33R130/23i – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, den Richter Mag. Schmoliner sowie den Kommerzialrat Schiefer in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, […], vertreten durch die Kosesnik-Wehrle Langer Rechtsanwälte KG in Wien, wider die beklagte Partei D***** , vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (EUR 30.500) und Urteilsveröffentlichung (EUR 5.500) über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 15.6.2023, 20 Cg 67/22i-13, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.662,52 (darin EUR 610,42 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Text
Der Kläger ist ein gemäß § 14 Abs 1, letzter Satz, UWG zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen irreführender Geschäftspraktiken berechtigter Verein.
Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland, das in der Herstellung und im Vertrieb von Getränken sowie von Aromen, Grundstoffen, Säften und sonstigen Erzeugnissen für Getränke, einschließlich des Imports und Exports, sowie in der Ausführung sämtlicher damit in Zusammenhang stehender Dienstleistungen, insbesondere der Vergabe von Lizenzen für die Benutzung von Marken, tätig ist.
Unter anderem bietet sie das Produkt „GRÖBI Waldbeere“, ein rotfärbiges Getränk, in einer durchsichtigen Plastikflasche österreichweit in den Filialen und Online-Shops großer Supermarktketten an.
Das Etikett der Flasche sieht wie folgt aus:
Das Produkt „GRÖBI Waldbeere“ existiert seit rund 20 Jahren und war während der gesamten Zeit mit Etiketten versehen, die mit dem vorliegenden aktuellen Etikett vergleichbar sind. Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bestätigte, dass vergleichbare Etiketten aus den Jahren 2011 und 2017 der Etikettengestaltung gemäß dem österreichischen Lebensmittelhandbuch, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 („Informationsverordnung“) und der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 („Claims-Verordnung“) entsprachen.
Auf der von der Beklagten betriebenen Website www.groebi.at wird die Getränkeflasche vor einem Teich auf grüner Wiese mit Bergen im Hintergrund abgebildet. Daneben finden sich, arrangiert wie ein Blumenbouquet, naturgetreu abgebildete Himbeeren, Brombeeren, Erdbeeren sowie Heidelbeeren samt Blättern und Blüte. Dazu findet sich die Beschreibung
«GRÖBI® Waldbeere – fruchtig-süßer Beerengenuss . Die beliebtesten Waldbeeren in herrlich-schmackhaftem Mix. Mehr zu GRÖBI® Waldbeere ...»
Folgt man diesem Link oder scrollt man auf der Homepage weiter nach unten, ist nochmals die Flasche mit dem „Beerenbouquet“ abgebildet und mit folgendem Text versehen:
«GRÖBI® WALDBEERE
SO SCHMECKT HEIMAT
Beerig-gut genießen.
Wie ein Früchtekorb frisch im Wald gepflückt. Den Geschmack heimischer Früchte von Brombeere bis Erdbeere vereint GRÖBI mit herrlich spritzigem Wasser aus eigener Quelle und vielen Vitaminen zur puren Erfrsichung – ganz ohne überflüssige Kalorien. Eine fruchtig-beerige Mischung für figurbewusste Genießer.
GRÖBI. Null Zucker, viele Vitamine, voller Fruchtgeschmack! »
Tatsächlich enthält das Getränk Wasser, Kohlensäure, färbende Konzentrate aus Karotte, Hibiskus und Granatapfel, das Säuerungsmittel Zitronensäure, das Süßungsmittel Natriumcyclamat, Acesulfam K, Aspartam und Natriumsaccharin, Aroma sowie eine Vitaminmischung (Niacin, Vitamin B 6 und Vitamin B 1 ). Die mehrfach genannten und naturgetreu abgebildeten Waldbeeren enthält das Getränk in keiner Form, auch nicht in Form von Aromen dieser Früchte.
Andere GRÖBI-Produkte enthalten demgegenüber einen natürlichen Anteil der beworbenen Zutat. Das trifft auch auf vergleichbare Getränke anderer Hersteller zu.
