33R13/22g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Janschitz und die fachkundige Laienrichterin Dr. Thoma-Fried in der Markenschutzsache der Antragstellerin F *****, vertreten durch Dr. Daniel Charim, Mag. Jakob Charim, LL.M.(Columbia), Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin F***** , vertreten durch die Schwarz Schönherr Rechtsanwälte KG in Wien, wegen Löschung der Marke Fashion TV (AT 275814) über die Berufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 30.7.2021, Nm 9/2014 11, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit EUR 1.831,68 (darin EUR 305,28 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Text
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Wortbildmarke
(registriert seit 25.11.2013 unter der Nr 275814, in der Folge „angegriffene Marke“), eingetragen für die Klasse 38 (Ausstrahlung von Fernsehprogrammen).
Die angegriffene Marke wurde am 20.8.2013 von der F* TV LLC. , [...], Florida, [...] (in der Folge kurz: Anmelderin ) angemeldet. Der Löschungsantrag vom 12.3.2014, eingelangt am 14.3.2014, war ursprünglich gegen die Anmelderin gerichtet. Mit Beschluss vom 26.11.2015 wurde die angegriffene Marke auf die nunmehrige Antragsgegnerin umgeschrieben.
Die Antragstellerin verwendet das folgende nicht registrierte Zeichen:
Die Antragstellerin beantragte die Löschung nach § 31, § 32 und § 34 MSchG. Die Antragstellerin veranstalte unter der Bezeichnung „Fashion TV“ und unter Verwendung des obigen Zeichens ein Fernsehprogramm, welches sie im gesamten Gebiet der Europäischen Union verbreite. „Fashion TV“ sei ein reines Mode-Spartenprogramm, es würden ausschließlich Sendungen zum Thema Mode gezeigt. Die angegriffene Marke sei nicht nur prioritätsjünger, sondern sie sei auch für dieselbe Dienstleistung angemeldet worden, für die die Antragstellerin diese Bezeichnung als nichtregistriertes Zeichen tatsächlich verwende. Es bestehe wegen der Ähnlichkeit der angegriffenen Marke mit der Firma der Antragstellerin die Gefahr von Verwechslungen im geschäftlichen Verkehr.
Anlass der Gründung der Anmelderin am 2.7.2013 sowie der Anmeldung der angegriffenen Marke sei ein zwischen der Antragstellerin und der F* One Television Ltd (in der Folge „ F* One “) geführter Rechtsstreit um die Verwendung der Bezeichnung „F* One“ gewesen. Das Handelsgericht Wien habe der F* One mit einstweiliger Verfügung vom 21.1.2014 verboten, die Bezeichnung „F* One“ im Gebiet der Europäischen Union weiter zu verwenden. In der Absicht, einen Gegenschlag gegen die Antragstellerin zu führen, und um die von der Antragstellerin seit Jahren im geschäftlichen Verkehr verwendete Bezeichnung „Fashion TV“ anzugreifen, habe die F* One die Anmelderin in den USA durch einen Strohmann, den ehemaligen Angestellten MM, gegründet und die Registrierung der angegriffenen Marke veranlasst. Dies lasse sich aus dem Umstand ableiten, dass die von der Anmelderin als Firmensitz registrierte Adresse auch als Postanschrift der – vom Geschäftsführer der F* One, NN, gegründeten – Anmelderin diene. Angesichts der personellen und räumlichen Verbindung könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Anmelderin von der F* One zum Zweck der Behinderung der geschäftlichen Tätigkeit der Antragstellerin instrumentalisiert worden sei. Der Anmelderin und ihrem Geschäftsführer MM sei das Unternehmen der Antragstellerin und der von ihr unter der Bezeichnung „Fashion TV“ ausgestrahlte Fernsehkanal bekannt. Die Markenanmeldung sei böswillig und mit dem Ziel erfolgt, der Antragstellerin zu schaden und ihren Geschäftsbetrieb zu beeinträchtigen.
Auch die nunmehrige Antragsgegnerin sei Teil der von NN kontrollierten Unternehmensgruppe. NN, der die Antragsgegnerin beherrsche, sei international dafür bekannt, rechtsmissbräuchlich Marken anzumelden oder Löschungen von eingetragenen Marken zu beantragen; dies immer mit der Absicht, die jeweiligen Gegner abzumahnen, bei der rechtsmäßigen Verwendung ihrer Unternehmenskennzeichen zu behindern und sie zu hohen Zahlungen zu bewegen. Nach einem auf der Website www.worldtrademarkreview.com veröffentlichen Artikel habe NN über 1.000 Gesellschaften für Zwecke seiner Markenanmeldungen gegründet. Aus einer Entscheidung des EUIPO gehe hervor, dass NN 9.000 Marken zur Eintragung angemeldet habe.
