JudikaturOLG Wien

3R28/23v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
30. März 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden, die Sprengelrichterin Dr. in Maier und den KR DI Viehauser, MSc, in der Rechtssache der klagenden Partei A* Limited , **, vertreten durch die Hasch und Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei C* GmbH , FN **, **, vertreten durch Strohmayer Heihs Strohmayer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen EUR 97.083,53 s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 2.1.2023, 42 Cg 41/20z-31, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.278,82 (darin EUR 546,47 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu Handen der Beklagtenvertreterin zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klägerin begehrte die Zahlung von EUR 97.083,53 samt 15 % Zinsen seit 9.10.2019 und brachte dazu vor, dass die Parteien am 1.10.2019 einen Letter of Engagement (in der Folge LoE) abgeschlossen haben. Die Klägerin sei ein regulierter Finanzdienstleister mit Sitz in B*, die Beklagte gehöre zur weltweit tätigen D* mit Hauptsitz in J*. Die Klägerin sei von der Beklagten exklusiv beauftragt worden, einerseits für sie als Beraterin tätig zu werden und sie andererseits dabei zu unterstützen, eine Finanzierung für den Erwerb einer Immobilie in E* zu organisieren, in welcher sich das Hauptquartier von F* G* befunden habe. Der Finanzierungsbedarf sei bei EUR 38 Mio. gelegen. Des Weiteren sei die Klägerin damit beauftragt worden, die damit einhergehenden Prüfungs- und Beratungstätigkeiten für die Beklagte auszuführen.

Im Punkt 2 des LoE seien die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen umschrieben. Die Klägerin solle die Beklagte bei der Identifizierung potentieller Finanziers, der Kontaktaufnahme mit diesen und der Koordination und Kommunikation mit diesen beraten und unterstützen. Darüber hinaus habe die Klägerin weitere Dienstleistungen für die Beklagte erbracht, wie insbesondere Dokumentationen, Due-Diligence-Prüfungen, transaktionsgebundene Zusammenfassungen und eine ausführliche Due Diligence Dokumentation. Im Gegenzug sei in Punkt 3. des LoE ein Entgelt in Höhe von 225 Basispunkten des Transaktionsvolumens in Höhe von EUR 38 Mio. vereinbart worden, welches in zwei Tranchen auszuzahlen sei. Die erste Zahlung in Höhe von 25 Basispunkten, das sind EUR 95.000,--, sei nach Punkt 3.2.1 des LoE erfolgsunabhängig innerhalb von sieben Tagen ab Unterfertigung des LoE zu zahlen. Die Klägerin habe ihre Arbeit aufgrund des Zeitdrucks, weil die Beklagte die Transaktion so schnell wie möglich habe abschließen wollen, sofort nach Vertragsschluss aufgenommen, ohne die Zahlung abzuwarten. Der restliche Betrag in Höhe von 200 Basispunkten des benötigten Finanzierungskapitals habe bei Abruf des Finanzierungsbetrages, somit als Erfolgshonorar, beglichen werden sollen. Weiters seien laut Punkt 3.5 des LoE sämtliche Kosten, etwa für Rechtsberatung und Reisen, zusätzlich von der Beklagten zu übernehmen. Die Klägerin sei auf Bitte und Anfrage der Beklagten nach ** und nach ** gereist, wodurch ihr Aufwendungen in Höhe von EUR 2.083,53 entstanden seien. Diese seien der Beklagten vereinbarungsgemäß in Rechnung gestellt worden.

Die Klägerin habe begonnen, eine Finanzierung für die Transaktion zu ermöglichen, und habe Leistungen erbracht, die weit über eine bloße Vermittlung von Finanzierungsinteressenten hinausgegangen seien. Der für die Beklagte zuständige Immobilienmakler habe falsche Informationen über die Vertragsdauer des Mietvertrags mit F* gegeben. Aufgrund dieser Fehlinformation habe die Klägerin der Beklagten geraten, von der Transaktion Abstand zu nehmen, was diese auch getan habe. In Punkt 9.1 des LoE sei festgehalten, dass die Klägerin keinen Erfolg in Bezug auf die Transaktion schulde. Das MaklerG sei hier nicht anzuwenden, weil es sich um einen gemischten Vertrag handle, der auch auftrags- und dienstvertragsähnliche Elemente enthalte.

Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, dass die Klägerin Fremdkapital zur Finanzierung einer Transaktion habe vermitteln sollen. Damit habe sie als alleinvermittlungsbeauftragte Kreditvermittlerin iSd MaklerG fungiert. Punkt 3. des LoE regle die Berechnung einer Vermittlungsprovision für den Fall eines Geschäftsabschlusses. Die Bemessungsgrundlage sei der Gesamtkapitalbetrag des Geschäftsabschlusses. Ein Geschäftsabschluss sei jedoch nicht zustande gekommen. Laut Punkt 1.3 des LoE solle eine Finanzierung von „bis zu“ („up to“) EUR 38 Mio. arrangiert werden. Da rechnerisch eine Finanzierung von EUR 0,-- zustande gekommen sei, betrage auch die Provision EUR 0,--. Ein erfolgsunabhängiges Entgelt sei nicht vereinbart worden. Die Regelung in Punkt 3.2.1 des LoE verstoße gegen § 15 MaklerG und sei unwirksam. Punkt 9.1 des LoE halte nur fest, dass die Klägerin keine Garantie für das Gelingen der Finanzierung bzw der Transaktion abgeben wolle. Der LoE stamme von der Klägerin. Zwischen den Parteien sei immer klar gewesen, dass ein Honorar nur im Falle des Zustandekommens einer Finanzierung zu zahlen sei.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.

Es traf dazu neben dem eingangs bereits zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 2-5 wiedergegebenen Feststellungen, worauf verwiesen wird.

Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass das MaklerG anzuwenden sei. Aus den Punkten 1.2 und 1.3 des LoE sei zu gewinnen, dass die Klägerin die Beklagte als alleinige Vermittlerin für die Finanzierung dabei unterstützen werde, potentielle Geldgeber zu finden, mit diesen Kontakt aufzunehmen, Treffen zu arrangieren und die Kommunikation zu koordinieren. Dies sei die Leistungsbeschreibung eines Maklers. Daran änderten auch die in Punkt 1.4 des LoE aufgelisteten Vorbereitungsarbeiten nichts. Ob die Klägerin Kredit- oder Immobilienmaklerin sei spiele keine Rolle, weil § 15 MaklerG auf beide Anwendung finde. Gemäß § 15 MaklerG sei eine Vereinbarung, wonach der Auftraggeber auch ohne einen dem Makler zurechenbaren Vermittlungserfolg einen Beitrag an den Makler zu leisten habe, nur in den dort genannten Fällen zulässig. Diese Bestimmung sei zwingend und die Aufzählung der Fälle taxativ. Ein derartiger Fall liege hier nicht vor, weil hier nur zwei Varianten für das Nichtzustandekommen des Geschäfts in Frage kommen, und zwar entweder das Ablehnen des Geschäfts durch den Verkäufer oder das berechtigte Abstehen vom Geschäft durch die Beklagte, nachdem sie erfahren habe, dass die Informationen im Exposé über die Mietvertragsdauer unrichtig gewesen seien. Die Entgeltvereinbarung in Punkt 3.2.1 des LoE widerspreche § 15 MaklerG und sei daher unwirksam.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, das Urteil dahin abzuändern, dass der Klage stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Zunächst ist zu prüfen, ob es sich bei der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung um einen Maklervertrag handelt; dies wird von der Klägerin bestritten.

1.1. Gemäß § 1 MaklerG ist Makler, wer aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung für einen Auftraggeber Geschäfte mit einem Dritten vermittelt, ohne ständig damit betraut zu sein. Mit dieser Definition wird gleichzeitig der Anwendungsbereich des MaklerG festgelegt. Die wesentlichen Tatbestandsmerkmale sind der Maklervertrag, die Vermittlungstätigkeit von Geschäften mit einem Dritten für den Auftraggeber und dass keine ständige Betrauung vorliegt ( Limberg in GeKo Wohnrecht II § 1 MaklerG Rz 1 f). Zu den essentialia negotii gehört die Vermittlung eines Geschäfts gegen Provisionszusage (4 Ob 102/15a wobl 2016/12 [ Kothbauer ]).

