JudikaturOLG Wien

3R72/23i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Gewährleistungsrecht, Zivilrecht, Wirtschaftsrecht, Gesellschaftsrecht
28. November 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Klenk und die Kommerzialrätin Mag. a Rodrix in der Rechtssache der klagenden Partei A* ** , vertreten durch Schneider Rechtsanwalts KG in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch Dr. Peter Karlberger, Dr. Manfred Wiener, Mag. Wilfried Opetnik, Mag. Petra Rindler und Mag. Christoph Henseler, Rechtsanwälte in Wien, und die Nebenintervenientinnen auf Seite der beklagten Partei 1. C* AG , FN **, **, vertreten durch Dr. Peter Karlberger, Dr. Manfred Wiener, Mag. Wilfried Opetnik, Mag. Petra Rindler und Mag. Christoph Henseler, Rechtsanwälte in Wien, 2. D* Gesellschaft m.b.H. , FN **, **, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, 3. E* Co. Gesellschaft m.b.H. , FN **, **, vertreten durch Mag. Oliver Rößler, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen EUR 122.231,20 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28.3.2023, 47 Cg 96/21a-71, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

B egründung

Die Wohnhausanlage in ** (nachfolgend „Wohnhausanlage“) wurde von der Beklagten als Bauträgerin in den Jahren 2008/2009 errichtet. Die Beklagte veräußerte - nach Begründung von Wohnungseigentum - die in der Wohnhausanlage befindlichen Wohnungseigentumsobjekte. Die F* GmbH Co KG wurde von der Eigentümergemeinschaft mit der Verwaltung der Wohnhausanlage beauftragt.

Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung war der nachstehende Umlaufbeschluss einerseits von Wohnungseigentümern (insbesondere auch von solchen, die die Wohnungseigentumsobjekte direkt von der Beklagten erworben hatten) und andererseits jeweils von der F* GmbH Co KG als Hausverwalterin unterfertigt worden:

UMLAUFBESCHLUSS

Die Wohnungseigentümer der Wohnhausanlage **, EZ **, KG ** kommen überein, hinsichtlich nachstehend angeführter Punkte im Rahmen der Gewährleistung, Schadenersatz und jeglicher erdenklicher anderer Rechtsgründe Ersatz von den die Bauarbeiten durchführenden Unternehmen zu begehren. Es wird sohin die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) der Wohnhauslage in ** hinsichtlich der nachstehenden Punkte ermächtigt, den dem jeweiligen Miteigentumsanteil aliquoten Ersatz des eingesetzten Deckungskapitals separat auf eigene Kosten gegenüber den die Bauarbeiten durchführenden Unternehmen geltend zu machen:

1) Ersatz für sämtliche Aufwendungen zur Behebung der im Jahr 2018 aufgetretenen Mängel/Schäden (Wasseraustritte) an den Heizungsleitungen, welche entlang der Decken der beiden Tiefgaragen verlaufen: Undichtheiten bei Übergangsstücken von Stahl auf Kunststoff, Nicht- bzw. unsachgemäße Errichtung von Leitungen, Verschiebungen von Rohrleitungen, deformierte Befestigungen der Rohrleitungsaufhängungen, Mangel an Kompensationsmaßnahmen bei Rohrleitungen;

2) Ersatz für sämtliche Aufwendungen zur Behebung der ab dem Jahr 2020 aufgetretenen Kanalgebrechen aufgrund Setzungen des Erdreiches

Die Hausverwaltung ist als Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt, in dieser Angelegenheit einen Vergleich für die Wohnungseigentümergemeinschaft abzuschließen.

Name in Blockschrift Bezeichnung der Wohnung

………………………………………………… …………………………………………………………

……………………… ………………………………

Datum Unterschrift

---------------------------------------------------------

Auszufüllen von der Hausverwaltung:

übernommen am ……………

durch:

…………………………………………………

für Hausverwaltung F* GmbH Co KG

Die Klägerin begehrt die Kosten der Verbesserung von Mängeln an allgemeinen Teilen der Liegenschaft (Heizungsleitungen entlang der Decken in den Tiefgaragen und Kanal). Die Heizungsleitungen seien nicht sach- und fachgerecht verlegt worden, weil die nach dem Stand der Technik gebotenen Kompensationsmaßnahmen unterlassen worden seien. Die Hauskanäle seien gebrochen, weil die Beklagte keine eigenen Fundamentstreifen für die Kanäle im angeschüttenen Gelände errichtet habe.

