3R54/23t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Stiefsohn und die Kommerzialrätin MMag. a Dr. in Wittmann in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* B* , Pensionist, geb. **, und 2. C* B* , Pensionistin, geb. **, beide **, beide vertreten durch Mag. Daniel Wolff, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei D* Aktiengesellschaft , FN **, **, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 35.000), über die Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9.2.2023, 67 Cg 68/22g-9, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.355,98 (darin enthalten EUR 559,33 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Parteien schlossen am 6.10.2007 zwei endfällige Fremdwährungskreditverträge über Schweizer Franken (CHF) im Gegenwert von EUR 140.000 und EUR 60.000, jeweils mit einer Laufzeit bis 15.6.2029. Sie vereinbarten quartalsweise Zinsenzahlungen in der Höhe des jeweils aktuellen 3-Monats-LIBOR plus 1,25 Prozentpunkten. Die Kläger verpflichteten sich zur laufenden Einzahlung in einen Tilgungsträger, die britische Lebensversicherung „E*“, und traten sämtliche Ansprüche daraus an die Beklagte ab. Der Tilgungsträger dient den Zweck, am Laufzeitende der CHF-Kredite die ausständigen Kreditbeträge zu tilgen.
Die Kreditverträge enthielten die Klauseln (die Nummerierung folgt dem Ersturteil):
A) In dem die Kreditzuzählung und -rückführung auslösenden Zahlungsverkehr finden die Standardentgelte gemäß Schalteraushang Anwendung.
B) Die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils am Zuzähltag gültigen Devisengeldkurs auf Basis Bawag-Fixing.
C) Für die Ausnützung in Euro gilt der zum Zeitpunkt der Konvertierung jeweils gültige Zinssatz für Wohnungskredite laut Schalteraushang (variable Verzinsung) sowie vierteljährliche Abrechnung jeweils zum Quartalsschluss unter Verrechnung eines Kontoführungsentgeltes gemäß Schalteraushang.
D) Die Bank stellt Ihnen einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken mit der Möglichkeit, zum Zeitpunkt einer jeden Tranchenfälligkeit in Euro zu tauschen, […] zur Verfügung.
E) Die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils am Zuzähltag gültigen Devisengeldkurs auf Basis Bank-Fixing […]
F) Sie verpfänden der Bank zur Sicherstellung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen aus dem Kreditvertrag an Hauptsumme, Zinsen, Kosten und Gebühren alle der Exekution unterliegenden, Ihnen zustehenden Ansprüche auf (Lohn-, Gehalts-, Pensions- und sonstige) Bezüge und Abfertigungen gegen den jeweiligen Dienstgeber oder sonstigen Schuldner sowie alle Ansprüche nach dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz. Die Bank ist berechtigt, die jeweiligen Drittschuldner zu verständigen.
G) Sollte sich die jeweilige Aushaftung auf dem gegenständlichen Kreditkonto umgerechnet in Euro auf Grund von Wechselkursveränderungen um mehr als 10% gegenüber dem Tag der Kreditzuzählung erhöhen, sind Sie umgehend verpflichtet, der Bank akzeptabel erscheinende Sicherheiten zumindest im Ausmaß der Veränderung beizubringen. Sollte diesbezüglich kein Einvernehmen erzielt werden, und kommen Sie diesen Verpflichtungen nicht nach, ist die Bank berechtigt, ohne Einhaltung einer Frist und ohne vorherige Rücksprache mit Ihnen, den Fremdwährungskredit in Euro abzurechnen und Ihrem Verrechnungskonto anzulasten, um ein weiteres Kursrisiko zu vermeiden.
Die mit den Kreditverträgen von den Klägern unterfertigten „Risikoinformationen für Fremdwährungsfinanzierungen“ enthielten die Hinweise:
1. Währungs-(Wechselkurs-)risiko
Bei jedem Fremdwährungskredit besteht ein Wechselkursrisiko – soferne der Kreditnehmer nicht über Zahlungseingänge in der gewählten Fremdwährung verfügt.
