JudikaturOLG Wien

3R57/23h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden, den Richter Dr. Stiefsohn und die Richterin MMag. a Pichler in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb. am **, Angestellter, **, vertreten durch Riedl – Ludwig – Penzl Rechtsanwälte GmbH in Haag, wider die beklagte Partei F* AG , FN **, **, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 21.973,35 s.A., über die Berufung (Berufungsinteresse EUR 11.592,--) und den Kostenrekurs (Rekursinteresse EUR 7.787,75) der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 16.3.2023, 3 Cg 47/22p-33, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Kostenrekurs wird teilweise Folge gegeben und die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils abgeändert, sodass sie lautet:

1.) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.247,61 (darin EUR 237,07 USt und EUR 1.825,20 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens und EUR 2.013,11 (EUR  102,02 USt und EUR 1.401,-- Barauslagen) an vorprozessualen Kosten binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter zu bezahlen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.194,72 (darin enthalten EUR 199,12 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Der Kläger hat bei der Beklagten zu Polizzen-Nummer 6/12/34804478 für seine Liegenschaft in **, eine Eigenheim-Bündel-Versicherung mit Premiumschutz beginnend mit 26.8.2009 abgeschlossen. Grundlage dieses Versicherungsvertrags sind die Allgemeinen Bedingungen für die Eigenheimversicherung mit Premiumschutz, Fassung 2006 (AEHB 2006 Premium, Beilage ./2).

Die Allgemeinen Bestimmungen Teil D, die auch für die Leitungswasserversicherung gelten, lauten auszugsweise:

Im Dezember 2020 kam es im Haus des Klägers in **, zu einem Wasserschaden im Bereich des Badezimmers und der Toilette. Die Sanierung kostet insgesamt EUR 19.320,-- (inkl USt), wovon EUR 100,-- auf den Siphon und EUR 500,-- auf die Duschtasse entfallen.

Der Kläger hat für die Sanierung des gegenständlichen Wasserschadens Kostenvoranschläge der Firma B* in Höhe von EUR 18.385,62, der Firma C* in Höhe von EUR 1.278,-- und der Firma D* in Höhe von EUR 1.509,73 eingeholt. Der Schaden wurde bisher nicht saniert, es wurde vom Kläger auch noch kein diesbezüglicher Auftrag erteilt. Der Kläger hat vor, sobald die Freigabe durch die Beklagte erfolgt, den Schaden durch eine Fachfirma reparieren zu lassen.

Die klagsgegenständlichen Installationsarbeiten im Wohnhaus des Klägers wurden 2006 durchgeführt, das Haus selbst wurde erst 2009 bezogen. In diesem Zeitraum wurde das Bad eingerichtet. Die Lebensdauer eines Bades beträgt ca. 30 bis 35 Jahre. Der Zeitwert der klagsgegenständlichen Sanierungsarbeiten beträgt daher circa EUR 11.592,-- (= 60 % des Neuwerts im Hinblick auf die Lebensdauer des klagsgegenständlichen Bades).

Der Kläger begehrt die Zahlung von EUR 21.973,35 s.A. und bringt vor, er habe zu PolNr.: 6/12/34804478 mit der Beklagten für seine Liegenschaft **, einen Versicherungsvertrag (Eigenheim-Premiumschutz-Kombipaket) abgeschlossen. Im Dezember 2020 habe er festgestellt, dass in seinem Haus im Bereich der Toilette sowie an der angrenzenden Wand zum Badezimmer im 1. Stock ein Wasserschaden aufgetreten sei. Der Schaden sei im Bereich des Wasserleitungssystems aufgetreten und daher vom Risiko des Leitungswasserschadensversicherungsvertrages umfasst. Der Schaden sei noch nicht saniert.

Vom Versicherungsumfang seien Schäden durch Leitungswasseraustritt sowie Schäden aus Fußböden- und Wandheizungen umfasst. Die Sanierung des Wasserschadens koste laut Anbot der Firma B* GmbH EUR 18.385,62. Ferner sei der Austausch der Brausetasse sowie die De- und Wiedermontage der Duschkabine erforderlich. Die Kosten dafür belaufen sich auf EUR 1.509,73. Die Behebung der Schäden der Fensterbänke koste EUR 1.278,--. Ferner werden Trocknungskosten von EUR 500,-- sowie Kosten der Reinigung von EUR 300,-- geltend gemacht.

