nicht offenbarte Merkmal umfassen würden, sodass diese ebenfalls über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen würden. Neu und erfinderisch sei der Gegenstand des Anspruchs 1.
Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, dass das angefochtene Patent aufrecht bleibe.
Die Antragstellerin beantragt, der Berufung nicht stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Das Patentamt begründete seine Entscheidung damit, dass das im erteilten Patent enthaltene Merkmal, „ der wenigstens eine periphere Vorsprung (22) ist proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet “, von der ursprünglichen Offenbarung nicht gedeckt sei.
Der wenigstens eine periphere Vorsprung (22), der sich seitlich von der Außenwand der Düse proximal von der Öffnung erstreckt, war schon als ein die Intraokularlinsen-Einführpatrone kennzeichnendes Merkmal im angemeldeten Anspruch 1 enthalten. Im Laufe des Verfahrens änderte die Patentinhaberin die Patentansprüche; der erteilte Patentanspruch 1 enthält als kennzeichnendes Merkmal der Intraokularlinsen-Einführpatrone nicht nur wie bisher den wenigstens einen peripheren Vorsprung, der sich seitlich von der Außenwand der Düse proximal von der Öffnung erstreckt, sondern auch das Merkmal, dass dieser periphere Vorsprung proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet ist, um eine Begrenzung der Einführtiefe bereitzustellen und im Gebrauch die komplette Einführung der Patronenspitze zu verhindern.
2. Nach § 48 Abs 1 Z 3 PatG wird das Patent für nichtig erklärt, wenn der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten, den Anmeldetag begründenden Fassung hinausgeht (vgl Art 123 Abs 2 EPÜ). Diese Vorschrift stellt sicher, dass die beanspruchte Erfindung bereits am Anmeldetag vorgelegen haben muss ( Stadler/Puchberger/Alge/Brunner in Stadler/Koller , PatG (2019) § 48 Rz 6). Nach § 91 Abs 3 PatG dürfen die Beschreibung, die Patentansprüche, die Zeichnungen und die Zusammenfassung bis zur Fassung des Erteilungsbeschlusses abgeändert werden. Soweit die Abänderungen das Wesen der Erfindung berühren, sind sie aus der Anmeldung auszuscheiden und, wenn der Anmelder den Schutz auch für sie erwirken will, gesondert anzumelden. Das bedeutet, dass die während des Verfahrens erlaubten Änderungen das Wesen der Erfindung nicht berühren dürfen. Unter dem Wesen der Erfindung versteht man die technische Lösung der jeweiligen erfindungsgemäßen Problemstellung. Diese Lösung ist, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen, am Anmeldetag explizit und durch ihre wesentlichen Merkmale genau und unterscheidend gekennzeichnet zu charakterisieren. Bei den wesentlichen Merkmalen handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um die zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe erforderlichen Merkmale. Unzulässig sind Abänderungen im Erteilungsverfahren, wenn sie den Offenbarungsgehalt erweitern, die Fachperson also Angaben erhält, die sie den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen, das heißt der Beschreibung, den Patentansprüchen und den Zeichnungen, nicht unmittelbar und eindeutig als eine mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (Op 2/09; Op 2/10; Puchberger in Stadler/Koller , PatG (2019) § 91 Rz 23, 78, 81, 83).
3. Nach § 22a PatG wird der Schutzbereich der veröffentlichten Anmeldung und des Patents durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. Dabei ist das Protokoll über die Auslegung des Art 69 EPÜ sinngemäß anzuwenden.
Bei der Auslegung von Patentansprüchen sind die mit dem Patent verfolgten Ziele des ausreichenden Schutzes für den Patentinhaber und der ausreichenden Rechtssicherheit für Dritte gegeneinander abzuwägen. Für den ersten Gesichtspunkt ist die objektive Bedeutung der Erfindung, wie sie in den Patentansprüchen ihren Niederschlag gefunden hat, und nicht die subjektive Anstrengung des Erfinders maßgeblich; für den zweiten das, was die Fachperson bei objektiver Betrachtung den Patentansprüchen entnimmt (RS0118279). Jedenfalls muss der Schutzbereich des Patents für Außenstehende hinreichend sicher vorhersehbar sein (RS0118279 [T1]; 4 Ob 1/22h).
Um dies zu erreichen, soll der Schutzbereich nicht nur dem Wortlaut der Patentansprüche entnommen werden. Die Patentansprüche sollen aber auch nicht nur als Richtlinie dienen. Die Beschreibung und die Zeichnungen sollen weder nur zur Behebung etwaiger Unklarheiten in den Patentansprüchen herangezogen werden, noch soll sich der Schutzbereich auch auf das erstrecken, was sich der Fachperson nach Prüfung der Beschreibung und der Zeichnungen als Schutzbegehren des Patentinhabers darstellt. Die Auslegung soll zwischen diesen extremen Auffassungen ansetzen. Diese eigenen Auslegungsregeln für Patente unterscheiden sich nicht wesentlich von einer Auslegung nach den §§ 914 ff ABGB (4 Ob 178/03k mwN).
4. Der Beurteilung des Patentamts liegt die Interpretation zugrunde, das neu hinzugekommene Merkmal, dass der zumindest eine periphere Vorsprung proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet ist, sei so zu verstehen, dass dieser Vorsprung von der Ebene der Öffnung als Ganzes proximal einen Abstand aufweisen muss, das heißt, dass der Vorsprung sich an keiner Stelle mit der Ebene der Öffnung schneidet oder diese berührt.