1.2. Im vorliegenden Fall kommt es darauf an, ob die Leistungen, zu deren Erbringung sich die Klägerin im Vertrag (Beilage ./C) verpflichtet hat, als Vermittlertätigkeit iSd § 1 MaklerG zu qualifizieren sind. Am Zustandekommen einer privatrechtlichen Vereinbarung besteht kein Zweifel. Dass die Klägerin nicht ständig mit der Vermittlung von Geschäften betraut sein sollte, ergibt sich aus Punkt 1.3 der Vereinbarung, wonach sich die Tätigkeit der Klägerin nur auf das eine geplante Projekt beziehen sollte.

Die Vermittlungstätigkeit selbst entzieht sich einer gesetzlichen Definition, weil die an sie zu stellenden Anforderungen je nach Geschäftszweig und Lage des Falls sehr variieren. Der Begriff "Vermitteln" bedeutet, zwei potentielle Vertragspartner zusammenzubringen und zum Geschäftsabschluss zu bewegen. Inwieweit der Makler dabei beratend und aufklärend tätig sein muss, hängt von vielen Umständen ab (RS0118755). Der Vermittler muss mit dem Vertragspartner verhandeln, dh er muss an ihn herantreten, mit ihm Fühlung aufnehmen und seine Stimmung erkunden. Er muss ihm die näheren Mitteilungen machen, die ihn in die Lage setzen, die Vertragsgelegenheit zu prüfen. Zur Vermittlung gehört, dass der Vermittler auf den Entschluss des Gegners mindestens einwirkt, dass er ihm das Vertragsanbot schmackhaft zu machen sucht, indem er fördernde Vorstellungen erweckt und bekräftigt und hemmende beseitigt oder entkräftet. Diese Tätigkeit ist es, die den Vermittler vom bloßen Boten unterscheidet (RS0062825).

1.3. Nach dem vom Erstgericht festgestellten Inhalt der Vereinbarung bestehen die von der Klägerin zu erbringenden Dienstleistungen darin, als alleiniger und ausschließlicher „Lead Arranger“ die Finanzierung für das im Vertrag genannte Projekt zu arrangieren (Punkt 1.3, ON 31, S. 2 f). Gemäß Punkt 2. sollte die Klägerin die Beklagte bei der Transaktion unterstützen und beraten und gegebenenfalls potentielle Geldgeber zur Finanzierung der Transaktion identifizieren, mit ausgewählten Finanziers Kontakt aufnehmen mit dem Ziel, Verhandlungen aufzunehmen, sowie einen Zeitplan für Treffen und die Kommunikation mit den Geldgebern koordinieren. Weiters sollte die Klägerin an den Verhandlungen mit den Finanziers teilnehmen. Punkt 2.5 stellt klar, welche Leistungen nicht von der Klägerin zu erbringen sind. Darunter fällt die Beratung über die Eignung oder die finanziellen Auswirkungen der Transaktion, jegliche rechtliche, buchhalterische oder steuerliche Beratung, die Vorbereitung von öffentlichen Dokumenten im Zusammenhang mit der Transaktion oder die Zeichnung einer Kreditvereinbarung. Weiters wird festgehalten, dass zusätzliche Dienstleistungen, wie z.B. M A-Beratung, nicht Teil der Honorarvereinbarung sind.

1.4. Diese Leistungsbeschreibung enthält die klassischen Elemente eines Maklervertrags, weil die Klägerin potentielle Vertragspartner für das abzuschließende Geschäft suchen und mit ihnen Kontakt aufnehmen soll, und zwar mit dem erklärten Ziel, Verhandlungen aufzunehmen. Wie sich auch aus Punkt 1.3 ergibt, ist der primäre Zweck der Vereinbarung, für die Beklagte eine Finanzierung zu arrangieren, d.h. Kreditverträge mit dritten Geldgebern abzuschließen. Die Klägerin sollte die Beklagte mit diesen Geldgebern zusammenbringen. Das ist eine Vermittlungstätigkeit iSd § 1 MaklerG.