NN habe im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke gewusst, dass die Antragstellerin das Zeichen „Fashion TV“ seit 1998 zur Kennzeichnung ihres Fernsehkanals verwende. Die Antragsgegnerin verwende die angegriffene Marke bis heute nicht zur Kennzeichnung eines von ihr ausgestrahlten Fernsehprogramms. NN sei im Jahr 2005 selbst Lizenznehmer für „Fashion TV“ gewesen und mit der Vermarktung des Fernsehprogramms „Fashion TV“ der Antragstellerin in Teilen des asiatischen Raum betraut gewesen.
Die Antragsgegnerin habe darüber hinaus mit einem Widerspruch versucht, die Anmeldung der Unionsmarke „Fashion TV“ durch die zur Unternehmensgruppe der Antragstellerin gehörende F*tv.com GmbH zu verhindern. Die Antragsgegnerin habe sich auf die angegriffene Marke gestützt und behauptet, die Unionsmarke sei verwechselbar ähnlich. NN und die zu ihm gehörenden Gesellschaften hätten seit 2013 systematisch versucht, Fashion TV-Marken weltweit anzumelden und daraus Ansprüche gegen die Antragstellerin abzuleiten, obwohl NN jedenfalls seit 2005 Kenntnis davon gehabt habe, dass Fashion TV ein weltweit ausgestrahltes Fernsehprogramm der Antragstellerin sei. Die Bekanntheit des Zeichens ergebe sich aus dem Vertrag ./J.
Die Antragsgegnerin bestritt und beantragte, den Antrag auf Löschung abzuweisen. Die Anmelderin sei im Internet mit der Website www.F*.tv präsent. Die Ausstrahlung des entsprechenden Fernsehprogramms in Europa sei in Vorbereitung.
Der von der Antragstellerin betriebenen TV-Kanal sei ein „Nischensender“ im Bereich Mode. Das Zeichen der Antragsstellerin habe in Österreich keine Verkehrsgeltung erlangt und die Unterscheidungskraft des Zeichens sei schwach. Der Begriff „F*tv“ weise nur eine geringe Originalität auf. Zwischen den Zeichen bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Antragstellerin müsse im geschäftlichen Verkehr mit ihrer vollständigen Firma auftreten, sodass auch hier keine Verwechslungsgefahr bestehe.
Die Anmelderin stehe in keiner Verbindung mit der F* One LLC. oder der F* One. Der Sitz der Anmelderin sei an der Kanzleianschrift eines Rechtsanwalts in Miami.
Die Vereinbarung ./J sei nicht zwischen den Streitteilen geschlossen worden, und sie betreffe nur Teile von Asien.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.7.2021 wies die Nichtigkeitsabteilung (in der Folge: NA) den Antrag auf Löschung der Marke ab. Dazu stellte sie neben dem eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt noch fest:
«Aus den Bescheiden der KommAustria vom 17.06.2002, KOA 2.100/02-12 (Beilage VA) und vom 13.06.2012, KOA 2.135/12-011 ergibt sich, dass der Antragstellerin die Zulassung für den Satellitenrundfunk ab Juni 2002 durchgehend für das Bundesgebiet der Republik Österreich erteilt wurde. Das Programm umfasst ein reines Mode-Spartenprogramm mit dem unter dem Programmnamen „Fashion-TV“ täglich Sendungen zum Thema Mode bzw. Aufzeichnungen von Modeschauen verbreitet werden. Im Jahr 2013 wurde seitens der Antragstellerin ein Fernsehsender in die Kabelanbieter UPC Kabel und A1-TV eingespeist, insgesamt wurden ca. 900.000 Haushalte in Österreich erreicht. Dieser Sender wurde mit Fashion TV bezeichnet, wobei die Bezeichnung Fashion TV nie als Wort alleine verwendet wurde, sondern mit einem markanten Logo in der Form eines 5 – eckingen geometrischen Elements.
Die Anmelderin der angefochtenen Marke war die Firma F* TV LLC in Miami Florida. Der Geschäftsführer der Antragsgegnerin, MM, war ein Mitarbeiter der Fa. F* One LLC, die im Einflussbereich von NN stand. Beide Firmen hatten zeitweise den Firmensitz an derselben von einer Anwaltskanzlei verwalteten Adresse.
