JudikaturOLG Wien

33R55/22h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 2022

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen der Eintragung der Wortbildmarke Gesundheitszentrum Thermenland über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamtes vom 31.3.2022, AM 547/2020 5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidung wird in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 41, 43 und 44 bestätigt.

Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 45 wird die Entscheidung dahin geändert, dass das Zeichen für diese Dienstleistungen zu registrieren ist.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortbildmarke

für die Dienstleistungen der Klassen

Mit Beschluss vom 31.3.2022 lehnte das Patentamt die Eintragung im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass weder die einzelnen Bestandteile des Zeichens noch die übliche Zusammenstellung dieser Einzelbestandteile in ihrer Gesamtheit unterscheidungskräftig seien. Sie würden von den Verkehrskreisen nicht als individualisierendes Unternehmenskennzeichen wahrgenommen. Beim Begriff „Thermenland“ handle es sich um eine geografische Beschreibung jener Region in der Oststeiermark, die von den dort befindlichen Thermen geprägt sei. Auch in Bezug auf die gegenständlichen Dienstleistungen würden die Verkehrskreise in diesem Begriff somit nur einen örtlich beschreibenden Hinweis auf den Erbringungs- und Angebotsort der so bezeichneten Dienstleistungen sehen. Ohne eine besondere Schlussfolgerung und Gedankenoperation würden die Verkehrskreise die Wortbestandteile des Zeichens sofort als Hinweis auf eine Gesundheitseinrichtung im Thermenland verstehen. Die bildliche Gestaltung erschöpfe sich in der Verwendung der Schriftfarben blau und schwarz in unterschiedlichen Schriftgrößen sowie in der Abbildung des weißen Stethoskops in einer blauen Raute. Auch diese grafische Gestaltung werde am Markt keinen nachhaltigen Eindruck erzielen.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Zeichen im beantragten Umfang einzutragen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

1. Nach Ansicht des Antragstellers sei der Gesamteindruck für die Beurteilung der Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens maßgeblich. Schon auf Grund des Wortbestandteiles „Gesundheitszentrum Thermenland“ sei das Zeichen hinreichend unterscheidungskräftig; überdies liege auch eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende grafische Gestaltung vor. Nicht nachvollziehbar sei es, dass das Patentamt einerseits auf die von ihm exemplarisch zitierten Zeichen eingeht und diesen allesamt weitere Bestandteile zugesteht, die eine Registrierung rechtfertigen, andererseits aber dann bei der Beurteilung sein Zeichen in alle seine Einzelbestandteile zerlege, um ihm die Originalität abzusprechen. In Bezug auf die Dienstleistungsklassen 43 und 45 könne dem Zeichen die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

2.1 Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht 4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), also jene des Handels und der normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RS0079038 [T1]; RS0114366 [T5]; Asperger, aaO Rz 64 65; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73).

2.2 Ein Registrierungshindernis besteht schon dann, wenn das Zeichen in nur einem der angesprochenen Verkehrskreise als beschreibender Hinweis auf die bezeichneten Waren und Dienstleistungen verstanden wird, auch wenn diese Ansicht in anderen Verkehrskreisen nicht geteilt wird (4 Ob 77/15z, Amarillo; 4 Ob 126/15f, Bukhara; OLG Wien 34 R 147/15k, Skyr; 34 R 61/14m, Kärntner Grantnguglhupf; 34 R 12/14f, Nero ). Das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen kann das Registrierungshindernis auch dann bewirken, wenn es sich dabei um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt (4 Ob 126/15f, Bukhara; OLG Wien 133 R 64/18m, Kanta ).

Enthält das Zeichen dagegen nur Andeutungen, ohne die Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht „rein beschreibend”. Dass Zeichen „auch beschreibend” sind, steht ihrer Unterscheidungskraft nicht entgegen (4 Ob 237/01h, Drivecompany; 17 Ob 27/07f, laendleimmo.at; 4 Ob 102/12x, My TAXI ).

