JudikaturOLG Wien

33R96/22p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 20.7.2022, AM 12677/2021 2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragt die Eintragung der Wortmarke

BURGERMEISTER

für Waren und Dienstleistungen der Klasse 35:

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Werbung und Verkaufsförderung; Werbung und Marketing; Werbung für Unternehmen; Werbung und Öffentlichkeitsarbeit; Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit.

Mit Beschluss vom 20.7.2022 lehnte die Rechtsabteilung des Patentamts die Eintragung mit der wesentlichen Begründung ab, die hier maßgeblichen Verkehrskreise würden in dem Zeichen nur einen Hinweis darauf sehen, dass die Waren oder Dienstleistungen für Unternehmen gedacht sind – etwa im Rahmen eines Franchise-Systems –, die besonders hochwertige „Burger“ anbieten. Das Zeichen bedeute einen Hinweis, dass diese Dienstleistungen für Betriebe gedacht sind, deren Gegenstand die Verpflegung von Gästen mit dem Produkt „Burger“ ist. Für die Werbedienstleistungen bedeute es darüber hinaus eine werbliche Anpreisung der Dienstleistungen der Restaurantbetriebe, also der Franchiseunternehmer.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Eintragung der Wortmarke Burgermeister in das Markenregister im ursprünglich beantragten Umfang.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Von der Registrierung als Marke sind Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben (§ 4 Abs 1 Z 3 MschG).

1.1. Eine Marke ist unterscheidungskräftig iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nur unter dieser Bedingung kann eine Marke ihre Hauptfunktion als Hinweis auf die betriebliche Herkunft erfüllen (4 Ob 153/21k, my flat ; 4 Ob 49/14f, My Taxi II ; RS0118396).

1.2. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d Marken-RL) sind zwar gesondert zu prüfen. Unterscheidungskraft fehlt bei einer Marke aber jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft; eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne von § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (4 Ob 11/14t, Expressglas ; 4 Ob 153/21k, my flat ; 4 Ob 49/14f, My Taxi II ; RS0132934).

2. Eine Marke ist beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise ihren Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und sie als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (RS0109431). Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise „sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von den Anmeldungen erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können“ (EuGH C 326/01 P, Universaltelefonbuch , Rn 33; C 494/08 P, Pranahaus , Rn 29; 4 Ob 153/21k, my flat ). Lässt sich dagegen die Beziehung zwischen Ware und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, dann ist die Registrierung des Zeichens auch ohne Verkehrsgeltung ebenso erlaubt, wie wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Dienstleistung, der Art ihrer Herstellung oder ihrer Zweckbestimmung handelt (vgl RS0066456; RS009431 [T3]; RS0090799).

3. Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (4 Ob 49/14f, My Taxi II ; 4 Ob 153/21k mwN, my flat ; RS0133787).

4. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnung aufgefasst werden (RS0066644).

5. Beteiligte Verkehrskreise sind alle Personen, die die Dienstleistung potentiell in Anspruch nehmen (vgl 4 Ob 78/18a, Schneewette ; 4 Ob 49/14f, My Taxi II ; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 61 mwN; vgl RS0079038).

6. Die Grundsätze für die Beurteilung der Schützbarkeit von Wortmarken sind auch auf Wortneuschöpfungen anzuwenden. Auch ihre Schützbarkeit hängt davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und die Wortkombination als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (RS0109431; 4 Ob 78/18a, Schneewette ). Diese Regeln gelten auch für Worte, die dem Grundwortschatz bekannter Fremdsprachen, namentlich des Englischen, angehören (4 Ob 49/14f, My Taxi II ).

7. Die Eintragung soll für die von der Klasse 35 repräsentierten Dienstleistungen erfolgen. Anhand dieser hat die Prüfung zu erfolgen.

Das Patentamt begründete seine Entscheidung damit, dass die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeichen Burgermeister einen Hinweis darauf sehen würden, dass die Dienstleistungen – allenfalls im Rahmen eines Franchisesystems – für Betriebe gedacht seien, deren Gegenstand die Verpflegung von Gästen mit hochwertigen „Burger“ sei.

Der Annahme des Patentamts, dass die Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen werden soll, im Rahmen eines Franchise-Vertrags erbracht werden, widersprach die Rekurswerberin nicht.

8. Dem Zeichen Burgermeister fehlt die Unterscheidungskraft für die beanspruchten Dienstleistungen.

8.1. In der Entscheidung 4 Ob 49/14f sah der Oberste Gerichtshof in der Wort-Bild-Marke

keine Beschreibung für Dienstleistungen der Klasse 35 (Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten), weil das angemeldete Zeichen vom Publikum nicht unmittelbar gedanklich mit den dort genannten Dienstleistungen in Verbindung gebracht werde.

In der Entscheidung 4 Ob 153/21k erachtete der Oberste Gerichtshof die Wort-Bild-Marke

für die Klasse 9 (Software, Software und Softwareapplikationen für mobile Geräte), 42 (Design von Computer-Software; Vermittlung von Computer-Software; Wartung und Reparatur von Software; Hosting von Plattformen im Internet; Bereitstellung der zeitweiligen Nutzung von webbasierter Software; Bereitstellung der zeitweiligen Nutzung von webbasierten Anwendungen) und 45 (juristische Dienstleistungen) als nicht beschreibend und damit unterscheidungskräftig.