Nach Einlangen des gegenständlichen Antrages auf Löschung wurde am 5.11.2015 eine Zessionsurkunde unterfertigt, aufgrund der die streitgegenständliche Marke an die nunmehrige Antragsgegnerin übertragen wurde. Seitens der Antragsgegnerin wurde diese Urkunde von NN unterfertigt.
NN hatte mit der Antragstellerin geschäftliche Kontakte, so besuchte er auch im Jahr 2005 die Antragstellerin. Zwischen NN, der Firma B* Entertainmet und einer Firma FTV BVI Ltd auf den British Virgin Island und related Companies „FTV“ wurde 2005 ein Lizenzvertrag geschlossen, in dem NN und der Firma B* Entertainment eine Lizenz für Teile des asiatischen Markts erteilt wurde. Der Umfang wurde so definiert: „Includes the exclusive right to sell advertising on „Fashion TV“ in the territory as well as the master franchise for „FTV Cafes“ in the Republic oft the Phillipines“.
Ca. 2010/2011 trennten sich die Vertragsparteien und NN bzw. Firmen in seiner Einflussspähre begannen hauptsächlich unter der Bezeichnung „F* One“ einen Modekanal auszustrahlen bzw. Marken für einen Modefernsehkanal anzumelden. Seit dieser Zeit werden eine Vielzahl von Markenstreitigkeiten geführt.
NN ist nicht mehr Geschäftsführer der Antragsgegnerin.»
Disloziert in der Beweiswürdigung stellte die NA noch fest:
«Aus den Beilagen ./A und ./B ergibt sich, dass die Antragstellerin bereits seit dem Jahr 2002 die Modesendung „Fashion TV“ betreibt.»
Rechtlich erwog die NA, dass sich anhand der vorgelegten Unterlagen keine Verkehrsgeltung des Zeichens F*tv für das Ausstrahlen von Fernsehprogrammen in Österreich habe feststellen lassen. Der Löschungstatbestand des § 31 MSchG, der die Verkehrsgeltung des Zeichens voraussetze, sei nicht erfüllt. Soweit sich die Antragstellerin auf ihre Firma und auf den Löschungstatbestand des § 32 MSchG berufe, würden die beteiligten Verkehrskreise in diesem Begriff nur den Hinweis auf eine Modesendung verstehen, aber keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Eine Löschung der Marke nach § 34 MSchG scheide mangels Behinderungsabsicht der Anmelderin im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke aus. Allein aus dem Umstand, dass der Geschäftsführer der Anmelderin zuvor Mitarbeiter der F* One LLC. gewesen sei und beide Unternehmen ihren Sitz an der Anschrift eines Rechtsanwalts hätten, könne eine Behinderunsabsicht nicht abgeleitet werden. Selbst wenn die Anmelderin im Einflussbereich von NN und der B* Entertainment gestanden sei und Kenntnis der Benutzung des Wortbildzeichens F*tv durch die Antragstellerin gehabt habe, so sei diese Vertragsbeziehung bereits lange vor der Anmeldung der angegriffenen Marke beendet worden und habe sich auf den asiatischen Raum bezogen.
Darüber hinaus sei der Begriff Fashion TV rein beschreibend, und die von der Anmelderin gewählte grafische Ausgestaltung führe weit vom verwendeten Wortbildzeichen der Antragstellerin weg. Das Berufungsgericht schließt daraus, dass die NA im Ergebnis keine Verwechslungsgefahr annahm.
Dagegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, dem Löschungsantrag Folge zu geben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Vor dem Eingehen auf die Berufungsgründe wird noch festgehalten, dass nach ständiger Rechtsprechung im markenrechtlichen Löschungsverfahren unabhängig davon, ob die Veräußerung der Markenrechte auf Antragsteller- oder Antragsgegnerseite erfolgt, § 234 ZPO nicht analog angewendet wird (vgl Om 6/09; Om 4/03).
1.1. Die Antragstellerin rügt als Verfahrensmangel , dass die von der Antragsgegnerin vorgelegte Urkunde ./I nicht verlesen worden sei. Es sei die Feststellung unterblieben, dass MM Organ der Anmelderin gewesen sei und dass offenkundig ein enges Naheverhältnis zwischen der Anmelderin und NN bestanden habe. Diese Umstände führten zum Schluss, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke auch in der Absicht erfolgt sei, die Antragstellerin bei der Benutzung des von ihr verwendeten Zeichens zu behindern.
Richtig ist, dass dieses Urkunde nach der Aktenlage in der mündlichen Verhandlung nicht verlesen wurde und auch eine Aufforderung an den Vertreter der Gegenseite zu einer Urkundenerklärung (§ 298 Abs 3 ZPO) unterblieben ist.
