JudikaturOLG Wien

33R33/22y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
04. Juli 2022

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, den Richter Dr. Schober und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Dr. Jagetsberger in der Markenschutzssache der Antragstellerin A***** , vertreten durch Dr. Christoph Völk, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin G***** , vertreten durch Metzler Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Löschung der Wortmarke SPUCKSCHUTZ (AT 206146) über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 22.10.2021, Nm 34/2020 6, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Die mit der Berufung vorgelegte Urkunde wird zurückgewiesen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 3.076,92 (darin EUR 512,82 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Text

1. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Wortmarke

SPUCKSCHUTZ

(registriert seit 27.9.2002 unter AT 206146), eingetragen für die Waren der Klasse 20 (Vitrinen) und die Dienstleistungen der Klasse 35 (Verkaufsförderung, Waren- und Dienstleistungspräsentationen).

2. Die Antragstellerin beantragte am 29.6.2020 die Löschung dieser Marke nach § 33 iVm § 4 Abs 1 Z 3, 4 und 5 MSchG und zuletzt auch die Löschung nach § 33b MSchG mit dem wesentlichen Vorbringen, dem Zeichen fehle die Unterscheidungskraft für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen und der Bergriff sei eine Gattungsbezeichnung geworden. „Spuckschutz“ sei eine Standardbezeichnung im Bereich des Hygieneschutzes, insbesondere im Bereich der Lebensmittelhygiene. Diese Bezeichnung finde in den Branchen der Lebensmittelherstellung und verarbeitung, im Lebensmittelverkauf sowie in der dazugehörenden Herstellungsindustrie regelmäßig Verwendung. Auch in den Medien sei oft als Sammelbegriff von Vorrichtungen im Bereich des Hygieneschutzes geläufig. Die angesprochenen Verkehrskreise würden unter dem Zeichen ausschließlich eine Abschirmvorrichtung verstehen, die zumeist aus Glas oder Kunststoff gefertigt werde und damit geeignet sei, vorrangig die dahinter befindlichen Waren vor Körperflüssigkeiten sowie vor ungehindertem Kontakt zu schützen, dies vor allem unter Anbetracht des seit Anfang 2020 in ganz Europa aufgekommenen Infektionsgeschehens mit dem Covid-19-Virus und der sich daraus ergebenden Verwendungsbedürftigkeit des Gattungsbegriffs „Spuckschutz“ als beschreibende Bezeichnung im Bereich des Infektionsschutzes.

3. Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, dass sie das Zeichen seit über 18 Jahren unbehelligt und ungestört benutze. Der in der Corona-Krise aufgekommene Schutz vor Kontaminationen sei nur ein völlig untergeordneter Partikularzweck der von ihr vertriebenen Vitrinen und der von ihr erbrachten Dienstleistungen. Das Zeichen sei ohnedies nicht für die in der Corona-Krise vielfach verwendeten Trennschutzwände eingetragen. SPUCKSCHUTZ sei weder für Vitrinen noch für Dienstleistungen zur Verkaufsförderung beschreibend oder gar ein Gattungsbegriff. Für Corona-Trennschutzwände gäbe es andere Bezeichnungen, wie etwa „Hygiene-Schutzglas“, „Hygiene-Schutzscheibe“, „Hygiene-Schutzwand“, etc. Das Zeichen werde sowohl für die Klasse 20 als auch für die Dienstleistungsklasse 35 kennzeichenmäßig und ernsthaft seit ihrer Eintragung im Jahre 2002 ununterbrochen benutzt. Der Begriff „Spuckschutz“ diene als originelle, einprägsame Kennzeichnung der damit bezeichneten Vitrinen. Niemand würde ausschließlich die Art der geschützten Vitrinen und die Art der Dienstleistungen damit in Verbindung bringen. „Spuckschutz“ gehöre nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch an und werde im Verkehr nicht regelmäßig verwendet.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das Patentamt dem Löschungsantrag statt und sprach aus, dass die Marke AT 206146 mit Wirksamkeit des Datums ihrer Registrierung gelöscht werde.