Da der Kredit in Fremdwährung aushaftet, ändert sich der jeweilige Euro-Gegenwert des Kreditbetrags entsprechend den Wechselkursschwankungen des Euros gegenüber der Kreditwährung.
Steigt der Kurs des Euros gegenüber der Kreditwährung, so sinkt der Euro-Gegenwert der Kreditaushaftung: Für Zinszahlungen und Tilgung des Kapitalbetrages werden in diesem Fall nur geringere Euro-Beträge benötigt – die Belastung wird geringer und es kann die Situation eintreten, dass Sie weniger zurückzahlen als Sie an Kapital aufgenommen haben.
Sinkt hingegen der Kurs des Euros gegenüber der Kreditwährung, so erhöht sich jedoch der Euro-Gegenwert der Kreditaushaftung: Für Zinszahlungen und Tilgung des Kapitalbetrages werden dann höhere Euro-Beträge benötigt – die Belastung wird für Sie höher und es kann der Fall eintreten, dass Sie mehr zurückzahlen müssen, als Sie ursprünglich an Kapital aufgenommen haben. […]
5. Allgemeines
Wenn Sie den Kredit zur Verwendung in Euro benötigen und/oder die Rückführung des Kredites aus Euro-Mitteln erfolgt, sind Konvertierungskosten (Differenz zwischen Devisengeldkurs und Devisenbriefkurs) sowie die anfallenden Spesen in die Kalkulation der Rentabilität der Fremdwährungsfinanzierung einzubeziehen. […]
Das Bank-Fixing (oder **-Fixing) – vgl die Klauseln B) und E) – wurde in den Kreditverträgen und in den Risikoinformationen für Fremdwährungsfinanzierungen nicht beschrieben oder erläutert.
Seit der Einführung des Euro gibt es kein amtliches Devisen-Fixing mehr. Mittlerweile besteht der Handelsbrauch, dass alle größeren österreichischen Banken ihr eigenes Kurs-Fixing betreiben, um die jeweiligen Devisenkurse tagesaktuell festzustellen. Bei der Beklagten wird der Devisenbedarf täglich der Devisenabteilung des Hauses übermittelt. Das wird für jede Währung separat durchgeführt und führt zu einer saldierten Zahl, die aus den gesamten Einzeltransaktionen und Geschäften besteht, die der Beklagten für diesen Tag von den Kunden gemeldet wurden. Diese Zahl wird in die Handelssysteme eingespielt und um etwa 13:00 Uhr durch die Beklagte festgeschrieben („fixiert“). Dieser Kurs ist der zu diesem Zeitpunkt bestehende Interbankenmarktkurs, der sich nach Angebot und Nachfrage nach der jeweiligen Währung richtet. Zu diesem Kurs werden dann alle Zahlungsverkehrstransaktionen abgewickelt. Die fixierten Kurse werden an jedem Bankwerktag um etwa 13:15 Uhr auf der Homepage der Beklagten publiziert. Auf diese Kurse ist von den Kunden der Beklagten für sämtliche Devisengeschäfte ein Auf- oder Abschlag von 0,007 Kurspunkten bezogen auf die ausländische Währung zu zahlen.
Bis zum Abschluss der Kreditverträge mit der Beklagten hatte sich der Erstkläger um die finanziellen Belange der Familie gekümmert. Die Zweitklägerin hat ihm vertraut. Vor dem Abschluss der Kreditverträge hatte ihn ein Mitarbeiter der Beklagten auf die Auswirkungen von steigenden und fallenden CHF-Kursen hingewiesen. Er hatte ihm mitgeteilt, dass sich für die Kläger ein sinkender CHF-Kurs positiv und ein steigender CHF-Kurs negativ auswirken würde. Dass die Beklagte die Wechselkurse mit einem Bank-Fixing festlege und wie dieses erfolge, wurde nicht besprochen.