Die Antragstellerin vermag jedoch nicht aufzuzeigen, inwieweit sich dieser Verfahrensmangel zu seinem Nachteil ausgewirkt haben soll. Dies ist auch nicht ersichtlich:
Im vorliegenden Fall brachte die Antragstellerin vor, dass MM Geschäftsführer der Anmelderin gewesen sei. Dieses Vorbringen hat die Antragsgegnerin nicht bestritten. Zugestandene Tatsachen sind nach § 266 ZPO ohne Weiteres der Entscheidung zugrundezulegen (RS0040110). Die NA ging ohnehin in ihrer Entscheidung davon aus, dass MM Geschäftsführer der Anmelderin gewesen ist (vgl Seite 21 der Beschlussausfertigung, letzter Absatz). Ein relevanter Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
1.2. Die Antragsgegnerin rügt die Feststellung , wonach MM ein Mitarbeiter der F* One LLC war, mit dem Argument, dass sich diese Feststellung nicht aus den Urkunden ableiten ließe.
Die NA stützt die bekämpfte Feststellung auf die Urkunden ./F bis ./I. Diesen Urkunden lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass MM ein Mitarbeiter der F* One LLC gewesen sei. Das Berufungsgericht übernimmt daher diese Feststellung nicht.
2. Die Antragstellerin tritt in ihrer Rechtsrüge nur mehr den rechtlichen Erwägungen der NA im Hinblick auf den Löschungsgrund nach § 34 MSchG entgegen.
Die Antragstellerin bringt im erstinstanzlichen Verfahren vor, dass die angegriffene Marke wegen eines zwischen der Antragstellerin und der F* One anhängigen Rechtsstreits über die Verwendung des Zeichens „F* One“ angemeldet worden sei. Der F* One sei nämlich in einem Verfahren vor dem Handelsgericht Wien mit einstweiliger Verfügung vom 21.1.2014 verboten worden, die Bezeichnung im Gebiet der Europäischen Union weiter zu verwenden. Im Hinblick auf diesen Konflikt sei die F* One durch einen Strohmann (MM) mit der Absicht gegründet worden, einen Gegenschlag gegen die Antragstellerin zu führen und ihr im geschäftlichen Verkehr verwendetes Zeichen „Fashion TV“ anzugreifen. Mit derselben Absicht habe die F* One die angegriffene Marke registrieren lassen, ohne sie überhaupt zu benutzen. Die Anmelderin sei daher Teil der Unternehmensgruppe von NN.
2.1. Nach § 34 Abs 1 MSchG kann jedermann die Löschung einer Marke begehren, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war. Diese Bestimmung beruht auf Art 3 Abs 2 lit d MarkenRL (basierend auf der ursprünglichen Fassung der RL 89/104/EWG), wonach die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Fall der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn der Antragsteller die Eintragung bösgläubig beantragt hatte. Sie wird als Generalklausel angesehen und erfasst Umstände beim Markenerwerb, die den Schutz des Kennzeichens als ungerechtfertigt (iSv sittenwidrig) erscheinen lassen (4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 98/14m, Feeling/Feel II ).
Dass es sich dabei um einen Popularantrag handelt, ist in der Lehre und Rechtsprechung vollkommen unbestritten.
2.2. Der Tatbestand ist autonom und richtlinienkonform auszulegen ( Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 296 mwN der Rechtsprechung des BGH; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 900), wobei der EuGH betont, dass alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (C 529/07, Goldhase III, Rn 37 ff).
2.3. Bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens als Marke vorliegen, insbesondere die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet, die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern sowie der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (4 Ob 261/16k mwN).
Selbst wenn vom Fehlen eines generellen Benutzungswillens ausgegangen wird, ist damit noch nicht ohne Weiteres der Tatbestand des § 34 MSchG erfüllt. Vielmehr unterliegt es grundsätzlich der unternehmerischen Entscheidungfreiheit jedes Markeninhabers, ob und inwieweit er seine Marke letztlich benutzt. Eine Nichtbenutzung kann zwar unter bestimmten Voraussetzungen der Geltendmachung von Rechten aus der unbenutzten Marke entgegenstehen und zu deren Löschung führen (vgl § 33a MSchG), begründet aber für sich allein noch kein wettbewerbliches Unwerturteil ( Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz 13 § 8 Rz 1055).
2.4. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass die Löschung der Marke wegen sittewidriger Behinderungsabsicht im Wettbewerb eines bereits das Zeichen nutzenden Dritten (hier die Antragstellerin) zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr bestehen muss.
