33R65/23f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke GeruchStop über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 9.2.2023, AM 11244/2002-3, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Die Antragstellerin beantragt die Eintragung der Wortmarke
GeruchStop
für folgende Waren der Klasse 16 :
Papierhandtücher, Handtücher aus Papier, Papier-Gesichtstücher, Papiertaschentücher, Taschentücher aus Papier, Papierservietten, Papierwaschtücher, Toilettenpapier, Abschminktücher aus Papier, Papier-Abtrockentücher, Zellstofftücher, Küchenrollen aus Papier, Küchenrollen aus Zellstoff und Tischservietten aus Papier.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Antrag ab. Das Zeichen sei gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG von der Registrierung ausgeschlossen, da die beteiligten Verkehrskreise es im Zusammenhang mit den so bezeichneten Waren der Klasse 16 nicht als Marke, sondern als bloße Bestimmungsangabe sehen und in weiterer Folge davon ausgehen würden, dass diese Waren – neben dem Wischen – dazu geeignet seien, Gerüche zu hemmen und zu entfernen, also einen Geruchstopp erzielen würden.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, den Beschluss dahin abzuändern, dass die Wortmarke GeruchStop in das Markenregister eingetragen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Von der Registrierung als Marke sind nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
1.1. Eine Marke ist unterscheidungskräftig iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nur unter dieser Bedingung kann eine Marke ihre Hauptfunktion als Hinweis auf die betriebliche Herkunft erfüllen (RS0118396; 4 Ob 153/21k, myflat ; 4 Ob 49/14f, MyTaxi II ; C 104/00 P, Companyline ; C 108/97, Chiemsee ).
1.2. Nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Werts, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Eine Marke ist beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und das Wort oder die Wortkombination als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (RS0109431). Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise „sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen“ herstellen können (C 326/01 P, Universaltelefonbuch , Rn 33; C 494/08 P, Pranahaus , Rn 29; 4 Ob 153/21k, myflat ). Lässt sich die Beziehung zwischen Ware und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, dann ist die Registrierung des Zeichens auch ohne Verkehrsgeltung ebenso erlaubt, wie wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Ware, der Art ihrer Herstellung oder ihrer Zweckbestimmung handelt (vgl RS0066456; RS0109431; RS0090799).
1.3. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b) bis lit d) Marken-RL) sind gesondert zu prüfen. Unterscheidungskraft fehlt bei einer Marke aber jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft. Eine beschreibende Marke iS von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iS von § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (4 Ob 11/14t, Expressglas ; 4 Ob 153/21k, myflat ; 4 Ob 49/14f, M yTaxi II ; RS0132934).
2. Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (4 Ob 49/14f, MyTaxi II ; 4 Ob 153/21k, myflat ; mwN; RS0133787). Grundsätzlich wird in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Überprüfung des Eintragungshindernisses des Fehlens der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab angelegt (4 Ob 96/19z, Digitale Vignette ; 4 Ob 153/21k, myflat ).
Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Wörter im Verkehr als Phantasiebezeichnung aufgefasst werden (RS0066644).
3. Beteiligte Verkehrskreise sind alle Personen, die als Erwerber der Ware in Betracht kommen (4 Ob 78/18a, Schneewette ; 4 Ob 49/14f, MyTaxi II ; Asperger in Kucsko/ Schumacher , Marken.Schutz³ § 4 Rz 61 mwN; RS0079038).
4. Die Grundsätze für die Beurteilung der Schützbarkeit von Wortmarken sind auch auf Wortneuschöpfungen anzuwenden. Auch ihre Schützbarkeit hängt davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und die Wortkombination als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (RS0109431; 4 Ob 78/18a, Schneewette ). Diese Regeln gelten auch für Wörter, die dem Grundwortschatz bekannter Fremdsprachen, namentlich des Englischen, angehören (4 Ob 49/14f, MyTaxi II ; 4 Ob 153/21k, myflat ).
5. Die Eintragung soll für Papier- und Zellstofferzeugnisse erfolgen. Das Zeichen GeruchStop mag zwar als solches nicht der deutschen Sprache angehören, bringt aber in seiner Zusammensetzung aus dem deutschen Wort Geruch und dem englischen Wort Stop, das sich von der deutschen Version „Stopp“ nur leicht und nur in der geschriebenen Sprache unterscheidet, deutlich zum Ausdruck, dass eine mit diesem Begriff bezeichnete Sache Gerüche unterbinden soll. Geht man weiters davon aus, dass im allgemeinen Verständnis grundsätzlich eher das Unterbinden unangenehmer Gerüche angestrebt wird, ist davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise im Hinblick auf die genannten Waren den Begriff GeruchStop als Beschreibung einer Produkteigenschaft wahrnehmen werden. Es mag sein, dass nicht sämtliche genannten Produkte unmittelbar der Entfernung von Gerüchen dienen. Sämtliche Produkte werden aber zur Reinigung im weitesten Sinne verwendet, und der durchschnittliche Verbraucher bringt Reinigung auch mit der Beseitigung unangenehmer oder unerwünschter Gerüche in Verbindung. Es ist üblich, dass Reinigungsprodukte auch mit der Eigenschaft beworben und verknüpft werden, dass sie in der Lage sind, derartige Gerüche zu verdrängen oder zu entfernen. Die beteiligten Verkehrskreise werden das Zeichen als Hinweis auf eine Produkteigenschaft und nicht als Herkunftsbezeichnung wahrnehmen.
6. Damit ist das Zeichen keine Phantasiebezeichnung, die sich als markenmäßiges Kennzeichen der Produkte der Antragstellerin eignet. Dass die Eintragung durch das DPMA nicht präjudiziell ist, hat die Antragstellerin bereits selbst erkannt.
7. Ob ein Begriff rein beschreibend ist oder Unterscheidungskraft besitzt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl 4 Ob 78/18a; 4 Ob 16/15d; RS0121895). Aus diesem Grund war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.