3R13/23p – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden, die Richterin MMag. a Pichler und die Sprengelrichterin Dr. in Maier in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei A* , ** B*, **, vertreten durch Mag. Julian Korisek MBA, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei C* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Singer Kessler Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 771.368,20 s.A., über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 16.1.2023, GZ: 17 Cg 93/22s 15, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschl uss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.026,52 (darin enthalten EUR 504,42 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu Handen der Beklagtenvertreterin zu ersetzen.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt mit der beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage die Zahlung von EUR 771.368,20 samt 4 % Zinsen ab Klagszustellung aus mehreren Darlehen und brachte dazu vor, dass es sich um eigenkapitalähnliche Darlehen handle und ausdrücklich die Nachrangigkeit gegenüber Forderungen sämtlicher anderer Gläubiger vereinbart worden sei. Die ordentliche Kündigung des Darlehensvertrages sei vertraglich ausgeschlossen. Allerdings sei dem Kläger ein Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt worden, dass er einer wesentlichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Veränderung der Beklagten nicht zustimme. Vor der Durchführung einer solchen Veränderung der Beklagten sei der Kläger nachweislich schriftlich zu informieren. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags sei die D* E* Holding GmbH Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten gewesen. Der Geschäftsführer der Beklagten sei auch der Alleingesellschafter der D* Holding GmbH. Im Juni 2022 habe die D* E* Holding GmbH sämtliche von ihr gehaltene Gesellschaftsanteile an der Beklagten an die F* GmbH übertragen, ohne den Kläger davor zu informieren. Der Kläger sei mit dieser Änderung der Gesellschafterin nicht einverstanden und habe dieser Änderung nicht zugestimmt, sondern das ihm für diesen Fall eingeräumte Kündigungsrecht wahrgenommen und den Darlehensvertrag gekündigt. Darüber hinaus komme eine Übertragung von 90 % der Gesellschaftsanteile an der Beklagten einer Übertragung der Rechte aus dem Darlehensvertrag gleich, die nach dem Vertrag an eine schriftliche Zustimmung des Klägers gebunden sei. Aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten habe der Kläger den Darlehensvertrag gemäß § 987 ABGB gekündigt, die Beklagte habe jedoch trotz Aufforderung die Darlehen nicht zurückgezahlt.
Zur Sicherung des Klagebegehrens stellte der Kläger unter einem den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 379 Abs 3 Z 5 EO, nämlich eines Belastungs und Veräußerungsverbots bezüglich vier Liegenschaften und einem 1/2 Anteil an einer fünften Liegenschaft. Gemäß dem Darlehensvertrag stehe dem Kläger ein Gewinnanteil aus der Veräußerung von Liegenschaften der Beklagten zu, der binnen 90 Tagen nach Unterfertigung des Kaufvertrages zu überweisen sei. Die Beklagte habe mehrere näher bezeichnete Liegenschaften veräußert und sei mit der Auszahlung des Gewinnanteils säumig.
Dem Kläger drohe durch die Veräußerung von Liegenschaften der Beklagten ein unwiederbringlicher Schaden, weil die Liegenschaften dadurch dem Haftungsfonds unwiderruflich entzogen würden. Das Vermögen der Beklagten bestehe im Wesentlichen aus Liegenschaften, die mit Hilfe der vom Kläger gewährten Darlehen finanziert worden seien. Der Kläger befürchte, dass der Erlös aus allfälligen Veräußerungen nicht für die Tilgung von aushaftenden Verbindlichkeiten verwendet werde, weil die Beklagte bereits fünf Liegenschaften veräußert habe, ohne dem Kläger den ihm zustehenden Gewinnanteil auszuzahlen. Stattdessen habe sie Verkaufserlöse an die Gesellschafter ausgeschüttet. Dem Geschäftsführer der Beklagten sei neben den Gewinnausschüttungen auch das Entgelt für die Übertragung der Gesellschaftsanteile an die F* GmbH zugeflossen und er habe sich einen 6er BMW gekauft, obwohl auch gegen ihn Exekutionsverfahren anhängig seien. Darüber hinaus komme die Beklagte ihren Zahlungsverpflichtungen auch gegenüber anderen Gläubigern nicht nach. Es seien bereits sechs Exekutionsverfahren eingeleitet und Pfandrechte auf den Liegenschaften der Beklagten eingetragen worden. Es sei notwendig, mehrere Liegenschaften vom Sicherungsantrag zu umfassen, weil aufgrund der verbücherten Pfandrechte Dritter eine einzige Liegenschaft zur Sicherung nicht ausreiche.