3.1. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (C 191/11 P, Yorma’s, Rn 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rn 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; RS0121500 [T4]; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 10 Rz 397 ff mwN). Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Unterscheidungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RS0121482). So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon ). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at ).
3.2. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 10 Rz 416 mwN). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (4 Ob 61/90, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rn 26).
3.3.1. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, Wortbild und Wortsinn Bedacht zu nehmen (RS0117324, RS0066753 [T9]; C 251/95, Sabel/Puma ). Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Klang, Bild oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Entscheidend ist der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RS0117324).
Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp, ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rn 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rn 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64; 17 Ob 23/07t, Henson; Om 6/11, revölution; RS0117324 [T7]; 4 Ob 25/05p, Zorro; Om 9/04, McCruise ).
3.3.2. Nicht schützbare oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest ; RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ; OLG Wien 133 R 6/19h, Cappuccino ).
3.4. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RS0066779). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, P reishammer ; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara ; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More ).
3.5. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel ; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax ; zuletzt 4 Ob 199/18w, Granny‘s ; RS0079033).
Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack Jones ; RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel ; 17 Ob 32/08t, Jukebox ; RS0079033 [insb T26]).
Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04, Thomson life ) kann – mit der übereinstimmenden ständigen nationalen Rechtsprechung des OGH – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal unterscheidungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t, Jukebox ; Om 12/10, PeakZero ; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax ; 4 Ob 138/12s, Flüüügel ).
4. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr insgesamt zu verneinen.
4.1. Nach den Feststellungen wurde der Antragstellerin die Zulassung für den Satellitenrundfunk ab Juni 2002 für das Bundesgebiet erteilt. Das Programm umfasst ein Mode-Spartenprogramm unter dem Programmnamen „Fashion-TV“. Es werden täglich Sendungen zum Thema Mode verbreitet. Im Jahr 2013 wurde von der Antragstellerin ein Fernsehsender bei der Kabelanbieterin „UPC Kabel“ und in A1-TV eingespeist, wobei insgesamt ca 900.000 Haushalte in Österreich erreicht wurden. Die angegriffene Marke wurde für die Dienstleistung „Ausstrahlung von Fernsehprogrammen“ registriert. Es liegt daher Identität der Dienstleistungen vor.
4.2. Diese Dienstleistungen sind solche des täglichen Bedarfs, daher ist der Grad der Aufmerksamkeit ihres Adressaten, der entweder Endverbraucher oder Fachmann (beispielsweise Unternehmer in der Modebranche) bei ihrer Inanspruchnahme durchschnittlich hoch ( Schumacher in Kucsko/Schumacher marken.schutz 3 § 10 Rz 426).
4.3. Die beiden einander gegenüberstehenden Zeichen stimmen im Wortklang und in der Bedeutung überein.
Der Begriff „Fashion TV“ besteht aus den beiden dem englischen Wortschatz entstammenden Wortbestandteilen „Fashion“ und „TV“, welche beide vom relevanten inländischen Verkehrskreis verstanden werden und in die deutsche Sprache Eingang gefunden haben. Der Begriff „Fashion“ wird im Deutschen mit „Mode“ oder „gepflegter Lebensstil“ übersetzt (vgl https://www.duden.de/rechtschreibung/Fashion) während „TV“ als „Fernsehen“ oder „Fernsehgerät“ verstanden wird. Die Verbindung beider Worte hat keine hinreichende originäre Unterscheidungskraft. Unter „Fashion TV“ wird der Durchschnittskunde keinen Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstehen, sondern darin den bloßen beschreibenden Hinweis auf einen über das Verbreitungsmedium Fernsehen ausgestrahlten Sender mit Sachbezug zur Modewelt erblicken. Dies liegt schon deshalb nahe, weil dem angesprochenen Verkehr zusammengesetzte Begriffe mit den jeweiligen Wortbestandteilen „fashion“ und „TV“ geläufig sind (z. B. fashion-store; TV-Moderator, TV-Programm). Anhaltspunkte für eine Verkehrsgeltung der Bezeichnung „Fashion TV“ liegen nicht vor. Die Nichtigkeitsabteilung führte im Rahmen der Beweiswürdigung aus, dass die Antragstellerin den Nachweis der Verkehrsgeltung nicht erbracht habe, weil sich aus den Urkunden weder die tatsächliche Ausstrahlung des Programms noch die Sendezeit oder die Einschaltsquoten ergeben würden.