Rechtlich folgerte es, dass dem Zeichen die Unterscheidungskraft fehle. Die Zeichenbestandteile seien sprachregelkonform miteinander verbunden, ohne dass durch die Kombination der Einzelbestandteile ein neuer, ungewöhnlicher und von der Summe der durch die Einzelbestandteile vermittelten Bedeutungen abweichender Gesamtsinngehalt entstehen würde. Die beteiligten Verkehrskreise (Verbraucher, Konsumenten, kommerzielle Kunden) würden im Zeichen sofort einen allgemeinen Hinweis darauf sehen, dass mittels der so bezeichneten Vitrinen die ausgestellten Waren vor Speichel, der etwa beim Reden, Niesen oder Husten ausgestoßen werde, geschützt werden. Das Bestreben, die ausgestellten Waren auch vor Speichel zu schützen, könne nicht als ein nur untergeordneter Partikularzweck von Vitrinen gesehen werden. Insbesondere im Bereich der Lebensmittelhygiene würden strenge Anforderungen an den Schutz der ausgestellten und zu verkaufenden Waren vor Kontaminationen jeglicher Art gestellt. Da in Bäckereien, Metzgereien, bei Lebensmittelhändlern uä ein ständiger Kundenfluss üblich sei, sei es notwendig, die ausgestellten Waren vor Spucke zu schützen, die etwa bei Gesprächen mit Kunden ausgestoßen werde. Die Dienstleistungen „Verkaufsförderung“ und „Waren-Präsentationen“ stünden damit in einem unmittelbaren Zusammenhang. Das Zeichen weise somit nicht nur in Bezug auf Corona-Trennschutzwände, sondern auch hinsichtlich der von der Antragsgegnerin beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen eindeutigen Sinngehalt auf und beschreibe nur den Zweck und den Gegenstand der so bezeichneten Waren und Dienstleistungen.

Bereits vor 18 Jahren haben die beiden Wörter dem allgemeinen Sprachgebrauch angehört und die Zusammensetzung habe keine eigentümliche Sprachneubildung entstehen lassen. Im Jahr 2020 habe sich durch die Corona-Pandemie zwar der Fokus speziell auf den Schutz vor Aerosolen in allen erdenklichen Formen gerichtet, jedoch sei der Schutz vor Speichel kein neuartiges Phänomen. Es sei davon auszugehen, dass die Verkehrskreise im Zeichen bereits zum Prioritätszeitpunkt kein individualisierendes Unternehmenskennzeichen gesehen haben.

Eine erworbene Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 2 MSchG lasse sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht ableiten. Die Zeitungsinserate betreffen eine regionale Berichterstattung im Bezirksblatt. Ob und in welchem Ausmaß eine österreichweite Medienberichterstattung stattgefunden habe, sei nicht ersichtlich. Ebenso ließen die Werbefolder sowie die KFZ-Beschriftung offen, wann, wo, wie und in welchem Ausmaß der Verkehrskreise vom Zeichen Kenntnis hätten erlangen können. Auch hinsichtlich des Websiten-Auszugs sei unklar, von wem und woher Zugriffe stattgefunden haben. Da bereits der Löschungsgrund des § 33 iVm § 4 Abs 1 Z 3 MSchG zum Erfolg führe, sei nicht mehr auf die weiteren Schutzausschließungsgründe des § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sowie den Löschungsgrund nach § 33b MSchG einzugehen.

5. Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Löschungsantrag abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

6. Die Zurückweisung der mit der Berufung vorgelegten Urkunde (Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 24.11.2021) erfolgte wegen des auch im Berufungsverfahren bestehenden Neuerungsverbots ( Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 482 ZPO Rz 1 ff).

7.1 Die Antragsgegnerin vertritt auch in der Berufung die Rechtsansicht, dass die Bezeichnung „Spuckschutz“ in den relevanten Verkehrskreisen nicht als ausschließlich beschreibend wahrgenommen werde. Der Schutz vor Speichelkontaminationen sei nur einer von vielen Verwendungszwecken, der durch die Marke geschützten Waren und Dienstleistungen. Selbst hinsichtlich dieses punktuellen Zwecks sei der Schutz vor einem intentionalen „Spucken“, also dem zielgerichteten Ausstoßen von Speichel, nur ein „ausgerissener“ Teilbereich. Dieser Teilbereich trete als Verwendungszweck der geschützten Waren und Dienstleistungen völlig in den Hintergrund.

