JudikaturOLG Wien

3R43/23z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Gewährleistungsrecht
28. September 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Klenk und den Kommerzialrat Langenbach, MBA, in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch tws rechtsanwälte og in St.Pölten, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch Mag. Dr. Herbert Schrittesser, Rechtsanwalt in Mödling, wegen EUR 70.000 sA, über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 68.937,50) gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 31.1.2023, 60 Cg 2/21f-39, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem das Klagebegehren abweisenden Teil unangefochten blieb, wird im Übrigen aufgehoben und dem Erstgericht insofern eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist auf die Entwicklung von Photovoltaikanlageprojekte spezialisiert und plante mit der Gemeinde E* die Errichtung einer Photovoltaik-Großanlage auf einem Grundstück der Gemeinde. Dazu schloss die Klägerin mit der Gemeinde am 22.6.2017 einen Kooperationsvertrag und erstellte ein Energiekonzept.

Die F* G* GmbH hatte Interesse die Photovoltaik-Großanlage zu kaufen. Aufgrund interner Betriebsvorgaben kam nur ein Kauf einer fertigen Anlage von einem sogenannten „Channel-Partner“ der F* G* GmbH in Frage. Da eine mehrmonatige Verzögerung zu befürchten war, wenn sich die Klägerin in die Liste der „Channel-Partner“ hätte eintragen lassen, schlug die F* G* GmbH die in der Liste der „Channel-Partner“ enthaltene Beklagte als Projektpartnerin der Klägerin für die Realisierung des Projekts vor. Die Klägerin sollte die Rechte am Grundstück der F* G* GmbH überlassen und die Beklagte mit der F* G* GmbH einen Vertrag über den Kauf einer Photovoltaikanlage abschließen, die von der Beklagten gemeinsam mit der Klägerin errichtet werden sollte.

Am 22.5.2018 schlossen die Klägerin und die Beklagte ein „Non-Circumvention and Non-Competition Agreement“, um die beabsichtigte Kooperation abzusichern.

Der Kaufvertrag über die zu errichtende Anlage wurde am 24.10.2018 zwischen der Beklagten und der F* G* GmbH geschlossen.

Am 1.3.2019 vereinbarten die Klägerin und die Beklagte die Kooperation und die gemeinsame Durchführung des Projektes PV-Anlage H* (Beilage ./I). Die kalkulierten Einnahmen und Ausgaben nach dem bereits vorliegenden Bauzeiten-Kostenplan und die weiteren Kosten sollten je zur Hälfte aufgeteilt werden. Auch der Gewinn aus dem Projekt sollte im Verhältnis 1:1 aufgeteilt werden.

Vereinbarungswidrig überwies die Beklagte nicht die Hälfte der von der F* G* GmbH gezahlten Anzahlung an die Klägerin und bestellte entgegen der vertraglichen Vereinbarung selbst die Module für die Anlage. Im Februar 2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es keine Vereinbarung mit der Klägerin gebe und sie auch nicht vorhabe, mit der Klägerin zusammenzuarbeiten.

Mit Schreiben vom 9.7.2020 drohte die Klägerin den Vertragsrücktritt für den Fall der Nichtzahlung der Hälfte der Anzahlung der F* G* GmbH binnen vierzehn Tagen an. Eine solche Überweisung erfolgte nicht. Das Projekt wurde in weiterer Folge ohne weitere Mitarbeit der Klägerin durchgeführt und von der Beklagten alleine umgesetzt.