Der Kläger habe die Installationsarbeiten im Jahr 2006 in seinem Haus von einer Fachfirma durchführen lassen. Das Badezimmer sei mit einem Duschplatz mit im Boden versenkter Duschtasse und Duschabtrennung ausgestattet. Das Badezimmer sowie die Dusche seien von 2009 bis zum Schadenseintritt im Dezember 2020 benützt worden.

Die Beklagte wendet ein, der klagsgegenständliche Sachverhalt finde im Rahmen des mit dem Kläger vereinbarten Versicherungsvertrages keine Deckung. Es liege ein Dichtungsschaden vor, der nicht vom Versicherungsschutz der Leitungswasserversicherung umfasst sei. Eine Undichtheit im Bereich des Siphons wäre als Teil der Duschtasse anzusehen und daher jedenfalls nicht vom Versicherungsschutz umfasst.

Der Kläger habe der in Art 8.1 AEHB 2006 vereinbarten Obliegenheit, die versicherten Sachen, vor allem wasserführende Anlagen, Armaturen und angeschlossene Einrichtungen, ordnungsgemäß und vorschriftsmäßig instandzuhalten, jahrelang nicht entsprochen, weil andernfalls nicht jener Zustand im Bereich des Abflusses der Duschtasse eingetreten wäre, von dem das Beweissicherungsverfahren eine Schadenkausalität ergeben habe.

Gemäß Art 13.2 AEHB 2006 erwerbe der Versicherungsnehmer den Anspruch auf die Versicherungsleistung, die den Zeitwert übersteige, nur dann, wenn die Wiederherstellung des Schadens entweder erfolgt oder zumindest sichergestellt sei. Bis jetzt habe jedoch noch keine Behebung der behaupteten Schäden stattgefunden. Die Klagsforderung sei daher jedenfalls noch nicht fällig.

Zur Höhe wandte die Beklagte ein, dass bestimmte vom Kläger begehrte Arbeiten nicht erforderlich, nicht schadenskausal bzw nicht versichert seien.

Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Erstgericht dem Kläger EUR 11.592,-- samt 4 % Zinsen seit 25.6.2021 sowie die mit EUR 7.631,16 (darin EUR 764,86 USt und EUR 3.042,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens und EUR 3.355,18 (EUR  170,03 USt und EUR 2.335,-- Barauslagen) an vorprozessualen Kosten zu. Das Mehrbegehren von weiteren EUR 10.381,35 s.A. wies das Erstgericht ab.

Es traf dazu neben dem eingangs bereits zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 3 bis 10 wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, wegen des Bruchs des Siphon-Körpers der Duschtasse liege ein versicherter Leitungswasseraustritt im Sinn des Teil B, Artikel 2, Punkt 1. der AEHB 2006 Premium vor. Nach den Allgemeinen Bestimmungen Teil D, Artikel 13, Punkt 2. bestehe der Anspruch auf Gesamtentschädigung nur, wenn gesichert sei, dass die Entschädigung zur Gänze für die Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung in Gebäuden/Sachen verwendet werde. Diese strenge Wiederherstellungsklausel stelle eine Risikobegrenzung dar und bedeute, dass zunächst im Versicherungsfall nur ein Anspruch auf den Zeitwert bestehe und der Restanspruch auf den Neuwert von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung abhänge. Grundsätzlich könne eine 100 %-ige Sicherheit nicht verlangt werden, sondern es müsse ausreichen, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Wiederherstellung bestehe. Die Vorlage von Kostenvoranschlägen, Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers, die bloße Planung, eine behelfsmäßige Reparatur oder ein noch nicht angenommenes Angebot seien für die Sicherung der Wiederherstellung aber nicht ausreichend. Da der Kläger im konkreten Fall ausschließlich Kostenvoranschläge für die Sanierung des Wasserschadens vorgelegt habe, habe er lediglich Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Zeitwerts der vorzunehmenden Arbeiten sowie des Siphons und der Duschtasse.