Sie vertreibe unter anderem Schutzgläser aus Kunststoff in Form von Vitrinen oder Schutzwänden. Eine unkomplizierte Schlussfolgerung von „Spuckschutz“ auf Vitrinen, die von ihr vertrieben werden, sei nicht möglich. Der Begriff diene als originelle, einprägsame Kennzeichnung ihrer Waren und Dienstleistungen. Niemand würde allein mit dem Begriff ausschließlich die Art der damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen in Verbindung bringen. Es werde ein möglicher Verwendungszweck eines Produkts herangezogen, nämlich der Schutz vor Speichel durch die nunmehr verwendeten Hygiene-Schutzgläser wegen der Corona-Pandemie. Damit werde zu Unrecht vom Verwendungszweck auf die Marke geschlossen. Rechtlich hätte man von der Marke ausgehen und den Versuch anstellen müssen, ob isoliert vom Begriff „Spuckschutz“ ein Rückschluss auf die geschützten Waren und Dienstleistungen möglich sei. Diese Schlussfolgerung wäre ohne eine besondere Gedankenoperation nicht möglich gewesen. Somit sei die Marke weder in Bezug auf „Vitrinen“ noch in Bezug auf „Dienstleistungen zur Verkaufsförderung“ sowie „Waren- und Dienstleistungspräsentationen“ ausschließlich beschreibend. Das Zeichen habe eine ausreichende Unterscheidungskraft; eine Gattungsbezeichnung liege auch nicht vor.

7.2 Dem hielt die Antragstellerin entgegen, dass „Spuckschutz“ bereits zum Prioritätszeitpunkt eine im allgemeinen Sprachgebrauch verwendete Bezeichnung gewesen sei, die von den angesprochenen Verkehrskreisen als beschreibender Hinweis auf die Art oder den Zweck der Bestimmung der Waren und Dienstleistungen verstanden werde. Weder die Wortbestandteile noch das Wort an sich seien eine eigentümliche sprachliche Neubildung. Der Begriff sei auch eine Gattungsbezeichnung geworden, und das Zeichen sei auch aus diesem Grund zu löschen. Im Bereich des Hygieneschutzes, insbesondere im Bereich der Lebensmittelhygiene sei „Spuckschutz“ eine übliche Bezeichnung für eine Reihe von Waren, vor allem zum Schutz vor einem Kontakt mit Körperflüssigkeiten. Das Zeichen sei als Herkunftsfunktion nicht geeignet, die damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen von Waren und Dienstleistungen Dritter zu unterscheiden.

Seit Ausbruch der weltweiten Corona-Pandemie Mitte 2020 habe sich „Spuckschutz“ zur maßgeblichen Bezeichnung von Trennschutzwänden aller Art im Hygieneschutz etabliert, die mit den Waren und Dienstleistungen der Antragsgegnerin hochgradig verwechselbar seien. Auf Grund der beschreibenden Funktion des Zeichens bestehe ein erhebliches Freihaltebedürfnis.

8.1 § 33 MSchG ist sehr allgemein gefasst und verleiht jedem das Recht, die Löschung einer Marke zu begehren, wenn sie nicht hätte eingetragen werden dürfen, wenn also ein von Amts wegen wahrzunehmender Grund der Eintragung entgegenstand. Dies bewirkt jedoch nicht, dass das Nichtigkeitsverfahren bloß eine Wiederholung des Eintragungsverfahrens ist, bei dem neuerlich in alle Richtungen zu prüfen ist, ob Eintragungshindernisse vorliegen.

Die Nichtigkeitsabteilung tritt nicht in die Rolle des Prüforgans ein, sondern führt ein kontradiktorisches Verfahren durch, das von der Parteienmaxime dominiert ist.