Der Kläger begehrt, gestützt auf § 2 Abs 1 Z 2 UWG, es der Beklagten zu verbieten, den unrichtigen Eindruck zu erwecken, das von ihr in Verkehr gebrachte Erfrischungsgetränk „GRÖBI Waldbeere“ enthielte Fruchsaftanteile von heimischen Früchten und Beeren, insbesondere von Himbeeren, Erdbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren und/oder Ribiseln, insbesondere durch die blickfangartige naturgetreue Abbildung dieser Früchte und/oder Produktbeschreibungen wie „fruchtig-süßer Beerengenuss – so schmeckt Heimat; die beliebtesten Waldbeeren im herrlich-schmackhaften Mix; wie ein Früchtekorb frisch im Wald gepflückt; in der fruchtig-beerigen Mischung“ oder sinngleiche Ankündigungen, wenn tatsächlich kein Saft( konzentrat) dieser Früchte enthalten sei. Weiters begehrt er die Veröffentlichung auf der Internet-Seite der Beklagten sowie in einer bundesweit erscheinenden Samstags-Ausgabe der „Kronen-Zeitung“.
Die Angaben der Beklagten seien irreführend. Dass es sich bei dem Getränk um ein Erfrischungsgetränk und nicht um einen Fruchtsaft handle, sei auf dem Etikett nur einmal an untergeordneter Stelle und im Rahmen der Präsentation auf der Homepage gar nicht zu finden. Durch die irreführende Produktaufmachung unterstelle die Beklagte dem Getränk eine Qualität, die es nicht habe. Dass die Etikettierung lebensmittelrechtlich konform erfolgt sei, sage nichts über eine Irreführungseignung aus.
Der mindestens einmal erfolgte Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht indiziere Wiederholungsgefahr. Es bestehe ein Interesse der beteiligten Verkehrskreise, aber auch der Mitbewerber der Beklagten, über die Unzulässigkeit dieser Form von irreführender Produktaufmachung aufgeklärt zu werden. Aufgrund des österreichweiten Vertriebs in großen Supermarktketten sei der Kundenkreis sehr weitläufig und daher die Urteilsveröffentlichung in einem auflagenstarken bundesweiten Medium geboten.
Die Beklagte wandte ein, „GRÖBI Waldbeere“ sei kein Fruchtsaft, sondern ein Erfrischungsgetränk mit Waldbeerengeschmack, worauf sie mehrmals auf dem Etikett hinweise. In der Zutatenliste finde sich an keiner Stelle Fruchtsaft als Produktinhalt, sondern nur Aromen. Nach den lebensmittelrechtlichen Vorgaben sei es nicht erforderlich, dass in Erfrischungsgetränken ein Fruchtsaftanteil enthalten sei. Zudem erlaube das Lebensmittelbuch das Abbilden ganzer Früchte auf dem Etikett eines Erfrischungsgetränks. Der Verbraucher erwarte bei einem solchen auch gar nicht, dass es einen Fruchtsaftanteil enthalte. Es reiche vielmehr aus, wenn es nach der angegebenen bzw abgebildeten Geschmacksrichtung schmecke. Eine Irreführung liege daher nicht vor. Das Unterlassungsbegehren sei auch unzulässig, weil es auf die Unterlassung von Werbeaussagen abziele, die die Beklagte so nicht getätigt habe. Schließlich sei das Urteilsveröffentlichungsbegehren in Bezug auf die „Kronen-Zeitung“ überschießend, eine Veröffentlichung auf der Internet-Seite der Beklagten reiche aus.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Unterlassungs- wie auch dem Veröffentlichungsbegehren statt und verpflichtete die Beklagte zum Kostenersatz. Es ging dabei vom eingangs wiedergegebenen, im Berufungsverfahren nicht mehr strittigen Sachverhalt aus.
In rechtlicher Hinsicht folgerte es, es bestehe eine Irreführungseignung sowohl in Bezug auf das auf der Flasche aufgebrachte Etikett als auch in Bezug auf den Internetauftritt der Beklagten. Dem Verbraucher werde allein schon durch die prominente und farbenprächtige Abbildung eines aus mehreren Waldbeeren bestehenden „Bouquets“ auf dem Etikett, aber auch durch die sprachlichen Umschreibungen wie etwa „fruchtig-süßer Beerengenuss“ suggeriert, im Getränk befänden sich zumindest in irgendeiner Hinsicht Anteile der entsprechenden Waldbeeren, was tatsächlich nicht der Fall sei. Einem durchschnittlichen Verbraucher sei die Unterscheidung zwischen einem Erfrischungsgetränk und einem Fruchtsaft nicht geläufig. Er studiere beim Kauf preisgünstiger Produkte des täglichen Bedarfs auch nicht das Zutatenverzeichnis, sondern lasse sich von der Aufmachung und Verpackung leiten. Die Wiederholungsgefahr ziehe die Beklagte gar nicht in Zweifel, weshalb von deren Vorliegen auszugehen sei. Angesichts der österreichweiten Verbreitung des Getränkes über Supermarktketten und Online-Shops sei die Veröffentlichung in der „Kronen-Zeitung“ angemessen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der Aktenwidrigkeit sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Aktenwidrigkeit:
Als aktenwidrig bekämpft die Beklagte die Feststellung des Erstgerichts, dass das Getränk in der Zutatenliste als „zuckerfreies Erfrischungsgetränk mit Waldbeerengeschmack“ sowie mit den Hinweisen „mit 3 Vitaminen. Mit Süßungsmitteln. Vegan“ bezeichnet werde. Tatsächlich fänden sich die angeführten Hinweise nicht in, sondern oberhalb der Zutatenliste.
