3R62/23v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Guggenbichler und den KR Binder in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geb. am **, **, vertreten durch Mag. Daniel Wolff, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei B* AG, FN **, **, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 110.000), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 1.3.2023, 14 Cg 37/22h-16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.327,42 (darin enthalten EUR 554,57 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
Der Kläger, der seinerzeit als Prokurist für die C*-Gesellschaft m.b.H. tätig war, trat 2006 an die Beklagte heran, um privat einen Kredit zur Leistung einer Ausgleichszahlung nach Ehescheidung aufzunehmen. Im Zuge eines dem Vertragsabschluss vorgelagerten Beratungsgesprächs bei der Beklagten äußerte er aus eigener Initiative den Wunsch, einen (endfälligen) Fremdwährungskredit aufzunehmen, um in den Genuss der damals im Vergleich niedrigeren Zinsen zu kommen. Hätte der Kläger diesen Wunsch nicht geäußert, wäre ihm ein Fremdwährungskredit nie angeboten worden. Der Kläger wurde vor Vertragsabschluss durch Mitarbeiter der Beklagten ausdrücklich auf das einem solchen Fremdwährungskredit innewohnende Währungsrisiko hingewiesen und auch sonst über die doppelte Zinsenbelastung und eine mögliche Deckungslücke im Zusammenhang mit dem unter einem abgeschlossenen Tilgungsträger umfassend aufgeklärt.
Dem Kläger war vor Vertragsabschluss vollkommen klar, dass er den Kredit in CHF aufnimmt und auch in CHF zurückzahlen muss, und er nahm damit wohlwissend auch das sich dadurch ergebende Risiko einer ungünstigen Kursentwicklung in Kauf, um in den Genuss günstigerer Zinsen zu kommen. Zudem war ihm vollkommen klar, dass die weitere Entwicklung des Werts des Tilgungsträgers starken Schwankungen unterliegen kann und mitunter nicht ausreichen werde, am Ende der Laufzeit den Kredit vollständig zu bedienen, sodass er für eine daraus entstehende Lücke selbst einstehen müsste. Der Kläger wusste daher auch, dass sich die tatsächlichen Gesamtkosten aus dem Fremdwährungskreditvertrag – sofern nicht vorzeitig eine Rückzahlung erfolgt – erst am Ende der Laufzeit bestimmen lassen werden. Dass es dem Kläger auf eine jederzeitige Möglichkeit zur Konvertierung des Kredites in eine andere Währung angekommen wäre und er sonst den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, konnte nicht festgestellt werden.
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Kreditvertrag ist auszugsweise auf den Seiten 4 bis 9 der Urteilsausfertigung wiedergegeben.
Hinsichtlich der im Fremdwährungskreditvertrag nicht näher festgelegten Wechselkurse ging der Kläger davon aus, diese würden von der Beklagten auf Grundlage der Handelswerte an der Börse täglich zu einer bestimmten Zeit oder allenfalls als Mittelwert für die Zwecke des Kreditvertrages auch monatlich bestimmt werden.
Tatsächlich erstellen und veröffentlichen in Österreich alle Großbanken und Bankengruppen seit der Euro-Einführung ihr eigenes Devisenfixing. Es besteht diesbezüglich ein Handelsbrauch, der sich zu einer allgemeinen Verkehrssitte verdichtet hat. Behördliche oder amtliche Devisenkurse bestehen indes nicht. Soweit hier von Relevanz bedeutet dies, dass der Kurs im hier maßgeblichen Zeitraum auch von der Beklagten täglich zur selben Zeit (Beginn: 12:30 Uhr) auf Grundlage der Kurse der internationalen Devisenmärkte und sohin tatsächlicher Transaktionen als Mittelwert ermittelt wurde, wobei zum endgültig festgelegten Kurs typischerweise noch ein (geringer) Auf- oder Abschlag von den Kunden zu bezahlen war.
Der solcherart ermittelte Kurs wurde von der Beklagten täglich veröffentlicht und wäre daher auch dem Kläger jederzeit einsehbar gewesen.
Der Kläger unterfertigte am 17.10.2006 den Fremdwährungskreditvertrag, dem die generellen Kredit- und Besicherungsbedingungen angeschlossen waren.
Dem Kläger wurde in der Folge auf das in CHF geführte Kreditkonto Nr ** mit 23.10.2006 ein Betrag in Höhe von CHF 175.670,00 angelastet, der sich anhand des tagesaktuellen durch die Beklagte nach der obigen Methode festgelegten Wechselkurses von 1,597 (110.000,00 x 1,597) ermittelte. Dem Kläger wurde der bezughabende Kontoauszug, aus dem sowohl die Kredithöhe in CHF als auch der Umrechnungskurs einfach ersichtlich waren, zeitnah übermittelt. Den solcherart ermittelten Betrag in CHF sowie den Wechselkurs beanstandete der Kläger jedenfalls die nächsten 15 Jahre nicht.
Die Auszahlung des Kreditbetrags erfolgte auf Wunsch des Klägers auf sein in EUR geführtes Girokonto bei der Beklagten mit der KtoNr ** in der Höhe von EUR 110.000,00 abzgl EUR 330,00 an Provision. Einen Großteil dieser Mittel verwendete er zeitnah zur Leistung der in EUR geschuldeten Ausgleichszahlung nach Ehescheidung.