Die Antragstellerin ist grundsätzlich für das Fehlen der Registrierungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Anmeldung beweispflichtig ( Mutz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 33 Rz 8). Im Verfahren hat sie sich zunächst auf die Registrierungshindernisse (= Löschungsgründe) des § 4 Abs 1 Z 3, 4 und 5 MSchG berufen, wobei das Patentamt bereits die Schutzausschließung wegen des Fehlens der Unterscheidungskraft (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG) als gegeben erachtet hat.

Da sich die Berufung nur dagegen richtet (die Frage der Verkehrsgeltung nach § 4 Abs 2 MSchG wurde von der Antragsgegnerin nicht mehr releviert), ist eine allfällige Etablierung der Bezeichnung „Spuckschutz“ als maßgebliche Bezeichnung von Trennschutzwänden aller Art vor dem Hintergrund der weltweiten Corona-Pandemie nicht relevant.

8.2 Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht 4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), also jene des Handels und der normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RS0079038 [T1]; RS0114366 [T5]; Asperger, aaO Rz 64-65; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73).

8.3 Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Ein Zeichen ist nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RS0066456; RS0109431). Das Registrierungshindernis besteht schon dann, wenn das Zeichen in nur einem der angesprochenen Verkehrskreise als beschreibender Hinweis auf die bezeichneten Waren und Dienstleistungen verstanden wird, auch wenn diese Ansicht in anderen Verkehrskreisen nicht geteilt wird (4 Ob 77/15z, Amarillo; 4 Ob 126/15f, Bukhara; OLG Wien 34 R 147/15k, Skyr; 34 R 61/14m, Kärntner Grantnguglhupf; 34 R 12/14f, Nero ). Das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen kann das Registrierungshindernis auch dann bewirken, wenn es sich dabei um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt (4 Ob 126/15f, Bukhara; OLG Wien 133 R 64/18m, Kanta ).

Enthält das Zeichen dagegen nur Andeutungen, ohne die Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht „rein beschreibend” und auch ohne Verkehrsgeltung schutzfähig (RS0066456; RS0090799; RS0109431 [T31]). Dass Zeichen „auch beschreibend” sind, steht ihrer Unterscheidungskraft nicht entgegen (4 Ob 237/01h, Drivecompany; 17 Ob 27/07f, laendleimmo.at; 4 Ob 102/12x, My TAXI ).

8.4 Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) und bei Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RS0066456; 4 Ob 26/93, Smash ).

Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge oder Wortkombination zumindest in einer der möglichen Bedeutungen einen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa C 191/01 P, Doublemint, Rn 32, und C 363/99, Postkantoor, Rz 97; 4 Ob 7/05s, car care ).

9. Auf dieser Grundlage ist dem Zeichen der Antragsgegnerin bezogen auf den Prioritätszeitpunkt die Unterscheidungskraft abzusprechen, wobei vorweg auf die zutreffende Begründung des Patentamts hingewiesen werden kann (§ 141 PatG iVm § 40 MSchG und § 500a ZPO).

9.1 Die Unterscheidungskraft einer Wortverbindung/Wortkombination hängt davon ab, ob sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Waren/die Dienstleistungen oder das Unternehmen zu bezeichnen oder dessen wesentlichen Merkmale wiederzugeben. Die Verbindung/Kombination von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Zusammensetzung dieser Wörter kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware/die Dienstleistungen oder das Unternehmen zu bezeichnen (ÖBl 2002/25, Internetfactory; 4 Ob 186/03m, djshop ). Es sind nämlich sämtliche Bestandteile und diese wiederum als Ganzes zu betrachten (C 64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit, Rz 27 f; Koppensteiner, Markenrecht 4 77 f mwN).

Somit ist in Bezug auf das Registrierungshindernis des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG die Wortmarke SPUCKSCHUTZ dahingehend zu prüfen, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen oder deren Eigenschaften verstehen (RS0109431); dies bezogen auf den Prioritätszeitpunkt.

