3R63/23s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rechtsmittelgericht in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH Co KG , FN **, **, vertreten durch Mag. Harald Strasser, Rechtsanwalt in Vorchdorf, wider die beklagte Partei C* D* B.V. , **, Niederlande, vertreten durch Mag. Filip Frank, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 19.997,-- samt Anhang, über die Berufung und den Kostenrekurs (Rekursinteresse EUR 1.955,59) der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 7.3.2023, 39 Cg 79/21t-59, in nichtöffentlicher Sitzung
I. durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Klenk und die KR Mag. a Rodrix zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit EUR 2.220,42 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten EUR 370,07 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Und II. durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Guggenbichler und die Richterin Mag. a Klenk den
Beschluss
gefasst:
Dem Kostenrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin kaufte von der Beklagten mit Vertrag vom 17.10.2020 einen Pkw C*, Erstzulassung 2019, Kilometerstand 2.608. Der Geschäftsabschluss erfolgte über das von der in ** ansässigen B* GmbH betriebene Online-Portal **. Der Geschäftsführer der Klägerin A* stieg über die Maske „Einloggen“ ein, stellte den Filter auf Angebote aus Österreich ein und fand den C* der Beklagten. Es war angeführt, dass das Fahrzeug beschädigt war, und es waren auch etliche Fotos des Fahrzeugs zu sehen. A* zog seinen Verkaufsleiter bei; beide gingen von einem Parkschaden aus sowie davon, dass das Fahrzeug verkehrs- und betriebssicher sei und über eine aufrechte Begutachtung verfügt. A* drückte den Kauf-Button, ohne das Fahrzeug vorher gesehen zu haben. Danach antwortete die Beklagte mit einer „Pro forma Rechnung/Kaufbestätigung“; auf dieser stand ganz oben das Logo ** und die Angabe „B* B.V., **“. Die Klägerin bezahlte den vollen in der Kaufbestätigung ausgewiesenen Betrag von EUR 19.897,--, also inklusive der Gebühren, nachdem A* telefonisch erklärt worden war, dass er auch diese Positionen bezahlen müsse. Die Übergabe des Fahrzeugs erfolgte am 17.11.2020.
Zwischen dem 20. und dem 25.11.2020 erfolgte in der Werkstatt der Klägerin ein Ankaufstest, wobei zahlreiche Mängel festgestellt wurden. Unmittelbar danach informierte A* zwei Mitarbeiter der Beklagten vom Ergebnis dieses Tests und beschwerte sich über den Zustand des Fahrzeugs. Seine Gesprächspartner sagten ihm zu, mit der Geschäftsleitung zu sprechen, und teilten später mit, dass das die Geschäftsleitung der Beklagten nicht interessiere.
Der C* hatte nach einem Verkehrsunfall einen erheblichen Heckschaden; die Instandsetzung der Schäden in einer Reparaturwerkstätte hätte inklusive USt EUR 18.275,76 gekostet. Der objektive Wrackwert betrug EUR 12.450,--, wobei das Fahrzeug allerdings kein Wrack, sondern reparaturfähig war und die Klägerin das Fahrzeug reparieren und weiterverkaufen wollte. Hätte die Klägerin die Schäden gekannt, dann hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft.
Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Kaufvertrags und die Zurückzahlung von EUR 19.997,-- (inklusive Spesen von EUR 100, ) samt Anhang Zug um Zug gegen Rückgabe des C*. Sie habe das Fahrzeug von der Beklagten um EUR 19.897,-- gekauft, habe aber kurz nach der Übernahme zahlreiche massive Mängel feststellen müssen; die Reparatur dieser Schäden würde insgesamt EUR 25.000,-- kosten. Hätte die Klägerin von den Mängeln gewusst, dann hätte sie den Pkw nicht gekauft. Die Beklagte habe diese Mängel arglistig verschwiegen und den Irrtum der Klägerin über den Zustand des Fahrzeugs veranlasst und nicht rechtzeitig aufgeklärt. Außerdem sei das Fahrzeug weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert, weshalb die Klägerin den Kaufvertrag wegen Arglist, Irrtum und wegen laesio enormis anfechte. Die Klägerin habe die Mängel unverzüglich nach der von ihr durchgeführten Begutachtung gerügt, die Beklagte habe aber alle Ansprüche abgelehnt. Die Beklagte betreibe eine Zweigniederlassung mit der Geschäftsadresse **. In der Kaufbestätigung der Beklagten scheine als Vertragspartner die Beklagte mit dieser Adresse in ** auf, auch die Firmenbuchnummer der Zweigniederlassung sei darin angeführt. Die gesamte Korrespondenz der Klägerin sei ausschließlich mit dieser Zweigniederlassung der Beklagten geführt worden. Die Klägerin habe daher darauf vertrauen können, dass ihr Vertragspartner die Zweigniederlassung der Beklagten in Österreich sei.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren. Sie sei eine niederländische Gesellschaft mit Sitz in ** und habe in ** nur eine Zweigniederlassung. Das Verkaufsinserat sei eine Präsentation des Fahrzeugs, und damit bloß eine Einladung zur Stellung eines Angebots. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei ein Ausschluss der Gewährleistung für Mängelansprüche enthalten. Es liege auch kein Mangel vor, für welchen die Beklagte einstehen müsse, die Beklagte habe keinen Mangel arglistig verschwiegen. Im Inserat seien die Vorschäden ebenso offengelegt worden wie die Tatsache, dass das Fahrzeug unprofessionell reparierte Unfallschäden aufweise. Einem professionellen Händler wie der Klägerin habe schon wegen des niedrigen Kaufpreises auffallen müssen, dass das Fahrzeug mehr oder weniger gravierende Mängel haben müsse und dass es nicht verkehrs- und betriebssicher sei. Eine Vielzahl der von der Klägerin beanstandeten Mängel seien insbesondere für einen Fahrzeughändler mit freiem Auge sichtbar. Gemäß den AGB müssten Mängel binnen einem Werktag nach der Inbesitznahme mittels des Reklamationstools gerügt werden. Die Klägerin habe das Fahrzeug am 17.10.2020 übernommen. Von angeblichen Mängeln des Fahrzeugs habe die Beklagte erst durch das Aufforderungsschreiben des Klagevertreters und damit erst mehr als drei Monate später erfahren, sodass die Klägerin die Rügepflicht verletzt habe.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren Folge und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin Verfahrenskosten von EUR 14.879,55 zu ersetzen. Es stellte den auf den Seiten 1 und 3 bis 10 des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Sachverhalt fest, darin auch, dass auf ** die Reparaturkosten des beschädigten C* mit EUR 3.800,-- angegeben waren. In seiner rechtlichen Beurteilung kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass laesio enormis vorliege, weil die Klägerin das Fahrzeug gekauft habe, um es zu reparieren und dann weiterzuverkaufen, wobei nach den Feststellungen bei reduzierten Instandsetzungskosten von EUR 15.739,-- inklusive USt der Fahrzeugwert EUR 7.661,-- betrage. Die Kostenentscheidung gründe sich auf § 41 Abs 1 ZPO. Die Kosten des Beweissicherungsverfahrens seien zur Rechtsverfolgung zweckmäßig gewesen, weil die Beklagte bis zum Schluss des Verfahrens das Vorliegen der Mängel bestritten habe.
Gegen dieses Urteil und auch gegen die Kostenentscheidung richtet sich das Rechtsmittel der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und das gesamte Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Allenfalls solle zumindest die Kostenentscheidung abgeändert und der Kostenzuspruch an die Klägerin auf EUR 12.923,96 gekürzt werden.