In den folgenden Jahren wurde der Kläger regelmäßig über den Stand des in CHF geführten Kreditkontos und die Zinsen in CHF sowie über die Entwicklung der Wechselkurse
informiert. Zinsenzahlungen erfolgten vereinbarungsgemäß über Einzug von seinem Girokonto. Einwendungen erhob er dagegen nie.
Bei einem Informationsgespräch am 26.08.2010 setzte eine Mitarbeiterin der Beklagten den Kläger über die damals aktuelle Kurs- und Zinsenentwicklung in Kenntnis und wies ihn auf die ungünstige Entwicklung hin, weshalb voraussichtlich eine Lücke des Werts des Tilgungsträgers zur prognostizierten Kreditaushaftung am Laufzeitende bestehen werde. Dabei wurde dem Kläger ausdrücklich angeboten, Änderungen beim Tilgungsträger und/oder Kredit (zB Umwandlung in einen Euro-Kredit) vorzunehmen, der Kläger lehnte dies jedoch nach einer Werthaltigkeitsprüfung im September 2010 ab, weil ihm die Kursentwicklung damals noch nicht besonders ungünstig erschien. Ein ähnliches Beratungsgespräch erfolgte am 15.03.2021, wobei durch Mitarbeiter der Beklagten auf eine zu erwartende Lücke in Höhe von rund EUR 71.000,00 hingewiesen wurde und mehrere Alternativen angeboten und durchgerechnet wurden. Der Kläger gab dabei zwar bekannt, über eine Konvertierung in EUR nachzudenken, setzte jedoch unmittelbar danach keine derartigen Schritte.
Dass der ursprüngliche Fremdwährungskreditvertrag nichtig sein könnte, zog der Kläger erstmalig nach anwaltlicher Beratung im März 2022 in Betracht. Hätte sich der Wechselkurs EUR/CHF für ihn günstiger entwickelt, hätte der Kläger jedenfalls am Vertrag festhalten wollen.
Der Kläger begehrte mit seiner am 20.6.2022 bei Gericht eingelangten Klage die Feststellung, dass der Kreditvertrag vom 5. Oktober 2006 zwischen ihm und der Beklagten mit Kontonummer ** über EUR 110.000 nicht rechtswirksam zustande gekommen sei.
Hilfsweise begehrte er die Feststellung, dass der Kreditvertrag nichtig sei, hilfsweise erhob er zwei weitere Eventualbegehren.
Er brachte zusammengefasst vor, in dem von ihm als Verbraucher mit der Beklagten abgeschlossenen Kreditvertrag fehle eine zur Wirksamkeit erforderliche Vereinbarung über anwendbare Wechselkurse und die deren Festlegung zu Grunde liegenden Mechanismen. Aus dem Vertrag sei daher die Kredithöhe in CHF gar nicht ersichtlich. Die daraus resultierende freie Wählbarkeit des Wechselkurses durch die Beklagte verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG. Eine Verkehrssitte („Fixing“) könne zwingende Verbraucherschutzbestimmungen nicht abbedingen. Dem Kläger seien lediglich EUR und keine CHF zugezählt worden. Ein Geldwechselvertrag sei nicht abgeschlossen worden. Mit einem allfälligen gesonderten Geldwechselvertrag habe der Kläger aufgrund des Erscheinungsbildes des Vertrages nicht rechnen müssen. Eine im Vertragsformblatt enthaltene Klausel, wonach Kontoführungsspesen für Abstattungskreditkonten von dem jeweiligen Schalteraushang abhängig seien, begründe aufgrund ihrer dynamischen Verweisung ein nach § 879 Abs 1 ABGB nichtiges einseitiges Preisänderungsrecht. Diese Klausel sei objektiv ungewöhnlich, unerwartet und nachteilig und daher nach § 864a ABGB nicht Vertragsbestandteil geworden. Zudem sei sie gemäß § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend und nichtig. Schließlich sei sie intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und iSd § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht verbindlich. Für den Kläger sei es essentiell gewesen, die gesamte Kostenbelastung ex ante einschätzen zu können. Er hätte ohne rechtswirksame Vereinbarung über die Höhe der Zahlungsverkehrskosten den Vertrag nicht abgeschlossen. Eine Klausel, die der Beklagten das Recht einräume, alle während der Geschäftsverbindung weiter anfallenden Steuern, Abgaben und Kosten (insbesondere aus dem Aushang ersichtliche zweckentsprechende Mahnspesen und tarifmäßig bestimmte zweckentsprechende Inkassospesen), die mit der Gewährung, Sicherstellung, Abwicklung und Eintreibung des Kredites verbunden seien, dem Kläger in Rechnung zu stellen, sei intransparent. Die Klausel, wonach ein Umstieg in andere Fremdwährungen oder in Euro jederzeit im Einvernehmen mit der Beklagten möglich sei, täusche dem Kläger eine tatsächlich gar nicht vorhandene Entscheidungsmacht vor und sei daher intransparent. Bei Kenntnis der fehlenden jederzeitigen Konvertierungsmöglichkeit hätte der Kläger den Vertrag nie unterzeichnet.