Die Aktivlegitimation liege vor, weil die Wohnungseigentümer der durch die Hausverwaltung vertretenen Eigentümergemeinschaft ihre die Liegenschaft betreffenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abgetreten haben, indem sie diese mit der Durchsetzung der gegenständlichen Ansprüche beauftragt haben. Die Beklagte habe bereits zahlreiche andere Mängel auch an allgemeinen Teilen der Liegenschaft behoben und die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft nicht bestritten; diese sei daher zumindest konkludent anerkannt. Wohnungseigentümer, die nicht von der Beklagten erworben haben, hätten den Kaufgegenstand als Einzelrechtsnachfolger mit allen Rechten und Pflichten übernommen, mit denen diese die Voreigentümer bis zurück zum ersten Eigentümer zu besitzen und zu benützen berechtigt gewesen seien.

Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen bestritten das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragten Klagsabweisung und erhoben insbesondere den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation. Bei Durchsetzung eines Anspruchs auf Herstellung eines mangelfreien Zustands an allgemeinen Teilen der Liegenschaft seien auch Gemeinschaftsinteressen betroffen. Einzelne Eigentümer seien dazu ebenso wenig legitimiert wie die Eigentümergemeinschaft, nachdem hier Ansprüche aus den ursprünglichen Bauträgerverträgen geltend gemacht würden. Es werde bestritten, dass die Wohnungseigentümer ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten hätten. Aus den vorgelegten Umlaufbeschlüssen sei keine rechtswirksame Zession ersichtlich.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs der Entscheidung wiedergegebenen und auf den Seiten 3 bis 4 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. Rechtlich ging es davon aus, dass eine Abtretung im Sinne des § 18 Abs 2 WEG 2002 nicht vorliege, weshalb die Aktivlegitimation zu verneinen sei. Dem Umlaufbeschluss sei lediglich eine von Wohnungseigentümern der Eigentümergemeinschaft erteilte Ermächtigung im Innenverhältnis („Es wird sohin die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) der Wohnhausanlage in **, hinsichtlich der nachstehenden Punkte ermächtigt […]“) und eine Vollmacht im Außenverhältnis („[…] gegenüber den die Bauarbeiten durchführenden Unternehmen geltend zu machen) zu entnehmen. Die Klage hätte im Hinblick auf den Umlaufbeschluss von den einzelnen den Umlaufbeschluss unterfertigenden Wohnungseigentümern, diese vertreten durch die Eigentümergemeinschaft, diese wiederum vertreten durch die Hausverwaltung eingebracht werden müssen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag die Entscheidung dahin abzuändern, dass die Aktivlegitimation der Klägerin festgestellt werde und der Klage stattgegeben werde, in eventu die Entscheidung dahin abzuändern, dass die Aktivlegitimation der Klägerin festgestellt werde und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen beantragen der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt .

Aus Zweckmäßigkeit ist zunächst auf die Rechtsrüge einzugehen:

1. Die Aktivlegitimation der klagenden Eigentümergemeinschaft hängt entscheidend vom Vorliegen einer wirksamen Abtretung nach § 18 Abs 2 WEG ab, weil die klagende Eigentümergemeinschaft vertragliche Ansprüche geltend macht, die den (einzelnen) Wohnungseigentümern als Vertragspartnern zukommen.

1.1 Die Klägerin meint, in der in den Wohnungseigentümerversammlungen erfolgten Beschlussfassung, die Ansprüche gemeinschaftlich geltend zu machen, liege die in § 18 Abs 2 WEG geforderte Abtretung der Ansprüche an die Eigentümergemeinschaft. Außerdem habe die Hausverwaltung als Vertreterin der Eigentümergemeinschaft den einzelnen Wohnungseigentümern mit Rundschreiben vom 28.3.2022 die Geltendmachung ihrer Ansprüche durch Abtretung an die Gemeinschaft angeboten und die Wohnungseigentümer hätten mit der Rücksendung des unterfertigten Umlaufbeschlusses dieses Angebot angenommen.

1.2 Nach § 18 Abs 2 Satz 1 WEG 2002 idF WRN 2006, BGBl I 2006/124, können die Wohnungseigentümer (ua) die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche der Eigentümergemeinschaft abtreten, wonach diese die Ansprüche erwirbt und in eigenem Namen geltend machen kann. Nach den Materialien handelt es sich bei der wiedergegebenen Regelung um „die Abtretungslösung in ihrer einfachsten Variante“, womit der Problematik der Abgrenzung der Legitimation der Eigentümergemeinschaft von jener der einzelnen Wohnungseigentümer, insbesondere bei Gewährleistungsansprüchen, die sich auf Mängel an allgemeinen Teilen der Liegenschaft beziehen, ihre rechtliche Wurzel aber in von den Wohnungseigentümern selbst geschlossenen Verträgen haben, begegnet werden sollte (ErläutRV 1183 BlgNR 22. GP 21 ff). Hiefür kommen vor allem Ansprüche - wie hier - gegen den Bauträger in Betracht ( Schauer in Illedits , Wohnrecht 4 § 18 WEG Rz 20).

