JudikaturOLG Wien

33R90/21d – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2021

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke REUMALESS über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 30.6.2021, AM 251/2020 4, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Der Antragsteller beantragte am 23.3.2020 die Eintragung der Wortmarke REUMALESS für folgende Waren:

3 Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; nicht medizinische Kosmetika; nicht medizinische Haarwässer; nichtmedizinische Zahnputzmittel; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege.

5 Nahrungsmittelergänzung für Menschen und Tiere; diätische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung des Patentamts den Antrag auf Eintragung der Wortmarke aus dem Grund des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG unter Verweis auf die in den Schreiben des Patentamts vom 16.9.2020 und 23.3.2021 angegebenen Gründe ab.

Es führte im Schreiben vom 23.3.2021, soweit für das Rekursverfahren wesentlich, aus, dass ausgehend von den vom Antragsteller vorgelegten Urkunden eine Verwendung des angemeldeten Zeichens im gesamten Bundesgebiet vom Antragssteller nicht nachgewiesen worden sei. Es lägen keine Belege vor, die eine Verwendung des angemeldeten Zeichens außerhalb der Steiermark belegen würden. Alleine die Listung im Warenverzeichnis treffe keine Aussage, ob oder wie viele Produkte unter dieser Bezeichnung verkauft worden seien. Aus der vom Antragsteller vorgelegten Werbeinformation an Großhändler ergäben sich weder die Auflage noch die örtliche Verbreitung. Darüber hinaus könne nicht festgestellt werden, ob die Waren mit dem angemeldeten Zeichen gekennzeichnet gewesen seien.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass die angemeldete Wortmarke in das Markenregister eingetragen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1. Die Verkehrsgeltung ist anzunehmen, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise im Zeichen einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblickt (C 215/14, Kitkat I, Rn 58 ff; s auch C 108/97, Chiemsee, Rn 46; C 299/99, Philips/Remington, Rn 61; C 353/03, Nestlé/Mars, Rn 30; RS0078751; 4 Ob 229/03k, Autobelehnung; 4 Ob 12/05a, Vital Ressort; 4 Ob 38/06a, Shopping City; OBm 2/10, Verkehrspurpur ). Sie muss bei der Anmeldung bzw im Prioritätszeitpunkt gegeben sein. Auf eine danach gelegene Benutzung (und ihren [allfälligen] Nachweis) kommt es nicht an (OLG Wien, 133 R 99/18h mwN).

1.2. Die Verkehrsgeltung muss dabei sowohl personen- als auch produkt- und/oder dienstleistungsbezogen erlangt sein (RS0113084). Sie begründet die Eintragbarkeit nur für denjenigen, zu dessen Gunsten sie erworben wurde, und sie muss für die Waren und/oder Dienstleistungen bestehen, für die die Eintragung der Marke beantragt wird (4 Ob 325/99v, Manpower ).

1.3. Ob ein Zeichen Verkehrsgeltung besitzt, ist eine aufgrund der entsprechenden tatsächlichen Grundlagen zu lösende Rechtsfrage (4 Ob 12/05a, Vital Ressort; 17 Ob 29/07z, Interhospitaltransfer Niederösterreich; RS0043586).

1.4. Die Marke muss einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt sein, wobei allerdings feste Prozentsätze im Sinne einer absoluten Untergrenze nicht maßgeblich sind (RS0118988 [zur bekannten Marke]). An den Nachweis der durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft sind allerdings umso höhere Anforderungen zu stellen, je höher das Freihaltebedürfnis ist (RS0078807).

1.5. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Marke müssen im gesamten Bundesgebiet gegeben sein, weil das MSchG kein Markenrecht kennt, das nur auf einen Teil des Staatsgebiets beschränkt wäre ( Mutz in Kuscko/Schumacher, marken.schutz 3 Rz 401).

2. Das Patentamt konnte im erstinstanzlichen Verfahren aufgrund der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen keine entsprechenden Tatsachenfeststellungen treffen und ist diesbezüglich von einem non liquet ausgegangen („die vorgelegten Materialien sind daher bei weitem noch nicht ausreichend, um den geforderten Nachweis zu erbringen“).

3. In seinem Rekurs wendet sich der Antragsteller gegen die Ansicht des Patentamts, dass ihm der Nachweis der Verkehrsgeltung des angemeldeten Zeichens nicht gelungen sei. Das Produkt sei seit 1994 im Warenverzeichnis gelistet und in jeder Apotheke in Österreich erhältlich. Hinzu trete, dass der Internetauftritt nicht auf einzelne Gebiete oder Bundesländer begrenzt sei, sondern dass dieses Produkt in ganz Österreich im Internet eingesehen werden könne.