Die Klägerin beantragt, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
I. Die Berufung ist nicht berechtigt.
Beweisrüge:
1. In der Beweisrüge bestreitet die Beklagte zuerst die Richtigkeit der Feststellung, dass die Reparaturkosten (des C*) auf der Online Plattform mit EUR 3.800,-- angegeben worden seien. Ihrer Ansicht nach hätte stattdessen festgestellt werden müssen, dass nicht festgestellt werden könne, ob eine bestimmte Höhe der Reparaturkosten auf der Plattform angegeben worden sei. Die Beklagte beruft sich dazu auf die Aussage der Zeugin Mag. a D* und meint, die Aussage von A* sei nicht glaubwürdig gewesen.
2.1 A* hat gleich mehrfach ausgesagt, dass beim Angebot die erforderlichen Reparaturkosten mit circa EUR 3.800,-- dabeigestanden seien (Seite 3 in ON 13; Seiten 2 und 4 in ON 35). Die Zeugin Mag. a D* war mit der ganzen Angelegenheit erst im Nachhinein befasst und hat offenbar lange nach dem Verkauf des Fahrzeugs an die Klägerin auf der Online-Plattform ** die damals gegebenen Informationen angesehen. Sie sagt aus, man könne davon ausgehen, dass diese Informationen das damalige Inserat wiedergeben (Seite 5 in ON 35). Das ist allerdings nur eine Vermutung der Zeugin, die in weiterer Folge selbst einräumt, dass man den Preis in den von ihr angesehenen Informationen (die dem Erstgericht als Beilage ./17 vorgelegt wurden) schon deshalb nicht sehen kann, weil das Fahrzeug bereits verkauft war (Seite 7 in ON 35). Damit entspricht die Beilage ./17 selbst nach der Darstellung der Zeugin keineswegs exakt dem damaligen Inserat.
Die Zeugin Mag. a D* sagte auch aus, dass die Beklagte den C* vorher an einen anderen Händler verkauft hatte, dieser Kaufvertrag aber nach der Reklamation des Käufers, dass sehr viele Schäden am Fahrzeug vorliegen, rückabgewickelt worden sei (Seite 6 in ON 35). Dies hat das Erstgericht dann auch (auf Seite 1 des Ersturteils) festgestellt. Dann war aber doch wohl zu erwarten, dass die Beklagte bei der nächsten Anpreisung des Fahrzeugs gleich genauere Informationen geben wird, um eine neuerliche Rückabwicklung zu vermeiden. Mag. a D* sagte aus, es seien deshalb neue Fotos gemacht worden (Seite 6 in ON 35); diese Fotos haben die Schäden aber keineswegs vollständig gezeigt, wie das Erstgericht – dem Gutachten des Sachverständigen folgend – auch festgestellt hat (Seite 9 des Ersturteils). Dazu kommt, dass die Zeugin Mag. a D* gar nicht weiß, wie die Anpreisung des Fahrzeugs vor dem Verkauf an die Klägerin ausgesehen hat, sondern dies nur aufgrund den Ergebnissen ihrer nachträglich angestellten Recherche erschließt.
2.2 Der Beklagten müsste es eigentlich ein Leichtes sein, die damalige Anpreisung vorzulegen. Tatsächlich hat sie als Beilage ./5 die Fahrzeugbeschreibung ihres Online-Inserats und als Beilage ./6 die weiteren Hinweise zur Fahrzeugbeschreibung des Online-Inserats vorgelegt; dabei handelt es sich aber jeweils nicht um das gesamte Online-Inserat oder um die gesamten allgemeinen Hinweise, sondern um Teile jeweils einer einzigen Seite daraus, wobei Bereiche darüber und darunter und seitlich (bei der Beilage ./5) bzw darüber (bei der Beilage ./6) offensichtlich abgedeckt und somit nicht kopiert wurden. Offenbar sind das auch nur Kopien der Beilage ./17 (siehe die Beilage ./5: „VERKAUFT Gebot nicht möglich Auktion beendet“) und nicht solche des ursprünglichen Inserats. Der Beklagten gelingt es damit keineswegs, eine Unrichtigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichts aufzuzeigen.