1.3 Die Abtretung (Zession) ist ein formloser Konsensualvertrag, dessen Zustandekommen die Erklärung der Forderungsübertragung durch den Altgläubiger und deren Annahme durch den Neugläubiger erfordert (vgl RIS-Justiz RS0032570; RS0017176 [T1]) und durch Willenseinigung zwischen Zedenten und Zessionar zustande kommt (RS0017176 [T8]). Diese Anforderungen gelten auch für die Abtretung nach § 18 Abs 2 Satz 1 WEG 2002 (ErläutRV 1183 BlgNR 22. GP 22 f; 5 Ob 71/12w). Dabei kommt es nicht auf die Verwendung der Wörter „Abtretung“ oder „Zession“ an. Der Vereinbarung muss jedoch zu entnehmen sein, dass anstelle des Zedenten nunmehr der Zessionar Gläubiger der Forderung sein und damit die Rechtszuständigkeit verändert werden soll ( Painsi in GeKo Wohnrecht II § 18 WEG Rz 49).

1.4 Es kommt zur Auslegung eines Schreibens auf dessen objektiven Erklärungswert, also darauf an, wie ein unbefangener Erklärungsempfänger diese Willensäußerung verstehen musste (RS0014160 [T29]); dazu sind auch die Umstände der Erklärung heranzuziehen (RS0014160 [T30, T32]).

1.5 Wie die Klägerin richtig aufzeigt, ist der vom Erstgericht festgestellte Inhalt des Umlaufbeschlusses im Zusammenhang mit dem angeschlossenen Rundschreiben zu sehen. Die Klägerin hat mit dem Urkundenkonvolut ./AY neben den (von den Wohnungseigentümern und der Hausverwaltung unterfertigten) Umlaufbeschlüssen auch ein Rundschreiben der Hausverwaltung vom 28.3.2022 samt dem diesem angeschlossenen (unausgefüllten) Umlaufbeschluss vorgelegt und sich im Zusammenhang mit der Aktivlegitimation darauf berufen. Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen haben den Inhalt der Beilage ./AY nicht bestritten und insbesondere auch nicht, dass das Rundschreiben gemeinsam mit dem (Blanko)Umlaufbeschluss übermittelt wurde. Sie haben lediglich vorgebracht, dass aus dieser keine rechtswirksame Zession ersichtlich sei (ON 67.6, 3). Eine im Verfahren vorgelegte Urkunde, die ihrem Inhalt nach unstrittig ist, kann der Entscheidung des Berufungsgerichts ohne Weiteres zugrunde gelegt werden (RS0121557). Der Inhalt des Rundschreibens vom 28.3.2022 wird daher vom Berufungsgericht auszugsweise ergänzend festgestellt:

„[…]

Rechtliche Ausgangssituation:

[…]

Schadenersatz– bzw. Gewährleistungsansprüche entspringen dem ursprünglichen Vertragsverhältnis zwischen dem kaufenden Wohnungseigentümer und dem verkaufenden Bauträger (= Rechtsverhältnis zwischen einzelnem Wohnungseigentümer und Bauträger). Dies bedeutet, dass Schadenersatz– bzw. Gewährleistungsansprüche grundsätzlich nur von jedem Wohnungseigentümer selbst im Zuge seiner Individualrechte geltend gemacht werden können und daher auch nur jeder Wohnungseigentümer selbst klagslegitimiert (= Möglichkeit der Einbringung der Klage bei Gericht) ist.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist mangels Rechtsverhältnis zum Bauträger – da der Vertrag zwischen dem einzelnen Wohnungseigentümer und dem Bauträger abgeschlossen wurde – grundsätzlich nicht klagslegitimiert.

Das Wohnungseigentumsgesetz räumt in diesem Fall jedoch die Möglichkeit ein, dass die einzelnen WohnungseigentümerInnen ihre Schadensersatz– bzw. Gewährleistungsansprüche an die Wohnungseigentümergemeinschaft abtreten können. Namens der Wohnungseigentümergemeinschaft können wir als Hausverwaltung die abgetretenen Ansprüche annehmen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft übernimmt sohin die Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers und ist in weiterer Folge zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche berechtigt (= klagslegitimiert).

[…]

Notwendige weitere Vorgehensweise:

Im Rahmen des beim Handelsgericht Wien anhängigen Gerichtsverfahrens zur Geltendmachung der Baumängel/Ersatz des Sanierungsaufwands hinsichtlich der Heizungsleitungen in den beiden Tiefgaragen und der Kanalgebrechen ist eine formelle Beschlussfassung erforderlich, damit die Eigentümergemeinschaft die aus den einzelnen Kaufverträgen resultierenden Gewährleistungs– und Schadenersatzansprüche für Sie geltend machen kann.

Wir übermitteln daher im Anhang den entsprechenden Umlaufbeschluss und ersuchen um Unterfertigung und Retournierung bis längstens 22.4.2022.