Die Klägerin begehrt aus dem Titel des Schadenersatzes und der Bereicherung die Zahlung von EUR 70.000, die sie zunächst insofern aufschlüsselte, dass sie EUR 60.000 netto als Ersatz für die erbrachten Vorleistungen und EUR 10.000 an entgangenem Gewinn begehrt (ON 1, 3, 10). Sie habe Vorarbeiten im Zusammenhang mit dem Projekt zur Errichtung einer Photovoltaik-Großanlage in E* erbracht. Mit der Beklagten sei in der Folge vereinbart worden, dass das Projekt gemeinsam umgesetzt werde, wobei der Aufwand und der Erfolg 1:1 zwischen den Parteien geteilt werden sollte. Die Beklagte habe jedoch das Projekt ohne die Klägerin umgesetzt, weshalb die Klägerin den Vertragsrücktritt aus wichtigem Grund erklärt habe. Die von der Klägerin erbrachten Vorleistungen im Umfang von EUR 60.000 seien frustriert. Außerdem werden in teilweiser Abgeltung des der Klägerin zustehenden Gewinnanteils EUR 10.000 begehrt.

Nach dem Unschlüssigkeitseinwand der Beklagten, wonach nicht nachvollzogen werden könne, für welche konkreten Vorleistungen EUR 60.000 und aus welchem Gesamtgewinn der Gewinnanteil von EUR 10.000 geltend gemacht werden (ON 13), schlüsselte die Klägerin die Vorleistungen mit Angabe des Datums, der Angelegenheit, der Stundenzahl und des Stundensatzes auf (ON 14). Demnach habe sie im Zeitraum 2016 bis 2019 insgesamt 234 Stunden an detailliert genannten Leistungen zu einem Stundensatz von EUR 150 und 40 Stunden an detailliert genannten Leistungen zu einem Stundensatz von EUR 350 erbracht, sohin insgesamt EUR 49.100 netto. Weiters habe sie Reisespesen von EUR 5.000 gehabt. Für den Bearbeitungsaufwand von 211 Mails werde je eine halbe Stunde zu einem Stundensatz von EUR 150 angenommen, was einem Aufwand von 105,50 Stunden und EUR 15.825 entspreche. Von diesem Gesamtbetrag von EUR 69.925 werden „aus prozessökonomischen Gründen“ EUR 60.000 eingeklagt. Die Kalkulation der Beklagten habe einen Projektgewinn von zumindest EUR 300.000 ergeben, der je zur Hälfte zwischen den Parteien aufgeteilt hätte werden sollen.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass die Klägerin die Vorarbeiten für die Gemeinde E* erbracht habe und nicht für die Beklagte. Ein Gewinnanteil stehe der Klägerin nicht zu, weil sie die Vereinbarung gekündigt habe und daher aus dem Projekt ausgeschieden sei. Außerdem würde eine Gewinnbeteiligung voraussetzen, dass die Klägerin gleichwertige Leistungen zum Projekt beigetragen habe, was nicht der Fall gewesen sei. Da die Beklagte aus dem Projekt keinen Gewinn erwirtschaftet habe, stehe der Klägerin auch kein Gewinnanteil zu. Im Übrigen sei die von den Parteien geschlossene Vereinbarung nur eine Absichtserklärung gewesen. Die Zusammenarbeit hätte noch in einem gesonderten Vertrag konkretisiert werden müssen; dieser sei aber nicht abgeschlossen worden. Nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung hätte die Klägerin Solarmodule und andere Materialien bestellen und liefern sollen. Dieser Verpflichtung sei sie nicht nachgekommen. Eine Abgeltung von Vorleistungen sehe die Vereinbarung nicht vor.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren im Umfang von EUR 68.937,50 sA statt und wies das Mehrbegehren von EUR 1.062,50 sA ab. Ausgehend von dem eingangs zusammengefasst wiedergegebenen und auf den Seiten 5 bis 16 der Urteilsausfertigung festgestellten Sachverhalt, auf den verwiesen wird, ging es rechtlich davon aus, dass die Parteien am 1.3.2019 einen Kooperationsvertrag abgeschlossen haben. Entgegen dieser Vereinbarung habe die Beklagte weder die Hälfte der vom Käufer der Anlage überwiesenen Anzahlung an die Klägerin überwiesen noch die Solar-Module über die Klägerin bezogen. Sie habe ihr auch keinen Gewinnanteil überwiesen. Da die Beklagte ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht eingehalten habe, sei die Klägerin gemäß § 918 Abs 1 ABGB berechtigt nach Nachfristsetzung mit Schreiben vom 9.7.2020 vom Vertrag zurückgetreten. Daher seien die gegenseitigen Leistungen gemäß § 921 ABGB rückabzuwickeln. Soweit der Beklagten Vorarbeiten der Klägerin zu Gute gekommen seien, seien diese im Sinn des § 1435 ABGB zu ersetzen. Der Verzug sei aufgrund des subjektiv vorwerfbaren Vertragsbruchs der Beklagten schuldhaft erfolgt, deshalb stehe der Klägerin der Ersatz des Nichterfüllungsschadens zu, worunter auch der Ersatz der frustrierten Aufwendungen und des entgangenen Gewinns falle.