Im vorliegenden Fall ist also der Wortbestandteil des Zeichens für den Gesamteindruck nicht maßgebend, weil der Begriff „Fashion TV“ gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG für die beanspruchte Dienstleistung nicht originär unterscheidungskräftig ist.
4.4. Ausgehend von diesen Überlegungen ist zum Bildbestandteil der beiden Zeichen auszuführen:
In der angegriffenen Marke wird der Buchstabe „A“ des Wortes „Fashion TV“ durch die stilisierte Darstellung einer modisch bekleideten Frau in der Pose eines Mannequins ersetzt. Die Art der Körperhaltung, insbesondere die Art der Stellung der Beine erinnert an den Buchstaben „A“. Der Begriff „Fashion“ ist in schwarzer Farbe ausgeführt, die Bezeichnung „TV“ in einem helleren Grauton.
Nach den Feststellung der Nichtigkeitsabteilung wird die Bezeichnung „Fashion TV“ von der Antragstellerin nicht als Wort in Alleinstellung, sondern immer mit einem markanten Logo in der Form eines fünfeckigen geometrischen Elements verwendet. Unstrittig blieb die bildliche Darstellung des verwendeten Fünfecks, das eingangs der Entscheidung bereits wiedergeben wurde. Das Fünfeck, in dessen Mitte sich ein kleingeschriebenes „f“ mit einem Punkt befindet, erinnert an einen stilisierten Diamanten, der wohl die Exklusivität des Programms oder seines Inhalts andeuten soll.
Vergleicht man die beiden Bildelemente, so kann festgestellt werden, dass damit ein ausreichender Abstand der beiden Zeichen zueinander geschaffen wird und die beiden Zeichen nicht verwechselbar ähnlich sind. Der Grundsatz, dass bei Wortbildmarken in der Regel der Wortbestandteil maßgebend ist, gilt – wie oben bereits dargelegt – nur für solche Wortbestandteile, die unterscheidungskräftig sind und damit den Gesamteindruck des Zeichens maßgebend mitbestimmen; andernfalls wird die Aufmerksamkeit des angesprochenen Publikums von den nicht schützbaren Wortbestandteilen zwangsläufig auf die bildlichen Bestandteile des Zeichens hingelenkt (RS0066779 [T9, Wunderbaum ]; OLG Wien, 133 R 6/19h, Cappuccino ). In einer Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr ist daher nicht davon auszugehen, dass das Publikum über die Herkunft der beanspruchten Dienstleistung irren wird (vgl dazu auch EUIPO B 2 693 011).
4.5. Im vorliegenden Fall liegt zwischen dem von der Antragsstellerin verwendeten Zeichen und der angegriffenen Marke in einer Gesamtbetrachtung keine Verwechslungsgefahr vor, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Antragstellerin durch die Benützung der angegriffenen Marke daran gehindert sein könnte oder es ihr dadurch unmöglich gemacht würde, ihre Leistungen auf dem Markt anzubieten oder entsprechend zur Geltung zu bringen.
5. Verletzung von Loyalitätspflichten:
5.1. Sittenwidrig ist ein Markenrechtserwerb dann, wenn der Erwerber – in welcher Weise auch immer – zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines anderen, der das Zeichen schon gebraucht hat, verpflichtet ist oder war, dessen ungeachtet jedoch das Markenrecht an diesem oder einem ähnlichen Zeichen für gleiche oder gleichartige Waren ohne Zustimmung des bisherigen Benützers erwirbt (zur Agentenmarke nach § 30a MSchG etwa 4 Ob 398/77, Thermo-Schutz-Roll ; ÖBl 1983, 50, Purocel ; 4 Ob 21/95, Die Mooskirchner ; ÖBl 1997, 289, Health Mate ; ecolex 1998, 147, Spinnrad II ; ÖBl 1998, 229, Nintendo ; RS0066842). Auch hier muss daher grundsätzlich Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen vorliegen.
5.2. An verschiedenen Stellen in der Berufung beruft sich die Antragsstellerin – gestützt auf die Vereinbarung ./J – auf die Verletzung von Loyalitätspflichten durch die Anmelderin oder die nunmehrige Antragsgegnerin.