Somit sei der Kläger durch den Vertrag gröblich benachteiligt und sein rechtlich geschütztes Interesse an einem ausgewogenen Vertrag verletzt worden. Die durch die Unwirksamkeit der angeführten Klauseln entstehenden Lücken seien nicht durch nationales Recht oder ähnliche Regelungen zu schließen. Eine Ersetzungsbefugnis bestünde nach der Rsp des EuGH zu Art 6 Abs 1 der Klausel-RL 93/13 nur dann, wenn der Verbraucher durch die Unwirksamkeit schlechter gestellt wäre und ihn daher aufgrund der Vertragsaufhebung besonders nachteilige Folgen träfen. Dies treffe aber nicht zu, weshalb der Vertrag Zug um Zug rückabzuwickeln sei.
Der Kläger sei durch die Beklagte unzureichend über die Risiken eines Fremdwährungskreditvertrages beraten worden, ein Mechanismus zur Festlegung eines Wechselkurses sei ihm nicht beschrieben, die Folgen einer schweren Abwertung seien nicht dargelegt worden. Von der fehlenden Verbindlichkeit des Vertrages habe der Kläger erstmals am 09.03.2022 erfahren Rechtsmissbräuchlichkeit liege nicht vor. Ein Schweigen des Klägers als Reaktion auf ihm übermittelte Anzeigen oder Abrechnungen könne nicht als Zustimmung gewertet werden. Aufgrund des Fehlens einer bezughabenden Willenserklärung der Beklagten sei dies gänzlich ungeeignet, einen bereits ursprünglich nicht wirksamen Vertrag nachträglich entstehen zu lassen.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wendete ein, der Kläger versuche in unzulässiger Weise ein insbesondere durch Aufgabe der Kursstützung durch die D* manifestiertes Wechselkursrisiko nachträglich auf die Beklagte zu überwälzen. Ausschlaggebend für die Klauselprüfung sei außerhalb des Verbandsverfahrens der konkrete Sachverhalt. Der Kläger sei auf das dem (echten) Fremdwährungskreditvertrag immanente Währungsrisiko sowie die doppelte Zinsbelastung im Zusammenhang mit dem Tilgungsträger ausdrücklich hingewiesen worden. Auch die Möglichkeit der Entstehung einer Deckungslücke am Ende der Laufzeit sei besprochen und vom Kläger akzeptiert worden. Der Kläger habe sich in Kenntnis der Funktionsweise eines Fremdwährungskredits und in Kenntnis seiner Rückzahlungsverpflichtung in CHF bewusst für diesen entschieden. Deshalb habe er über Jahre nicht widersprochen, obschon er regelmäßig Schreiben der Beklagten erhalten habe, aus denen die Verpflichtung zur Rückzahlung in CHF ersichtlich gewesen sei. Dass der Kläger eine Umwandlung des Kreditbetrags in EUR und Auszahlung auf ein Treuhandkonto zur Begleichung einer Ausgleichszahlung gewünscht habe, ändere an der Natur der Vereinbarung nichts. Vielmehr liege darin ein gesonderter Geldwechselvertrag. Auf den Fremdwährungskreditvertrag seien die AGB der Beklagten idF Mai 2003 anwendbar. Der Kläger sei quartalsmäßig über den Stand seines Zinsenabsicherungsgeschäftes und im Rahmen dessen auf die in CHF aushaftende Kreditverbindlichkeit hingewiesen worden. Nachträgliche Warnungen über die Zinsenentwicklung insbesondere im Rahmen von Informationsgesprächen im Jahr 2010 und 2021 habe der Kläger in den Wind geschlagen und sich auch nach dem Angebot von Alternativen bewusst für die Beibehaltung des Fremdwährungskreditvertrags entschieden.
Die Unwirksamkeit einzelner Klauseln führe nicht zur Gesamtnichtigkeit. Eine Lückenfüllung habe nach dispositiven Recht zu erfolgen, wogegen fallbezogen nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch keine unionsrechtlichen Bedenken bestünden. Insbesondere seien Entscheidungen des EuGH im Rahmen der Klausel-RL über die Schließung von Vertragslücken nach Entfall missbräuchlicher Klauseln gar nicht auf intransparente Klauseln zu beziehen, sondern nur im Rahmen der Inhaltskontrolle einschlägig.
Die Berufung auf Nichtigkeit viele Jahre nach Vertragsabschluss sei rechtsmissbräuchlich.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht sämtliche Klagebegehren ab.
Es traf die auf den Seiten 4-10 der Urteilsausfertigung ersichtlichen, eingangs der Berufungsentscheidung im Wesentlichen wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen, auf die verwiesen wird, und folgerte rechtlich, Kriterium der echten Fremdwährungsschuld sei, dass der Gläubiger den Anspruch auf Zahlung in Fremdwährung habe, während bei der unechten Fremdwährungsschuld dem Gläubiger eine Forderung nur in inländischer Währung zustehe und die Angabe der fremden Währung lediglich als Rechnungsgrundlage zur Ermittlung des geschuldeten Eurobetrags diene. Merkmal der effektiven Fremdwährungsschuld sei dagegen, dass dem Schuldner bei einer auf eine ausländische Währung lautenden Schuld nicht das Recht (Ersetzungsbefugnis) zustehe, die Schuld durch Zahlung mit inländischer Währung zu tilgen, sondern dass er auch bei Vereinbarung eines inländischen Zahlungsorts nur in ausländischer Währung erfüllen könne. Voraussetzung für den echten Fremdwährungskredit sei daher, dass der Kredit in einer anderen Währung als in Euro gewährt werde und die fremde Währung die – vor allem für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers – maßgebliche Grundlage bilde.