Zur Erleichterung der Schadensermittlung könne § 273 Abs 1 ZPO herangezogen werden. Die Klägerin habe 234 Stunden lang Vorbereitungsarbeiten erbracht, die nach einem üblichen Projektleitergehalt mit dem Mittelwert von EUR 125 pro Stunde netto zu bemessen seien, was EUR 29.250 ergebe. Der halbstündige Aufwand pro E-Mail erscheine angemessen, sodass zusätzlich 105,50 Stunden Arbeitszeit zu EUR 125 hinzukomme, was EUR 13.187,50 ergebe. Außerdem habe die Klägerin Reisespesen für eine einmalige Reise von F* nach I* und zurück sowie Reisen zwischen F* und H* und nach C* tragen müssen, was für etwa 5.000 km samt Übernachtung in I* mit EUR 2.500 gemäß § 273 Abs 1 ZPO bemessen werde. Darüber hinaus habe die Klägerin EUR 8.750 netto Unternehmensberatungskosten und EUR 5.250 für die rechtliche Prüfung des Kaufvertrags mit der F* G* GmbH im Jahr 2018 gezahlt. Der Klägerin stehen daher für die Vorbereitungsarbeiten EUR 58.937,50 und EUR 10.000 als Hälfte des festgestellten Gewinns von zumindest EUR 20.000 zu, insgesamt daher EUR 68.937,50.

Gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils richtet sich die Berufung der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im gänzlich klagsabweisenden Sinn; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist teilweise berechtigt .

Zur Mängelrüge:

1.1 Die Beklagte rügt als Verfahrensmangel, dass das Erstgericht zur Frage, ob das Projekt einen Gewinn abgeworfen hat, kein Sachverständigengutachten eingeholt hat.

1.2 Die Unterlassung der Aufnahme bestimmter Beweise kann nur dann als Verfahrensmangel geltend gemacht werden, wenn der Berufungswerber selbst einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat (LGZ Wien MietSlg 70.668; Kodek , Praxistipps zum Berufungsverfahren, Zak 2016, 384 [385]). Das hat die Beklagte nicht getan. Die Mängelrüge ist daher nicht berechtigt.

Zur Beweisrüge:

2.1 Die Beklagte wendet sich gegen die in der rechtlichen Beurteilung getroffene Aussage des Erstgerichts: „Soweit also der Beklagten Vorarbeiten der Klägerin zu Gute kommen, sind diese iSd § 1435 ABGB zu ersetzen.“

Stattdessen begehrt sie die Feststellung dass die – konkret genannten – Vorbereitungsarbeiten der Klägerin selbst und/oder der F* G* GmbH zugute gekommen seien, wobei eine genaue Aufteilung der Vorbereitungsarbeiten auf die Klägerin selbst und die F* G* GmbH nicht festgestellt werden könne.

2.2 Die beanstandete Aussage des Erstgerichts ist tatsächlich ein Teil seiner rechtlichen Beurteilung und keine mit Beweisrüge bekämpfbare Tatsachenfeststellung.

