JudikaturOLG Wien

33R98/22g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. Mai 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Wortmarke AT 309812 über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 26.4.2022, WM 11/2021 3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

1.1. Die Antragstellerin (Inhaberin der älteren Marke, „Widerspruchsmarke“) beruft sich auf die internationale Marke IR 1394481, angemeldet am 22.11.2017, registriert am 21.11.2017 mit Schutz für die Europäische Union:

Sie ist eingetragen für die Dienstleistungen

9 Media content.

38 Audiovisual communication services; secure transmission of data, sound or images; delivery of messages via electronic media; delivery of messages via audiovisual media; communication via television for meetings; communication via electronic means; communication via multinational telecommunications networks; consultancy, information and advice in the field of telecommunications; digital transmission for audio and video data; electronic transmission and transmission of sounds, images, documents, messages and data; retransmission of images via satellite; interactive telecommunications; transmission of sound via electronic means; broadcasting services.

41 Presentation of television programs; operation of television programs; composition of television programs; television and radio programs [programming]; entertainment services in the form of television; recording, film, video and television studios; preparation and production of television and radio programs; multimedia entertainment programs via television, broadband, wireless and online services; providing age ratings for television programs, films, music, videos and video games; services in the field of recording sound, films, videos and television.

45 Dating, matchmaking and personal acquaintance services on the Internet.

1.2. Der Widerspruch richtet sich gegen die Wortmarke AT 309812 der Antragsgegnerin („angegriffene Marke“), registriert am 10.9.2020, veröffentlicht am 20.10.2020,

PRIDE

eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der Klassen

16 Taschen, Beutel und Waren für Verpackungs-, Einpack- und Ablagezwecke aus Papier, Pappe oder Kunststoff; Fahnen aus Papier; Banner aus Papier; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmaterial.

25 Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen.

35 Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit; Werbevermittlung; Marketing; Beratung bezüglich Marketing; Beratung in Bezug auf Kommunikationsstrategien in der Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations].

41 Kulturelle Aktivitäten; Organisation von Festveranstaltungen; Organisation von Festspielen zu Unterhaltungszwecken; Organisation von Festspielen zu kulturellen Zwecken; Auskünfte über Freizeitaktivitäten; kulturelle Dienstleistungen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Organisation von Unterhaltungs- und kulturellen Veranstaltungen; Informationen über Unterhaltungsveranstaltungen; Unterhaltungsdienste; Live-Darbietungen zur Unterhaltung; Live-Unterhaltungsdienstleistungen; Betrieb eines Nachtclubs [Unterhaltung]; Organisation von Unterhaltungsdienstleistungen; Eintrittskartenvorverkauf und Buchungsdienstleistungen für Veranstaltungen; Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Ausbildung, Erziehung; Organisation von Kursen und Seminaren.

43 Verpflegung von Gästen; Beherbergung von Gästen.

45 Seelsorgerische Beratung; politische Beratung; Beratungsdienste in Bezug auf Rechtsfragen; Beratung im Bereich persönlicher Beziehungen.

2. Die Antragstellerin brachte vor, es herrsche zwischen den Zeichen Verwechslungsgefahr. Die Marken seien hinsichtlich des Zeichens ident. Sie stützte ihren Widerspruch auf alle Dienstleistungen der älteren Marke.

Die Antragsgegnerin bestritt die Verwechslungsgefahr.

3. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Patentamt dem Widerspruch nur in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 41 statt (oben durch Fettdruck hervorgehoben), nahm dabei aber die Dienstleistung „Betrieb eines Nachtclubs [Unterhaltung]“ von der Löschung aus.

In rechtlicher Hinsicht nahm die Rechtsabteilung nur bei diesen Dienstleistungen der Klasse 41 die Verwechslungsgefahr als gegeben an.

4. Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin, aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, dass der Widerspruch zur Gänze abgewiesen werde.

Die Antragstellerin beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

5. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

6.1. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (C 191/11 P, Yorma’s, Rz 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung.

Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; RS0121500 [T4]; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 10 Rz 397 ff mwN).

Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RS0121482). So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon, Rz 17).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (C 39/97, Cannon/Canon, Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).

6.2.1. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 10 Rz 416 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt ( quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rn 26).

6.2.2. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Erbringungsart, ihrem Zweck, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass das angesprochene Publikum der Meinung sein könnte, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind, wobei vom größtmöglichen Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (vgl Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering , MarkenG 13 § 9 Rz 110 ff ); EuGH GRUR 1998, 922, 924, Canon )

6.3. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RS0066779). Für die Ähnlichkeitsprüfung ist damit insbesondere auf Wortklang, Wortbild und Wortsinn Bedacht zu nehmen (RS0117324, RS0066753 [T9]; C 251/95, Sabel/Puma).

Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Klang, Bild oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Entscheidend ist der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp, ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rz 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rn 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21) .

6.4. Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64; 17 Ob 23/07t, Henson ; Om 6/11, revölution ; RS0117324 [T7]; 4 Ob 25/05p, Zorro ; Om 9/04, McCruise ). Nicht schützbare oder schwache Bestandteile, die den Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).