Dass die Klägerin die Beklagte bei der Transaktion auch unterstützen und beraten sollte schadet nicht, weil eine beratende und aufklärende Tätigkeit zur Vermittlertätigkeit gehören kann (vgl RS0118755; Knittl/Holzapfel , Maklerrecht 2 40). Darüber hinaus sind zahlreiche mögliche Gegenstände der Beratung gemäß Punkt 2.5 ausdrücklich nicht vom Leistungsumfang der Vereinbarung umfasst, darunter auch die Beratung über die Eignung und die finanziellen Auswirkungen der Transaktion. Wäre die Beratung tatsächlich im Sinne eines Consulting-Vertrags die Hauptleistung, wie die Berufungswerberin argumentiert, wäre dies nicht nachvollziehbar. Zu erwarten wäre in einem solchen Fall, dass die geschuldete Beratungsleistung im Vertrag genauer umschrieben wird. Gegen einen Consulting- bzw Beratungsvertrag spricht auch, dass das Arrangieren einer Finanzierung (von bis zu 38.000.000 €) hier prominent am Anfang der Vereinbarung unter Punkt 1.3. genannt wurde. Aus diesen Gründen ist die Vermittlung von potentiellen Kreditgebern zum Abschluss von Kreditgeschäften als Hauptaufgabe der Klägerin anzusehen.

1.5. Die Berufungswerberin argumentiert, dass eine tätigkeitsbezogene Entlohnung („work fee“) vereinbart worden sei, was gegen eine Maklertätigkeit spreche. Dazu wurde Folgendes erwogen:

Der Maklervertrag ist an eine erfolgsbezogene Entlohnung geknüpft, die nur bei verdienstlicher Vermittlungstätigkeit gebührt. Grundsätzlich wird der Makler daher nur bezahlt, wenn das in Aussicht genommene Geschäft durch seine Vermittlungstätigkeit zustande kommt ( Humpel/Michtner in Illedits , Wohnrecht 4 § 1 MaklerG Rz 7 mwN).

In der Entscheidung 8 Ob 46/10p (wobl 2011/70 [ Kothbauer ]) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass der Vertrag bei Vereinbarung einer tätigkeitsbezogenen Entlohnung nicht als Maklervertrag zu qualifizieren ist; in diesem Fall kommt nicht Maklerrecht zur Anwendung. Die Vereinbarung ist dann nach allgemeinem Zivilrecht zu beurteilen. Gegenstand solcher Vereinbarungen können etwa Beratungsleistungen sein ( Limberg in GeKo Wohnrecht II § 1 MaklerG Rz 16). Allerdings dürfen die maklerrechtlichen Bestimmungen dadurch nicht umgangen werden ( Kothbauer , wobl 2011, 245). Daraus folgt, dass kein tätigkeitsbezogenes Honorar vereinbart werden kann, wenn die Leistung des Maklers im Wesentlichen in der von § 1 MaklerG umschriebenen Vermittlungstätigkeit besteht. Könnte man ohne weiteres ein tätigkeitsbezogenes Honorar für eine klassische Maklertätigkeit vereinbaren, wären die zwingenden Bestimmungen des MaklerG betreffend den erfolgsabhängigen Provisionsanspruch leicht zu umgehen und damit sinnlos. Die Entscheidung 8 Ob 46/10p hatte dagegen eine Vereinbarung zum Gegenstand, die zahlreiche andere Leistungen umfasste, sodass die Geschäftsvermittlung in den Hintergrund trat.

Im vorliegenden Fall besteht die Leistung der Klägerin, wie dargelegt, hauptsächlich in der Vermittlung von Kreditverträgen an die Beklagte. Die vereinbarte Unterstützung und Beratung ist als Nebenleistung anzusehen. Die Vereinbarung einer tätigkeitsbezogenen Entlohnung ist in einem solchen Fall daher eine unzulässige Umgehung des MaklerG.

1.6. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass das MaklerG auf den vorliegenden Vertrag anzuwenden ist.