Die Beklagte zählte den Klägern die Kreditbeträge per 16.10.2007 zu, indem sie EUR 195.520 auf ein EUR-Girokonto des Erstklägers überwies. Dieser Betrag entsprach zum Zuzähldatum bei einem CHF-Kurs zum Euro von 1,684 exakt CHF 329.255,68. Die Kläger nahmen mit den Kreditmitteln eine Umschuldung vor: Sie stellten drei bestehende EUR-Kreditkonten glatt.
Die Beklagte führte – entsprechend den beiden Kreditverträgen – zwei CHF-Kreditkonten für die Kläger. Sie sandte ihnen regelmäßig Kontoauszüge zu, die ihnen auch zugingen. Die laufenden Kreditzinsen wurden vom EUR-Girokonto des Erstklägers eingezogen, jeweils auf der Basis des aktuellen Umrechnungskurses, der auf den Kontoauszügen aufschien. Besondere Auf- oder Abschläge zugunsten der Beklagten in bestimmter Höhe waren den Kontoauszügen nicht zu entnehmen. Auf den Kontoauszügen fand sich auch der Satz:
Sofern Sie nicht binnen 6 Wochen dem Kontoauszug schriftlich widersprechen, anerkennen Sie diesen.
Die Kläger widersprachen dem Inhalt der ihnen zugesandten Kontoauszüge nicht.
Während der gesamten bisherigen Kreditlaufzeit zahlten die Kläger nur Zinsen und nahmen keine Kapitalrückzahlungen vor.
Zeitnah zur Zuzählung der Kreditbeträge bemerkte der Erstkläger anlässlich einer Abbuchung der Zinsen von seinem EUR-Girokonto die Volatilität des CHF-Kurses. Von 2010 bis 2017 teilte die Beklagte den Klägern mehrmals mit, dass sich der CHF-Kurs zur ihren Ungunsten verändert habe. 2010 und 2014 verständigte die Beklagte die Kläger von einem Fehlbetrag aus den damaligen Hochrechnungen des Tilgungsträgers. Sie bot ihnen mehrmals die Konvertierung der CHF-Kredite in EUR-Abstattungskredite an. Die Kläger nahmen diese Angebote in der Hoffnung auf einen sinkenden CHF-Kurs nicht an.
Die Kläger begehrten die Feststellung, dass die beiden Kreditverträge nicht rechtswirksam zustande gekommen seien, und hilfsweise die Feststellung, dass sie nichtig seien. Zum Hauptbegehren brachten sie vor, der Kreditbetrag in CHF sei in den Kreditverträgen nicht ausreichend bestimmt (§ 869 ABGB). Zum Eventualbegehren brachten sie vor, die Klauseln A) bis G) seien nichtig, und stützten sich dafür auf § 864a ABGB, § 879 Abs 1 und 3 ABGB, § 6 Abs 1 Z 5, Abs 2 Z 1 und Abs 3 KSchG sowie § 12 KSchG. Der Wegfall dieser Klauseln bewirke die Gesamtnichtigkeit der Kreditverträge.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und entgegnete, die Kreditbeträge seien ausreichend bestimmt. Die Klauseln seien weder intransparent noch missbräuchlich; der Wegfall einzelner Klauseln führe nicht zur Gesamtnichtigkeit. Es fehle ein Feststellungsinteresse (§ 228 ZPO), weil bereits eine Leistungsklage auf Rückabwicklung der Kreditverträge möglich wäre.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es traf die auf US 2, 8-16 ersichtlichen Feststellungen zu den konkreten Umständen des Vertragsabschlusses (einschließlich der Risikohinweise der Beklagten an die Kläger) und der Vertragsabwicklung. Der für das Berufungsverfahren wesentliche Teil des festgestellten Sachverhalts wurde eingangs zusammengefasst wiedergegeben. Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, die Parteien haben eine echte Fremdwährungsschuld vereinbart, weil die Kläger grundsätzlich eine Rückzahlungsverpflichtung in CHF getroffen habe. Die Formulierung der Verträge und die Abwicklung über Abbuchungen der Zinsen vom EUR-Girokonto des Erstklägers zugunsten der CHF-Konten hätten dies den Klägern auch ausreichend zur Kenntnis gebracht.