Die Beklagte beantragte die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Klage und des Sicherungsantrags. Sie erhob die Einrede der sachlichen, örtlichen und erkennbar auch der internationalen Unzuständigkeit und führte dazu aus, dass der Kläger seinen Sitz in Ungarn habe. Im Darlehensvertrag sei als ausschließlicher Gerichtsstand das sachlich zuständige Gericht am Sitz des Darlehensgebers, dh des Klägers vereinbart worden. Dieser habe keinen Wohnsitz in Österreich. Somit sei sowohl für die Klage als auch für den Sicherungsantrag gemäß Art 25 Abs 1 EuGVVO ein ungarisches Gericht ausschließlich zuständig.
Zum Klagevorbringen brachte die Beklagte vor, dass der Kläger ihr die Darlehensbeträge gar nicht zugezählt habe. Rechte aus dem Darlehensvertrag seien nicht übertragen worden. Es liege auch kein Kündigungsgrund vor, weil das Kündigungsrecht des Klägers nur bei wesentlichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Veränderungen der Beklagten bestehe. Der Vertrag nenne dabei Rechtsformänderungen, Verschmelzungen, Spaltungen, wesentliche Änderungen von Geschäftsgegenstand oder Geschäftsbetrieb etc. Eine Veränderung auf Gesellschafterebene falle nicht unter diese Klausel. Darüber hinaus habe der Kläger nachweislich vom Gesellschafterwechsel gewusst und sich bis zur Klageführung nicht dagegen ausgesprochen. Im Oktober 2022 sei sogar noch darüber verhandelt worden, dass der Kläger oder seine Ehefrau die Mehrheit der Gesellschaftsanteile an der Beklagten übernehmen könnte. Die Klage sei ein Racheakt, weil dabei keine Einigung erzielt worden sei. Eine Rückführung der Darlehensbeträge sei im Vertrag nicht geregelt, weil es sich um ein Gewinndarlehen handle.
Zum Sicherungsantrag führte die Beklagte aus, dass keine Gefährdung der vom Kläger behaupteten Ansprüche vorliege. Ein rein passives Verhalten wie das Nichtzahlen fälliger Forderungen begründe keine Gefährdung. Darüber hinaus bezögen sich die vom Kläger vorgelegten Abfragen aus dem Exekutionsregister nicht auf die Beklagte. Dass der Geschäftsführer der Beklagten sich ein Kraftfahrzeug angeschafft habe, sei unrichtig. 2022 habe es keine Ausschüttungen an die Gesellschafter der Beklagten gegeben. Es drohe auch kein unwiederbringlicher Schaden, weil das Darlehen des Klägers eigenkapitalähnlich und nachrangig ausgestaltet sei. Zur Sicherung der Geldforderung wäre ein Veräußerungs- und Belastungsverbot auf nur einer Liegenschaft ausreichend. Der Ankauf von Liegenschaften sei nicht durch Darlehen des Klägers, sondern fremdfinanziert worden, dementsprechend seien Pfandrechte verbüchert.
Gegen die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten wendete der Kläger ein, dass der Darlehensvertrag vom Geschäftsführer der Beklagten verfasst worden sei; darin sei nur die Geschäftsanschrift des Klägers in Ungarn angeführt. Der Kläger habe seinen Wohnsitz seit 2009 in B*, was dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt sei. Der Vertragsabschluss sei in Österreich erfolgt und es sei der einvernehmliche Wille der Parteien gewesen, Rechtsstreitigkeiten vor österreichischen Gerichten auszutragen. Weder der Vertragsgegenstand noch die Parteien wiesen eine Verbindung zu Ungarn auf, keine der Parteien spreche Ungarisch. Die Gerichtsstandsklausel sei nicht besprochen worden und stamme offenbar aus einer Vorlage.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht 1. die Klage wegen internationaler Unzuständigkeit zurück, 2. verwarf die Einrede der internationalen, örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit hinsichtlich des Sicherungsantrags, 3. wies den Sicherungsantrag ab und 4. verpflichtete den Kläger, der Beklagten EUR 8.092,68 an Verfahrenskosten zu ersetzen.