Bei der Kostenentscheidung wandte das Erstgericht § 43 Abs 2 ZPO zu Gunsten des Klägers an, weil die Höhe des Zeitwerts der Sanierungsarbeiten, der Duschtasse und des Siphons von der Ausmittlung durch den Sachverständigen abhängig gewesen sei und der zugesprochene Betrag knapp über 50 % der Klagsforderung liege.

Gegen den klagsstattgebenden Teil und die Kostenentscheidung richtet sich das Rechtsmittel der Beklagten aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem auf vollständige Klagssabweisung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Zumindest seien die dem Kläger zugesprochenen Prozesskosten auf EUR 3.198,59 zu reduzieren.

Der Kläger beantragt, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt. Der Kostenrekurs ist teilweise berechtigt.

1. Zur Berufung:

1.1. Die Beklagte macht die von ihr behaupteten Verstöße des Erstgerichts gegen § 405 ZPO zutreffend als Verfahrensmangel gelten (vgl zB RS0041240, RS0041089).

1.2. Nach Ansicht der Beklagten habe der Kläger sein Klagebegehren hinsichtlich des Siphons und der Duschtasse ausschließlich auf den Kostenvoranschlag Beilage ./E gestützt. Dort werde der Siphon bzw die Erneuerung desselben mit EUR 84,30 ausgewiesen. Das Erstgericht habe dem Sachverständigengutachten folgend dem Kläger dafür EUR 100,-- zugesprochen. Gleiches gelte für die Duschtasse. Für diese werden in der Klage entsprechend der Beilage ./E nur EUR 339,-- begehrt, während das Erstgericht dafür EUR 500,-- zugesprochen habe.

Ob der Kläger tatsächlich nur EUR 84,30 für den Siphon und EUR 339,-- für die Duschtasse begehrt hat, kann dahingestellt bleiben, weil das Erstgericht nur den mit 60 % angesetzten Zeitwert zugesprochen hat. Das sind somit EUR 60,-- für den Siphon und EUR 300,-- für die Duschtasse, so dass bereits aus diesem Grund ein Verstoß gegen § 405 ZPO ausscheidet.

1.3.1. Die Beklagte sieht auch im Zuspruch des Zeitwertschadens einen Verstoß gegen § 405 ZPO, weil dieser kein Minus zum vom Kläger begehrten Neuwertschaden darstelle. Der Kläger habe ausschließlich Wiederherstellungskosten geltend gemacht. Für die Beurteilung des Zeitwerts sei auch das Alter und die Restnutzungsdauer der betroffenen Sachen relevant. Daher erfordere die Geltendmachung des versicherten Zeitwertes ein weitergehendes oder anderes Vorbringen als den bloßen Hinweis auf die Wiederherstellungskosten. Es handle sich somit um einen anderen Streitgegenstand.

1.3.2. § 405 ZPO bindet das Gericht an den Streitgegenstand und schafft die Grundlage für die Rechtskraft (RS0041070). Gemäß § 405 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Für die Beantwortung der Frage, ob das Gericht über die seinem Urteilsspruch in § 405 ZPO gezogenen Schranken hinausgegangen ist, ist nicht allein das Klagebegehren, sondern auch der übrige Inhalt der Klage maßgebend (RS0041078). Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, nicht die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens (RS0037551).

Ob ein aliud oder ein minus anzunehmen ist, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen für berechtigt erachteten Anspruch (RS0041023). Das Gericht ist nicht nur an die klägerischen Sachanträge gebunden, sondern auch an den geltend gemachten Anspruch. Ist kein bestimmter Rechtsgrund geltend gemacht worden, dann verstößt das Gericht nicht gegen § 405 ZPO, wenn es unter den in concreto möglichen Ansprüchen eine Wahl trifft. Soweit aber ein bestimmter Rechtsgrund ausdrücklich geltend gemacht wird, ist das Gericht daran gebunden und darf der Klage nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben (RS0037610). Wenn der Klage nicht unzweifelhaft entnommen werden kann, dass der Kläger eine andere rechtliche Beurteilung ausschließen wollte, kann im Berufungsverfahren die rechtliche Qualifikation geändert werden, wenn dies das Tatsachenvorbringen in erster Instanz zulässt und die tatsächlichen Behauptungen keine Änderung erfahren haben (RS0037610 [T12]).

