JudikaturOLG Wien

33R77/21t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 2021

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die österreichische Marke Nr AT 300499 (Wortbildmarke MOBIL PETROL) über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 2.3.2021, WM 37/2019 7, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird geändert und lautet:

«Dem Widerspruch gegen die Marke AT 300499 wird teilweise Folge gegeben und ihre Registrierung in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen der Klassen

4 Brennstoffe;

35 Werbung; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Brennstoffe;

37 Autoschlosserarbeiten; Reparatur von Motorteilen; Reparatur von Kraftfahrzeugen; Reparatur von Fahrzeugachsen; Reparatur von Windschutzscheiben; Radreparatur; Autoreparaturlackierung; Notdienste im Bereich der Fahrzeugreparatur; Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; Reparatur von Bremssystemen von Fahrzeugen; Reparatur von Kraftfahrzeugverkleidungen; Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen; Reparatur und Wartung von Fahrzeugen; Monteurdienste; Reifen- und Pannendienst; Waschen von Kraftfahrzeugen.

mit Wirksamkeit des Zeitpunkts ihrer Registrierung aufgehoben.

Im restlichen Umfang (Klasse 35 Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Bürodienste; Klasse 37 Bauwesen) wird der Widerspruch abgewiesen.»

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Im Widerspruchsverfahren stehen einander folgende Marken gegenüber:

Die Antragstellerin brachte zusammengefasst vor, dass zwischen den Widerspruchsmarken und der angegriffenen Marke Verwechslungsgefahr nach § 29a Abs 1 MschG iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG bestehe, wobei den Widerspruchsmarken erhöhte Kennzeichnungskraft zukomme. Die angegriffene Marke nütze zudem die Wertschätzung der älteren, bekannteren Widerspruchsmarken ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise aus (§ 29a Abs 1 MSchG iVm § 30 Abs 2 MSchG). Darüber hinaus seien die Widerspruchsmarken notorisch bekannt, sodass nach § 29a Abs 1 MschG iVm 6 bis Pariser Verbandsübereinkommen (PVÜ) Verwechslungsgefahr bestehe.

Der Antragsgegner bestritt die Verwechslungsgefahr und wendete ein, dass die einander gegenüberstehenden Marken weder in Bild, Wort oder Begriff ähnlich seien. Darüber hinaus würden die Widerspruchsmarken in der Gemeinschaft nicht benutzt. Die Widerspruchsmarken seien daher keine bekannten Marken.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung den Widerspruch ab.

Rechtlich führte die Rechtsabteilung aus, dass im Beweisverfahren eine rechtserhaltende Benutzung der 1. bis 4. Widerspruchsmarke nicht festgestellt habe werden können. Sie seien daher bei der rechtlichen Beurteilung nicht weiter zu berücksichtigen.

Eine notorische Bekanntheit der Widerspruchmarken habe innerhalb der beteiligten Verkehrskreise (breite Öffentlichkeit) nicht festgestellt werden können, weshalb dieser Widerspruchsgrund genauso ins Leere gehe, wie der auf § 29a Abs 1 MschG iVm § 30 Abs 2 MSchG gestützte Widerspruchsgrund. Die Bekanntheit der Marken habe nicht festgestellt werden können.

Zwischen der 5. bis 7. Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke bestehe keine Verwechslungsgefahr. Es lägen zwar teilweise Identität und teilweise Ähnlichkeit bei den zu vergleichenden Waren/Dienstleistungen mit Ausnahme der Dienstleistungen in der Klasse 35 (Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Bürodienste) und 37 (Bauwesen) vor, dem Markenwort „MOBIL“ in der angegriffenen Marke komme jedoch keine selbständige kennzeichnende Unterscheidungskraft in Bezug auf die eingetragenen Waren und Dienstleistungen zu. Bei der Wortkombination „MOBIL PETROL“ stehe der informative Sinn in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen im Vordergrund, weshalb diese Wortkombination kein kennzeichnungskräftiger Bestandteil sei. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde durch das graphische Element geprägt. Die zu vergleichenden Marken seien in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht schwach ähnlich. Die schwache Ähnlichkeit liege in der Übereinstimmung des nicht prägenden Wortbestandteils MOBIL. Die deutlichen Unterschiede in den graphischen Ausgestaltungen reichten daher aus, um die Gefahr von Verwechslung auszuschließen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Antragstellerin wegen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit, unrichtiger Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem dem Widerspruch stattzugeben; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Antragsgegner beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1 . Zur Aktenwidrigkeit :

Die Antragstellerin moniert, dass die Rechtsabteilung ihr Vorbringen auf Seite 1 und Seite 3 der angefochtenen Entscheidung unrichtig zitiert habe. Sie habe ihren Widerspruch nicht auf § 30 Abs 1 Z 1 MSchG gestützt.

Eine Aktenwidrigkeit liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RS0043347). Demgegenüber kann die unrichtige Wiedergabe von Parteienvorbringen in der angefochtenen Entscheidung nie Aktenwidrigkeit begründen. Ob das Parteienvorbringen richtig oder unrichtig wiedergegeben wurde, ist unwesentlich (RS0043203 [T8]).

2. Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

2.1. Die Antragstellerin sieht in den beweiswürdigenden Überlegungen der Rechtsabteilung im Zusammenhang mit den Feststellungen zur Benutzung der 1. bis 4. Widerspruchsmarken eine Mangelhaftigkeit, weil die Rechtsabteilung es unterlassen habe, die im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Unklarheiten durch aufklärende Rücksprache bei der Antragstellerin zu beseitigen.

Die Rechtsabteilung hat unter freier Würdigung des vorliegenden Tatsachen- und Beweismaterials Beschluss zu fassen (§ 29b Abs 2 MSchG). Das Patentamt ist grundsätzlich nicht verpflichtet, (patent-)anwaltlich vertretene Parteien darüber anleitend zu belehren, welche Bescheinigungsmittel zum Nachweis der ernsthaften markenmäßigen Benutzung für die künftige Entscheidung als ausreichend anzusehen sein werden (für das Widerspruchsverfahren RW0000797; allgemein RS0036869 [insb T1]; RS0037403). Wenn die Rechtsabteilung nach Würdigung der von der Antragstellerin vorgelegten Beweismittel zu dem Schluss kommt, dass die markenmäßige Benutzung nicht ausreichend bescheinigt worden ist, liegt ein Akt der Beweiswürdigung vor. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor.

2.2. Die Antragstellerin moniert im Zusammenhang mit der von ihr beanspruchten Notorietät der 1. bis 4. Widerspruchsmarken, dass sie auf unzählige weltweite Marken hingewiesen und ausländische Entscheidungen zitiert habe. Sie habe Nachweise angeboten. Von diesem Angebot habe die Rechtsabteilung in unzulässiger Weise nicht Gebrauch gemacht.

Mit Amtsschreiben vom 8.8.2019 forderte die Rechtsabteilung die Antragstellerin auf, die ernsthafte und kennzeichenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarken im geschäftlichen Verkehr hinsichtlich aller Waren/Dienstleistungen glaubhaft zu machen. Sie trug der Antragstellerin unter einem auf, sämtliche Unterlagen binnen einer Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Schreibens an die Antragstellerin an das Österreichische Patentamt zu übermitteln. Das Patentamt wies darauf hin, dass für jene Waren/Dienstleistungen, für die trotz Aufforderung keine Benutzungsunterlagen eingereicht werden, der Widerspruch sofort zurückgewiesen werde.

Ungeachtet des Umstands, dass die Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren keine weitere Vorlage von Urkunden/Entscheidungen angeboten hat, sondern nur im Vorbringen auf die Existenz von ausländischen Entscheidungen hinwies, kam die Antragstellerin dem Auftrag der Rechtsabteilung nicht nach, sodass eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vorliegt. Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch im Rekursverfahren keine näheren Angaben gemacht, welche konkreten Beweismittel (Urkunden) sie vorlegen hätte wollen und welche Tatsachen sich daraus ergeben hätten.

2.3. Soweit die Antragstellerin moniert, dass die Rechtsabteilung, um die Urkunden ./2 und ./3 richtig würdigen zu können, von Amts wegen einen externen Wirtschaftsprüfer beiziehen hätte müssen, liegt auch insoweit keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor.

Im Widerspruchsverfahren hat der Widersprechende entsprechende Nachweise zu erbringen, wenn der Widerspruchsgegner den Nichtbenutzungseinwand erhoben hat (vgl § 29b Abs 3 MSchG). Die Rechtsabteilung hat – wie oben schon dargelegt – die Beweise frei zu würdigen (§ 29b Abs 2 MSchG). Kennzeichen der nicht gebundenen, sondern freien Beweiswürdigung ist, dass das Entscheidungsorgan durch keine gesetzlichen Beweisregeln eingeschränkt ist, sondern nach seiner persönlichen Überzeugung zu beurteilen hat, ob der Beweis gelungen ist. Es ist daher bei der Würdigung der Beweise an keine fixe Vorgaben gebunden, die einen bestimmten Beweiswert der einzelnen Beweismittel vorschreiben würden, sondern darauf verwiesen, nur jene Tatsachen für wahr zu halten, von deren Vorliegen es mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit ausgeht ( Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I 2 § 32 Rz 2). Das Beiziehen eines Sachverständigen im Rahmen der Beweiswürdigung, um Beweise „richtig zu würdigen“, lässt sich mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht vereinbaren.

Sofern die Antragstellerin aber mit dem Vorbringen gemeint haben sollte, dass das Patentamt zur Frage der Benutzung der Widerspruchsmarken ein Sachverständigengutachten einholen hätte müssen, so ist darauf zu verweisen, dass sie keinen diesbezüglichen Antrag gestellt hat. Dass bestimmte Beweise nicht aufgenommen wurden, kann die Antragstellerin aber nur dann als Verfahrensmangel geltend machen, wenn sie selbst einen entsprechenden Antrag (unter Nennung des Beweisthemas) gestellt hat ( G. Kodek , Praxistipps zum Berufungsverfahren, Zak 2006/600, 347; OLG Wien 24.5.2012, 7 Ra 88/11d [nicht veröffentlicht]).