4. Das Rekursgericht stellt fest (§ 53 AußStrG):

Die Gall Pharma GmbH bewarb ein Produkt (Hartgelantine-Kapseln mit 250 mg Trockenextrakt aus Brennnesselblättern) mit der Bezeichnung „Reumaless“ bis 31.1.2001 in einem an Großhändler gerichteten Werbefolder. Es kann weder die Auflage noch die geografische Verbreitung dieser Werbeaktion festgestellt werden. Dass es sich dabei um ein Produkt handelt, das auch Tieren verabreicht werden kann, kann nicht festgestellt werden.

Ein Produkt mit der Bezeichnung „Reumaless“ ist im Fachhandel in der Steiermark im Zeitpunkt der Anmeldung bekannt und war in den Jahren 2018 und 2020 im Warenverzeichnis der österreichischen Apotheken gelistet.

In einer am 16.8.2021 durchgeführten Google-Abfrage des Begriffes „reumaless“ beziehen sich die ersten drei Suchergebnisse auf ein Produkt (Kapseln) mit der Bezeichnung „Reumaless“. Die weiteren Suchergebnisse beziehen sich auf einen Balsam mit der Bezeichnung „Reumaless“ (./I).

Die Feststellungen gründen sich auf nachstehender Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Werbeaktion gründet sich auf den vom Antragsteller vorgelegten Werbefolder. Da der Aktionspreis bis 31.1.2001 galt, ist davon auszugehen, dass die Werbeaktion Ende Jänner 2001 endete. Eine Verabreichung des Produkts an Tieren konnte nicht festgestellt werden, weil sich weder aus dem Werbefolder noch aus den zwei Bestätigungen von Apotheken vom 1.10.2020 und vom 19.11.2020 noch aus der Bestätigung der Junek Europ-Vertrieb GmbH vom 15.6.2020 eine Anwendung des Produkts an Tieren ergibt.

Dass das Produkt „Reumaless“ im Fachhandel in der Steiermark bekannt ist, gründet sich auf die vom Antragsteller vorgelegten Bestätigungen von zwei Apotheken und aus der Bestätigung der Junek Europ-Vertrieb GmbH. Die Feststellung zur Listung des Produkts „Reumaless“ im Warenverzeichnis der österreichischen Apotheken gründet sich auf die diesbezüglich vorgelegten Urkunden.

5.1. Ausgehend von den Feststellungen ist in einem ersten Schritt festzuhalten, dass der Antragsteller den Verkehrsgeltungsnachweis für die Waren Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, nicht medizinische Kosmetika, nicht medizinische Haarwässer, nichtmedizinische Zahnputzmittel und Mittel zur Körper- und Schönheitspflege sowie Nahrungsmittelergänzung für Tiere und diätische Lebensmittel und Erzeugnisse für veterinärmedizinische Zwecke nicht angetreten hat.

5.2. Rechtlich zu prüfen bleibt noch, ob dem Antragsteller der Verkehrsnachweis für die von ihm für das angemeldete Zeichen beanspruchten Waren „Nahrungsmittelergänzung und diätische Lebensmittel“ und „Erzeugnisse für medizinische Zwecke“ gelang.

Aus einer vor dem 31.1.2001 erstellten Urkunde kann nicht abgeleitet werden, dass die Verkehrsgeltung noch im Anmeldezeitpunkt (23.4.2020) vorlag. Der Meinung des Antragstellers, dass mit der Listung des Produkts „Reumaless“ im Warenverzeichnis der österreichischen Apotheken die Verkehrsgeltung ausreichend nachgewiesen worden sei, ist nicht beizupflichten. Damit wurde noch kein ausreichender Nachweis erbracht, in welcher Intensität, geografischen Verbreitung und Dauer das angemeldete Zeichen tatsächlich genutzt wurde. Der Nachweis der Verkehrsgeltung gelang dem Antragsteller nur für die Steiermark, für das gesamte Bundesgebiet gelang dem Antragsteller der Nachweis der Verkehrsgeltung jedoch nicht. Letztlich kann der Nachweis der Verkehrsgeltung für das gesamte Bundesgebiet auch nicht durch die im Rekursverfahren vorgelegte Google-Abfrage vom 16.8.2021 (./I) erbracht werden. Diese Beweislosigkeit geht zu Lasten des diesbezüglich beweisbelasteten Antragstellers; eine amtswegige Prüfung findet nicht statt (4 Ob 77/15z mwN).

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

6. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

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