2.3 Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) und bei Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RS0066456; 4 Ob 26/93, Smash ).

Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge oder Wortkombination zumindest in einer der möglichen Bedeutungen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa C 191/01 P, Doublemint, Rn 32, und C 363/99, Postkantoor, Rz 97; 4 Ob 7/05s, car care ).

3. Auf dieser Grundlage fehlt dem Zeichen des Antragsstellers die Unterscheidungskraft, wobei vorweg auf die zutreffende Begründung des Patentamts hingewiesen werden kann (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).

3.1 Vorausgeschickt werden kann auch, dass dem Bildanteil im angemeldeten Zeichen keine Kennzeichnungskraft zukommt, weil sich die grafische Gestaltung in einem eindeutig erkennbaren weißen Stethoskop in einer blauen Rautenform erschöpft und die gewählte Schriftart sowie die verwendeten Farben herkömmlich sind. Die beteiligten Verkehrskreise werden darin keine einprägsame grafische Ausgestaltung erkennen.

Ungeachtet davon ist der Bildanteil des Zeichens im Verhältnis zum Gesamteindruck derart geringfügig, dass von einer einprägsamen bildlichen Komponente nicht gesprochen werden kann.

3.2 Die Unterscheidungskraft einer Wortverbindung/Wortkombination hängt davon ab, ob sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Dienstleistungen oder das Unternehmen zu bezeichnen oder dessen wesentliche Merkmale wiederzugeben. Die Verbindung/Kombination von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Zusammensetzung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Dienstleistung oder das Unternehmen zu bezeichnen (4 Ob 186/03m, djshop ). Es sind sämtliche Bestandteile und diese wiederum als Ganzes zu betrachten (C 64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit, Rz 27 f; Koppensteiner, Markenrecht 4 77 f mwN).

Somit hängt die Registrierbarkeit der Wortbildmarke davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die beanspruchten Dienstleistungen oder deren Eigenschaften verstehen (RS0109431).

Adressierte Verkehrskreise sind hier alle Interessenten und Abnehmer für die beantragten Dienstleistungen, also nicht nur die Fachkreise, sondern auch die normal informierten angemessen aufmerksamen verständigen Durchschnittsverbraucher (RS0079038).

3.3 Die Wortkombination „Gesundheitszentrum Thermenland“ wird als beschreibend sowie gleichzeitig als sachlicher und geografischer Hinweis auf eine bestimmte (Tourismus )Region mit vielen Thermen, die wiederum in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem körperlichen und seelischen Wohlbefinden (= Gesundheit) stehen, verstanden.

Die beantragten Dienstleistungen in den Klassen 41, 43 und 44 stehen mit diesem (beschreibenden) Verständnis in einem unmittelbaren – auch thematischen – Zusammenhang.

3.4 Bezogen auf die Dienstleistungen der Klasse 45 (Abfassung juristischer Dokumente für Dritte; Dienstleistungen eines Rechtsbeistandes; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten) fehlt dieser unmittelbare Zusammenhang. Die Frage, ob und wie diese Dienstleistungen mit einem „Gesundheitszentrum Thermenland“ zusammenhängen, wird einen Nachdenkprozess auslösen. Weder „Gesundheitszentrum“ noch „Thermenland“ noch die Kombination dieser Begriffe wird mit diesen Dienstleistungen in Verbindung gebracht werden, bei denen der geografische (Tourismus )Bezug und der thematische (Gesundheits )Bezug (verstärkt durch die Abbildung eines Stethoskops) nicht nahe liegen (vgl dazu auch 4 Ob 49/14f, My Taxi II und 4 Ob 153/21k, My Flat ).

Im Ergebnis ist daher die angefochtene Entscheidung überwiegend nicht, sondern nur in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 45 korrekturbedürftig.

4. Da die Entscheidung keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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