Zum Hauptbegehren ergänzte es, der Kreditbetrag in CHF sei ausreichend bestimmt gewesen. Die Kläger hätten über mehr als 15 Jahre weder die im Kontoauszug angegebene CHF-Summe noch den Umrechnungskurs beanstandet; die Umschuldung ihrer drei EUR-Kreditkonten sei offenkundig anstandslos erfolgt. Daraus sei auf ihr Einverständnis mit dem ihnen auf diese Weise bekanntgegebenen CHF-Betrag zu schließen.
Zum Eventualbegehren gestand es den Klägern zu, dass die Klauseln A) bis C) und E) bis G) – aus verschiedenen, im Detail erläuterten Gründen - missbräuchlich und/oder intransparent seien. Daraus folge aber nicht die Gesamtnichtigkeit der Kreditverträge; diese könnten auch ohne die gesetzwidrigen Klauseln fortbestehen und wechselseitig erfüllt werden. Der Entfall der Klauseln A), F) und G) sei für die Kläger objektiv günstig. Die Klauseln B) und E) würden durch dispositives Recht ersetzt, die Klausel C) durch eine andere Vertragsbestimmung. Die Klausel D) sei unbedenklich. Das ändere nichts an der Gültigkeit der Kreditverträge.
Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil zu ändern und der Klage stattzugeben; hilfsweise stellen die Kläger einen Aufhebungsantrag. Weiters regen sie an, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu stellen.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Ein Fremdwährungskredit ist ein Kredit, der dem Kreditnehmer ganz oder teilweise in einer anderen Währung als in Euro gewährt wird (§ 2 Abs 12 VKrG; 1 Ob 190/16x; 8 Ob 37/20d; 1 Ob 173/21d; 8 Ob 81/22b; 9 Ob 83/22d). Hat der Gläubiger einen Anspruch auf Zahlung in der Fremdwährung, liegt eine echte Fremdwährungsschuld vor. Dient die Fremdwährung dagegen lediglich als Rechnungsgrundlage zur Ermittlung des dem Gläubiger in der inländischen Währung geschuldeten Betrags, wurde eine unechte Fremdwährungsschuld vereinbart (RS0061067; RS0017547). Steht im Individualprozess fest, dass der Kläger den Kredit in einer Fremdwährung aufgenommen hat, folgt schon aus der Definition des Fremdwährungskredits, dass er die Rückzahlung in dieser Währung zu leisten hat (1 Ob 173/21d; 7 Ob 223/22b; 9 Ob 83/22d) – dass also eine echte Fremdwährungsschuld vorliegt. Die Kläger haben, wie sich insbesondere aus der Klausel D) ergibt, Kredite in der Fremdwährung CHF aufgenommen. In jedem Formblatt „Risikohinweise für Fremdwährungsfinanzierungen“ wurden sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kredit „in Fremdwährung aushaftet“. Die Kreditkonten wurden – über Jahre unbeanstandet – in CHF geführt. Der rechtliche Schluss des Erstgerichts, die Parteien hätten echte Fremdwährungsschulden vereinbart (US 19), ist somit richtig. Die Parteien ziehen das Vorliegen echter Fremdwährungskredite im Berufungsverfahren auch gar nicht in Zweifel.
