JudikaturOLG Wien

33R11/22p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
13. Mai 2022

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke TRUCK BUDDY über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 13.10.2021, AM 31/2021-4, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie lautet:

« 1. Die Wortmarke „TRUCK BUDDY“ ist in das Markenregister für folgende Dienstleistungen einzutragen:

Klasse 36: Versicherungswesen; Schätzungen von Reparaturkosten [Wertermittlung];

Klasse 39: Verpackung und Lagerung von Waren.

2. Hingegen wird der Antrag auf Eintragung des Zeichens in das Markenregister hinsichtlich folgender Dienstleistungen abgewiesen:

Klasse 37 : Reparatur von Landfahrzeugen, Montage von Fahrzeugteilen [Installationsarbeiten]; Montage von Zubehör für Fahrzeuge [Installationsarbeiten], Installation von Sicherheitseinrichtungen in Fahrzeugen, Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen; Vermittlung der Reparatur von motorisierten Landfahrzeugen;

Klasse 39: Transportdienstleistungen; Dienstleistungen einer Spedition [Güterbeförderung]; Transportlogistik; Transportwesen.»

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin begehrt die Eintragung der Wortmarke

TRUCK BUDDY

für die Dienstleistungen der Klassen:

36 Versicherungswesen; Schätzungen von Reparaturkosten [Wertermittlung];

37 Reparatur von Landfahrzeugen, Montage von Fahrzeugteilen [Installationsarbeiten]; Montage von Zubehör für Fahrzeuge [Installationsarbeiten], Installation von Sicherheitseinrichtungen in Fahrzeugen, Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen; Vermittlung der Reparatur von motorisierten Landfahrzeugen;

38 Transportdienstleistungen; Verpackung und Lagerung von Waren; Dienstleistungen einer Spedition [Güterbeförderung]; Transportlogistik; Transportwesen.

Die Rechtsabteilung wies den Antrag mit der wesentlichen Begründung ab, dass dem Zeichen die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG fehle. Der Begriff „TRUCK BUDDY“ werde als werblich-informativer Hinweis verstanden, dass die so bezeichneten Dienstleistungen von einem Anbieter stammten, der wie ein Freund fungiere. Damit werde ein besonderes Nachverhältnis des Anbieters zum Kunden zum Ausdruck gebracht.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss zu ändern und die Wortmarke vollumfänglich in das Markenregister einzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

1.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht 4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), idR also der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Waren und Dienstleistungen (RS0114366 [T5]; Asperger, aaO Rz 64 65; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73; Koppensteiner , aaO 83).

1.2. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3–5 MSchG sind zwar gesondert zu prüfen, Unterscheidungskraft fehlt bei einer Marke aber jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft; eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG. Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (RS0132934).

2. Eine Marke ist beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und sie daher als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung, nicht jedoch als Herkunftsangabe verstehen (RS0109431). Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise „sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen“ herstellen können (EuGH C 326/01 P, Universaltelefonbuch , Rn 33; C 494/08 P, Pranahaus , Rn 29). Lässt sich dagegen die Beziehung zwischen Ware/Dienstleistung und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, dann ist die Registrierung des Zeichens auch ohne Verkehrsgeltung ebenso erlaubt, wie wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Ware/Dienstleistung, der Art ihrer Herstellung oder ihrer Zweckbestimmung handelt (RS0066456; RS0109431 [T3], RS0090799).

3. Die Beurteilung, ob die Unterscheidungskraft fehlt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix ; 4 Ob 49/14f, MyTaxi II; 4 Ob 198/20a, Standard ).

4. Grundsätzlich wird in der Rechtsprechung des OGH bei der Prüfung des Eintragungshindernisses des Fehlens der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab angelegt (4 Ob 96/19z, Digitale Vignette ). Bei mehreren Wörtern kommt es auf den prägenden Wortbestandteil an (4 Ob 198/20a, Standard ). Diese Regeln gelten auch für Worte, die dem Grundwortschatz bekannter Fremdsprachen, namentlich des Englischen, angehören (4 Ob 49/14f, MyTaxi II; 4 Ob 153/21k, myflat ).