Adressierte Verkehrskreise sind hier alle Interessenten und Abnehmer für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, also nicht nur die Fachkreise (Großhandel, Einzelhandel etc), sondern auch die normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (RS0079038).

Die Bedeutung von „Spuckschutz“ und auch die Zusammensetzung der Wortbestandteile sind den adressierten Verkehrskreisen allgemein bekannt und werden auch eindeutig als Schutz vor Spucke oder dem Bespucken verstanden; so bereits auch zum relevanten Prioritätszeitpunkt. Es handelt sich auch um eine grammatikalisch richtig gebildete Wortzusammensetzung, die daher auch aus diesem Blickwinkel keine Prägnanz oder Originalität erzeugen kann.

Bezogen auf die Waren der Klasse 20 (Vitrinen) ist SPUCKSCHUTZ eine eindeutige Beschreibung eines Funktionsmerkmals von Vitrinen, nämlich als Schutzvorrichtung, die den Zweck hat, vor Spucke (oder vor jeglicher Kontamination von Körperflüssigkeiten) zu schützen. Ob es sich dabei um einen Partikularzweck handelt oder um einen allgemeinen Hinweis, ist deshalb nicht entscheidungsrelevant, weil damit nicht der im Vordergrund stehende beschreibende Charakter beseitigt wird. Da es eine (besondere) Eigenschaft und/oder die Wirkungsweise/Schutzfunktion der so bezeichneten Waren beschreibt, wird es ausschließlich als sachdienlicher/beschreibender Hinweis aufgefasst.

Das Wesen der eingetragenen Dienstleistungen der Klasse 35 steht mit dem Begriff zwar nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang. Jedoch werden die Dienstleistungen „Verkaufsförderungen“ sowie „Waren- und Dienstleistungspräsentationen“, die mit SPUCKSCHUTZ bezeichnet werden, mit dem Wesen des beschreibenden Begriffs in Verbindung gebracht und daher keinen Nachdenkprozess auslösen. Ein Nachdenkprozess ist nicht notwendig, um eine Verbindung zwischen dem Ausdruck „Spuckschutz“ und seiner Bedeutung und den hier eingetragenen Dienstleistungen herzuleiten. Die Verkehrskreise werden annehmen, dass die Dienstleistungen mit einer Schutzvorrichtung vor Spucke zu tun haben oder mit einer solchen in einem Zusammenhang stehen. Sie werden den Begriff als Information über die Natur der Waren und die Bestimmung der Dienstleistungen ansehen.

9.2 Im Ergebnis ist somit auch das Berufungsgericht der Auffassung, dass es sich hier um einen beschreibenden Hinweis handelt, der in dieser Form nicht nur für die Fachkreise, sondern auch für den Durchschnittskonsumenten unmittelbar erkennbar und verständlich ist (vgl etwa 4 Ob 191/14p, Bronchipret/Bronchiplant [für das Widerspruchsverfahren]; OLG Wien 133 R 137/17w ua, 133 R 137/17w ua, Bronchocold, Bronchoakut, Bronchonight ). SPUCKSCHUTZ wird in der Gesamtheit und im Einzelnen als sachbezogener Hinweis auf die Funktions- und/oder Wirkungsweise der so bezeichneten Waren und/oder der damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen verstanden.

Dem Zeichen hat daher bereits zum Zeitpunkt seiner Registrierung die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG gefehlt.

9.3 Die in der Berufung beispielhaft genannten Markenbegriffe, die der OGH nicht als ausschließlich beschreibend beurteilt hat, sind mit dem Zeichen der Antragsgegnerin weder vergleichbar noch haben diese Entscheidungen eine präjudizielle Wirkung (RS0125405 [Patent]; C 37/03 P, BioID, Rn 47; C 39/08 und C 43/08, Schwabenpost und Volks.Handy, Rn 39; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 71 ff mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 70).

Die Entscheidung des Patentamts bedarf somit keiner Korrektur.

10. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO.

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO.

Der Entscheidungsgegenstand ist vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000 (vgl 4 Ob 66/18m ua).

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung eine erhebliche Bedeutung zukommt.

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