Dabei ging das Erstgericht von dem auf den Seiten 5-16 als bescheinigt festgestellten Sachverhalt aus, worauf verwiesen wird. In seiner rechtlichen Beurteilung gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, dass das Handelsgericht Wien international unzuständig sei. Die Parteien haben in der Vertragsurkunde als ausschließlichen Gerichtsstand für alle Rechtsstreitigkeiten aus dieser Vereinbarung „das sachlich zuständige Gericht am Sitz des Darlehensgebers“ vereinbart. Der Kläger habe eine primär verwendete Geschäftsanschrift in G*, diese sei auch im Kopf der Vereinbarung angegeben. Da der Kläger die Darlehensvereinbarung als ungarischer Unternehmer mit Sitz in G* habe abschließen wollen, liege kein reiner Inlandssachverhalt vor. Die Frage der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung sei daher nach Art 25 EuGVVO 2012 zu prüfen. Eine Zuständigkeitsvereinbarung setze eine übereinstimmende Willenserklärung zweier oder mehr Parteien über die Zuständigkeitsbegründung oder Derogation der Zuständigkeit voraus. Zur Form verlange Art 25 Abs 1 lit a EuGVVO 2012, dass die Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung getroffen werde. Schriftlichkeit liege hier vor. Zur Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung sei kein berechtigtes Interesse der Parteien an der Wahl des vereinbarten Gerichts nötig, auch die Zweckmäßigkeit der Vereinbarung oder die Staatsangehörigkeit der Parteien sei ohne Bedeutung. Die Vertragsurkunde sei samt der Gerichtsstandsvereinbarung von den Parteien unterfertigt worden. Die Klausel, die den Sitz des Darlehensgebers für maßgeblich erkläre, sei eindeutig und nicht auslegungsbedürftig. Den Parteien sei bewusst gewesen, dass der Kläger ein Unternehmen in Ungarn mit Sitz in G* habe und es ihm darauf angekommen sei, in dieser Eigenschaft zu kontrahieren, weil er sich davon steuerliche Vorteile erhofft habe. Aus einer Zusammenschau dieser Umstände ergeben sich keine Zweifel daran, dass der Sitz des Klägers in G* als Anknüpfungspunkt für die Gerichtszuständigkeit bei Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertrag vereinbart werden sollte. Ob die Klausel im Vorhinein besprochen worden sei und ob die Parteien sie gelesen haben, könne auch nach Unionsrecht nicht relevant sein. Darüber hinaus habe ein für beide Parteien tätiger Vertragserrichter den Parteien den Entwurf übersendet und ihnen Gelegenheit zur Änderung gegeben, wovon der Kläger auch Gebrauch gemacht habe.
Das nach Art 25 EuGVVO 2012 wirksam vereinbarte Gericht sei nicht nur für die Entscheidung in der Hauptsache, sondern auch für die Erlassung einstweiliger Maßnahmen zuständig. Allerdings sei diese Zuständigkeit nach Art 35 EuGVVO 2012 keine ausschließliche, sondern es können auch Gerichte, die nach ihrem autonomen Recht für das Provisorialverfahren zuständig wären, über einstweilige Sicherungs- und Regelungsanträge entscheiden. Ohne Gerichtsstandsvereinbarung wären österreichische Gerichte für den Sicherungsantrag international zuständig. Ob die Zuständigkeit der nach Art 35 EuGVVO 2012 zuständigen Gerichte überhaupt durch eine Gerichtsstandsvereinbarung modifiziert werden könnte, sei strittig. Darüber hinaus sei gemäß § 387 EO für die Bewilligung einstweiliger Verfügungen das Gericht zuständig, vor welchem der Prozess in der Hauptsache zur Zeit des ersten Antrags anhängig sei. Das Verfahren in der Hauptsache sei noch nicht beendet, weil der vorliegende Beschluss anfechtbar sei. Daher sei das angerufene Gericht derzeit dafür zuständig, über den Sicherungsantrag des Klägers meritorisch zu entscheiden.