Ein aliud liegt auch dann vor, wenn der verlangte und der zugesprochene Leistungsgegenstand zwar gleichartig sind, aber aus verschiedenen Sachverhalten abgeleitet werden (zB: Anspruch auf Preisminderung aus Gewährleistung ist aliud gegenüber Anpassung eines Kaufvertrages wegen eines unwesentlichen Geschäftsirrtums, RS0037610 [T30]). Maßgebend für den Entscheidungsspielraum des Gerichts sind der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt und die hiefür angegebenen Tatsachen. Eine unrichtige rechtliche Qualifikation wirkt sich dann nicht zum Nachteil des Klägers aus, wenn er alle anspruchsbegründenden Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat (RS0037610 [T37]).

Aus dem Grundsatz, dass die Parteien nur den rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Sachverhalt vorzutragen brauchen und dass das Gericht sodann den in diesem Rahmen festgestellten Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen hat, wenn nicht der Anspruch ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund gestützt wird, folgt für das Versicherungsrecht, dass in Fällen, in denen sich Leistungsfreiheit aus dem Gesetz selbst ergibt, nur ein Sachverhalt im Rahmen dieser Gesetzesbestimmung behauptet und der Anspruch bestritten werden muss; bei vereinbarter Leistungsfreiheit hat der Versicherer darüber hinaus die besondere Vereinbarung zu behaupten und zu beweisen (RS0037580).

Die beschränkte Haftung nach dem EKHG ist gegenüber der unbeschränkten Haftung nach §§ 1295 ff ABGB kein aliud, sondern ein minus (RS0038123). Eine auf behauptetes Verschulden gestützte Klage schließt die Haftung aus Gefährdung mit ein (RS0038123 [T1]). Auch im Zuspruch eines merkantilen Minderwerts bei Geltendmachung des Totalschadens wurde ein zulässiges Minus gesehen (vgl Fucik in Fasching/Konecny 3 III/2 § 405 ZPO Rz 46). Keine Abweichung vom Begehrten liegt im Zuspruch eines geringeren Betrags oder einer auch qualitativ geringeren Leistung bzw Feststellung, solange diese begrifflich und rechtlich notwendig vom Begehrten mitumfasst wird. Der Zuspruch eines Minus verstößt also nicht gegen § 405 ZPO ( Fucik in Fasching/Konecny 3 III/2 § 405 ZPO Rz 42).

1.3.3. Die Beklagte wies bereits in ihrem Einspruch darauf hin, dass mangels Sicherstellung der Wiederherstellung der Klagsanspruch noch nicht fällig sei (ON 3 S 5). Der Kläger begehrt zwar die Wiederbeschaffungskosten, aber es ist nicht erkennbar, dass er nicht zumindest den Zeitwert ersetzt haben will. Im Zweifel ist die Beschränkung auf einen von mehreren nach dem Sachvortrag in Frage kommenden Rechtsgründen nicht anzunehmen (RS0037610 [T36]). Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Kläger eine andere rechtliche Beurteilung wie den Zuspruch (bloß) des Zeitwerts ausschließen wollte.

In seinem vorbereitenden Schriftsatz ON 5 S 2 erstattete der Kläger Vorbringen zum Alter des Badezimmers. Es liegt somit ein ausreichendes Vorbringen für die Ermittlung des Zeitwerts vor. Der Zuspruch des Zeitwerts von EUR 11.592,-- ist ein Minus gegenüber dem ursprünglichen Klagebegehren von EUR 21.973,35, das auf die Wiederherstellungskosten abstellte. Auch die Struktur des Artikels 13 der AEHB Teil D zeigt, dass es sich bei der Entschädigung in Höhe des Zeitwerts um ein Minus gegenüber der Gesamtentschädigung handelt, welche erst bei Sicherstellung der Wiederherstellung fällig wird. Die vom Erstgericht zur Höhe des Zeitwerts getroffene Feststellung ist nicht als überschießend anzusehen.