Es liege im Wesen des Fremdwährungskredits, dass Vorteile, die sich aus dem Zinsenniveau einer fremden Währung ergeben, nutzbar gemacht werden sollen. Daher stehe der Umstand, dass der Kreditnehmer sein Einkommen in einer anderen Währung lukriere als die in der der Kredit aufgenommen werde und zurückzuzahlen sei, mit dem Zweck eines Fremdwährungskredits typischerweise nicht in Widerspruch. Dass vereinbart sei, dass Kreditraten direkt vom EuroGirokonto des Kreditnehmers eingezogen werden, diene letztlich der Praktikabilität in der Abwicklung eines Fremdwährungskredits, ändere aber nichts an dessen Natur.
Dass der Kläger die grundlegende Rechtsnatur eines Fremdwährungskreditvertrags und die daraus resultierende Rückzahlungsverpflichtung in EUR in Folge unzureichender Aufklärung nicht erkannt habe bzw einen solchen nie abschließen habe wollen, könne mit den Feststellungen nicht in Einklang gebracht werden.
Bereits in seinen Entscheidungen zu 1 Ob 173/21d und 9 Ob 66/21b habe der Oberste Gerichtshof bei praktisch wortgleichem Vertragstext das Bestehen eines zulässigen echten Fremdwährungskredits angenommen. Eine denkbare ursprüngliche Unbestimmtheit der Kredithöhe in CHF sei nach der Rsp des Obersten Gerichtshofes „heilbar“, wenn ein späteres Verhalten nach § 863 ABGB eindeutige Schlüsse auf den dann gegebenen bestimmten Bindungswillen zulasse. Ein solches Verhalten könne nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch darin liegen, dass – wie hier – nach Erhalt entsprechender Kontoauszüge der daraus ersichtliche Währungsumrechnungskurs und die damit ermittelte Kreditsumme in CHF nicht beanstandet werde.
Die festgestellte Formulierung „bis zum Gegenwert von EUR 110.000“ könne zudem im Kontext mit der Rechtsnatur eines Fremdwährungskreditvertrags und unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessenlage zur Begleichung einer Schuld in EUR bereits bei objektiver Betrachtung nur dahingehend verstanden werden, dass der Gegenwert in CHF erst bei zeitlich (regelmäßig) späterer Zuzählung festgelegt werden solle. Typischerweise wie auch fallbezogen erfolge eine Kreditaufnahme durch Verbraucher zur Erreichung fehlender Geldmittel. Wäre der Gegenwert in EUR im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
relevant (d.h. der Betrag in CHF bereits fixiert), liefe der Verbraucher Gefahr, bei ungünstiger Kursentwicklung bis zum Zeitpunkt der Zuzählung die in EUR benötigten Geldmittel gar nicht mehr in voller Höhe zu erhalten. Ein zu einem vereinbarten Zeitpunkt in Österreich geltender Wechselkurs eines Kreditinstituts sei aber nichts gänzlich Unbestimmbares und führe nicht zur Ungültigkeit des (Gesamt)Vertrags. Würde man hier den Überlegungen des Klägers konsequent folgen, wäre auch jegliche Verpflichtung zur Leistung einer Schuld in einer fremden Währung unbestimmt, sofern diese dem Schuldner nicht bereits zur Verfügung steht, könnte er doch regelmäßig einen künftigen Wechselkurs nicht antizipieren.
Werde dem Kreditnehmer zusätzlich die Wahl eingeräumt, sich den (Fremdwährungs-)Kredit in Fremdwährung oder in Euro auszahlen zu lassen, handle es sich um ein Angebot der Bank, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lasse sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, trete zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu. Auch bei Entfall der beanstandeten „Konvertierungsklausel“ habe die Kreditrückzahlung in der Fremdwährung zu erfolgen. Der Fremdwährungskreditvertrag könne auch ohne den Geldwechselvertrag bestehen und durchgeführt werden. Sei der Geldwechselvertrag unwirksam, falle daher der Fremdwährungskreditvertrag nicht automatisch weg.
Der getrennt zu beurteilende Geldwechselvertrag komme daher bereits dadurch zu Stande, dass sich der Kreditnehmer den kreditierten Fremdwährungsbetrag in Euro auszahlen lasse. Die Errichtung eines gesonderten Vertrags in einer eigenen Urkunde sei hierfür nicht erforderlich. Das Bestehen eines Geldwechselvertrages führe auch nicht etwa dazu, dass der Vertrag deshalb als unechter Fremdwährungskredit zu qualifizieren sei, und ändere nichts an der aus dem Fremdwährungskreditvertrag resultierenden Verbindlichkeit zur Rückführung in CHF.