2. Das Erstgericht hat die Abweisung des Klagebegehrens darauf gestützt, dass kein Fall des § 15 MaklerG vorliegt, sodass keine erfolgsunabhängige Provision wirksam vereinbart werden konnte.

2.1. Das MaklerG ist vom Erfolgsprinzip bestimmt. Voraussetzung für das Entstehen des Provisionsanspruchs ist daher grundsätzlich das wirksame Zustandekommen des vermittelten Geschäfts (§ 7 Abs 1 MaklerG). Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass das zu vermittelnde Geschäft nicht zustande gekommen ist. Eine erfolgsabhängige Provision iSd §§ 6 f MaklerG steht der Klägerin daher jedenfalls nicht zu.

2.2. § 15 MaklerG sieht die Möglichkeit vor, im Maklervertrag unabhängig von der erfolgsabhängigen Provision nach §§ 6 f MaklerG auch für bestimmte Fälle fehlenden Vermittlungserfolgs eine Provisionsvereinbarung zu treffen ( Kothbauer in GeKo Wohnrecht II § 15 MaklerG Rz 1). Die in § 15 MaklerG genannten Tatbestände sind allerdings nicht unmittelbar auf den Maklervertrag anwendbar, sondern müssen vereinbart werden ( Fromherz , MaklerG § 15 Rz 7). Ohne eine solche Vereinbarung fehlt einem Provisionsanspruch ohne Vermittlungserfolg von vornherein die Grundlage (4 Ob 12/09g wobl 2010/84( Kothbauer ); 2 Ob 135/14p RdW 2015/487; RS0061580 [T4]). Da die Aufzählung der Tatbestände in § 15 MaklerG taxativ ist, dürfen darüber hinausgehende erfolgsunabhängige Vergütungsbeträge in einem Maklervertrag nicht vereinbart werden; entgegen dieser Bestimmungen abgeschlossene Vereinbarungen sind nichtig ( Fromherz , MaklerG § 15 Rz 8).

2.3. Da ein Zahlungsanspruch für einen der im Gesetz aufgezählten Fälle im LoE nicht vereinbart wurde – und ein solcher Fall auch nicht eingetreten ist – besteht kein Anspruch auf eine erfolgsunabhängige Provision. Ob Punkt 3.2.1 des LoE überhaupt als Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision verstanden werden kann, weil auch diese nach Punkt 3.3 des LoE vom „Gesamtbetrag der gezahlten oder zugesagten Gegenleistung“ zu berechnen ist, kann somit dahingestellt bleiben. Auch die behaupteten sekundären Feststellungsmängel hinsichtlich der von der Klägerin erbrachten Leistungen, der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung und der Auslegung der Entgeltvereinbarung in Punkt 3. des LoE liegen aus diesem Grund nicht vor.

3. Zu klären bleibt somit nur noch die Frage, ob die Klägerin Ersatz für ihre Reisekosten in Höhe von EUR 2.083,53 verlangen kann.

3.1. Gemäß § 9 MaklerG kann der Makler für die durch den Geschäftsbetrieb entstandenen allgemeinen Kosten und Auslagen keinen Ersatz verlangen. Aufwendungen aufgrund von zusätzlichen Aufträgen sind dann zu ersetzen, wenn die Ersatzpflicht ausdrücklich vereinbart worden ist, wobei „ausdrücklich“ hier im Sinne von „deutlich erkennbar“ zu verstehen ist (ErläutRV 2 BlgNR 20. GP 23). Eine vereinbarte Ersatzpflicht für Sonderaufwendungen gilt auch dann, wenn das Geschäft nicht zustande kommt ( Kothbauer in GeKo Wohnrecht II § 9 MaklerG Rz 1). Unter Aufwendungen iS dieser Bestimmung sind allgemeine Kosten und Auslagen zu verstehen, die mit dem normalen Geschäftsbetrieb zusammenhängen, wie etwa Telefonkosten, Porti oder Reisespesen ( Fromherz , MaklerG § 9 Rz 2 mwN; Gartner/Karandi , MaklerG 3 § 9 Rz 2).