2. Zur Begründung ihres Hauptbegehrens auf Feststellung, die echten Fremdwährungskreditverträge seien nicht wirksam zustande gekommen, meinen die Kläger weiterhin, die Parteien hätten keinen Konsens über bestimmte oder bestimmbare Kreditbeträge in CHF erzielt. Sie bestreiten nicht, dass sie über mehr als 15 Jahre weder die in den Kontoauszügen angegebenen CHF-Kreditsummen noch den Umrechnungskurs beanstandet haben und dass sie die ihnen zugezählten Kreditbeträge „anstandslos“ zur Umschuldung dreier EUR-Kreditkonten verwendet haben. Sie gehen aber davon aus, diese Umstände hätten die Unbestimmtheit nicht „heilen“ können.
2.1. Den Klägern ist zuzugeben, dass die Kreditverträge keine CHF-Beträge nennen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des OGH ist das aber gar nicht notwendig: Der Kreditvertrag muss den Kreditbetrag in der Fremdwährung und damit die Geldschuld des Kreditgebers nicht ziffernmäßig bezeichnen, um dem Bestimmtheitserfordernis des § 869 ABGB zu entsprechen. Es reicht aus, wenn der Kreditbetrag vertraglich an den „Gegenwert“ eines ziffernmäßig bezeichneten (maximalen) Euro-Betrags gebunden wird, ein dem Kreditnehmer anlässlich der Zuzählung zur Verfügung gestellter Kontoauszug den Kreditbetrag in der Fremdwährung konkretisiert (4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p; 2 Ob 198/21p; 7 Ob 183/22w) und der Kreditnehmer über den ihm zugezählten Betrag disponiert, ohne den ausgewiesenen Fremdwährungsbetrag zu beanstanden. Dieses Verhalten des Kreditnehmers lässt nur den Schluss zu, dass er mit einem Kredit in der Höhe jenes Fremdwährungsbetrags einverstanden ist, mit dem das Fremdwährungskonto belastet wurde (6 Ob 51/21z; 1 Ob 173/21d; 9 Ob 66/21b; 1 Ob 9/22p; 7 Ob 58/22p; 8 Ob 81/22b; 7 Ob 223/22b). Unter diesen Voraussetzungen ist die Fremdwährungsschuld mit jenem Betrag, der auf dem Fremdwährungskonto ausgewiesen ist, ausreichend bestimmt. Könnte sich der Kreditnehmer auch in solchen Fällen auf die ursprüngliche Unbestimmtheit des Kreditvertrags berufen, könnte er das fehlerfrei übernommene Wechselkursrisiko nachträglich auf die Bank abwälzen. Das ist nach der Rechtsprechung vom Zweck des Bestimmtheitserfordernisses nicht gedeckt (2 Ob 198/21p; 2 Ob 54/22p; 1 Ob 88/22f; 4 Ob 196/22k).
2.2. Ein solcher Fall liegt hier vor: Die Kreditbeträge waren in den beiden Kreditverträgen in CHF ausgedrückt. Sie waren nicht ziffernmäßig bezeichnet, sondern an den Gegenwert von maximal EUR 140.000 sowie EUR 60.000 gebunden. Die Beklagte zählte den Klägern ausgehend von einem Umrechnungskurs von 1,684 insgesamt CHF 329.255,68 zu und sandte ihnen regelmäßig Kontoauszüge über den Kontostand der beiden CHF-Kreditkonten zu, die ihnen auch zugingen. Die Kläger beanstandeten über 15 Jahre weder die aushaftenden CHF-Kreditbeträge noch die Umrechnungskurse, die sich aus den Kontoauszügen ergaben. Sie verwendeten die Kreditbeträge zur Umschuldung und stellten drei EUR-Kreditkonten glatt. Der daraus vom Erstgericht gezogene Schluss, die Kreditbeträge seien ausreichend bestimmt gewesen, ist vor dem Hintergrund der gefestigten Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Könnten sich die Kläger unter diesen Umständen auf die ursprüngliche Unbestimmtheit der Kreditverträge berufen, könnten sie das fehlerfrei übernommene Wechselkursrisiko nachträglich auf die Bank abwälzen. Das ist vom Zweck des Bestimmtheitserfordernisses nicht gedeckt.