6.5. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv ; 17 Ob /08h, Feeling/Feel ; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax ; zuletzt 4 Ob 199/18w, Granny‘s ; RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr aber nur dann, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack Jones ; RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel ; 17 Ob 32/08t, Jukebox ; RS0079033 [T26]).

7. Die in einem Waren- und/oder Dienstleistungsverzeichnis verwendeten Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und objektiven Verkehrsverständnis auszulegen. Die im Abkommen von Nizza festgelegte Klassifikation der Waren und Dienstleistungen dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Die Klasseneinteilung ist demnach für die Beurteilung der Ähnlichkeit ohne Belang. Es ist nicht entscheidend, ob die Waren und Dienstleistungen jeweils in derselben Klasse aufscheinen ( Schumacher in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 3 § 10 Rz 432, 434 mwN).

8. Zur Dienstleistungsähnlichkeit :

8.1. Die Antragsgegnerin wendet sich in ihrem Rekurs zusammengefasst gegen die Rechtsansicht der Rechtsabteilung, dass die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen ähnlich seien. Die Rechtsabteilung habe nur auf den Zweck der strittigen Dienstleistungen abgestellt, nicht jedoch auf ihre Nutzung und ihre Eigenart. Die bloße Aufnahme und TV-Übertragung mache einen TV-Sender noch nicht zum „Veranstalter“ kultureller Veranstaltungen.

8.2. Soweit die Antragsgegnerin ausführt, dass keine der in Klasse 41 angeführten Dienstleistungen der älteren Marke den Dienstleistungen kulturelle Aktivitäten, kulturelle Dienstleistungen, Unterhaltung, Unterhaltungsdienste, Live-Darbietungen zur Unterhaltung, Live-Unterhaltungsdienstleistungen und sportliche und kulturelle Aktivitäten ähnle, übersieht sie, dass die ältere Marke nicht nur für die Präsentation, den Betrieb und die Zusammensetzung von Fernsehprogrammen geschützt ist, sondern auch für Unterhaltungsdienstleistungen in Form von Fernsehen ( entertainment services in the form of television ). Unterhaltungsdienstleistungen sind Dienstleistungen, die der Unterhaltung, dem Vergnügen oder der Erholung der Menschen dienen sollen, sowie öffentliche Präsentationen von Werken der bildenden Kunst oder der Literatur für kulturelle Zwecke und dienen der Unterhaltung von Menschen. Sie können bis auf die Live-Unterhaltungsdienstleistungen auch in Form von Fernsehen erbracht werden. Aber auch Live-Unterhaltungsdienstleistungen sind den Unterhaltungsdienstleistungen im Form von Fernsehen ähnlich, weil letztere auch vor einem anwesenden Publikum produziert werden können und entweder live oder aber zu einem späteren Zeitpunkt via Fernsehen übertragen werden können.

8.3. Zu den Dienstleistungen Organisation von Festveranstaltungen und Organisation von Festspielen zu Unterhaltungszwecken und kulturellen Zwecken, kulturelle Dienstleistungen, Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke, Organisation von Unterhaltungs- und kulturellen Veranstaltungen, Organisation von Kursen und Seminaren, und die Organisation von Unterhaltungsdienstleistungen ist auszuführen, dass es zwar zutrifft, dass sich diese Dienstleistung vollkommen von der Gestaltung eines Fernsehprogramms unterscheiden, sie ähneln aber der Dienstleistung der Vorbereitung und der Produktion von Fernseh- und Radioprogrammen (preparation and production of television and radio programs).

Als TV-/Radioproduktion werden Programminhalte bezeichnet, die für die Ausstrahlung im Fernsehen/Radio produziert werden. Neben Fernsehfilmen und Fernsehserien zählen hierzu auch die in den unterschiedlichen Fernsehsendungen gezeigten Formate wie Kultursendungen, Talk-Shows, Sportveranstaltungen oder Magazine. Dies kann auch die Produktion von Festspielen oder Festveranstaltungen umfassen.

8.4. Soweit die Antragsgegnerin argumentiert, dass die von der jüngeren Marke geschützten kulturellen Dienstleistungen anders als die von der älteren Marke geschützten vor einem im Veranstaltungsraum anwesenden Publikum dargeboten würden, ist dem entgegenzuhalten, dass auch die Produktion von (kulturellen) TV- oder Radio-Programmen üblicherweise neben der Ausstrahlung via Fernsehen auch vor einem anwesenden Publikum aufgeführt wird.

TV-/Radio-Produktionen mit kulturellem Inhalt geben auch Informationen über Unterhaltungsveranstaltungen und auch Auskünfte über Freizeitaktivitäten. Sie berichten über Höhepunkte des Kulturlebens oder beispielsweise über erfolgreiche Inszenierungen von Opern-, Operetten-, Musical- oder Theateraufführungen oder ähnlichem.