3. Das Erstgericht hat festgestellt, dass die Klägerin den C* um EUR 19.897,-- gekauft habe. Die Beklagte bestreitet dies, der Kaufpreis habe bloß EUR 18.536,-- betragen; weitere EUR 1.361,-- seien für das Handling der Fahrzeugdokumente, des Fahrzeugs und für die Auktionsgebühr gezahlt worden. Statt der bekämpften Feststellung hätte der Kaufpreis daher mit EUR 18.536,-- festgestellt werden sollen.
4.1 Richtig ist, dass in der Beilage ./4 der Kaufpreis des Fahrzeugs mit EUR 18.536,-- angegeben ist, aber insgesamt EUR 19.897,-- zu zahlen waren, darin enthalten eine Auktionsgebühr von EUR 1.213,--, für Handling Fahrzeug EUR 99,-- und für Handling Fahrzeugdokumente EUR 49,--. Das Erstgericht hat allerdings ohnehin auch festgestellt, dass der volle in der Kaufbestätigung ausgewiesene Betrag von EUR 19.897,-- auch Gebühren enthalten hat, wobei A* telefonisch erklärt worden ist, dass er auch diese Positionen zahlen müsse (Seite 7 des Ersturteils). Wie hoch der geforderte und bezahlte Kaufpreis für das Fahrzeug allein war hat das Erstgericht nicht festgestellt.
4.2 Allerdings ist es für die rechtliche Beurteilung bedeutungslos, ob der geforderte und bezahlte Kaufpreis für das Fahrzeug EUR 18.536,-- oder etwas höher war; auf diesen Punkt der Beweisrüge muss daher nicht weiter eingegangen werden.
Unter Zugrundelegung der Feststellungen des Erstgerichts ist die Rechtsrüge der Beklagten im Ergebnis nicht berechtigt:
5.1 Die Beklagte meint in ihrer Rechtsrüge zuerst, dass wegen des grenzüberschreitenden Charakters des Kaufvertrags – die Klägerin sei eine Unternehmerin mit Sitz in Österreich, die Beklagte sei eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden – das UN-Kaufrecht zur Anwendung komme. Auf Kaufverträge über bewegliche Sachen sei dann mangels Rechtswahl das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; das sei im konkreten Fall das niederländische Recht. Diesen Einwand erhebt die Beklagte in der Berufung erstmals; im Verfahren erster Instanz ist sie ebenso wie die Klägerin von der Geltung österreichischen Rechts ausgegangen (und hat sich beispielsweise auf § 377 Abs 1 UGB berufen).
5.2 Gemäß Artikel 1 Abs 1 lit a CISG ist dieses Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind. Gemäß Artikel 1 Abs 2 CISG wird die Tatsache, dass die Parteien ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, aber nicht berücksichtigt, wenn sie sich nicht aus dem Vertrag, aus früheren Geschäftsbeziehungen oder aus Verhandlungen oder Auskünften ergibt, die vor oder bei Vertragsabschluss zwischen den Parteien geführt oder von ihnen erteilt worden sind. Artikel 1 Abs 2 CISG soll sicherstellen, dass ein äußerlich als Inlandsgeschäft erscheinender Warenkauf nicht dem Einheitsrecht unterstellt wird. Ist der internationale Charakter eines Warenkaufvertrags nicht erkennbar, dann ist das vom internationalen Privatrecht des Forumstaats berufene nationale Recht anzuwenden ( Posch/Terlitza in Schwimann/Kodek , ABGB 5 Artikel 1 CISG Rz 14).
5.3 Hier hat die Klägerin nach den Feststellungen durch Einstellung eines Filters überhaupt nur Angebote aus Österreich angesehen. Das Fahrzeug wurde der Klägerin laut der Beilage ./7 vom Fahrzeugstandort ** nach ** geliefert; in der Kaufbestätigung schien als Verkäuferin die B* B.V. in ** auf; auch deren Firmenbuchnummer war dort genannt. Die Beklagte selbst und deren Sitz in Holland waren bis zum Abschluss des Vertrags nirgends erwähnt worden (Gegenteiliges hat die Beklagte auch niemals behauptet).