Der Kläger begründe eine Unwirksamkeit und Nichtigkeit des Geldwechselvertrags zusammengefasst mit dem Fehlen einer Vereinbarung zum anwendbaren Wechselkurs. Die Parteien haben keine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung über die Anwendung eines bestimmten Wechselkurses getroffen. Bereits einem durchschnittlich verständigen Kunden eines Kreditinstitutes sei jedoch im Allgemeinen bewusst, dass dieses Geldwechselgeschäfte zu den von ihr angeführten Wechselkursen und Konditionen durchführe. Werde dem Ersuchen um Geldwechsel durch ein Kreditinstitut tatsächlich zu einem bestimmten Kurs entsprochen und nehme der Kläger dies in Kenntnis dieser Umstände und des Wechselkurses nicht nur widerspruchslos hin, sondern verwende den solcherart erlangten Geldbetrag auch zur Begleichung anderer Verbindlichkeiten, könne von einem Dissens keine Rede mehr sein.
Selbst bei gegenteiliger Ansicht stelle die Durchführung des sogenannten Fixings nach den Feststellungen einen Handelsbrauch und eine allgemeine Verkehrssitte dar, wodurch (aufgrund des Fehlens eines amtlich verlautbarten Kurses) eine allenfalls vorhandene vertragliche Lücke geschlossen werden könne. Zur grundsätzlichen Zulässigkeit dieser Form der Ermittlung des Wechselkurses werde auf die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in 8 Ob 37/20d verwiesen.
Das Schließen einer bereits ursprünglich bestehenden vertraglichen Lücke scheide auch nach der Rsp des EuGH zur Richtlinie 93/13 nicht aus, zumal die Lückenschließung in Ermangelung einer vertraglichen Regelung nicht mit dem Wegfall einer (missbräuchlichen) Klausel vergleichbar sei. Andererseits hätte eine gänzliche Unwirksamkeit des Geldwechselvertrags bei gleichzeitig aufrechter Verpflichtung aus dem Fremdwährungskreditvertrag gravierende Nachteile für den Kläger gehabt, weil dann der im Kern intendierte Zweck der Kreditaufnahme (Leistung einer Ausgleichszahlung in EUR) nicht erfüllt hätte werden können.
Das Fehlen einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung zur Ermittlung des Wechselkurses führe im Gegensatz zu den Behauptungen des Klägers auch keinesfalls dazu, dass die Beklagte diesen nachträglich nach freiem Ermessen festlegen könne. Eine unzulässige Beeinträchtigung der Interessen des Klägers liege bereits deshalb nicht vor, weil der durch Fixing ermittelte Kurs für den Kunden grundsätzlich nicht bindend sei und ihm daher die Möglichkeit offen stehe, sich auf einen abweichenden objektiv richtigen Kurs zu berufen. Gleiches gelte sinngemäß auch für die Frage der zeitlichen Diskrepanz zwischen Festsetzung der Kreditsumme und Auszahlungsdatum (vgl dazu 1 Ob 224/22f).
Sofern der Kläger darüber hinaus aus der behaupteten Unwirksamkeit weiterer einzelner Klauseln eine (Gesamt)Nichtigkeit des Fremdwährungskreditvertrags abzuleiten trachte, habe die Sittenwidrigkeit einer Klausel noch nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge. Könne bei Fortfall von wichtigen Nebenabreden das Geschäft ohne weiteres weiter bestehen, seien nur diese Vertragsklauseln unwirksam. Bei ausreichender Bestimmtheit des Kreditvertrags bewirke der Entfall einzelner („Konvertierungs-“)Klauseln keine Nichtigkeit.
Auch der EuGH stelle in der Rechtssache GUPFINGER Einrichtungsstudio, C-625/21, (insb Rz 28-30) unter Verweis auf seine bisherige Rsp klar, dass Art 6 Abs 1 der Richtlinie 93/13, insbesondere der zweite Halbsatz, nicht darauf abziele, die Nichtigkeit sämtlicher Verträge herbeizuführen, die missbräuchliche Klauseln enthalten, sondern darauf, die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so ihre Gleichheit wiederherzustellen, wobei der betreffende Vertrag – abgesehen von der Änderung, die sich aus dem Wegfall der missbräuchlichen Klauseln ergebe – grundsätzlich unverändert bestehen bleiben müsse. Sofern die letztere Bedingung erfüllt sei, könne der betreffende Vertrag nach Art 6 Abs 1 der Richtlinie 93/13 bestehen bleiben, soweit ein solcher Fortbestand des Vertrags ohne die missbräuchlichen Klauseln nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts möglich sei, was anhand eines objektiven Ansatzes zu prüfen sei.
Die ausnahmsweise bestehende Möglichkeit, eine für nichtig erklärte missbräuchliche Klausel durch eine dispositive nationale Vorschrift zu ersetzen, sei auf Fälle beschränkt, in denen die Streichung dieser missbräuchlichen Klausel den Richter zwingen würde, den Vertrag in seiner Gesamtheit für unwirksam zu erklären, was für den Verbraucher besonders nachteilige Folgen hätte, sodass dieser dadurch geschädigt würde. Demnach könne das nationale Gericht, wenn ein Vertrag nach der Streichung der missbräuchlichen Klauseln in Kraft bleiben könne, diese Klauseln nicht durch eine dispositive nationale Vorschrift ersetzen.