Der Beklagten ist beizupflichten: Wenn man unter Zutatenliste nur jenen Teil versteht, der mit dem Wort „Zutaten:“ beginnt, befindet sich die genannte Wortfolge tatsächlich nicht in, sondern unmittelbar oberhalb der Zutatenliste. Das ergibt sich schon aus der vom Erstgericht in die Feststellungen übernommenen Abbildung des Etiketts des beanstandeten Getränks (US 5).
Die Aktenwidrigkeit ist dadurch zu beheben, dass das Rechtsmittelgericht anstelle der aktenwidrigen die durch den Akteninhalt gedeckte Feststellung setzt und diese der rechtlichen Beurteilung unterzieht (RS0043324 [T12]; RS0110055). In diesem Sinn übernimmt das Berufungsgericht die beanstandete Feststellung nicht, sondern jene, die sich aus der Abbildung des Etiketts ergibt, wonach sich der Hinweise auf ein Erfrischungsgetränk nicht in, sondern oberhalb der Zutatenliste befindet.
2.Zur Rechtsrüge:
2.1 Die Berufung wendet sich zunächst gegen die Annahme des Erstgerichts, der Käufer von „GRÖBI Waldbeere“ würde erwarten, das Getränk enthalte den Saft oder zumindest die Aromen von Waldbeeren. Nach ihrer Auffassung erwarte der Käufer nur, dass das Getränk nach Waldbeere schmecke.
2.1.1 Dem ist zu entgegnen: Zu den wesentlichen Merkmalen eines Produkts, die im Fall unrichtiger Angaben oder sonstiger Täuschungseignung den Tatbestand irreführender Geschäftspraktiken iSd § 2 Abs 1 Z 2 UWG erfüllen können, zählt auch dessen Zusammensetzung. Im Fall der Irreführung über die Beschaffenheit (etwa durch die Art der Verpackung) werden der Ware bestimmte Eigenschaften zugesprochen, die dem Absatz oder der Nachfrage durch den Kunden förderlich sind, tatsächlich allerdings nicht vorliegen. Diverse Angaben, die ein Unternehmer über die Bestandteile und zur stofflichen Beschaffenheit des angebotenen Produktes macht, sind für den Verkehr von wesentlicher Bedeutung, weil aus diesen Angaben auf bestimmte Eigenschaften oder Wirkungen, insbesondere auf die Güte der Ware, geschlossen wird. Solche Fehlvorstellungen sind grundsätzlich für die (Kauf-)Entscheidung relevant. Angaben über die stoffliche Beschaffenheit, die nicht der Wahrheit entsprechen, sind in aller Regel irreführend (4 Ob 228/10y = MR 2011, 148, Waldbeerenfruchtschnitte ; RS0126590). Suggeriert die Produktaufmachung dem Verbraucher den (unzutreffenden) Eindruck, dass eine bestimmte Zutat enthalten ist, die tatsächlich und ausweislich der (gesetzlich vorgeschriebenen) Zutatenliste fehlt, liegt Irreführung vor ( Anderl/Appl in Wiebe/Kodek , UWG² § 2 Rz 243 [Stand 10.1.2023, rdb.at]).