2.3. Die Kläger wollen dieser Beurteilung zunächst mit der Entscheidung des EuGH zu C-212/20, „A“ S.A. , entgegentreten, mit der sich der OGH im Zusammenhang mit dem „Trennungsmodell“ (zwischen Kreditvertrag einerseits und Geldwechselvertrag andererseits) bereits mehrmals auseinandergesetzt hat (4 Ob 15/22t; 5 Ob 54/22k; 6 Ob 76/22b; 7 Ob 183/22w; 3 Ob 76/22f; 1 Ob 224/22f; 8 Ob 170/22s). Für die Frage der Bestimmtheit von Kreditverträgen (§ 869 ABGB) ist aus dieser Entscheidung von Vornherein nichts zu gewinnen: Der EuGH befasste sich darin mit der Missbräuchlichkeit und/oder Intransparenz einer Kreditvertragsklausel über den Ein- und Verkaufskurs der Fremdwährung (5 Ob 54/22k, mit ausführlicher Darstellung der Entscheidung). Die Frage der Bestimmtheit des Kreditvertrags behandelte der EuGH nicht. Sie ist nach dem nationalen bürgerlichen Recht zu beantworten, hier insbesondere nach § 869 ABGB.
2.4. Die Ausführungen der Kläger zu einzelnen Aspekten der Rechtsgeschäftslehre (ua zu Wissenserklärungen, zur Konkludenz und zum Erklärungswert von Schweigen) sind zwar richtig, gehen aber am Kern der Sache vorbei: Zum einen ist im Zusammenhang mit dem Bestimmtheitserfordernis (§ 869 ABGB) anerkannt, dass auch ein späteres (also nach dem Vertragsschluss gesetztes) Verhalten nach § 863 ABGB eindeutige Schlüsse auf einen nunmehr bestimmten Bindungswillen zulassen kann (RS0014711). Die dargelegte Rechtsprechung zur Bestimmtheit von Fremdwährungskreditverträgen setzt das konsequent um. Zum anderen besteht das als konkludente Zustimmung zu einem bestimmten Kreditbetrag in der Fremdwährung gewertete Verhalten des Kreditnehmers gerade nicht in einem bloßen Schweigen, sondern darin, dass er in Kenntnis der konkreten Höhe der Belastung des in der Fremdwährung geführten Kreditkontos über den ihm zugezählten Kreditbetrag disponiert. Das läuft, anders als die Kläger meinen, nicht auf eine unzulässige Erklärungsfiktion (§ 6 Abs 1 Z 2 KSchG) hinaus, sondern ist eine konsequente Anwendung des § 863 iVm § 869 ABGB.
2.5. Zusammengefasst teilt das Berufungsgericht also den Schluss des Erstgerichts, dass die Kreditbeträge in der Fremdwährung jeweils ausreichend bestimmt waren. Das Hauptbegehren wurde daher zu Recht abgewiesen.
3. Zur Begründung ihres Eventualbegehrens auf Feststellung der Nichtigkeit der Kreditverträge argumentieren die Kläger in der Berufung nur mehr, dass „die Wechselkursklausel“ intransparent und damit nichtig sei. Damit meinen sie augenscheinlich die Klauseln B) und E). Die dadurch entstandene Vertragslücke dürfe nicht durch dispositives Recht aufgefüllt werden. Da die Kreditverträge ohne die „Wechselkursklausel“ nicht weiterbestehen könnten, seien sie gesamtnichtig.