3.1 Die Beklagte wendet sich gegen die Feststellung, dass das Projekt einen Gewinn von zumindest EUR 20.000 abgeworfen habe, und begehrt stattdessen die Ersatzfeststellung, dass nicht feststellbar sei, ob aus dem Projekt ein Gewinn entstanden sei.

Die Beklagte meint, die bekämpfte Feststellung lasse sich aus den Beweisergebnissen nicht ableiten. Außerdem seien die Schlussfolgerungen des Erstgerichts unschlüssig, wenn es den Gewinn aus dem höheren Einkaufspreis für die Paneele ableite. Auch bei einem höheren Einkaufspreis bleibe der Verlust bei der Beklagten, die für die Paneele diesen höheren Preis tatsächlich habe bezahlen müssen.

3.2 Das Erstgericht begründete die Feststellung eines Projektgewinns von zumindest EUR 20.000 mit detailliert ausgeführten Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung laut Beilage ./2 und dem Umstand, dass das Projekt im Wesentlichen wie in der Beilage ./I veranschlagt ausgeführt worden sei: „ Da im Übrigen Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung ./2 bestanden und sich trotz der bereits anfangs absehbaren Kosten für den Netzanschluss von tatsächlich EUR 207.385 und für den Wassergraben von EUR 30.000 dennoch unter Berücksichtigung der Berechnung ./I ein Gewinn ergeben hätte (Aussage Ing. J*), war von einem Gewinn von zumindest EUR 20.000 auszugehen, mehr war nicht klagsgegenständlich. “ (US 22)

3.3 Die bekämpfte Feststellung ist daher so zu verstehen, dass die Beklagte mit dem Projekt einen Gewinn von zumindest EUR 20.000, gemacht hat; die Beklagte versucht, dies mit ihrer Beweisrüge zu widerlegen.

Es kommt aber überhaupt nicht darauf an, welchen Gewinn die Beklagte gemacht hat, nachdem sie das Projekt vertragswidrig ohne Mitwirkung der Klägerin selbst verwirklicht hat. Die Klägerin begehrt Schadenersatz, weil sie dies hat die Beklagte zugestanden vom Vertrag mit der Beklagten zurückgetreten ist. Die Klägerin hat dann Anspruch auf das positive Vertragsinteresse (vgl RS0018463 [T1]), was bedeutet, dass sie von der Beklagten vermögensmäßig so gestellt werden muss, wie wenn der Vertrag von der Beklagten ordnungsgemäß und vollständig erfüllt worden wäre (vgl RS0018239 [T4]). Dass die Klägerin zu Recht vom Vertrag zurückgetreten ist und die Beklagte dies verschuldet hat wird von ihr in ihrer Berufung nicht mehr bestritten.

Die Klägerin hätte dann Anspruch auf die Hälfte des Gewinns gehabt, den das Projekt abgeworfen hätte, wäre es wie zwischen den Streitteilen vereinbart gemeinsam von den beiden Streitteilen abgewickelt worden. Maßgeblich ist also nicht, welchen Gewinn die Beklagte nach der Abwicklung des Projekts tatsächlich gemacht hat, sondern bloß, welchen Gewinn die Streitteile hypothetisch gemacht hätten, wenn der zwischen ihnen abgeschlossene Vertrag von beiden ordnungsgemäß erfüllt worden wäre und sie das Projekt gemeinsam abgewickelt hätten. Dazu hat das Erstgericht nichts festgestellt.

Zur Rechtsrüge:

4.1 Werden aus einem rechtserzeugenden Sachverhalt mehrere Ansprüche abgeleitet und in einer Klage geltend gemacht, dann muss in einem solchen Fall der objektiven Klagehäufung jeder der Ansprüche zumindest in der Begründung ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein, um dem Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO zu entsprechen (RIS-Justiz RS0031014 [T19, T22, T25, T29]). Macht ein Kläger in einem solchen Fall nur einen Teil seines Gesamtanspruchs geltend und können dabei einzelne Anspruchspositionen unterschieden werden, die ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben, so hat er klarzustellen, welche Teile von seinem pauschal formulierten Begehren erfasst sein sollen (RS0031014 [T25]). Weil bei Teileinklagung die Streitanhängigkeit nur bezüglich des eingeklagten Teils eintritt und sich auch nur darauf die Rechtskraftwirkung eines Urteils erstreckt (RS0039155), muss der Kläger (den vorgenannten Grundsätzen folgend) angeben, aus welchen konkreten Ansprüchen sich der von ihm eingeklagte Teilbetrag zusammensetzt und die geltend gemachten Teilforderungen individualisieren.

