JudikaturOLG Wien

32Bs373/21v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 2022

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fachkundigen Laienrichter Hofrat Mag. Dr. Mock als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des D***** K***** über dessen Beschwerde gegen den Bescheid der Generaldirektion des Bundesministeriums für Justiz vom 29. Oktober 2021, GZ *****, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt Stein eine Freiheitsstrafe in der Gesamtdauer von ***** Jahren und ***** Monaten mit urteilsmäßigem Strafende am *****.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab das Bundesministerium für Justiz Anträgen des Beschwerdeführers vom 2. Juni 2021 und vom 22. Juli 2021 um Änderung des Vollzugsorts in die Justizanstalten Garsten oder Suben nicht Folge.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer regelmäßig bis zu zehn Mal pro Monat von seinen Angehörigen besucht werde. Der Wunsch, den Anreiseweg für seine Familie zu verkürzen, sei nachvollziehbar und verständlich, jedoch lasse die Belagssituation der Justizanstalten Garsten und Suben eine Vollzugsortsänderung nicht zu. Die Justizanstalt Suben sei mit einer Auslastung von 103,82 % massiv überbelegt. Auch die Justizanstalt Garsten (90,27 %) weise - neben der Umstrukturierung und Implementierung von Maßnahmenabteilungen - einen wesentlich höheren Belag auf als die Justizanstalt Stein mit 81,55 %.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des D***** K*****, der vorbringt, dass sich sein Strafvollzug in Garsten problemlos gestaltet habe. Allein der Umstand, dass dort eine Umstrukturierung auf eine Strafanstalt für den Maßnahmenvollzug im Gange sei, stehe der Fortsetzung seines Strafvollzugs dort nicht im Wege. Dies schon vor dem Hintergrund, dass er ohnehin nur mehr eine überschaubare Reststrafe zu verbüßen habe und die Umstrukturierung in Garsten noch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehme. Das Argument, es sei nicht sachgerecht, gut integrierte Insassen zu verlegen und im Gegenzug Insassen von anderen Anstalten zu übernehmen, sei nicht nachvollziehbar, weil er bereits über einen längeren Zeitraum in der Justizanstalt Garsten aufhältig gewesen sei. Es könne auch nicht davon die Rede sein, dass die Justizanstalt Stein die für ihn am besten geeignete Strafanstalt wäre. Das Argument, dass es in Stein ohnehin zahlreiche Familienbesuche gegeben habe, sei nicht geeignet, seinem Antrag die Berechtigung zu nehmen, zumal diese Besuche eben nur unter erheblichen logistischen Belastungen für seine Angehörigen möglich seien. Da er über einen sehr langen Zeitraum in Graz untergebracht gewesen sei, sei es für seine Familie und Angehörigen ohnehin bereits für einen langen Zeitraum sehr schwer gewesen, ihn zu besuchen. In Garsten habe dies gut und einfach funktioniert, jetzt habe sich die Situation wieder erheblich verschlechtert. Das Aufrechterhalten regelmäßiger und intensiver Sozialkontakte mit seinen Angehörigen sei auch deshalb notwendig, da er sich um wesentliche Belange seiner schul- und ausbildungspflichtigen Kinder kümmern müsse, was einen engen und intensiven Sozialkontakt mit der Familie voraussetze, was nur in einer oberösterreichischen Justizanstalt gewährleistet wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht im Recht.

Nach § 16a Abs 1 Z 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Bescheid des Bundesministeriums für Justiz.

Gemäß § 10 Abs 1 StVG hat das Bundesministerium für Justiz allgemein oder im Einzelfall die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 StVG zuständigen Anstalt anzuordnen, wenn dies unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des Strafvollzugs (§ 20 StVG) zur besseren Ausnützung der Vollzugseinrichtungen oder aus Gründen der Sicherheit des Strafvollzugs zweckmäßig ist (Z 1) oder wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilung in die Gesellschaft gefördert wird und weder das Erfordernis einer zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen noch Gründe der Sicherheit des Strafvollzugs entgegenstehen (Z 2). Darüber hinaus hat das Bundesministerium für Justiz bei der Bestimmung der Strafvollzugsanstalt auf die Wesensart des Strafgefangenen, sein Vorleben, seine persönlichen Verhältnisse und die Beschaffenheit der Straftat, deren er schuldig erkannt worden ist, insoweit Bedacht zu nehmen, als es erforderlich ist, um die Erreichung der Zwecke des Strafvollzugs unter bestmöglicher Ausnutzung der Vollzugseinrichtungen zu gewährleisten (§ 134 Abs 2 StVG). Überdies ist eine Strafvollzugsortsänderung nur dann zulässig, wenn dadurch die Resozialisierung des Strafgefangenen gefördert wird und gleichzeitig weder die zweckmäßige Auslastung der Vollzugseinrichtungen noch Sicherheitsbedenken dagegen sprechen. Hier sind die Gründe nicht gegeneinander abzuwägen, sondern bereits ein dagegen sprechender Grund schließt eine Strafvollzugsortsänderung aus (Erkenntnis des VwGH vom 24. Juni 2004, 2003/20/0275 und vom 22. Juli 2004, 2001/20/0666; OLG Wien 33 Bs 64/15a).

Da die Justizanstalten Garsten (90,27%) und Suben (103,82%) zum Zeitpunkt der Entscheidung der Generaldirektion tatsächlich (deutlich) höher ausgelastet waren, als die Justizanstalt Stein (81,55%) (vgl Belagsübersicht per 29. Oktober 2021 [beigeschafft aus der integrierten Vollzugsverwaltung]) ist die Entscheidung des Bundesministeriums für Justiz nicht zu beanstanden. Darüber hinaus weisen die Wunschanstalten Suben und Garsten (95,04% bzw 88,15%) auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Vollzugssenats eine deutlich höhere Auslastung auf, als die Justizanstalt Stein mit 80,90% (vgl Belagsübersicht per 27. Jänner 2022 [beigeschafft aus der integrierten Vollzugsverwaltung]), sodass schon die Auslastung der Justizanstalten einer Vollzugsortsänderung entgegensteht.

Nachdem bereits ein dagegen sprechender Grund eine Strafvollzugsortsänderung ausschließt, entspricht der angefochtene Bescheid der Sach- und Rechtslage, sodass der Beschwerde – auch mit Blick auf die aktuellen Auslastungszahlen - kein Erfolg beschieden war.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde eine Überstellung in die Justizanstalt Asten fordert, ist anzumerken, dass gemäß § 13 Abs 8 AVG der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens (sofern die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert wird) – sohin auch im Rechtsmittelverfahren – geändert werden kann. Zur im Beschwerdevorbringen erstmals angeführten Justizanstalt Asten hat die Generaldirektion aufgrund des Umstandes, dass zuvor lediglich eine Vollzugsortsänderung in die Justizanstalten Garsten und Suben begehrt wurde, keine Erhebungen getätigt. Da bei der Beurteilung, ob eine (zulässige) Antragsänderung oder das Vorliegen eines neuen Antrags anzunehmen ist, auf das Ausmaß der dadurch notwendigen Verfahrensergänzungen Bedacht zu nehmen ist (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 46 f mwN), war diesbezüglich von einem neuen Antrag auszugehen, der – da ein neuerlicher Antrag auf Strafvollzugsortsänderung vom Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheids bis zur Zustellung der Rechtsmittelentscheidung nicht wirksam eingebracht werden kann – von der Generaldirektion zurückzuweisen wäre ( Drexler/Weger, StVG 4 § 10 Rz 8).

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