Damit kommt die Rom I-Verordnung, mit welcher sich die Beklagte in ihrer Berufung auch auseinandersetzt, aber gar nicht zur Anwendung (vgl Art I Abs 1 Rom I-VO). Selbst bei einem anderen Ergebnis wäre der Rechtsstreit gemäß Art 19 Abs 2 Rom I-VO aber ohnehin nach österreichischem Recht zu beurteilen.
6.1 Des weiteren meint die Beklagte in ihrer Rechtsrüge, dass die Voraussetzungen der laesio enormis hier nicht vorliegen.
6.2 Dieser Einwand ist berechtigt: Gemäß § 934 ABGB kann bei einem zweiseitig verbindlichen Geschäft der Vertragspartner, der nicht einmal die Hälfte dessen, was er dem anderen gegeben hat, vom anderen an dem gemeinen Wert erhalten hat, die Aufhebung und Rückabwicklung des Geschäfts fordern. Nach den Feststellungen war der „objektive Wrackwert“, also der Wert des beschädigten und unreparierten C*, EUR 12.450,--. Das ist deutlich mehr als die Hälfte des in Beilage ./4 genannten Kaufpreises für das Fahrzeug von EUR 18.536,--, aber auch deutlich mehr als die Hälfte der von der Klägerin insgesamt gezahlten EUR 19.897,--. Eine laesio enormis liegt daher nicht vor. Die Berechnungen des Sachverständigen, der ausgehend von einem Wert des fiktiv unbeschädigten Fahrzeugs nach Abzug von gewerblichen oder von reduzierten Instandsetzungskosten unterschiedliche Händlereinkaufswerte ermittelte, und die entsprechenden Feststellungen des Erstgerichts sind für die Beurteilung, ob eine Verkürzung über die Hälfte iSd § 934 ABGB vorliegt, bedeutungslos. Dabei geht es ja nur um die Gegenüberstellung einerseits der Zahlung des Anfechtenden und andererseits des gemeinen Werts des Pkw im Zeitpunkt des Verkaufs. Das ist aber nicht der Preis, den ein Händler, der das Fahrzeug reparieren und weiterverkaufen will, als angemessen ermittelt, sondern der Wert (Marktwert), den das Fahrzeug im Zustand beim Verkauf – hier also beschädigt – hat.
6.3 Auf die weiteren Themen in der Rechtsrüge der Beklagten, worin sie meint, dass das Unterlassen einer rechtzeitigen Mängelrüge auch die Anfechtung wegen laesio enormis ausschließe, und dass ihr vorher Gelegenheit zur Verbesserung hätte gegeben werden müssen, was die Klägerin aber nicht getan habe (die Klägerin weist in ihrer Berufungsbeantwortung aber völlig zu Recht darauf hin, dass der Klagevertreter im Aufforderungsschreiben Beilage ./B entweder die Behebung der Mängel binnen vierzehn Tagen oder die Rückabwicklung des Vertrags gefordert hat), muss nicht weiter eingegangen werden.
Die Klägerin kann den Vertrag somit nicht wegen laesio enormis anfechten. Damit ist für die Beklagte aber nichts gewonnen, weil sich die Klägerin völlig zu Recht auf einen von der Beklagten veranlassten Irrtum berufen hat:
7. Nach den Feststellungen hat die Beklagte in ihrem Inserat die voraussichtlichen Reparaturkosten im Online-Inserat mit EUR 3.800,-- angegeben. Nach den Feststellungen hätte die Reparatur inklusive USt EUR 18.275,76 gekostet; selbst die reduzierten Instandsetzungskosten eines Käufers, der eine eigene Reparaturwerkstätte hat, wären noch EUR 15.739,-- inklusive USt gewesen und wären damit mehr als der halbe Kaufpreis des Fahrzeugs höher als der im Inserat angegebene Betrag gewesen. Auf den Fotos beim Inserat waren nach den Feststellungen nur Gebrauchsschäden zu erkennen, die unverhältnismäßig geringer waren als der tatsächlich vorliegende nicht fach- und sachgerecht behobene Heckschaden.