4.2 Lediglich gleichartige Ansprüche können zu einem einheitlichen Begehren zusammengefasst werden. Nur wenn ein Schaden als einheitlicher Gesamtschaden zu betrachten ist, bedarf auch die Teileinklagung keiner weiteren Aufschlüsselung (RS0031014 [T28, T30]).

4.3 Hinsichtlich des (Teil)Pauschalbetrags von EUR 60.000 bezifferte die Klägerin ihren Schaden aufgrund der von ihr erbrachten Vorarbeiten mit insgesamt EUR 69.925, den sie mit EUR 49.100 für frustrierte Leistungen, EUR 5.000 für Reiseaufwand und EUR 15.825 für Aufwand der E-Mail-Bearbeitung konkretisiert. Somit liegt eine Teileinklagung vor, bei welcher eine Aufschlüsselung erforderlich wäre (vgl RS0031014 [T15, T28, T30]), weil die Klägerin mehrere einzelne Ansprüche aus verschiedenen geleisteten Vorarbeiten in verschiedenen Zeiträumen (Planungen, Verhandlungen, Besprechungen, Konzepterstellung) geltend macht, sodass kein einheitlicher Anspruch vorliegt (vgl 4 Ob 160/21i [Rz 17]).

4.4 Eine solche Unschlüssigkeit ist von Amts wegen wahrzunehmen, darf grundsätzlich aber nicht zur sofortigen Abweisung des Klagebegehrens führen, sondern das Gericht hat der Klägerin zuerst Gelegenheit zur Verbesserung ihres unschlüssigen Klagebegehrens zu geben (17 Ob 18/19z mwN).

5. Außerdem wurde in erster Instanz auch nicht erörtert, dass der Klägerin nicht gleichzeitig wie von ihr in der Klage allerdings geltend gemacht sowohl ein Anspruch auf Abgeltung ihres gesamten Aufwands für die Verwirklichung des Projekts als auch der im Vertrag mit der Beklagten vereinbarte Anspruch auf die Hälfte des Gewinns aus dem Projekt zustehen kann: Der Schadenersatzanspruch der Klägerin ist, wie bereits bei 3.3 ausgeführt, darauf gerichtet, dass sie das erhält, was sie erhalten hätte, wenn die Beklagte nicht vertragsbrüchig geworden wäre. Dann stünde der Klägerin der halbe Gewinn zu (den die Streitteile gemacht hätten, hätten sie das Projekt gemeinsam abgewickelt) und allenfalls auch noch der Ersatz der Hälfte ihrer weiteren Kosten, wobei sie im Gegenzug allerdings auch der Beklagten die Hälfte von deren weiteren Kosten ersetzen müsste. „Weitere Kosten“ sind schon nach dem Wortlaut dieser Regelung im Vertrag nur Kosten, die erst nach dem Abschluss des Vertrags zwischen den Streitteilen, also nach dem 1.3.2019 entstanden sind. „Kosten“ können nur Ausgaben sein, die die Streitteile zur Verwirklichung des Projekts in weiterer Folge haben. Die Klägerin fordert aber weitgehend nur die Abgeltung ihrer eigenen Leistungen (etwa die Teilnahme an Besprechungen oder das Schreiben oder Lesen von E Mails); dies sind keine „Kosten“ im Sinne der zitierten vertraglichen Regelung. Soweit sie den Ersatz von ihr geleisteter Zahlungen für das Projekt geltend macht (etwa die Prüfung des Kaufvertrags mit der F* G* GmbH im Jahr 2018 oder die Unternehmensberatungskosten im Jahr 2017) handelt es sich um Kosten, die ihr vor dem Abschluss des Vertrags mit der Beklagten entstanden sind, und daher nicht um „weitere“ Kosten im Sinne der vertraglichen Regelung. Aus dem Titel des Schadenersatzes hat die Beklagte daher nur Anspruch auf die Hälfte des Gewinns, den die Streitteile gemacht hätten, hätten sie das Projekt gemeinsam verwirklicht.

