33R113/23i – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke HAUSGARTEN über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 8.5.2023, AM 12217/2022-3, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Der Antragsteller begehrt die Eintragung der Wortmarke
H AUSGARTEN
zuletzt für die Waren der Klassen
29 In Gläser abgefülltes Obst; In Gläser abgefüllte Früchte; Zubereitete Salate; Marmeladen; Gallerten und Gelees, Konfitüren, Kompotte, Frucht- und Gemüseaufstriche.
31 Frisches Obst und Gemüse, frische Nüsse und Kräuter.
32 Bio-Fruchtsäfte.
Die Rechtsabteilung wies den Antrag mit der Begründung ab, dem Zeichen fehle die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG. Die beteiligten Verkehrskreise würden darin nur einen allgemeinen Hinweis sehen, dass die so bezeichneten Waren entweder selbst aus einem bei einem Haus gelegenen Garten stammen oder aus von dort kommenden Produkten hergestellt werden.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und die Marke in das Markenregister einzutragen; hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97, Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht 4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 4 Rz 53 ff). Adressierte Verkehrskreise sind alle Interessenten oder Abnehmer der beantragten Waren, hier sind das Verbraucher, aber auch Unternehmer (RS0079038).
2. Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) oder bei Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörtern im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644).
Die Eintragung einer Marke, die aus mehreren Worten zusammengesetzt ist, ist nach den selben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RS0122385 [T1]). Dasselbe gilt für Wortkombinationen: Sind die Bestandteile einer Wortkombination nicht unterscheidungskräftig, ist es die Wortkombination nur dann, wenn ihr Sinngehalt über die Summe ihrer Bestandteile hinausgeht (EuGH C 65/00, Biomild ).
3 . Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (RS0066456; 4 Ob 26/93, Smash; 4 Ob 158/05x, Steirerparkett ).
Die Unterscheidungskraft fehlt bei einer Marke jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft (C-304/06 P, Eurohypo).
4. Unter Hausgarten ist im Allgemeinen ein (kleiner) Garten, der sich in unmittelbarer Nähe eines Hauses befindet, zu verstehen. Typischerweise finden sich in ihm neben Zierpflanzen wie Blumen auch Nutzpflanzen wie Kräuter, Gemüse, Obstbäume und -sträucher. Ohne besondere Denkarbeit oder erheblichen Interpretationsaufwand werden die beteiligten Verkehrskreise daher Obst, Gemüse, Nüsse oder Kräuter, die mit „Hausgarten“ gekennzeichnet sind, bloß als aus einem beliebigen solchen Garten, nicht aber aus einem bestimmten Unternehmen stammend wahrnehmen. Ebenso werden sie zubereitete Salate, Marmeladen, Gallerten und Gelees, Konfitüren, Kompotte, Frucht- und Gemüseaufstriche sowie Fruchtsäfte so wahrnehmen, dass sie aus Gemüse und Früchten, die in einem Hausgarten gezogen werden, hergestellt wurden. Die Waren, für die der Antragsteller die Eintragung begehrt, stehen daher im engen Zusammenhang mit dem Begriff Hausgarten, dem damit die Unterscheidungskraft fehlt. Der Umstand, dass sich die Marke auf konkrete mit dem Begriff verknüpfte Produkte bezieht, wie der Antragsteller in seinem Rekurs ausführt, spricht damit gerade gegen die Unterscheidungskraft und nicht wie im Rekurs vorgebracht für sie.
5. Zeichen, die ansonsten mangels Unterscheidungskraft oder wegen ihres ausschließlich beschreibenden Charakters nicht schützbar sind, können nach § 4 Abs 2 MSchG registriert werden, wenn sie durch die Benutzung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise in Österreich Unterscheidungskaft erlangt haben (sogenannte „erworbene Unterscheidungskraft“; Mutz in Kucsko/Schumacher aaO § 4 Rz 380 f). Dabei ist es Sache des Anmelders, die Voraussetzungen für die Zulassung der Marke nachzuweisen („Verkehrsgeltungsnachweis“; Mutz aaO; C-238/06, Kunststoffflasche).
Diesen streng zu führenden Beweis der Verkehrsgeltung (RS0078883) hat der Antragsteller gar nicht angetreten.
6. Dass ein Dritter „Hausgarten“ erfolgreich als Unionsmarke angemeldet hat (UM 17894086), ist für das vorliegende Verfahren ohne Relevanz: Markeneintragungen entfalten nach ständiger Rechtsprechung nämlich grundsätzlich keine präjudizielle Wirkung für andere Verfahren (4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ; RS0125405 [T4]). Bloß der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Waren der Klasse 30, für die die Unionsmarke registriert ist (hauptsächlich Tee, Kaffee und Kakaoprodukte) nicht in einem so engen Zusammenhang mit dem Begriff Hausgarten stehen wie die Waren, für die der Antragsteller die Eintragung begehrt. Tee-, Kaffee- oder Kakaopflanzen wachsen typischerweise nämlich nicht in hiesigen Hausgärten.
7. Zusammengefasst hat daher die Rechtsabteilung den Antrag zu Recht abgewiesen; der Rekurs musste daher erfolglos bleiben.
8. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt (vgl 4 Ob 66/18m ua).
9. Ob ein Begriff unterscheidungskräftig ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl 4 Ob 78/18a; 4 Ob 16/15d; RS0121895 [T3]). Aus diesem Grund ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.