Wenn ein Fahrzeughändler ein beschädigtes Fahrzeug zu einem bestimmten Kaufpreis kauft, um es zu reparieren und dann weiterzuverkaufen, und zwar ohne dieses Fahrzeug vor dem Abschluss des Kaufvertrags besichtigen zu können, dann sind genaue Informationen über die vorliegenden Schäden und die voraussichtlichen Kosten der Reparatur für den Abschluss des Vertrags wesentlich. Über diese wesentlichen Umstände waren die von der Beklagten gegebenen Informationen aber falsch und daher irreführend. Nach den Feststellungen hat der Geschäftsführer der Klägerin angenommen, der angebotene C* sei verkehrs- und betriebssicher und verfüge über eine aufrechte § 57a KFG Begutachtung. Hätte die Klägerin die tatsächlich vorliegenden Schäden gekannt, dann hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft.
Damit liegen aber alle Voraussetzungen einer Irrtumsanfechtung nach § 871 ABGB vor, hat die Beklagte doch einen wesentlichen Irrtum der Klägerin veranlasst. Die Klägerin hat daher zu Recht eine Rückabwicklung des Vertrags gefordert, sodass der Berufung der Beklagten nicht Folge zu geben ist. Ob auch List iSd § 870 ABGB vorgelegen hat (wie die Klägerin behauptet), muss nicht mehr geprüft werden.
8.1 Gemäß der §§ 41 und 50 ZPO muss die Beklagte der Klägerin die von dieser richtig verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung ersetzen.
8.2 Eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO war hier nicht zu lösen. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
II. Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.
9.1 Mit ihrem (in der Berufung enthaltenen und als „Berufung im Kostenpunkt“ bezeichneten) Kostenrekurs beanstandet die Beklagte, dass das Erstgericht der Klägerin auch die Kosten des unmittelbar vor dem Einbringen der Klage durchgeführten Beweissicherungsverfahrens zugesprochen hat. Die Mängel seien im Inserat geradezu offengelegt worden, die Beklagte habe die Mängel zu keinem Zeitpunkt geleugnet.
9.2 Generell dienen die Kosten eines Beweissicherungsverfahrens aber der Erleichterung der Rechtsverfolgung und der Durchsetzung eines Anspruchs, ist doch dem Beweissicherungsverfahren auch der Prozessgegner beizuziehen, sodass es viel wahrscheinlicher ist, dass die Ergebnisse einer solchen vorprozessualen Beweisaufnahme im nachfolgenden Prozess dann von beiden Prozessparteien akzeptiert werden (vgl Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.408). Die Beklagte behauptet, sie habe das Vorliegen der Mängel zu keinem Zeitpunkt geleugnet. Aus dem Inhalt des Aktes lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass die Beklagte die von der Klägerin behaupteten Mängel zugestanden hätte und ob und wie sie auf das Aufforderungsschreiben des Klagevertreters reagiert hat. Dann war es aber Sache der Klägerin, zu beweisen, dass der von der Beklagten gekaufte Pkw zahlreiche gravierende Schäden aufgewiesen habe. Zwar wurde im Gerichtsverfahren ein Gutachten eingeholt, das aber erst mehr als fünfzehn Monate nach der Befundaufnahme des Sachverständigen im Beweissicherungsverfahren. Im Übrigen hat die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich behauptet, dass keine Mängel vorliegen, für welche sie einzustehen hätte (Seite 9 in ON 3). Auch in weiterer Folge hat die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren niemals erklärt, die Ergebnisse der Befundaufnahme im Beweissicherungsverfahren anzuerkennen.
Dem Kostenrekurs der Beklagten ist daher keine Folge zu geben.
10. Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.