6.1 Ein Fall frustrierter Aufwendungen liegt hier nicht vor:

„Frustriert“ sind nach der Rechtsprechung nämlich Aufwendungen, die durch das Schadensereignis zwar nicht selbst verursacht wurden, durch dieses aber nutzlos geworden sind (vgl RS0125779). Dies wurde etwa für die Stornogebühr für einen bereits gebuchten Urlaub bejaht, den eine Verletzte wegen eines vom dortigen Beklagten schuldhaft verursachten Unfalls nicht antreten konnte (2 Ob 113/09w), für die Kosten eines aufgrund einer verschuldeten Reiseverzögerung entgangenen Urlaubstags (8 Ob 101/10a) und für infolge verschuldeter Unbenutzbarkeit eines Leasingfahrzeugs frustrierte Leasingkosten (4 Ob 209/17i). Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass der Geschädigte aufgrund eines ihm zugefügten Schadens Kosten aufwenden musste (Stornogebühr) bzw keinen Nutzen aus von ihm zu tragenden Kosten ziehen konnte (entgangener Urlaubstag, frustrierte Leasingkosten, vgl 3 Ob 212/21d).

Dementsprechend liegt ein frustrierter Aufwand nur dann vor, wenn ein Schädiger (oder ein Ereignis) nicht die Tätigung eines Aufwands verursacht hat, sondern nur die Sinnlosigkeit des Aufwands ( Reischauer in Rummel , ABGB³ § 1293 Rz 11).

Die im Rahmen der Kooperationsvereinbarung getätigten Aufwendungen der Klägerin wurden durch den Vertragsabschluss verursacht und sind daher nicht frustriert im Sinn der Rechtsprechung. Die vor Abschluss der Kooperationsvereinbarung getätigten Aufwendungen wurden nicht im Hinblick auf die Erfüllung des Vertrags gemacht und sind daher auch nicht als frustrierte Aufwendungen zu beurteilen.

6.2 Der von der Klägerin in der Berufungsbeantwortung herangezogene Rechtssatz RS0018499 lautet: Stand aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Schuldners den Aufwendungen des Gläubigers, die er auch bei vertragsgetreuem Verhalten des Schuldners zu machen hatte, keine entsprechende Gegenleistung gegenüber, so ist der so frustrierte Aufwand als Nichterfüllungsschaden zu ersetzen, wenn der Schuldner nicht beweist, dass sich der Vertrag bei ordnungsgemäßer Erfüllung durch ihn als Verlustgeschäft erwiesen hätte. Der diesem Rechtssatz zugrunde liegenden Entscheidung 1 Ob 715/85 lag ein Fall zugrunde, in dem die (frustrierten) Aufwendungen in Ausführung eines bereits rechtswirksam abgeschlossenen Vertrags (vereinbarungsgemäß und notwendigerweise) entstanden sind, womit die Vermutung durchaus berechtigt erscheint, dass dieser Aufwand aus dem zu erwartenden Geschäftsgewinn zumindest gedeckt sein würde.

Dieser Fall liegt zumindest in Bezug auf die vor dem 1.3.2019 erfolgten Leistungen nicht vor. Hier hatte die Klägerin lange vor einer vertraglichen Bindung der Beklagten Projektvorlaufkosten, ohne zu diesem Zeitpunkt zu wissen, ob sich letztlich überhaupt eine Rentabilität des angedachten Projekts ergeben werde und ob sich ein Käufer finden würde. Unter diesen Umständen kann keineswegs von einer vergleichbaren „Rentabilitätsvermutung“ der Aufwendungen gesprochen werden (zu einem vergleichbaren Sachverhalt: 1 Ob 205/16b).