8.2. Vom Kennzeichen „Burgermeister“ unterscheiden sich die in diesen Entscheidungen geprüften Marken aber schon dadurch, dass diese aus Wortkreationen bestanden, die zwar mit einem Wortteil auf mögliche Dienstleistungen, für die die Eintragungsvoraussetzungen nicht vorlagen, hinwiesen (Taxi, Flat). Für Dienstleistungen, die mit den Begriffen Taxi und Flat nicht unmittelbar verbunden werden konnten lieferte die Kombination mit dem Pronomen „my“ aber keinen weiteren beschreibenden Hinweis.

8.3. Mit dem Ausdruck Burgermeister ist eine Wertung verbunden, die ausdrückt, dass derjenige, der die Dienstleistung ausübt, besonders gut im Bereich „Burger“ ist. Würde das Kennzeichen für die Herstellung oder den Verkauf von „Burgern“ beansprucht, wäre es glatt beschreibend.

Der Hinweis, dass jemand gut, weil ein „Meister“ im Bereich „Burger“ ist, kann sich auch auf die Erbringung der hier angesprochenen Dienstleistungen für Unternehmen beziehen, die „Burger“ herstellen und verkaufen. Dass das Gewerberecht keinen Meister für „Burger“ kennt, ändert nichts daran, dass die Kombination eines Haupt- oder Zeitworts mit „Meister“ im allgemeinen Sprachgebrauch als Hinweis auf die besonderen Fähigkeiten einer Person im angesprochenen Bereich ausdrückt. Damit handelt es sich aber nicht um eine kreative, originelle Schöpfung, sondern schlicht um eine lobende Beschreibung der eigenen Leistungen (vgl EuGH C 398/08 P, Vorsprung durch Technik ). Das Zeichen ist kein Phantasiewort im Sinne der zitierten Rechtsprechung, sondern eine allgemein gebräuchliche Sprachkonstruktion, für die ein Freihaltebedürfnis besteht. Das Zeichen ist nicht unterscheidungskräftig.

8.4. Die Eigenschaft eines Zeichens, für bestimmte Waren (oder Dienstleistungen) beschreibend zu sein oder der Unterscheidungskraft für bestimmte Waren (oder Dienstleistungen) zu entbehren, kann nicht dadurch ausgeglichen werden, dass die Waren (oder Dienstleistungen) im Katalog des gewünschten Schutzumfangs nicht genannt sondern durch „Werbung“, „Verkaufsförderung“, „Öffentlichkeitsarbeit“ oder ähnliche Inhalte ersetzt werden, denn Werbung hat keinen Selbstzweck sondern bezieht sich steht auf Waren (oder Dienstleistungen). Bei Zeichen, die eine unmittelbare Assoziation zu bestimmten Waren (oder Dienstleistungen) hervorrufen, verhindert diese Eigenschaft auch die Registrierung ganz allgemein für „Werbung“.

8.5. Dies wird umso deutlicher, wenn man die angesprochenen Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Franchisesystem betrachtet.

8.5.1. Durch den Franchisevertrag wird ein Dauerschuldverhältnis begründet, durch das der Franchisegeber dem Franchisenehmer gegen Entgelt das Recht einräumt, bestimmte Waren oder Dienstleistungen unter Verwendung von Name, Marke, Ausstattung usw sowie der gewerblichen und technischen Erfahrungen des Franchisegebers und unter Beachtung des von diesem entwickelten Organisationssystems und Werbesystems zu vertreiben, wobei der Franchisegeber dem Franchisenehmer Beistand, Rat und Schulung in technischer und verkauftechnischer Hinsicht gewährt und eine Kontrolle über die Geschäftstätigkeit des Franchisenehmers ausübt (RS0071387).

8.5.2. Vor diesem Hintergrund dienen die Dienstleistungen, die die Marke kennzeichnen soll, der Platzierung der von der Franchise-Geberin entwickelten „Burger“ auf dem Markt.

8.5.3. Die beteiligten Verkehrskreise sind Unternehmen, die potentiell Dienstleistungen eines Franchise-Gebers im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Verkauf von „Burger“ in Anspruch nehmen könnten. Da der Begriff „Burgermeister“ zwanglos mit einer Person in Verbindung gebracht werden kann, die sich besonders gut mit der Herstellung von „Burger“ auskennt, müssen sie keine komplizierte Gedankenoperation angestellen, um eine Verbindung zu jenen Dienstleistungen herzustellen, die eingesetzt werden, damit der Franchise-Nehmer das vom Franchise-Geber erstellte Konzept zur Herstellung und zum Verkauf von „Burger“ „richtig“ umsetzt.

9. Ob ein Begriff unterscheidungskräftig ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl 4 Ob 78/18a; 4 Ob 16/15d). Aus diesem Grund war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

10. In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

Rückverweise