Zur Information dürfen wir mitteilen, dass Geldansprüche sogenannte teilbare Ansprüche sind. Dies bedeutet, dass im Falle eines Obsiegens bei Gericht der geforderte Betrag nur aliquot (für jene Wohnungseigentümer, die ihre Ansprüche abgetreten haben) zugesprochen wird.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass ALLE WohnungseigentümerInnen Ihre Ansprüche abgetreten, damit auch die erzielbare Schadenersatzsumme/evt. Vergleichsbetrag der Rücklage gutgeschrieben werden kann.

Wenn nicht alle Wohnungseigentümer abtreten, wird die Schadenersatzsumme vom Klagsgegner aliquotiert! Das bedeutet, nur für jene Wohnungseigentümer ausgezahlt, die Ihre Ansprüche abgetreten haben.

Wir empfehlen daher Ihre Ansprüche an die Wohnungseigentümergemeinschaft abzutreten, so dass ein möglichst hoher Betrag im Fall des Obsiegens zustande kommt.

Ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot liegt - entgegen der Ansicht der Beklagten und Erstnebenintervenientin (ON 76, 8) - durch die Verwertung der Beilage ./AY nicht vor, weil sich die Klägerin bereits in erster Instanz aufgrund der Nachfrage des Erstgerichts, ob Abtretungserklärungen der Eigentümer an die Eigentümergemeinschaft vorgelegt werden können, auf diese Urkunde stützte (ON 67.6, 2) und deren Inhalt im Vorbringen der Klägerin Deckung findet, dass die Wohnungseigentümer der durch die Hausverwaltung vertretenen Eigentümergemeinschaft ihre die Liegenschaft betreffenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abgetreten haben, indem sie diese mit der Durchsetzung der gegenständlichen Ansprüche beauftragt haben.

1.6 Vor dem Hintergrund der Erklärungen der rechtlichen Ausgangssituation und der notwendigen weiteren Vorgehensweise im Rundschreiben vom 28.3.2022, ist die Erklärung der Wohnungseigentümer im Umlaufbeschluss, die Eigentümergemeinschaft zu „ermächtigen“, den aliquoten Ersatz des Deckungskapitals „separat auf eigene Kosten“ geltend zu machen, als Abtretungserklärung zu verstehen. Im Rundschreiben wird zunächst erklärt, dass das WEG die Möglichkeit der Abtretung der Ansprüche an die Eigentümergemeinschaft einräumt und anschließend wird sofort ausdrücklich die Annahme der Abtretung erklärt („ Die Wohnungseigentümergemeinschaft übernimmt sohin die Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers und ist in weiterer Folge zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche berechtigt (= klagslegitimiert)“. ). In Zusammenschau mit der Erklärung, dass eine Abtretung der Ansprüche aller Wohnungseigentümer wichtig sei, und der Empfehlung die Abtretung vorzunehmen, dies mit dem Ersuchen um Unterfertigung und Retournierung des angehängten Umlaufbeschlusses, ist der im Umlaufbeschluss erteilten „Ermächtigung“ der objektive Erklärungswert beizumessen, dass damit eine Abtretung der Ansprüche der Wohnungseigentümer erfolgt. Dass sich die Rechtszuständigkeit von den einzelnen Wohnungseigentümern auf die Eigentümergemeinschaft ändern soll, ergibt sich ebenfalls aus dem Rundschreiben, wonach die Eigentümergemeinschaft die Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer „übernimmt“.

1.7 Im Ergebnis liegt daher eine wirksame Abtretung der im Umlaufbeschluss genannten Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft vor, weshalb die Klägerin auch berechtigt ist, diese in eigenem Namen geltend zu machen.

1.8 Die Abtretung setzt als kausales Verfügungsgeschäft ein gültiges Grundgeschäft voraus ( Neumayr in KBB 7 § 1392 ABGB Rz 5). Titelgeschäft und Abtretung fallen meist zusammen (RS0032682). Der Titel für eine Abtretung nach § 18 Abs 2 WEG ist ein Sonderfall des Auftrags, wobei dessen Grundlage im Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern liegt; es genügt das gemeinschaftliche Interesse der Wohnungseigentümer an der Schadensbehebung (6 Ob 115/18g Punkt 3.5. mwN).

2. Da das Erstgericht, aufgrund der vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsansicht zur Aktivlegitimation der Klägerin, keine weiteren Feststellungen getroffen hat, ist die Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht unumgänglich. Es ist nicht im Sinn des § 496 Abs 3 ZPO, den Großteil des Beweisverfahrens zur zweiten Instanz zu verlagern ( Pimmer in Fasching/Konecny ³ IV/1 § 496 ZPO Rz 79).

3. Bei dieser Sachlage kann die Behandlung der Mängelrüge unterbleiben.

4. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Rückverweise