Der vom Erstgericht festgestellte Punkt 3.5 des LoE sieht vor, dass die Klägerin der Beklagten alle Auslagen im Zusammenhang mit Transaktionen separat in Rechnung stellen wird. Diese Auslagen muss die Beklagte im Voraus genehmigen, noch bevor irgendwelche Auslagen anfallen. Genannt werden Kosten für Anwälte, Buchhalter oder andere im Namen der Beklagten beauftragte Dritte sowie Reisekosten und Auslagen der Klägerin. Eine ausdrückliche, deutlich als solche erkennbare Vereinbarung über den Ersatz solcher Aufwendungen liegt daher vor.

3.2. Diese Vereinbarung ist jedoch nur für Aufwendungen zulässig, die „auf Grund von zusätzlichen Aufträgen“ entstanden sind. Diese Formulierung wird nicht im Sinne eines zusätzlichen Maklervertrags oder eines Auftrags iSd §§ 1002 ff ABGB verstanden ( Fromherz , MaklerG § 9 Rz 3). Die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiel für einen zusätzlichen Auftrag die Schaltung eines besonders aufwendigen Inserats (ErläutRV 2 BlgNR 20. GP 23). Gemeint sind daher Aufwendungen für besondere, nicht übliche und daher nicht vom normalen Geschäftsaufwand umfasste zusätzliche Werbemaßnahmen des Maklers zur Erreichung des im Maklervertrag umschriebenen Zweckes ( Fromherz , MaklerG § 9 Rz 3). Darunter sind beispielsweise die Auflage von Prospekten, die Entwicklung einer Homepage für das Projekt oder das Betreiben von Plakatwerbung zu verstehen ( Kothbauer in GeKo Wohnrecht II § 9 MaklerG Rz 4). Wenn derartige besondere Aufwendungen anfallen, soll der Makler sich absichern können, weil es in solchen Fällen eine unbillige Härte darstellen kann, dass ein Provisionsanspruch nur bei erfolgreicher Vermittlung besteht (ErläutRV 2 BlgNR 20. GP 23).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Parteien die Immobilie in E*, für deren Erwerb die Klägerin eine Finanzierung arrangieren sollte, am 2.10.2019 gemeinsam besichtigt haben. Weitere Feststellungen zum Zweck dieser Reise, den Kosten und deren Tragung durch die Parteien hat das Erstgericht nicht getroffen. Reisekosten fallen grundsätzlich unter § 9 MaklerG. Ob die Reisetätigkeit der Klägerin auf einem „zusätzlichen Auftrag“ im Sinne dieser Bestimmung beruht, muss durch Auslegung des Vertrags geklärt werden.

Der Wortlaut der Vereinbarung bezieht sich eindeutig auf alle Auslagen, die mit „der/den Transaktion(en)“ zusammenhängen, und differenziert nicht zwischen Auslagen im Zusammenhang mit der Vermittlungstätigkeit im engeren Sinn und sonstigen Beratungs- und Unterstützungsleistungen. Die Besichtigung einer zu erwerbenden Liegenschaft durch einen Kreditvermittler ist für dessen Vermittlungstätigkeit zwar nicht in jedem Fall notwendig. Anderes wird jedoch gelten, wenn der Kredit mit einer Hypothek besichert werden soll und es sich wie hier um ein Projekt mit hohem Finanzierungsbedarf handelt. Wie bereits bei Punkt 1.4. ausgeführt, sind die Unterstützung und Beratung der Beklagten nach der Vereinbarung als Nebenleistungen zur Vermittlungstätigkeit ausgestaltet. Von einem zusätzlichen Auftrag, in dessen Rahmen die Klägerin die Liegenschaft lösgelöst von der Vermittlung von Finanziers besichtigt hätte, kann daher keine Rede sein.

3.3. Daraus folgt, dass der Klägerin auch kein Ersatz ihrer Reisespesen zusteht, weil eine solche Ersatzpflicht nach § 9 Satz 2 MaklerG in einem Maklervertrag nicht wirksam vereinbart werden kann. Das Erstgericht hat somit keine entscheidungsrelevanten Feststellungen zu den Reisekosten der Klägerin unterlassen. Die geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel liegen daher nicht vor.

Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu lösen war.

Rückverweise