1.4. Zu den von der Beklagten zitierten Entscheidungen 2 R 88/21g OLG Wien und 7 Ob 46/22y ist auszuführen, dass sich diese vom vorliegenden Fall unterscheiden, weil dort von der beklagten Versicherung bereits nennenswerte Zahlungen, aber noch nicht die Neuwertentschädigung geleistet worden waren, und die Unschlüssigkeit laut dem Urteil des Berufungsgerichts darin lag, ob der Kläger bei dieser Fallkonstellation überhaupt einen weiteren Zeitwertschaden und wenn ja in welcher konkreten Höhe geltend machte. Im hier zu beurteilenden Fall lehnte die Beklagte die Deckung generell ab, so dass sich die Frage, ob Teilzahlungen bereits den Zeitwertschaden abdecken, nicht stellt.

1.5. Es liegt daher weder ein Verfahrensmangel noch eine Unschlüssigkeit des Klagebegehrens vor. Die Berufung bleibt somit ohne Erfolg.

2. Zum Kostenrekurs:

Die Beklagte argumentiert, dass hier § 43 Abs 2 ZPO nicht anzuwenden sei, weil die Teilabweisung wegen mangelnder Fälligkeit und nicht wegen der Ausmittlung durch Sachverständige erfolgt sei.

Dies ist teilweise berechtigt. Der Kläger begehrte die Zahlung von EUR 21.973,35. Der aufgrund des Sachverständigengutachtens festgestellte Wiederbeschaffungswert betrug EUR 19.320,--. Die Ausmittlung der Sanierungskosten durch den Sachverständigen stellt einen Fall des § 43 Abs 2 ZPO dar. Dem Kläger wurde jedoch mangels Sicherstellung der Wiederherstellung nur der Zeitwert zugesprochen. Dies ist ein Fall des § 43 Abs 1 ZPO. Es kommt somit zu einer Kombination aus Kostenteilung und Kostenprivileg. Daher ist ein bereinigter Streitwert zu ermitteln, nämlich der um das kostenunschädliche Unterliegen reduzierte Betrag (vgl Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.185). Nicht kostenschädlich ist in diesem Fall die Differenz des eingeklagten Betrags von EUR 21.973,75 und dem vom Sachverständigen ermittelten Betrag von EUR 19.320,--. Der bereinigte Streitwert beträgt somit EUR 19.320,--.

Dies führt zu einem Obsiegen des Klägers zu 60 %. Ihm steht daher der Ersatz von 20 % seiner Vertretungskosten und 60 % seiner Barauslagen zu. Auf einen allfälligen, der Beklagten zustehenden Barauslagenersatz geht der Rekurs nicht ein. Es ergeben sich somit die im Spruch genannten Beträge. Die Beklagte zieht in ihrem Rekurs nicht in Zweifel, dass die Kosten des Beweissicherungsverfahrens als vorprozessuale Kosten wie Barauslagen zu ersetzen sind (vgl auch zB Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.408 und 1.413; Ziehensack , Praxiskommentar Kostenrecht Rz 316).

3. Zu den Verfahrenskosten 2. Instanz:

Die Auswirkungen eines Obsiegens allein im Kostenpunkt sind strittig. In Hinblick auf die Einheitlichkeit der Honorierung ein und desselben Schriftsatzes - sofern das Gesetz (wie hier) eine Verbindungsgebühr nicht vorsieht (zB Pkt 4. und 5. der Anmerkungen zu TP 3 RATG; vgl auch § 22 RATG) – schließt sich das Berufungsgericht jener Judikaturlinie an, nach der ein gesonderter Kostenzuspruch für eine mit einer Berufung verbundenen Kostenrüge ausscheidet. Kosten für einen Kostenrekurs sind der Gegenpartei dann nicht zum Ersatz aufzuerlegen, weil die Kostenentscheidung bloß akzessorisch zur Hauptsache ist (vgl RS0119892 [T3, T4]; OLG Wien zB 2 R 19/23p, 13 R 164/21i, 2 R 182/11s, 4 R 67/10t ua).

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten seiner Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

4. Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Wird ein Verstoß gegen § 405 ZPO vom Berufungsgericht verneint, kann er mit Revision nicht mehr angefochten werden (RS0041117). Die Schlüssigkeitsfrage kann grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO sein (RS0037780).

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