5.3. Die NA stellte fest, dass zwischen NN, der B* Entertainmet und der „ FTV BVI Ltd. and related Companies ‚FTV‘“ 2005 ein Lizenzvertrag geschlossen wurde, in dem NN und die B* Entertainment eine Lizenz für Teile des asiatischen Markts erteilt mit dem Inhalt erteilt wurde: „ Includes the exclusive right to sell advertising on ‚Fashion TV‘ in the territory as well as the master franchise for ‚FTV Cafes‘ in the Republic of the Phillipines “. Ausgehend von Punkt 9 der ./J („memorandum of unterstandig“) – die vom Berufungsgericht ohne weiteres der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden darf (vgl RS0121557 [T3]) wurde vereinbart, dass es der B* Entertainment (BVT) Ltd. nicht erlaubt ist, „ to register any trademarks of names of FTV or trade names used by FTV “.
Nach den erstinstanzlichen Feststellungen war diese Zusammenarbeit ca 2010/2011 beendet. Die Vereinbarung bezog sich auf einen Teil des asiatischen Raums. Die angegriffene Marke wurde am 20.8.2013 zur Eintragung angemeldet.
5.4.1. Für die Auslegung einer Urkunde ist deren Wortlaut allein maßgeblich, solange nicht behauptet und bewiesen wird, dass aufgrund außerhalb der Urkunde liegender Umstände sich ein übereinstimmender Parteiwille oder ein vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichender objektiver Sinn der Erklärung ergibt (2 Ob 46/05m mwN; 2 Ob 203/08d; 2 Ob 11/10x; RS0043422 [T6 und T13]). Beides wurde im vorliegenden Fall nicht behauptet, weshalb der Wille der Vertragsparteien durch Auslegung der schriftlichen Vereinbarung ./J zu ermitteln ist.
5.4.2. Maßgebliche Auslegungskriterien des § 914 ABGB sind der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung und die Absicht der Parteien. Unter der „Absicht der Parteien“ ist die dem Erklärungsgegner erkennbare und von ihm widerspruchslos zur Kenntnis genommene Absicht des Erklärenden zu verstehen (2 Ob 11/10x; 2 Ob 212/08b mwN). Absicht im Sinne des § 914 ABGB bedeutet nicht irgendeinen unkontrollierbaren Willen einer Partei, sondern den Zweck der Regelung, den beide Teile redlicherweise unterstellen mussten (3 Ob 125/05m mwN uva).
5.5. Ausgehend davon ist auszuführen, dass diese Vereinbarung keinen Anhaltspunkt dafür liefert, dass das vereinbarte Verbot über seine örtliche Begrenzung hinaus gelten sollte. Außerdem kann der Vereinbarung nicht unterstellt werden, dass dieses Verbot auch noch nach mehrjähriger Beendigung der Zusammenarbeit – noch dazu für Markenanmeldungen in nicht verwechselbarer Form – gelten soll. Ein bösgläubiger Markenrechtserwerb der Anmelderin kann daraus nicht abgeleitet werden.
6. Markenpiraterie:
6.1. Eine Markenanmeldung ist auch dann bösgläubig, wenn sie ohne eigene Benutzungs- oder Vermarktungsabsicht erfolgt, sondern hauptsächlich dazu dient, dritte Unternehmen, die später gleiche oder ähnliche Zeichen nutzen, auf Unterlassung und Zahlung in Anspruch zu nehmen. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Anmelder ohne konkrete Geschäftsbeziehung mit potentiellen Nutzern eine Vielzahl von Marken mit geringer oder fehlender Unterscheidungskraft anmeldet, nur ein geringer Teil dieser Anmeldungen tatsächlich zu einer Registrierung führt und ein realistisches Geschäftsmodell für eine über das Geltendmachen von Unterlassungs- und Zahlungsansprüchen hinausgehende Nutzung dieser Marken nicht erkennbar ist (RS0129667).
6.2. Im Zusammenhang mit der angegriffenen Marke brachte die Antragstellerin vor, dass NN unter dem Zeichen „F* One“ auch im österreichischen Raum seit 2010 einen Modekanal ausgestrahlt habe. Dieses Modeprogramm sei auch noch im Jahr 2013 ausgestrahlt worden. Schließlich habe das Handelsgericht Wien am 21.1.2014 zu 29 Cg 8/14t – also rund ein halbes Jahr nach der Markenanmeldung – der F* One Television Ltd (einem mit NN verbundenen Unternehmen) verboten, das Zeichen „F* One“ im Gebiet der Europäischen Union für das Ausstrahlen eines Modekanals weiter zu verwenden. Die F* One Television Ltd habe um einen „Gegenschlag zu führen“ die vorliegende Marke angemeldet. Die NA stellte weiters fest, dass NN in der Vergangenheit Lizenznehmer von „Fashion TV“ für einen Teil des asiatischen Raums war (vgl auch oben Punkt 5.2.2.).