5.1. Bei der Anwendung dieser Grundsätze hat die angefochtene Entscheidung insoweit Bestand, als sie die Klasse 37 (Reparatur von Landfahrzeugen, Montage von Fahrzeugteilen [Installationsarbeiten]; Montage von Zubehör für Fahrzeuge [Installationsarbeiten], Installation von Sicherheitseinrichtungen in Fahrzeugen, Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen; Vermittlung der Reparatur von motorisierten Landfahrzeugen) und die Klasse 39 (Transportdienstleistungen; Dienstleistungen einer Spedition [Güterbeförderung]; Transportlogistik; Transportwesen) betrifft.

5.2. Die Antragstellerin weist darauf hin, dass der Begriff „buddy“ zwar als Freund, Kumpel, Kamerad übersetzbar sei, doch habe der Begriff keine bestimmte Eigenschaft.

Im vorliegenden Fall ist das Wort „buddy“ nicht isoliert, sondern vielmehr in Kombination mit dem Wort „truck“ (großer LKW/Lastzug) zu lesen. Die beteiligten Verkehrskreise werden den Begriff „buddy truck“ als „Begleiter“ oder „Helfer“ im Transportwesen und bei Fahrzeugpannen oder -reparaturen übersetzen, was ohne gedankliche Zwischenschritte einen Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen herstellt.

5.3. Für diese Dienstleistungen ist das angemeldete Zeichen nicht unterscheidungskräftig, weil nach der im Eintragungsverfahren gebotenen Prognose zu erwarten ist, dass sie vom Publikum – das insoweit über ausreichende Englischkenntnisse verfügt – ohne weitere Überlegungen und gedankliche Zwischenschritte ausschließlich als beschreibender und werblicher Hinweis auf die damit bezeichnete Dienstleistung und deren Charakter, nämlich die Diensterbringung durch einen helfenden Freund oder Begleiter, nicht aber als Herkunftsangabe, verstanden werden. Das Zeichen vermittelt dem Publikum den Eindruck, dass ihnen Hilfe bei den Dienstleistungen Reparaturservice von (Land)kraftfahrzeugen mit Pannenhilfe (samt Vermittlung von Werkstätten), Montage von Fahrzeugzubehör, Installation von Sicherheitseinrichtungen und Transport und Logistik zukommt.

Die Entscheidung war damit insoweit zu bestätigen, als das Zeichen für die Klassen 37 und 39 (mit Ausnahme der Dienstleistung „Verpackung und Lagerung von Waren“) nicht einzutragen ist.

6.1. Anderes gilt hingegen für die Dienstleistungen der Klasse 36 (Versicherungswesen; Schätzungen von Reparaturkosten [Wertermittlung];) und die Dienstleistung (Verpackung und Lagerung von Waren) der Klasse 39.

Das angemeldete Zeichen wird vom Publikum nicht unmittelbar gedanklich mit der Art, Natur oder Beschaffenheit der in diesen Klassen genannten Dienstleistungen in Verbindung gebracht und weist insoweit daher keinen beschreibenden Inhalt auf.

Wegen der verschiedenen Möglichkeiten bei Dienstleistungen im Versicherungswesen oder beim Verpacken und Lagern von Waren lässt sich die Beziehung zwischen Dienstleistung und Zeichen erst im Weg besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen. Dies gilt auch für die Schätzung von Reparaturkosten und die Wertermittlung. Anders als bei den unter Punkt 5. genannten Dienstleistungen werden diese nicht als Dienstleistungen beim oder durch den Betrieb von (Land)kraftfahrzeugen unmittelbar erbracht.

6.2. Damit ist das Eintragungsbegehren bezüglich der Klasse 36 und der Dienstleistung „Verpackung und Lagerung von Waren“ in der Klasse 39 berechtigt, sodass dem Rekurs in diesem Umfang Folge zu geben war.

6.3. Soweit sich die Antragstellerin noch auf eine Spruchpraxis des EUIPO im Eintragungsverfahren im Zusammenhang mit dem Begriff „buddy“ beruft und sie dabei die Klassen zitiert, ist sie darauf zu verweisen, dass die Angabe der Klasse nicht aussagekräftig ist, weil es allein auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde, ankommt (vgl oben Punkt 3.).

7. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

Rückverweise