Dies bedeute zusammengefasst lediglich, dass eine Lückenschließung bei Wegfall missbräuchlicher Klauseln durch dispositives Rechts dort ausscheide, wo eine solche zur Aufrechterhaltung des Vertrags gar nicht erforderlich sei. Die in den bezughabenden Entscheidungen des EuGH näher dargelegte Intention liege darin, die Verwendung unzulässiger Klauseln im Geschäftsverkehr zurückzudrängen. Es bestünde wenig Anreiz, die eigenen Vertragsklauseln auf Zulässigkeit auszurichten, wenn bei deren Entfall als „Sanktion“ im ungünstigsten Fall die Anwendung des dispositiven Rechtes drohen würde. Auf Fälle, in denen die Parteien zu gewissen Punkten keine oder zumindest keine ausdrückliche vertraglichen Regelungen getroffen haben, sei diese Rsp aber gar nicht anwendbar, weil hier gerade keine verpönte Anwendung missbräuchlicher Klauseln vorliege.
Die vom Kläger bemängelten übrigen Klauseln würden aber selbst bei ihrem Wegfall nach dem diesbezüglich maßgeblichen nationalen Recht die Gültigkeit des Fremdwährungskreditvertrags (oder des Geldwechselvertrages) nicht per se tangieren. Ob daher einzelne Klauseln/Nebenabreden zum Modus einer zukünftigen Festlegung von Kontoführungsspesen oder Kosten wirksam seien oder nicht, sei für die Frage des Vorliegens einer (Gesamt)Nichtigkeit nicht erheblich.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in klagsstattgebendem Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Ein Fremdwährungskredit ist ein Kredit, der dem Kreditnehmer ganz oder teilweise in einer anderen Währung als in Euro gewährt wird (§ 2 Abs 12 VKrG; 1 Ob 190/16x; 8 Ob 37/20d; 1 Ob 173/21d; 8 Ob 81/22b; 9 Ob 83/22d). Hat der Gläubiger einen Anspruch auf Zahlung in der Fremdwährung, liegt eine echte Fremdwährungsschuld vor. Dient die Fremdwährung dagegen lediglich als Rechnungsgrundlage zur Ermittlung des dem Gläubiger in der inländischen Währung geschuldeten Betrags, wurde eine unechte Fremdwährungsschuld vereinbart (RS0061067; RS0017547). Steht im Individualprozess fest, dass der Kläger den Kredit in einer Fremdwährung aufgenommen hat, folgt schon aus der Definition des Fremdwährungskredits, dass er die Rückzahlung in dieser Währung zu leisten hat (1 Ob 173/21d; 7 Ob 223/22b; 9 Ob 83/22d), dass also eine echte Fremdwährungsschuld vorliegt. Der Kläger hat nach den Feststellungen einen Kredit in der Fremdwährung CHF aufgenommen, was ihm, ebenso wie das daraus resultierende Risiko einer ungünstigen Kursentwicklung und der Umstand, dass die weitere Entwicklung des Werts des Tilgungsträgers starken Schwankungen unterliegen kann und dieser nicht ausreichen könnte, am Ende der Laufzeit den Kredit vollständig zu bedienen, sowie dass die tatsächlichen Gesamtkosten aus dem Fremdwährungskreditvertrag erst am Ende der Laufzeit bestimmbar sein würden, auch vollkommen klar war. Das Kreditkonto wurde – über Jahre unbeanstandet – in CHF geführt. Der rechtliche Schluss des Erstgerichts, die Parteien haben eine echte Fremdwährungsschuld vereinbart, ist somit richtig. Die Parteien ziehen das im Berufungsverfahren auch gar nicht in Zweifel.
2. Zur Begründung seines Hauptbegehrens auf Feststellung, der echte Fremdwährungskreditvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, meint der Kläger weiterhin, die Parteien hätten keinen Konsens über bestimmte oder bestimmbare Kreditbeträge in CHF erzielt. Er bestreitet nicht, dass er 15 Jahre lang weder die in den Kontoauszügen angegebenen CHF-Kreditsummen noch den Umrechnungskurs beanstandet hat und dass er den ihm zugezählten Kreditbetrag zur Leistung einer in EUR geschuldeten Zahlung verwendet hat. Er meint aber, diese Umstände hätten die Unbestimmtheit nicht „heilen“ können.
2.1. Dem Kläger ist zuzugeben, dass der Kreditvertrag keinen CHF-Betrag nennt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des OGH ist das aber gar nicht notwendig: Der Kreditvertrag muss den Kreditbetrag in der Fremdwährung und damit die Geldschuld des Kreditgebers nicht ziffernmäßig bezeichnen, um dem Bestimmtheitserfordernis des § 869 ABGB zu entsprechen. Es reicht aus, wenn der Kreditbetrag vertraglich an den „Gegenwert“ eines ziffernmäßig bezeichneten (maximalen) Euro-Betrags gebunden wird, ein dem Kreditnehmer anlässlich der Zuzählung zur Verfügung gestellter Kontoauszug den Kreditbetrag in der Fremdwährung konkretisiert (4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p; 2 Ob 198/21p; 7 Ob 183/22w) und der Kreditnehmer über den ihm zugezählten Betrag disponiert, ohne den ausgewiesenen Fremdwährungsbetrag zu beanstanden. Dieses Verhalten des Kreditnehmers lässt nur den Schluss zu, dass er mit einem Kredit in der Höhe jenes Fremdwährungsbetrags einverstanden ist, mit dem das Fremdwährungskonto belastet wurde (1 Ob 173/21d; 9 Ob 66/21b; 1 Ob 9/22p; 7 Ob 58/22p; 8 Ob 81/22b; 7 Ob 223/22b). Unter diesen Voraussetzungen ist die Fremdwährungsschuld mit jenem Betrag, der auf dem Fremdwährungskonto ausgewiesen ist, ausreichend bestimmt. Könnte sich der Kreditnehmer auch in solchen Fällen auf eine ursprüngliche Unbestimmtheit des Kreditvertrags berufen, könnte er das fehlerfrei übernommene Wechselkursrisiko nachträglich auf die Bank abwälzen. Das ist nach der Rechtsprechung vom Zweck des Bestimmtheitserfordernisses nicht gedeckt (2 Ob 198/21p; 2 Ob 54/22p; 1 Ob 88/22f; 4 Ob 196/22k).
