JudikaturOLG Wien

33R136/22w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
13. März 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke AM 10928/22 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 27.9.2022, AM 10928/22 3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin begehrt die Eintragung der nachstehenden Wortbildmarke:

für die folgende Waren und Dienstleistungen in den Klassen:

Mit dem nunmehr bekämpften Beschluss wies die Rechtsabteilung des Patentamts den Antrag ab, weil das Zeichen gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG nicht unterscheidungskräftig sei. Die beteiligten Verkehrskreise würden darin nur einen informativen Hinweis darauf sehen, dass ein beliebiges Unternehmen, das sich im weiten Sinn um Sauberkeit bemühe, im Rahmen diverser ausgelagerter Leistungen ein breites Angebot an einschlägigen Dienstleistungen anbietet. Die Waren der Klasse 9 würden nur als organisatorische, zu dieser Thematik gehörende Waren betrachtet werden. Die grafische Ausgestaltung sei schlicht und gehe über das im modernen Geschäftsleben Übliche nicht hinaus. Es sei zwar bekannt, dass bereits einige „Saubermacher“-Marken existieren, jedoch sei eine neue Anmeldung unter den aktuell geltenden Umständen zu prüfen. Diesem Zeichen fehle die Unterscheidungskraft.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidung abzuändern und das angemeldete Zeichen zu registrieren; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Die Tatsache allein, dass eine Marke von den Verkehrskreisen als informativer Hinweis wahrgenommen werde, begründe nicht das Fehlen der Unterscheidungskraft. Dies vor allem dann nicht, wenn das Zeichen über seine Werbefunktion hinaus von den maßgeblichen Verkehrskreisen ohne weiteres als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren und/oder Dienstleistungen aufgefasst werden könne. Die grafische Ausgestaltung, insbesondere die besondere Schreibweise fielen in das Augenmerk der Kunden. Zu betonen sei auch, dass der Wortbestandteil „Saubermacher“ in einer für die Unternehmensgruppe Saubermacher Dienstleistungs AG charakteristischen, nämlich roten Schriftfarbe ausgeführt sei. Der weitere Wortbestand sei in grauer Schriftfarbe gehalten, wobei die Buchstaben „Out“ durch Fettdruck betont seien. Somit sei die grafische Ausgestaltung alles andere als sehr schlicht.

Es handle sich bei der Antragstellerin auch nicht um ein beliebiges Unternehmen, sondern um ein Unternehmen der Saubermacher Dienstleistungsgruppe, das seit vielen Jahren in Österreich etabliert sei. Zur Unternehmensgruppe gehöre auch die registrierte Wortmarke „Saubermacher“, und „Saubermacher“ werde ausschließlich von ihr verwendet.

Die beteiligten Verkehrskreise seien aufgrund der kontinuierlichen Verwendung der markanten grafischen Ausgestaltung des Firmenwortlautes „Saubermacher“ bereits an diese Dienstleistungen oder an Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit abfallwirtschaftlichen Fragen anfallen, gewöhnt. Sie würden das Zeichen selbstverständlich der Unternehmensgruppe der Antragstellerin zurechnen.

Die Antragstellerin verfüge auch über eine Wortbildmarke mit den Wortbestandteilen „Saubermacher Outsorcing“ (AT 268618). Aufgrund einer grafischen Umgestaltung sei es nun erforderlich, das Logo zu aktualisieren.

2.1 Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97, Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht 4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet worden ist ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), also jene des Handels und der normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RS0079038 [T1]; RS0114366 [T5]; Asperger, aaO Rz 64-65; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73).

2.2 Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Ein Zeichen ist nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RS0066456; RS0109431). Das Registrierungshindernis besteht schon dann, wenn das Zeichen in nur einem der angesprochenen Verkehrskreise als beschreibender Hinweis auf die bezeichneten Waren und Dienstleistungen verstanden wird, auch wenn diese Ansicht in anderen Verkehrskreisen nicht geteilt wird (4 Ob 77/15z, Amarillo; 4 Ob 126/15f, Bukhara; OLG Wien 34 R 147/15k, Skyr; 34 R 61/14m, Kärntner Grantnguglhupf; 34 R 12/14f, Nero ). Das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen kann das Registrierungshindernis auch dann bewirken, wenn es sich dabei um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt (4 Ob 126/15f, Bukhara; OLG Wien 133 R 64/18m, Kanta ).

Enthält das Zeichen dagegen nur Andeutungen, ohne die Waren oder Dienstleistungen konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht „rein beschreibend” und schützbar (RS0066456; RS0090799; RS0109431 [T31]). Dass Zeichen „auch beschreibend” sind, steht ihrer Unterscheidungskraft nicht entgegen (4 Ob 237/01h, Drivecompany; 17 Ob 27/07f, laendleimmo.at; 4 Ob 102/12x, My TAXI).

2.3 Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) und bei Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörtern im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RS0066456; 4 Ob 26/93, Smash ).

Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge oder Wortkombination zumindest in einer der möglichen Bedeutungen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa C 191/01 P, Doublemint, Rn 32, und C-363/99, Postkantoor, Rz 97; 4 Ob 7/05s, car care ).

2.4 Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist daran – sofern er unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem die Wörter im Gedächtnis behalten wird (RS0066779).

3. Auf dieser Grundlage fehlt dem Zeichen der Antragstellerin die Unterscheidungskraft, wobei vorweg auf die zutreffende Begründung des Patentamts hingewiesen werden kann (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).

3.1 Vorauszuschicken ist, dass dem Bildanteil im angemeldeten Zeichen keine Kennzeichnungskraft zukommt, weil sich die grafische Gestaltung nur in einer üblichen Schriftform erschöpft; einerseits in einer schreibschrift-ähnlichen Ausführungsform von „Saubermacher“ in roter Farbe und andererseits in der Blockschriftform von „OUTSOURCING“ in schwarzer Farbe. Der Fettdruck der drei ersten Buchstaben von „ OUT SOURCING“ erzeugt für sich genommen keine eigenständige Unüblichkeit. Die beteiligten Verkehrskreise werden weder in den einzelnen Ausgestaltungsformen noch in der Ausgestaltung im Gesamten ein einprägsames grafisches Erscheinungsbild erkennen.

3.2 Die Unterscheidungskraft einer Wortverbindung/Wortkombination hängt davon ab, ob sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Waren und Dienstleistungen oder das Unternehmen zu bezeichnen oder dessen wesentliche Merkmale wiederzugeben. Die Verbindung/Kombination von Ausdrücken, die für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendet werden, ist dann nicht rein beschreibend, wenn die dadurch geschaffene ungewöhnliche Zusammensetzung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Dienstleistung oder das Unternehmen zu bezeichnen (4 Ob 186/03m, djshop ). Es sind sämtliche Bestandteile und diese wiederum als Ganzes zu betrachten (EuGH C-64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit, Rz 27 f; Koppensteiner, Markenrecht 4 77 f mwN).

Somit hängt die Registrierbarkeit der Wortbildmarke davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen oder deren Eigenschaften verstehen (RS0109431).

Adressierte Verkehrskreise sind hier alle Interessenten und Abnehmer für die beantragten Dienstleistungen, also nicht nur die Fachkreise, sondern auch die normal informierten angemessen aufmerksamen verständigen Durchschnittsverbraucher (RS0079038).

3.3 Die Wortkombination „Saubermacher OUTSOURCING“ wird als beschreibend und/oder gleichzeitig als informativer Hinweis auf ein Unternehmen gesehen, das sich im weitesten Sinn mit Sauberkeit beschäftigt und/oder in diesem Bereich Outsourcing-(Dienst-)Leistungen anbietet. Die beantragten Waren der Klasse 9 werden dazu nur als unterstützende Technologien wahrgenommen werden. Aufgrund des überwiegenden informativen Inhalts erfüllt das Zeichen nur eine beschreibende Funktion und wird auch nur mit dieser Funktion in Verbindung gebracht; ein Nachdenkprozess wird nicht ausgelöst.

Weder die Wortkombination noch die bildliche Darstellung erzeugen eine Originalität oder eine Prägnanz, um als individualisierendes Unternehmenskennzeichen wahrgenommen zu werden.

3.4 Dem Argument, dass die beteiligten Verkehrskreise wegen der kontinuierlichen Verwendung der grafischen Ausgestaltung des Firmenwortlauts „Saubermacher“ bereits an diese Dienstleistungen oder an Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit abfallwirtschaftlichen Fragen anfallen, gewöhnt seien, ist Folgendes entgegenzuhalten: Der Umstand, dass „Saubermacher“ in schreibschriftlicher Form in roter Farbe mehrfach in Verwendung steht, macht das Zeichen insgesamt nicht unterscheidungskräftig; diese Ausgestaltung ist auch alleinstehend bisher noch nicht als Marke registriert worden. Einer mehrfachen, kontinuierlichen Verwendung könnte allenfalls im Rahmen einer durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 2 MSchG eine Bedeutung zukommen; darauf hat sich die Antragstellerin aber nicht gestützt.

Die Registrierungen anderer Marken entfalten keine Bindungs- oder Präjudizwirkung (vgl Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 71 f mwN). Die Frage der Unterscheidungskraft ist nach den oben dargestellten Grundsätze im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen.

Dies gilt auch für die ins Treffen geführte Marke AT 268618 der Antragstellerin. Nicht nur, dass die Ausgestaltung mit dem geschwungenen grauen Pfeil grafisch markanter angelegt ist, wurde dieses Zeichen auch vor über 10 Jahren registriert.

3.5 Im Ergebnis ist daher die angefochtene Entscheidung nicht korrekturbedürftig.

4. Da die Entscheidung keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes, der wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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