JudikaturOLG Wien

33R78/22s – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
13. September 2022

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke Gams-Kas-Krainer über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 19.7.2022, AM 22494/2021 5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragt die Eintragung der Wortmarke Gams-Kas-Krainer für die Waren der Klasse 29 Fleisch und Fleischerzeugnisse.

Mit Beschluss vom 19.7.2022 lehnte die Rechtsabteilung des Patentamts die Eintragung mit der wesentlichen Begründung ab, die beteiligten Verkehrskreise würden das angemeldete Zeichen nur als selbsterklärenden Hinweis dahingehend sehen, dass es sich bei den so bezeichneten Waren um Käse-Krainer-Produkte handle, die aus Gamsfleisch hergestellt sind. Dabei werde der Mundart-Begriff „Kas-Krainer“ unschwer als „Käse-Krainer“ verstanden. Ebenso sei das Wort „Gams“ für „Gämse“ bekannt und gängig. Als ausschließlich beschreibende Angabe sei das Zeichen nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG von der Registrierung ausgeschlossen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, die Eintragung der Wortmarke „Gams-Kas-Krainer“ in das Markenregister zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Nach Ansicht der Antragstellerin sei die Wortmarke Gams-Kas-Krainer ein Kunstwort. Nur der Begriff „Krainer“, nicht aber die mundartlichen Worte „Gams“ und „Kas“ würden in der deutschen Sprache existieren. Die als Gams-Kas-Krainer bezeichneten Waren seien Fleischerzeugnisse, deren Fleisch von Gämsen stamme. Das sei für die beteiligten Verkehrskreise nicht selbsterklärend aus dem Zeichen abzuleiten.

2. Nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Eine Marke ist beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und sie daher als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung, nicht jedoch als Herkunftsangabe verstehen (RS0109431). Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise „sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen“ herstellen können (EuGH C 326/01 P, Universaltelefonbuch , Rn 33; C 494/08 P, Pranahaus , Rn 29; vgl auch OLG Wien 33 R 11/22p, Truck Buddy ). Lässt sich die Beziehung zwischen Ware und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, dann ist die Registrierung des Zeichens ebenso erlaubt wie wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Ware, der Art ihrer Herstellung oder ihrer Zweckbestimmung handelt (RS0066456; RS0109431; RS0090799).

3. Beteiligte Verkehrskreise sind alle Personen, die als Erwerber der Ware in Betracht kommen, also der Handel und der normal informierte und angemessen aufmerksame verständige Durchschnittsverbraucher (4 Ob 78/18a; 4 Ob 49/14f; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 4 Rz 61 je mwN). Das Registrierungshindernis besteht schon dann, wenn das Zeichen in nur einem der angesprochenen Verkehrskreise als beschreibender Hinweis auf die bezeichneten Waren verstanden wird, auch wenn diese Ansicht in anderen Verkehrskreisen nicht geteilt wird. Das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen kann das Registrierungshindernis auch dann bewirken, wenn es sich dabei um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt (4 Ob 77/15z; 4 Ob 126/15f; OLG Wien 133 R 64/18m; OLG Wien 33 R 117/21z).

4. Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken, weshalb die Schutzfähigkeit zu verneinen ist, wenn sie nur eine Aussage über die Ware selbst enthalten, die sie beschreiben (RS0122385 [T1]). Eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, hat selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (4 Ob 78/18a).

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Zeichen der Antragstellerin ausschließlich beschreibend im Sinn von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG.

5.1. Zumindest ein Großteil der österreichischen Bevölkerung wird die Wortkonstruktion Gams-Kas-Krainer zwanglos und ohne weitere Schlussfolgerung als Bezeichnung einer Käsekrainer verstehen, deren Wurstanteil mit Gämsenfleisch hergestellt ist. Da die Eintragung für die Klasse Fleisch und Fleischerzeugnisse beantragt wird, liegt eine glatte Beschreibung der bezeichneten Ware vor. Daran ändern auch die Trennung der einzelnen Wortbestandteile durch Bindestriche und die Verwendung von Dialektausdrücken („Gams“ und „Kas“) nichts; auch Österreicher, die nicht im Dialekt sprechen, werden die Wörter „Gams“ und „Kas“ ohne Zweifel als „Gämse“ und „Käse“ verstehen.

5.2. Die Argumente der Antragstellerin überzeugen nicht:

Mit der Behauptung, es handle sich um ein „Kunstwort“ bezieht sie sich auf die Rechtsprechung, wonach bloße Andeutungen über die Beschaffenheit des zu kennzeichnenden Gegenstands keine Deskriptivität begründen, solange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprachüblicher oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen (vgl RS0066456). Das Zeichen enthält aber nicht nur phantasiehafte Hinweise auf das dahinterstehende Fleischerzeugnis.

Die beteiligten Verkehrskreise würden das Zeichen auch dann als Beschreibung eines Fleischerzeugnisses verstehen, wenn sie die Komponente „Gams“ nicht als Hinweis auf den Gamsfleischbestandteil, sondern dahin interpretieren würden, dass der Käseanteil der Käsekrainer aus Gamsmilch hergestellt wurde.

6. Ob ein Begriff rein beschreibend ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl 4 Ob 78/18a; 4 Ob 16/15d). Aus diesem Grund war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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