3.1. Den Kläger ist zuzugeben, dass eine missbräuchliche oder intransparente Klausel in ihrer Gesamtheit nichtig ist; eine geltungserhaltene Reduktion findet auch im Individualprozess des Verbrauchers nicht mehr statt (RS0122168; RS0128735). In der Regel erfasst die Nichtigkeit aber nur die betroffene Klausel und nicht den restlichen Vertrag (9 Ob 62/04i; 2 Ob 98/03f; 4 Ob 10/06h). Die Nichtigkeit einer Klausel hat also noch nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge (RS0016420). Nur wenn der Vertrag ohne die Klausel nicht fortbestehen kann, ist er zur Gänze nichtig (RS0014676 [T5]; RS0016431 [T6]; RS0016420 [T2]). Sind daher wesentliche Vertragsbestimmungen gesetzwidrig, ist der ganze Vertrag nichtig (7 Ob 142/07v; 9 Ob 18/14h; Krejci in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 879 Rz 514). Dies gilt vor allem dann, wenn der Vertrag infolge des Wegfalls der Hauptleistungspflichten undurchführbar wird (7 Ob 142/07v; 9 Ob 85/17s; 8 Ob 1/18g). Ob das der Fall ist, ist nach objektiven Kriterien zu prüfen und nicht danach, ob der Wegfall des Vertrags im Einzelfall für den Verbraucher günstiger wäre (EuGH C-453/10, Pereničová und Perenič; 9 Ob 85/17s; Docekal/Kiendl-Wendner in Keiler/Klauser, Österreichisches und Europäisches Verbraucherrecht, § 6 KSchG Rz 15; Fidler, Unionsrechtliche Entwicklungen bei der richterlichen Vertragsergänzung, JBl 2014, 693 [703]). Jedoch dürfen die Gerichte der Mitgliedstaaten einen Vertrag in seiner Gesamtheit als nichtig ansehen, wenn sich erweist, dass dadurch ein besserer Schutz des Verbrauchers gewährleistet wird (EuGH C-397/11, Jőrös; 9 Ob 85/17s).
3.2. Der OGH hat sich in diesem Zusammenhang bereits ausdrücklich mit der Klausel E) der Beklagten befasst und ausgesprochen, dass die Missbräuchlichkeit dieser Klausel nicht zur Nichtigkeit des Kreditvertrags führe. Sollte sie ausschließlich auf die Zuzählung des Kredits anwendbar sein, fehle es für die Rückzahlung an einer Konvertierungsklausel, was der Gültigkeit des ohnehin auf die Rückzahlung in der Fremdwährung gerichteten Kreditvertrags nicht entgegenstehe. Sollte sie über ihren Wortlaut hinaus auch für die Rückzahlung maßgeblich sein, müsse der Kreditnehmer den Kredit in – allenfalls von anderer Seite zu beschaffender – Fremdwährung zurückzahlen. Eine Lückenfüllung durch das dispositive Recht sei nicht erforderlich (2 Ob 198/21p).
3.3. Diese Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Fall – einschließlich der Klausel B), die sich von der Klausel E) nur insofern unterscheidet, als sie sich auf das „**-Fixing“ und nicht auf das „Bank-Fixing“ bezieht. Die Parteien einigten sich auf zwei endfällige CHF-Fremdwährungskreditverträge mit einer Laufzeit bis 15.6.2029 und – anlässlich der Zuzählung von EUR 195.520 – auf einen bestimmten Umrechnungskurs (1,684) und bestimmte Kreditbeträge in der Fremdwährung (CHF 231.044,80 und CHF 98.210,88). Damit schlossen sie zwei wirksame Kreditverträge, die auch ohne die Klauseln B) und E) durchführbar sind: Sollten die Klauseln nur für die Ermittlung der Kreditbeträge in der Fremdwährung und die Zuzählung gelten, wären sie obsolet, weil sich die Parteien nachträglich auf den Umrechnungskurs und ziffernmäßig bestimmte CHF-Kreditbeträge geeinigt haben. Sollten sie auch für die Rückzahlung maßgeblich sein, blieben die Kreditverträge ebenfalls durchführbar. Die Kläger müssten ihre vertraglichen Verpflichtungen dann jedenfalls in der Fremdwährung erfüllen und sich diese allenfalls von anderer Seite beschaffen.