Da dem Kläger die Exekution zur Sicherstellung noch nicht bewilligt worden sei, komme die Sicherung der Geldforderungen des Klägers durch das Verbot der Veräußerung und Belastung von Liegenschaften nach §§ 379 Abs 3 Z 5 EO grundsätzlich in Betracht. Das Sicherungsbegehren des Klägers beziehe sich unmissverständlich auf die Rückzahlung der Darlehenssumme. Die Zuzählung der Darlehenssumme sei bescheinigt. Allerdings scheitere der Sicherungsanspruch bereits daran, dass kein zu sichernder Anspruch bescheinigt worden sei. Ein bloßer Gesellschafterwechsel sei nicht als wesentliche rechtliche oder wirtschaftliche Veränderung der Beklagten im Sinne des Darlehensvertrags zu verstehen, weil dieser im Unterschied zu den im Vertrag angeführten Beispielen keine Vermögensübertragung bzw Gesamtrechtsnachfolge bewirke, die die Beklagte selbst betreffe. Somit bestehe schon aus diesem Grund kein Kündigungsrecht des Klägers und folglich könne auch der behauptete Anspruch auf Darlehensrückzahlung nicht bestehen. Darüber hinaus fehle es an der notwendigen konkreten Gefährdung. Nach § 379 Abs 2 Z 1 EO reiche eine bloß abstrakte Gefährdungsmöglichkeit dafür nicht aus. Dass die Veräußerung der Liegenschaften die Hereinbringung der Forderungen des Klägers vereiteln oder erschweren würde, sei nicht wahrscheinlich, weil auf den gegenständlichen Liegenschaften Pfandrechte verbüchert seien, deren Höchstbeträge die Klagsforderung deutlich übersteigen. Darüber hinaus seien die Forderungen des Klägers im Insolvenzfall ausdrücklich nachrangig. Umgekehrt würde gerade die Veräußerung von Liegenschaften die Beklagte eher in die Lage versetzen, die Forderungen des Klägers zu erfüllen. Der Sicherungsantrag könnte sich als kontraproduktiv erweisen, weil das Veräußerungs- und Belastungsverbot die Liquidität der Beklagten beeinträchtigen und ein allfälliges Insolvenzrisiko verschärfen könnte. Die Rsp nehme keine subjektive Gefährdung an, wenn sich die gegnerische Partei rein passiv verhalte, auch etwa bei Zahlungsschwierigkeiten oder mehreren vollstreckbaren Exekutionstiteln. Ein Verhalten der Beklagten, das einem Beiseiteschaffen oder Verbringen des Erlöses gleichkäme, sei nicht bescheinigt worden. Hinsichtlich der Liegenschaft EZ ** KG ** B* könne schon deshalb kein Sicherungsinteresse bestehen, weil diese nicht im Eigentum der Beklagten stehe. Aus diesen Gründen sei der Sicherungsantrag abzuweisen.
Gegen die Punkte 1., 3. und 4. dieses Beschlusses richtet sich der Rekurs des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Umfang der Anfechtung aufzuheben und dem Erstgericht eine nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende nochmalige Entscheidung aufzutragen.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
I. Zur Gerichtsstandsvereinbarung:
1.1. Der Rekurswerber macht im Rahmen der Rechtsrüge geltend, dass das Gericht keine Willenseinigung bezüglich des Gerichtsstands habe feststellen können, weshalb eine der Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung nach Art 25 EuGVVO fehle.
1.2. Nur die Auslegung einer Urkunde ist rechtliche Beurteilung, die Erforschung der wahren Absicht der Parteien ist dagegen eine Beweisfrage (RS0017911). Werden somit zur Auslegung der einer Urkunde zu Grunde liegenden Absicht der Parteien andere Beweismittel herangezogen, so werden damit Tatsachenfeststellungen getroffen (RS0017911 [T6, T10]). Wenn zur Vertragsauslegung die Parteienabsicht vornehmlich aufgrund des Ablaufes der dem schriftlichen Vertrag vorausgegangenen mündlichen Verhandlungen festgestellt wird, liegt daher eine Tatsachenfeststellung vor (RS0017771). Die Auslegung einer Urkunde kann daher nur dann wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft werden, wenn sie mit den Sprachregeln, den allgemeinen Erkenntnisgrundsätzen oder mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Widerspruch steht (RS0043415).
Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht auf Basis der vorgelegten Urkunden und der Parteienvernehmung des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten als bescheinigt angenommen, dass es dem Kläger aus steuerlichen Gründen wichtig war, mit der ungarischen Geschäftsanschrift seines Unternehmens im Vertrag zu stehen, und dass der Geschäftsführer der Beklagten damit einverstanden war. Darüber hinaus nahm es als bescheinigt an, dass es zwar mehrere mögliche „Sitze“ des Klägers gab, die Parteien sich jedoch bewusst dafür entschieden, den ungarischen Sitz des Klägers in der Vertragsurkunde festzuhalten. Das Erstgericht hat damit die Willenseinigung der Parteien begründet und dabei Tatsachenfeststellungen getroffen.
1.3. Nach stRsp ist die Beweiswürdigung des Erstgerichts im Rekursverfahren grundsätzlich nicht anfechtbar (RS0044018; RS0040120), weil Beweise im Hinblick auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz nur dann umgewürdigt werden können, wenn das Rechtsmittelgericht diese in gleicher Weise aufgenommen hat wie das Erstgericht, eine Rekursverhandlung jedoch nicht vorgesehen ist ( Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 526 Rz 5 mwN). Dies gilt nur dann nicht, wenn das Erstgericht seine Feststellungen nur auf der Grundlage von Urkunden und zulässigerweise mittelbar aufgenommenen Beweisen getroffen hat (RS0044018). Ebenso gilt im Provisorialverfahren, dass das Rekursgericht die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts insoweit nicht überprüfen kann, als dieses den Sachverhalt aufgrund vor ihm abgelegter Zeugen- oder Parteiaussagen als bescheinigt angenommen hat (6 Ob 650/93 [verst Senat] SZ 66/164 = ecolex 1994, 159; RS0012391).
Aus diesen Gründen geht die Argumentation des Rekurswerbers hinsichtlich der Willenseinigung der Parteien über die Gerichtsstandsvereinbarung ins Leere.
2.1. Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts betreffend die Gerichtsstandsvereinbarung ist einwandfrei:
Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass kein reiner Inlandssachverhalt vorliegt, wenn Parteien, die im selben Mitgliedstaat ansässig sind, die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats vereinbaren ( Simotta in Fasching/Konecny V/1 3 Art 25 EuGVVO 2012 Rz 31 mwN). Die EuGVVO 2012 ist somit anwendbar.
2.2. Die Erfüllung der Formvorschrift des Art 25 Abs 1 lit a EuGVVO 2012 durch schriftliche Unterzeichnung des Darlehensvertrags (Beilage ./A) ist im vorliegenden Fall unstrittig. Wenn die Formerfordernisse erfüllt sind, wird eine Willenseinigung der Parteien betreffend die Gerichtsstandsvereinbarung vermutet ( Simotta in Fasching/Konecny V/1 3 Art 25 EuGVVO 2012 Rz 65).
2.3. Wie das Erstgericht aus dem bescheinigten Sachverhalt richtig geschlossen hat, liegt eine übereinstimmende Willenserklärung der Parteien vor, die von einer entsprechenden Willenseinigung getragen ist, wonach die ungarische Geschäftsanschrift des Klägers für den Vertrag (einschließlich der Gerichtsstandsvereinbarung) maßgebend sein soll. Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers kommt es weder darauf an, ob über den Inhalt der Gerichtsstandsvereinbarung ausdrücklich gesprochen wurde, noch auf den Ort des Vertragsabschlusses, die Staatsangehörigkeit der Parteien oder deren Sprachkenntnisse. Die im Rahmen von Art 25 EuGVVO 2012 vorausgesetzte Prüfung der tatsächlichen Willenseinigung dient dazu, die schwächere Partei etwa vor einseitig in den Vertrag eingefügten Gerichtsstandsklauseln zu schützen ( Simotta in Fasching/Konecny V/1 3 Art 25 EuGVVO 2012 Rz 67).
Im vorliegenden Fall wurde der Vertrag von einem für beide Seiten tätigen Vertragserrichter verfasst, der den Parteien auch Gelegenheit zur Änderung gab. Der Kläger ist nicht die schwächere Partei und die Klausel 5.d) über den Gerichtsstand ist auch einem juristischen Laien leicht verständlich. Wenn der Kläger darauf bestand, seine ungarische Anschrift in den Vertrag aufzunehmen, und den Vertrag anschließend unterzeichnet hat, muss man davon ausgehen, dass er mit den Konsequenzen dieser Änderung im Vertragstext einverstanden war. Wie das Erstgericht richtig aufzeigt, würde es dem Gedanken der Rechtssicherheit zuwiderlaufen, die durch eine Gerichtsstandsvereinbarung hergestellt werden soll, deren Wirksamkeit von einem berechtigten Interesse der Parteien am vereinbarten Gericht abhängig zu machen (Beschluss ON 15, S. 20). Einen übereinstimmenden anderslautenden Willen der Vertragspartner konnte der Kläger nicht bescheinigen.