In Bezug auf die nach dem 1.3.2019 erfolgten Leistungen ist darauf hinzuweisen, dass die Geltendmachung eines Nichterfüllungsschadens (im Ausmaß der Vorlaufkosten) durch Entfall der zu erwartenden künftigen Gewinnanteile schon daran scheitert, dass die Klägerin ohnehin den „entgangenen Gewinn“ aus dem Projekt begehrt (vgl 1 Ob 205/16b).

6.3 Ein Bereicherungsanspruch nach § 1435 ABGB, wie ihn das Erstgericht angenommen hat, kann ganz weitgehend schon deshalb nicht vorliegen, weil die Klägerin die meisten Leistungen, die sie jetzt abgegolten haben will, lange vor dem Abschluss des Vertrags mit der Beklagten erbracht hat. Sie hat somit diese Leistungen weder an noch für die Beklagte erbracht. Außerdem hat die Klägerin zu ihrem Bereicherungsanspruch bloß ganz kurz vorgebracht, die Beklagte sei insofern bereichert, als ihr der gesamte Gewinn aus dem Projekt zufließe und sie von Vorleistungen der Klägerin profitiere; die Beklagte sei bereichert, weil sie sich solche Aufwendungen erspart habe (S 3 in ON 15.2). Diese Behauptung ist jedenfalls falsch, wenn die Klägerin ihren Hälfteanteil am Gewinn verlangt: Wenn sie diesen Anspruch geltend macht, dann sind ihr die zur Verwirklichung des Projekts erbrachten Leistungen nicht auch noch zu ersetzen. Diese Leistungen sind dann ja nicht rechtsgrundlos erbracht worden, sondern begründeten gemäß der Vereinbarung mit der Beklagten überhaupt erst den Anspruch der Klägerin auf die Hälfte des Gewinns. Die Behauptung, die Beklagte sei bereichert, weil sie sich diese Aufwendungen erspart habe, ist obendrein viel zu unkonkret; die Klägerin müsste hier detailliert ausführen, welche Leistung sie mit welchem Aufwand erbracht hat und warum und was sich die Beklagte dabei erspart hat. Beispielsweise hat sich die Beklagte offensichtlich nichts erspart, nur weil ihr die Klägerin etliche Mails geschrieben und etliche von der Beklagten ihr geschriebene Mails gelesen hat.

6.4 Jedenfalls können die hier behandelten Ansprüche der Klägerin nur dann zustehen, wenn sie nicht ihre Forderung aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag auf Auszahlung ihres Gewinnanteils geltend macht. Wenn die Klägerin ihren Gewinnanteil fordert, dann waren ihre Aufwendungen nicht frustriert und ihre Leistungen im Zusammenhang mit dem Projekt aufgrund des Vertrags gerechtfertigt, sodass ihr auch kein Bereicherungsanspruch zustehen kann.

7. Die Klägerin wird daher zuerst klarzustellen haben, welche Forderung sie gegen die Beklagte erhebt. Fordert sie den halben Gewinnanteil, dann muss sie nachweisen, wie hoch der Gewinn gewesen wäre, wenn die Beklagte nicht vertragsbrüchig geworden, sondern das Projekt gemeinsam mit der Klägerin abgewickelt hätte. Fordert sie stattdessen den Ersatz ihres Aufwands, dann ist das Klagebegehren zuerst schlüssig zu stellen. Weiters muss die Klägerin dann detailliert vorbringen, welche konkreten Leistungen sie erbracht hat (und abgegolten haben will) und warum und in welchem Ausmaß sich die Beklagte deshalb bezüglich jeder einzelnen Leistung eigene Aufwendungen erspart hat.

8. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Rückverweise