Ausgehend von den Feststellungen und dem Vorbringen der Antragstellerin stehen die Antragstellerin und die mit ihr verbundenen Unternehmen und NN (und die mit ihm verbunden Unternehmen) im Wettbewerb auf dem österreichischen Markt von Fernsehprogrammen, die sich dem Thema Mode widmen, was sich auch in zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen widerspiegelt (vgl dazu beispielsweise ./M und ./8). Selbst wenn NN der Drahtzieher hinter der Markenanmeldung gewesen sein sollte, so liegt in Anbetracht der von der Antragstellerin behaupteten wirtschaftlichen Tätigkeit (Ausstrahlen eines Modekanals) von NN (oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens wie der F* One Television Ltd) im Zeitpunkt der Markenanmeldung nicht auf der Hand, dass die vorliegende Marke im Zeitpunkt ihrer Anmeldung von ihm ohne Benutzungswillen angemeldet worden sein soll um hauptsächlich Unterlassungs- und Zahlungsansprüche gegen Dritte die ein gleiches oder ähnliches Zeichen nutzen wollen, durchzusetzen. Dass die Marke später nicht verwendet worden sei, kann zwar auf eine Bösgläubigkeit bei Markenanmeldung hindeuten, angesichts des behaupteten Tätigkeit von NN ist dies aber kein ausreichendes Indiz dafür. Gleiches gilt für die Behauptung, dass die angegriffene Marke in einem einzigen Verfahren vor dem EUIPO (B2 693 011) in einem Widerspruchsverfahren entgegengehalten worden sei. Auch daraus kann nicht auf eine bösgläubige Markenanmeldung geschlossen werden. Die Antragstellerin behauptet schließlich auch gar nicht, dass von der Anmelderin oder NN oder mit ihm verbundenen Unternehmen eine Vielzahl von Marken mit einem umfangreichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis beim ÖPA angemeldet worden seien. Die vorliegende Marke wurde schließlich nur für eine einzige Dienstleistung angemeldet.
Soweit die Antragstellerin daher Feststellungen zum Inhalt der Entscheidung der Großen Kammer des EUIPO vom 11.2.2020 (./L) vermisst, fehlt es ihnen an Relevanz. Selbst wenn NN eine Vielzahl von Marken angemeldet und eine Vielzahl von Verfahren eingeleitet hätte, lässt sich – ausgehend von den obigen Überlegungen – daraus kein Schluss ziehen, dass auch die vorliegende Marke ohne Benutzungswillen und hauptsächlich zum Zweck Unterlassungs- und Zahlungsansprüche gegen Dritte gelten zu machen von NN angemeldet wurde.
7. Zur Beweislast :
Die Antragstellerin moniert, dass es Sache der Antragsgegnerin gewesen wäre, zu beweisen, dass die vorliegende Marke nicht in der Absicht erworben worden sei, um die Antragstellerin bei der Verwendung ihres Zeichens zu stören.
Dazu ist auszuführen, dass grundsätzlich bei identischer Verwendung des bekannten Kennzeichens die Unlauterkeit häufig zu vermuten sein wird. Auch bei Verwendung eines der bekannten Marke ähnlichen Zeichens werden unlautere Motive zu vermuten sein, weil die Möglichkeit einer Rufausbeutung auf der Hand liegt. Für die Behauptungs- und Beweislast des Verletzers spricht auch, dass Art 9 Abs 1 lit c GMV und § 10 Abs 2 MSchG ausdrücklich von einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung „ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise“ sprechen. Das erlaubt den Schluss, dass Rufausbeutung, Rufbeeinträchtigung und Verwässerung bekannter Marken grundsätzlich die Rechtswidrigkeit indizieren und dass diese nur entfällt, wenn der Verletzer besondere Umstände geltend macht, die sein Verhalten rechtfertigen (RS0120365).
Die vorliegende Marke ist weder ident noch verwechselbar ähnlich, sodass die Antragsgegner schon aus diesem Grund nicht die Beweislast trifft.
8. Soweit die Antragstellerin noch vorbringt, dass die Antragsgegnerin keine Erklärung abgegeben habe, welcher wirtschaftliche Zweck der Zession zugrunde lag, mit der sie die angegriffene Marke erworben hat, kommt es darauf nicht an, weil § 34 MSchG nur auf die Anmeldung einer Marke und nicht auf deren späteren Erwerb abstellt (vgl 4 Ob 252/16m).
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO.
10. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO.
Der Entscheidungsgegenstand ist vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000 (vgl 4 Ob 66/18m ua).
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung eine erhebliche Bedeutung zukommt.