2.4. Der Rekurswerber bringt vor, dass der in der Gerichtsstandsvereinbarung verwendete Begriff „Sitz“ unklar und auslegungsbedürftig sei. Der Kläger sei eine natürliche Person, die keinen „Sitz“ habe, sondern nur einen Wohnsitz. Im Darlehensvertrag sei nicht angeführt, dass es sich bei der angegebenen Geschäftsanschrift um den „Sitz“ des Klägers handle.
Allerdings spricht der Wortlaut der Urkunde eindeutig dafür, dass der in der Klausel 5.d) des Darlehensvertrags Beilage ./A, angesprochene „Sitz des Darlehensgebers“ nichts anderes sein kann als die auf S. 1 des Vertrags angegebene Anschrift des Darlehensgebers. Darüber hinaus ist zwar richtig, dass eine natürliche Person keinen „Sitz“, sondern einen Wohnsitz hat. Allerdings tritt der Kläger im Darlehensvertrag nicht in seiner Eigenschaft als Privatperson, sondern als Unternehmer auf. Wie das Erstgericht als bescheinigt angenommen hat, betreibt der Kläger ein Unternehmen mit einer Geschäftsanschrift in G* und verwendet diese Anschrift für zahlreiche seiner geschäftlichen Aktivitäten. Er ist als Gesellschafter mehrerer österreichischer Gesellschaften mit seiner Anschrift in G* im Firmenbuch erfasst. Das bewusste Auftreten des Klägers in Verbindung mit der Tatsache, dass die ungarische Anschrift auf seinen Wunsch in die Vertragsurkunde aufgenommen wurde, lässt bei einer Gesamtbetrachtung keinen anderen Schluss zu, als dass diese Anschrift als „Sitz des Darlehensgebers“ zu verstehen ist und nicht die private Wohnadresse des Klägers, die im Vertrag nicht genannt wird und an der er nicht einmal behördlich gemeldet ist.
2.5. Gerichtsstandsvereinbarungen nach Art 25 EuGVVO begründen eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des vereinbarten Mitgliedstaats ( Simotta in Fasching/Konecny V/1 3 Art 25 EuGVVO 2012 Rz 247). Im vorliegenden Fall liegt eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vor, wonach Gerichte Ungarns für Rechtsstreitigkeiten aus dem Darlehensvertrag ausschließlich zuständig sind. Aus diesen Gründen hat das Erstgericht zu Recht die internationale Unzuständigkeit des Handelsgerichtes Wien ausgesprochen.
II. Zum Sicherungsantrag:
1. Der Rekurswerber meint, er habe das Recht zur Kündigung nicht nur aufgrund Punkt 3. a) des Darlehensvertrags (Beilage ./A, S. 2), sondern auch wegen der mehrfachen Vertragsverletzungen durch die Beklagte. In diesem Zusammenhang kritisiert er in seiner Mängelrüge, dass das Erstgericht die von ihm zu diesem Thema beantragten Beweise nicht aufgenommen und demgemäß dazu nichts festgestellt hat.
2. Das kann jedoch dahingestellt bleiben, weil die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts sich nur auf die einstweilige Verfügung bezieht und das Erstgericht zum richtigen Ergebnis gelangt ist, dass keine konkrete Gefährdung der vom Kläger geltend gemachten Forderungen vorliegt.