8.5. Soweit die Rechtsabteilung die Dienstleistung des Eintrittskartenvorverkaufs und der Buchungsdienstleistungen für Veranstaltungen sowie die Dienstleistung der Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen als Hilfsdienstleistung zu den von der älteren Marke eingetragenen Dienstleistungen angesehen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Gerade im Zusammenhalt mit der Dienstleistung der Produktion und des Betriebs von TV-Programmen und der Dienstleistung der Vorbereitung und der Organisation von TV-Programmen der älteren Marke werden auch die Dienstleistungen des Eintrittskartenvorverkaufs samt Platzreservierungen und Buchungsdienstleistungen insbesondere bei Eigenproduktionen wie Shows, die vor im Veranstaltungsort anwesenden Publikum produziert werden, als Hilfsdienstleistungen gesehen.

Die jüngere Marke beansprucht noch die Dienstleistung Erziehung . In der Klasse 35 sind die Dienstleistungen der älteren Marke Beratung, Information und Beratung im Bereich der Telekommunikation geschützt. Gerade die Dienstleistung Erziehung steht wenn auch in einem (losen) Zusammenhang mit der Dienstleistung der Beratung . Gerade im Bereich der Kindererziehung und im Umgang mit Medien werden oftmals die Dienstleistungen Erziehung und Beratung (hier als Dienstleistung der Klasse 38) gemeinsam angeboten.

Der Begriff Ausbildung kann in einem engeren Sinne als eine Bildungsmaßnahme verstanden werden, bei der Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt und entwickelt werden und deren Abschluss zur Aufnahme einer bestimmten Tätigkeit qualifiziert (wirtschaftslexikon.gabler.de), oder aber in einem weiteren Sinne als Synonym für Anleitung, Belehrung und Bildung (duden.de).

Damit kann von einer markenrechtlichen Ähnlichkeit der Dienstleistung „Ausbildung“ in der jüngeren Marke mit den Dienstleistungen der älteren Marke in der Klasse 41 „presentation of television programs; operation of television programs; composition of television programs; television and radio programs [programming]“ ausgegangen werden, wobei „Anleitung und Bildung“ (vermittelt in Fernsehen und Radio) zumindest ein Teilbereich von „Ausbildung“ ist.

8.6. Soweit sich der Rekurs auch auf die Dienstleistung des Betriebs eines Nachtclubs bezieht, ist darauf zu verweisen, dass der Widerspruch hinsichtlich dieser Dienstleistung abgewiesen wurde.

9. Zur Zeichenähnlichkeit :

9.1. Soweit die Antragsgegnerin sich darauf beruft, dass die Zeichen nicht ähnlich seien, weil TV-Sender ihr Logo in der rechten oberen Bildschirmecke einblenden und dies stets in einer grafischen Ausgestaltung machten, ist dem entgegenzuhalten, dass im Widerspruchsverfahren allein der Registerstand maßgeblich ist. Es kommt nicht weiter darauf an, in welchem Umfang der Markeninhaber von den im Markenregister verzeichneten Waren und Dienstleistungen tatsächlich Gebrauch macht ( Schumacher ua in Kucsko / Schumacher , marken.schutz 3 § 10 Rz 431).

9.2.1. Hinsichtlich der Zeichenähnlichkeit argumentiert die Antragsgegnerin, dass der Zusatz „TV“ zum Nachdenken („stolzes Fernsehen“) anrege und die dadurch verbundene Gedankenoperation eine Verwechslungsgefahr ausschließe. Zudem werde vom Verkehr die Gestaltung der Grafik (mehrfärbige konzentrische Kreise) und nicht der Wortbestandteil wahrgenommen.

9.2.2. Das Rekursgericht teilt die Auffassung der Rechtsabteilung, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke unterdurchschnittlich ist. Der englische Begriff „pride“ wird vom Publikum mit „Stolz“ übersetzt werden. Die Rechtsabteilung stellte fest, dass dieser Begriff seit Jahrzehnten im zunehmenden Maß im Zusammenhang mit Events und Unterhaltungsveranstaltungen der LGBT-Szene verknüpft wird. Der Wortbestandteil „TV“ wird nur mit Television übersetzt und vom Publikum als Hinweis verstanden werden, dass die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen durch oder rund um das Medium Fernsehen erbracht werden.

Bei der älteren Marke, die aus Wort und Bild zusammengesetzt ist, ist aber der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der Geschäftsverkehr an diesem orientiert und diesen im Gedächtnis behält. Die grafischen Elemente der Widerspruchsmarke werden rein dekorativ wahrgenommen und sind daher zu vernachlässigen. Der Wortbestandteil „pride“ zieht demgegenüber die Aufmerksamkeit auf sich, sodass der prägende Bestandteil der älteren Marke „pride“ ist. Im vorliegenden Fall wird nun der prägende Bestandteil der älteren Marke vollständig von der jüngeren Marke übernommen, sodass ein sehr hoher Grad an Zeichenähnlichkeit besteht. Auch bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt, umso mehr, wenn – wie hier – das übernommene Zeichen der einzige Bestandteil des jüngeren Zeichens ist.

10. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG) aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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