2.2. Ein solcher Fall liegt hier vor:
Der Kreditbetrag war im Kreditvertrag in CHF ausgedrückt. Er war nicht ziffernmäßig bezeichnet, sondern an den Gegenwert von max EUR 110.000 gebunden. Die Beklagte zählte dem Kläger ausgehend von einem Umrechnungskurs von 1,597 CHF 175.670 zu und sandte ihm regelmäßig Kontoauszüge über den Kontostand des CHF-Kreditkontos, die ihm auch zugingen. Der Kläger beanstandete über 15 Jahre weder die aushaftenden CHF-Kreditbeträge noch die Umrechnungskurse, die sich aus den Kontoauszügen ergaben. Er verwendete den Kreditbetrag zur Leistung einer Ausgleichszahlung an seine geschiedene Gattin. Der daraus vom Erstgericht gezogene Schluss, der Kreditbetrag sei ausreichend bestimmt gewesen, ist vor dem Hintergrund der gefestigten Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Könnte sich der Kläger unter diesen Umständen auf die ursprüngliche Unbestimmtheit des Kreditvertrags berufen, könnte er das fehlerfrei übernommene Wechselkursrisiko nachträglich auf die Bank abwälzen. Das ist vom Zweck des Bestimmtheitserfordernisses nicht gedeckt.
2.3. Der Kläger will dieser Beurteilung zunächst mit der Entscheidung des EuGH zu C-212/20, „A“ S.A., entgegentreten, mit der sich der OGH im Zusammenhang mit dem „Trennungsmodell“ (zwischen Kreditvertrag einerseits und Geldwechselvertrag andererseits) bereits mehrmals auseinandergesetzt hat (4 Ob 15/22t; 5 Ob 54/22k; 6 Ob 76/22b; 7 Ob 183/22w; 3 Ob 76/22f; 1 Ob 224/22f; 8 Ob 170/22s). Für die Frage der Bestimmtheit von Kreditverträgen (§ 869 ABGB) ist aus dieser Entscheidung von Vornherein nichts zu gewinnen: Der EuGH befasste sich darin mit der Missbräuchlichkeit und/oder Intransparenz einer Kreditvertragsklausel über den Ein- und Verkaufskurs der Fremdwährung (5 Ob 54/22k, mit ausführlicher Darstellung der Entscheidung). Die Frage der Bestimmtheit des Kreditvertrags behandelte der EuGH nicht. Sie ist nach dem nationalen bürgerlichen Recht zu beantworten, hier insbesondere nach § 869 ABGB.
2.4 . Die Ausführungen des Klägers zu einzelnen Aspekten der Rechtsgeschäftslehre (ua zu Wissenserklärungen, zur Konkludenz und zum Erklärungswert von Schweigen) sind zwar richtig, gehen aber am Kern der Sache vorbei: Zum einen ist im Zusammenhang mit dem Bestimmtheitserfordernis (§ 869 ABGB) anerkannt, dass auch ein späteres (also nach dem Vertragsschluss gesetztes) Verhalten nach § 863 ABGB eindeutige Schlüsse auf einen nunmehr bestimmten Bindungswillen zulassen kann (RS0014711). Die dargelegte Rechtsprechung zur Bestimmtheit von Fremdwährungskreditverträgen setzt das konsequent um. Zum anderen besteht das als konkludente Zustimmung zu einem bestimmten Kreditbetrag in der Fremdwährung gewertete Verhalten des Kreditnehmers gerade nicht in einem bloßen Schweigen, sondern darin, dass er in Kenntnis der konkreten Höhe der Belastung des in der Fremdwährung geführten Kreditkontos über den ihm zugezählten Kreditbetrag disponiert. Das läuft, anders als der Kläger meint, nicht auf eine unzulässige Erklärungsfiktion (§ 6 Abs 1 Z 2 KSchG) hinaus, sondern ist eine konsequente Anwendung des § 863 iVm § 869 ABGB. Die Entscheidung zu 6 Ob 51/21z, auf die sich der Kläger bezieht, ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil sich dort nicht einmal aus dem Prozessvorbringen ableiten ließ, wie hoch die aufgenommene Kreditsumme in der Schuld- oder Berechnungswährung Schweizer Franken war und wie und ob der Kreditnehmer (etwa durch Übermittlung von Kontoauszügen) Kenntnis von CHF-Saldo erlangte. Demgegenüber hat der Kläger im vorliegenden Fall durch die Kontoauszüge über das Verrechnungskonto Kenntnis vom CHF-Saldo erlangt (vgl 1 Ob 9/23i).