Gemäß § 379 Abs 2 Z 1 EO kann eine einstweilige Verfügung zur Sicherung von Geldforderungen getroffen werden, wenn wahrscheinlich ist, dass ohne sie der Gegner der gefährdeten Partei durch Beschädigen, Zerstören, Verheimlichen oder Verbringen von Vermögensstücken, durch Veräußerung oder andere Verfügungen über Gegenstände seines Vermögens, insbesondere durch darüber mit dritten Personen getroffene Vereinbarungen die Hereinbringung der Geldforderung vereiteln oder erheblich erschweren würde. Diese Bestimmung verlangt somit eine konkrete subjektive Gefährdung der Geldforderung. Die gefährdete Partei hat konkrete Umstände zu behaupten und zu bescheinigen, die es wahrscheinlich machen, dass die Hereinbringung der Forderung ohne einstweilige Verfügung durch das Verhalten des Schuldners vereitelt oder doch erheblich erschwert würde (7 Ob 595/81 EvBl 1981/171; 9 Ob 48/03d JBl 2004, 123 = RdW 2003/501; 10 Ob 84/07m). Die bescheinigten Eigenschaften und Verhaltensweisen des Gegners der gefährdeten Partei müssen ihn in einem Licht zeigen, aus dem sich eine hohe Wahrscheinlichkeit der Vornahme von Vereitelungshandlungen ableiten lässt (7 Ob 598/92 ecolex 1993, 86; 4 Ob 288/98a EvBl 1999/85 = ÖBA 1999, 584; 4 Ob 36/12s; RS0005379).
Nach dem bescheinigten Sachverhalt war gegen die Beklagte als Verpflichtete am 11.1.2023 ein einziges Exekutionsverfahren (mit einer betriebenen Forderung von EUR 40.000, ) anhängig. Von 1.1.2022 bis zum Tag der Klagseinbringung und Antragstellung wurden von der Beklagten keine Vergütungen an den Geschäftsführer bezahlt und auch keine betrieblichen KFZ angeschafft. Auch haben die Gesellschafter keine finanziellen Vorteile, Ausschüttungen oder Auszahlungen erhalten. Dem Kläger ist es somit nicht gelungen, die von ihm behaupteten Vereitelungshandlungen der Beklagten zu bescheinigen.
Dass die Beklagte Liegenschaften verkauft und dem Kläger den vereinbarten Gewinnanteil noch nicht ausbezahlt hat, reicht zur Annahme einer subjektiven Gefährdung noch nicht aus. Zwar kann auch die Veräußerung von Vermögensgegenständen eine Vereitelungshandlung nach § 379 Abs 2 Z 1 EO sein ( E. Kodek in Angst/Oberhammer , EO 3 § 379 Rz 9 mwN). Nach der Rsp müssen dazu allerdings weitere Anhaltspunkte hinzutreten, die eine Vereitelung oder Erschwerung der Hereinbringung wahrscheinlich machen, wie etwa das Beiseiteschaffen oder Verbringen des Veräußerungserlöses ins Ausland (7 Ob 595/81 EvBl 1981/171). In der Entscheidung 7 Ob 598/92 ecolex 1993, 86 wurde eine konkrete Gefährdung darin gesehen, dass die Beklagte den Betrieb ihres Unternehmens ohne Verständigung der Klägerin gänzlich beendete, von der dieser Betrieb weitestgehend abhängig war, und den wesentlichen Teil der Unternehmenshülse an einen nicht greifbaren Dritten veräußerte. Vergleichbare Umstände liegen hier nicht vor. Der Verkauf von Liegenschaften ist für die Beklagte nichts Außergewöhnliches, sondern gehört zu ihrem Unternehmensgegenstand (siehe Firmenbuchauszug Beilage ./VI). Die Veräußerung allein ist außerdem schon deshalb keine taugliche Vereitelungshandlung, weil an die Stelle der verkauften Liegenschaft ja ein Geldbetrag tritt (7 Ob 595/81), den die Beklagte zur Tilgung offener Forderungen heranziehen kann. Die bloße Nichtzahlung von Gewinnanteilen aus dem Darlehensvertrag als rein passives Verhalten der Beklagten kann ebenso wenig eine konkrete Gefährdung begründen ( E. Kodek in Angst/Oberhammer , EO 3 § 379 Rz 10 mwN). Es bestehen nach dem bescheinigten Sachverhalt keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte den Kaufpreis für die Liegenschaften ins Ausland verbringen, verschleudern oder verschenken würde.
Das Erstgericht hat den Sicherungsantrag des Klägers daher zu Recht abgewiesen.
III. Weitere Aussprüche des Rekursgerichts:
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO teilweise iVm §§ 78, 393 Abs 1, § 402 Abs 4 EO, weil der Kläger sowohl im Haupt- als auch im Provisorialverfahren unterlegen ist.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO und § 402 Abs 1 EO nicht jedenfalls unzulässig. Es liegt jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO vor, sodass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen war.