Die „Ebene der Öffnung“ ist – unstrittig (vgl dazu die Skizze auf Seite 4 der Berufungsschrift) – die Ebene, in der die Öffnung (18, 18‘, 18‘‘) liegt und die senkrecht zur Längsseite der Düse verläuft.
5. Das Berufungsgericht teilt die Interpretation des Patentamts:
Das im Anspruch enthaltene Merkmal, der Vorsprung sei proximal beabstandet, lässt keinen Spielraum für die Interpretation der Patentinhaberin, der Vorsprung müsse nicht zur Gänze, das heißt nicht über seinen gesamten Verlauf, einen proximalen Abstand zur Ebene der Öffnung einhalten. Die Interpretation würde bedeuten, dass der Vorsprung teilweise an die Ebene der Öffnung heranreichen oder diese sogar schneiden dürfte. Berührt oder schneidet ein Körper eine Ebene, hält er aber gerade keinen Abstand ein. Das Schneiden würde sogar einen distalen Abstand zur Ebene der Öffnung erzeugen. All dies würde dem klaren Wortlaut des Anspruchs widersprechen. Die Unterlagen enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Anspruch von der Fachperson nicht im Sinne dieses klaren Wortlauts zu verstehen wäre. Dass sich das Merkmal, dass der periphere Vorsprung als Ganzes proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet sein muss, sich nicht aus den ursprünglichen Unterlagen ergibt, stellt entgegen dem in der Berufung vertretenen Argument gerade keinen Zirkelschluss dar; dieses Merkmal wurde erst im Laufe des Verfahrens in den Anspruch 1 aufgenommen.
Das Patent weist das Merkmal auf, dass der periphere Vorsprung als Ganzes proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet sein muss.
6. Dieses Merkmal ist in den Anmeldungsunterlagen nicht offenbart. In den Zeichnungen 2, 3 und 6 der ursprünglichen Anmeldung und der Patentschrift ist jeweils ein schräg zur Ebene der Öffnung ausgeführter Vorsprung zu erkennen, der zwar im unteren, schmaleren Bereich einen Abstand zur Ebene der Öffnung aufweist, sich aber in seinem distalen Verlauf an die Ebene der Öffnung annähert und diese schließlich schneidet. Die Abbildungen 4 und 5 zeigen einen normal zur Ebene der Öffnung ausgeführten Vorsprung, der diese naturgemäß zwar nicht schneidet, mit dieser aber bündig ist und damit keinerlei proximalen Abstand zu der Öffnung aufweist.
Auch die Einbeziehung der funktionellen Kennzeichnung dieses Merkmals („um eine Begrenzung der Einführtiefe bereit zu stellen und im Gebrauch die Komplette Einführung der Patronenspitze zu verhindern“) führt nicht zur Einschätzung, dass das relevante Merkmal bereits in den Antragsunterlagen offenbart worden ist: der proximal von der Ebene der Öffnung beabstandete periphere Vorsprung soll der Begrenzung der Einführtiefe dienen und im Gebrauch die komplette Einführung der Patronenspitze verhindern. Diese Funktion kann von sämtlichen in den Zeichnungen der Anmeldeunterlagen enthaltenen Ausführungsbeispielen erreicht werden, das heißt auch, wenn der Vorsprung nicht zur Gänze beabstandet ist.
7. Auch die funktionelle Kennzeichnung dieses Merkmals im erteilten Hauptanspruch, wonach „der wenigstens eine periphere Vorsprung (22) proximal von der Ebene der Öffnung beabstandet ist, um eine Begrenzung der Einführtiefe bereit zu stellen und im Gebrauch die komplette Einführung der Patronenspitze zu verhindern“, vermag nichts an der unzulässigen Überschreitung der Offenbarung zu ändern. Aus den Ausführungsbeispielen der Figuren 2 bis 6 geht hervor, dass zum Erreichen der beanspruchten Funktion unterschiedliche Anordnungen der Vorsprünge möglich sind, wobei auch keinerlei Beabstandung von der Ebene der Öffnung ein Erreichen der geforderten Funktion erlaubt. Da demzufolge jeder sinnvoll angeordnete Vorsprung die Einführtiefe begrenzt und die komplette Einführung der Patronenspitze verhindern kann, kann kein Zusammenhang mit einer bestimmten Anordnung des peripheren Vorsprungs und der beanspruchten Funktion erkannt werden beziehungsweise kann aus dem funktionellen Merkmal nicht gefolgert werden, dass die Vorsprünge dazu zwingend von der Ebene der Öffnung beabstandet sein müssen.
8. Auf die Fragen, ob das Patentamt zu Recht davon ausging, dass das Merkmal 1.3.3, wonach das erweiterte Dach die Öffnung wenigstens teilweise umgibt, bereits in den Anmeldeunterlagen offenbart war und das Patent neu und erfinderisch ist, ist nicht einzugehen, weil das Patent schon aufgrund der Überschreitung der ursprünglichen Offenbarung im Hinblick auf das Merkmal 1.4.1 zu Recht für nichtig erklärt wurde
9. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 122 Abs 1, 141 Abs 2 PatG iVm den §§ 41 und 50 ZPO.
10. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes beruht auf § 500 Abs 2 Z 1 ZPO und ergibt sich aus der Bedeutung von Patentansprüchen im Wirtschaftsleben.
11. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zu lösen war.