2.5. Zusammengefasst teilt das Berufungsgericht also den Schluss des Erstgerichts, dass der Kreditbetrag in der Fremdwährung ausreichend bestimmt war. Das Hauptbegehren wurde daher zu Recht abgewiesen.
3. Zur Begründung seines Eventualbegehrens auf Feststellung der Nichtigkeit der Kreditverträge argumentiert der Kläger in der Berufung, dass „die Wechselkursklausel“ intransparent und damit nichtig sei. Die dadurch entstandene Vertragslücke dürfe nicht durch dispositives Recht aufgefüllt werden. Da der Kreditvertrag ohne die „Wechselkursklausel“ nicht weiterbestehen könnte, sei er gesamtnichtig.
3.1. Eine missbräuchliche oder intransparente Klausel ist in ihrer Gesamtheit nichtig, eine geltungserhaltene Reduktion findet auch im Individualprozess des Verbrauchers nicht mehr statt (RS0122168; RS0128735). In der Regel erfasst die Nichtigkeit aber nur die betroffene Klausel und nicht den restlichen Vertrag (9 Ob 62/04i; 2 Ob 98/03f; 4 Ob 10/06h). Die Nichtigkeit einer Klausel hat also noch nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge (RS0016420). Nur wenn der Vertrag ohne die Klausel nicht fortbestehen kann, ist er zur Gänze nichtig (RS0014676 [T5]; RS0016431[T6]; RS0016420 [T2]). Sind daher wesentliche Vertragsbestimmungen gesetzwidrig, ist der ganze Vertrag nichtig (7 Ob 142/07v; 9 Ob 18/14h; Krejci in Rummel/Lukas, ABGB 4 § 879 Rz 514). Dies gilt vor allem dann, wenn der Vertrag infolge des Wegfalls der Hauptleistungspflichten undurchführbar wird (7 Ob 142/07v; 9 Ob 85/17s; 8 Ob 1/18g). Ob das der Fall ist, ist nach objektiven Kriterien zu prüfen und nicht danach, ob der Wegfall des Vertrags im Einzelfall für den Verbraucher günstiger wäre (EuGH C-453/10, Pereničová und Perenič; 9 Ob 85/17s; Docekal/Kiendl-Wendner in Keiler/Klauser, Österreichisches und Europäisches Verbraucherrecht § 6 KSchG Rz 15; Fidler, Unionsrechtliche Entwicklungen bei der richterlichen Vertragsergänzung, JBl 2014, 693 [703]). Jedoch dürfen die Gerichte der Mitgliedstaaten einen Vertrag in seiner Gesamtheit als nichtig ansehen, wenn dadurch ein besserer Schutz des Verbrauchers gewährleistet wird (EuGH C-397/11, Jőrös; 9 Ob 85/17s).
3.2. Die Parteien einigten sich auf einen endfälligen CHF-Fremdwährungskreditvertrag mit einer Laufzeit bis 1.11.2026 und – anlässlich der Zuzählung von EUR 110.000 – auf einen bestimmten Umrechnungskurs (1,597) und einen bestimmten Kreditbetrag in der Fremdwährung (175.670). Damit schlossen sie einen wirksamen Kreditvertrag, der auch ohne die beanstandete Wechselkursklausel durchführbar ist. Selbst wenn die Klausel entfiele, bliebe der Kreditvertrag bestehen und der Kläger hätte den Kredit in der fremden Währung zurückzuzahlen, die er sich allenfalls auch von dritter Seite beschaffen könnte (vgl 1 Ob 9/23i).
3.3. Die in der Berufung aufgeworfene Frage, ob eine nachträglich entstandene Vertragslücke wegen des Wegfalls einer missbräuchlichen oder intransparenten Klausel durch das dispositive Recht (oder durch ergänzende Vertragsauslegung) geschlossen werden darf, wurde in der Rechtsprechung des OGH bislang unterschiedlich beantwortet (dafür zB: 7 Ob 84/12x; 8 Ob 132/15t; 4 Ob 228/17h; 8 Ob 37/20d; dagegen zB: 9 Ob 85/17s; 8 Ob 1/18g) und vom EuGH ausdrücklich verneint (C-229/19, C-289/19, Dexia Nederland BV). Sie stellt sich hier aber nicht, weil ein Rückgriff auf das dispositive Recht (oder eine ergänzende Vertragsauslegung) gar nicht erforderlich ist. Auf die unionsrechtlichen Ausführungen des Klägers in diesem Zusammenhang ist daher nicht einzugehen; das angeregte Vorabentscheidungsersuchen ist entbehrlich.
4. Der unberechtigten Berufung ist daher der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf §§ 41, 50 ZPO.
Die Bewertung des Entscheidungsgegenstands gründet auf § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO und folgt der unbedenklichen Bewertung des Feststellungsinteresses durch den Kläger.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu beantworten waren. Das Berufungsgericht ist der gefestigten Rechtsprechung des OGH zu Fremdwährungskrediten gefolgt.