2.1.2 Die Irreführungseignung ist nach dem Gesamteindruck der strittigen Ankündigung bei flüchtiger Betrachtung zu beurteilen (RS0078948; RS0078352). Der Gesamteindruck ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung, weil der Gesamteindruck durch einzelne Teile der Ankündigung, die als Blickfang besonders herausgestellt sind, bereits entscheidend geprägt werden kann. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend iSd § 2 UWG sein. Ist dieser Teil irreführend, dann liegt ein Verstoß gegen § 2 UWG vor, wenn eine nähere Erklärung, die das Entstehen eines falschen Eindrucks verhindert, überhaupt fehlt oder nicht in einer nach der Übung des redlichen Verkehrs zu erwartenden Form (zB in wesentlich kleinerer Schrift) beigegeben wird (RS0078542). Ein aufklärender Hinweis kann ein Enttäuschen durch eine mehrdeutige Werbeaussage nur verhindern, wenn er von den angesprochenen Verkehrskreisen auch wahrgenommen wird, was im Regelfall gleiche Auffälligkeit voraussetzt. Maßgebend dabei ist, ob ein durchschnittlich informierter, verständiger Verbraucher den aufklärenden Hinweis wahrnimmt, wenn er mit der Werbeaussage konfrontiert wird (RS0118488). Der Gesamteindruck kann maßgeblich von der Bezeichnung einer Ware (4 Ob 228/10y [1.4.]) oder dem Etikett (4 Ob 20/91, Himbeeressig ; 4 Ob 379/76, Kürbis-Salatöl ) geprägt werden.
2.1.3 Die Beklagte bezeichnet das in Frage stehende Getränk als „GRÖBI Waldbeere“. Ihrem Vorbringen, der durchschnittliche Verbraucher werde das Getränk als Erfrischungsgetränk wahrnehmen und daher in ihm weder Saft noch Aromen von Waldbeeren vermuten, steht schon entgegen, dass sich das Wort Erfrischungsgetränk auf ihrer Internetseite gar nicht und am Etikett der Flasche nur – wenn auch in Fettdruck – auf der Rückseite oberhalb des Zutatenverzeichnisses findet. Dem steht die Abbildung des „Waldbeerenbouquets“ gegenüber. In Zusammenschau mit der Bezeichnung des Getränks als „GRÖBI Waldbeere“ erwartet der Verbraucher daher das Vorhandensein zumindest von Aromen von Waldbeeren, wie der Verbraucher auch bei einem als „Himbeer-Vanille-Abenteuer“ bezeichneten Tee, auf dessen Verpackung sich Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten befinden, das Vorhandensein von Vanille- und Himbeeraromen im Tee erwartet (BGH I ZR 45/13, Himbeer-Vanille-Abenteuer II ). An dieser Irreführung vermag auch das Zutatenverzeichnis, aus dem sich richtigerweise ergibt, dass sich die zu erwartenden Stoffe im Produkt tatsächlich nicht befinden, nichts zu ändern, zumal weite Kreise der Verbraucher die Zutatenliste nicht oder nicht mit großer Aufmerksamkeit lesen, sondern allenfalls flüchtig wahrnehmen (EuGH C-195/14, Teekanne ). Unterstrichen wird der Eindruck durch den Werbeauftritt der Beklagten auf ihrer Internetseite, wo sie das Getränk ua mit den Worten „Die beliebtesten Waldbeeren im herrlich-schmackhaften Mix“ anpreisen. Gemixt, also gemischt, kann aber nur etwas werden, was tatsächlich auch vorhanden ist.
2.1.4 Schon im Hinblick darauf, dass es für den Durchschnittsverbraucher, wie ausgeführt, auf den ersten Blick gar nicht erkennbar ist, dass es sich beim beanstandeten Produkt um ein Erfrischungsgetränk handelt, kommt es entgegen den Berufungsausführungen auch nicht drauf an, wie sich ein Erfrischungsgetränk nach dem „Lebensmittelbuch“ (Codex Alimentarius Austriacus, CAA) definiert. Im Übrigen gibt dieses die konkrete Verbrauchererwartung nur widerlegbar wieder (4 Ob 20/91; Anderl/Appl aaO Rz 244). Sämtlichen von der Beklagten in der Berufung zitierten Verfahren lagen auch andere Sachverhalte zugrunde, nämlich solche, in denen ein Unternehmer zu Lasten der Verbraucher von den Definitionen laut Lebensmittelbuch und damit von der berechtigten Erwartung abwich, er also Produkte unter Bezeichnungen auf den Markt brachte, die der Definition des Lebensmittelbuchs gerade nicht entsprachen. Aus diesen Entscheidungen ist aber nicht der umgekehrte Schluss zu ziehen, dass es schon ausreicht, Produkte entsprechend dem Lebensmittelbuch zu bezeichnen, um eine Irreführung im Sinne des UWG auszuschließen.