3.4. Die in der Berufung aufgeworfene Frage, ob eine nachträglich entstandene Vertragslücke wegen des Wegfalls einer missbräuchlichen oder intransparenten Klausel durch das dispositive Recht (oder durch ergänzende Vertragsauslegung) geschlossen werden darf, wurde in der Rechtsprechung des OGH bislang unterschiedlich beantwortet (dafür zB: 7 Ob 84/12x; 8 Ob 132/15t; 4 Ob 228/17h; 8 Ob 37/20d; dagegen zB: 9 Ob 85/17s; 8 Ob 1/18g) und vom EuGH ausdrücklich verneint (C-229/19, C-289/19, Dexia Nederland BV ). Sie stellt sich hier aber nicht, weil ein Rückgriff auf das dispositive Recht (oder eine ergänzende Vertragsauslegung) gar nicht erforderlich ist. Auf die unionsrechtlichen Ausführungen der Kläger in diesem Zusammenhang ist daher nicht einzugehen; das angeregte Vorabentscheidungsersuchen ist entbehrlich.
3.5. Eine Gesamtnichtigkeit der Kreditverträge, die sich aus der Nichtigkeit der Klauseln A), C), D), F) und G) ergäbe, behaupten die Kläger in der Berufung nicht mehr. Der Vollständigkeit halber ist insofern auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zu verweisen (US 28-31, § 500a ABGB).
4. Der unberechtigten Berufung ist daher der Erfolg zu versagen. Auf die Frage des Feststellungsinteresses der Kläger (§ 228 ZPO) – die Beklagte zieht es in der Berufungsbeantwortung unter Verweis auf die Subsidiarität der Feststellungsklage zur ihrer Ansicht nach möglichen Leistungsklage auf Rückabwicklung weiterhin in Zweifel – ist mangels Relevanz nicht einzugehen. Auch die in der Berufungsbeantwortung hilfsweise erhobene Beweisrüge ist unerheblich: Mit der „Zuzählung“ der Kreditbeträge meinte das Erstgericht augenscheinlich deren „Auszahlung“ (vgl auch § 991 ABGB), nahm es doch auf die Überweisung von EUR 195.520 auf das EUR-Girokonto des Erstklägers Bezug (US 9). Ob diese am 16.10.2007 oder – wie von der Beklagten behauptet – erst vier Banktage nach der Belastung der Fremdwährungskonten mit den Kreditbeträgen erfolgte, ist für die Frage der Berechtigung der geltend gemachten Feststellungsbegehren irrelevant. Dass den Kontoauszügen keine besonderen Auf- oder Abschläge zugunsten der Beklagten in einer bestimmten Höhe zu „entnehmen“ waren (US 10), zieht die Beklagte selbst nicht in Zweifel. Ob solche Auf- und Abschläge – wie sie behauptet – „enthalten“ waren, ist ein anderes, hier aber ebenfalls irrelevantes Beweisthema.
5. Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Aufgliederung der Beklagten weist zwar den ERV-Zuschlag mit EUR 4,10 statt mit den richtigen EUR 2,10 aus. In der geltend gemachten Umsatzsteuer und der Kostensumme sind aber die richtigen EUR 2,10 ERV-Zuschlag enthalten.
6. Die Bewertung des Entscheidungsgegenstands gründet auf § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO und folgt der unbedenklichen Bewertung des Feststellungsinteresses durch die Kläger.
7. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu beantworten waren. Das Berufungsgericht ist der gefestigten Rechtsprechung des OGH zu Fremdwährungskrediten gefolgt. Die Klausel E) der Beklagten, die sich mit der Klausel B) im Wesentlichen deckt, war bereits Gegenstand der Entscheidung 2 Ob 198/21p.