Schließlich stützt selbst die Definition eines Erfrischungsgetränks nach dem CAA die Argumentation der Beklagten nicht: Nach dieser enthalten Erfrischungsgetränke geruch- und geschmackgebende Zusätze. Auch wenn sie Früchte oder Fruchtsäfte nicht enthalten müssen, sondern nur können, erwartet der Verbraucher im Hinblick auf die Bezeichnung mit und der Abbildung von Waldbeeren, dass zumindest Aromen davon im Getränk enthalten sind. Das ist festgestelltermaßen nicht der Fall.
2.1.5 Soweit die Beklagte Feststellungen dazu vermisst, dass ihr Getränk in Supermärkten und Online-Shops gemeinsam mit anderen Limonaden und Colas, nicht hingegen mit Fruchtsäften und Smoothies angeboten werde, so kommen sekundäre Feststellungsmängel wie der damit angesprochene nur im Rahmen des Tatsachenvorbringens der jeweiligen Partei in Betracht. Sie sind daher nur dann denkbar, wenn die verfahrensrelevante Feststellung von einem ausreichend konkreten Tatsachenvorbringen der Partei erfasst ist (RS0053317 [T4]). Die Beklagte hat in erster Instanz aber kein Tatsachenvorbringen dazu erstattet, mit welchen anderen Getränken gemeinsam ihr Produkt angeboten wird. Schon dieser Umstand steht den begehrten ergänzenden Feststellungen entgegen. Die Beklagte hat auch keine Beweise für die ergänzende Feststellung angeboten. Wo sich ihr Getränk im Supermarkt befindet, ist nicht gerichtsnotorisch. Darunter versteht man solche Tatsachen, die dem erkennenden Gericht aus eigener amtlicher Wahrnehmung bekannt sind ( Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 269 Rz 3 mwN; RS0110714). Das trifft auf die Situierung von Getränken in Supermärkten nicht zu.
2.2 Die Beklagte vermeint, mit dem angefochtenen Urteil würde ihr die Unterlassung von Werbeaussagen geboten, die sie so tatsächlich nicht getätigt habe.
2.2.1 Werden – wie hier – in einem Urteilsspruch Beispielsfälle unter „insbesondere“ angeführt, so wird das Unterlassungsgebot dadurch nur verdeutlicht, nicht aber eingeschränkt (4 Ob 7/97a; RS0037461 [T1]). Es ist zulässig, die konkrete Verletzungshandlung zu nennen und das Verbot auf ähnliche Eingriffe zu erstrecken oder das unzulässige Verhalten verallgemeinernd zu umschreiben und durch „insbesondere“ aufgezählte Einzelverbote zu verdeutlichen. Auch bei einer solch allgemeinen Fassung des Unterlassungsbegehrens muss der Spruch den Kern der Verletzungshandlung umfassen (RS0133084). Das ist hier der Fall.
2.2.2 Ein Eingehen auf die in der Berufung vorgebrachten Bedenken gegen die Eventualbegehren erübrigt sich schon deshalb, weil dem Hauptbegehren stattzugeben war, sodass über das Eventualbegehren nicht zu entscheiden ist (vgl RS0037625).
2.3 Schließlich wendet die Beklagte ein, die Veröffentlichung in einer bundesweit erscheinenden Samstags-Ausgabe der „Kronen-Zeitung“ sei unverhältnismäßig.
Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RS0121963). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]). Die bloße Bereitstellung einschlägiger Informationen auf der Webseite des Klägers oder der Beklagten wird dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung nicht gerecht (RS0121963 [T10; T15]; zuletzt 5 Ob 64/23g). Im Hinblick auf den festgestellten österreichweiten Vertrieb des beanstandeten Produkts in Supermärkten ist eine Veröffentlichung in einer auflagenstarken österreichweiten Zeitung nicht unverhältnismäßig (vgl 8 Ob 106/20a ua).
3. Gegen die Annahme der Wiederholungsgefahr durch das Erstgericht wendet sich die Berufung nicht. Sowohl das Unterlassungs- wie auch das Veröffentlichungsbegehren bestehen damit zu Recht, weshalb das angefochtene Urteil zu bestätigen war.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der ERV-Zuschlag für die Berufungsbeantwortung beträgt nur EUR 2,60 für Folgeeingaben.
5. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO orientiert sich an der unbedenklichen Bewertung durch den Kläger sowie an der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstands.
6. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig. Weder ob eine Ankündigung im Einzelfall zur Irreführung geeignet ist noch ob und in welcher Weise eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falls zur Aufklärung des Publikums geboten ist, sind erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0053112; RS0042967).