3. Zum Benutzungsnachweis der Widerspruchsmarken:

3.1. Nach der Rechtsansicht des Rekursgerichts ist die Frage der „ernsthaften markenmäßige Benutzung“ keine reine Rechtsfrage, sondern zumindest eine sogenannte quaestio mixta, sodass (auch) ein taugliches Tatsachensubstrat ermittelt werden muss, anhand dessen diese Frage beurteilt werden kann (OLG Wien 34 R 100/14x, ICEGRIP/ICE ). Soweit daher die Antragstellerin ausdrücklich auch die Beweiswürdigung der Rechtsabteilung kritisiert, ist sie grundsätzlich durch das Rekursgericht zu prüfen.

3.2. Eine Marke wird „ernsthaft benutzt”, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (C 40/01, Ansul, Rn 43; C 416/04 P, Sunrider, Rn 70; C 259/02, La Mer Technology, Rn 27; Om 8/11, WEG; 17 Ob 11/08d, BUZZ!; RS0123519; RW0000854). Das Zeichen muss als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (OLG Wien, 133 R 95/17v, Haas, mwN).

Handelt es sich bei der Widerspruchsmarke um eine Gemeinschaftsmarke, ist – wovon die Rechtsabteilung zutreffend ausgegangen ist – eine ernsthafte Benutzung innerhalb der Gemeinschaft glaubhaft zu machen. Für die Abgrenzung einer ernsthaften, wirtschaftlich sinnvollen Benutzung von einer nur symbolischen Benutzung gelten die allgemeinen Regeln, wonach es insbesondere auf Umfang und Häufigkeit der Benutzung ankommt (EuGH GRUR 2008, 343, Rn 72 f, BAINBRIDGE ). Die Grenzen der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten haben außer Betracht zu bleiben (C 149/11,, OMEL/Onel ).

Die Marke muss vom Markeninhaber selbst oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten benutzt werden.

Ohne einen konkreten Bezug zu einer Ware oder zu einer Dienstleistung bezieht sich ein solcher Hinweis allenfalls auf die Dienstleistung des Handelsunternehmens, nicht aber auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO ).

3.3. Es gibt kein Mindestmaß einer Benutzung; selbst eine geringfügige, aber wirtschaftlich tatsächlich gerechtfertigte Benutzung kann ausreichen, um die Ernsthaftigkeit zu belegen (C 416/04 P, Vitafruit; Om 14/06, Dreher; Om 4/09, Sallaki; Om 10/10, Nuke mwN).

Auch eine mengenmäßig geringfügige Benutzung kann ernsthaft sein, wenn sie im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile zu behalten oder zu gewinnen (C 259/02, La Mer Technology; C 416/04 P, Sunrider, Rn 72). Die Größe des Vertriebsgebiets ist dabei nur einer der zu berücksichtigenden Faktoren (C 416/04 P, Sunrider, Rn 76). Auch die Eigenschaften des Markts, die einen unmittelbaren Einfluss auf die kaufmännische Strategie des Markeninhabers haben können, können dabei herangezogen werden (C 259/02, La Mer Technology, Rn 3; Om 10/10, Nuke; Om 11/09, BT ). Letztlich ist auch zu unterscheiden, ob die Marke zur Kennzeichnung von Massenartikeln oder von Nischenprodukten verwendet wird (Om 11/09, BT ).

Im Zweifel sind aber keine hohen Anforderungen an den Gebrauch der Marke zu stellen (Om 3/11, Jones; Om 5/10, Coolwater; RS0066797 [das Löschungsverfahren betreffend]).

3.4. Soweit die Antragstellerin meint, es sei „nicht verständlich, dass jede Beilage sämtliche Daten (Ort, Zeit, Menge, Auflagenhöhe) enthalten müsse“, und daraus schließt, dass die Rechtsabteilung nicht das richtige Beweismaß angewandt habe, teilt das Rekursgericht diese Auffassung nicht.

Die Antragstellerin hat die kennzeichenmäßige Benutzung ihrer Widerspruchsmarken in der Gemeinschaft im relevanten Zeitraum glaubhaft zu machen. Sie hat dazu den Urkundenbeweis angetreten. Aus diesen Urkunden (allenfalls in einer Zusammenschau) muss sie daher die kennzeichenmäßige Benutzung der 1. bis 4. Widerspruchsmarken im relevanten Zeitraum glaubhaft nachweisen. Die Glaubhaftmachung ist nur eine besondere Form der Tatsachenfeststellung, es genügt ein geringerer Grad der Überzeugung des Entscheidungsorgans von der Richtigkeit der Tatsachenbehauptung (RS0040276 [T2]).

3.5.1. Die Rechtsabteilung würdigte die ./6 dahingehend, dass das Werbematerial aus dem Jahr 2013 stammen würde. Wo und in welchem Umfang dieses Werbematerial verwendet worden sei, sei der Urkunde aber nicht zu entnehmen. Dem hält die Antragstellerin entgegen, dass sich schon aus dem Umstand, dass die Urkunde in englischer Sprache abgefasst sei, der Bezug zur Europäischen Union ergebe. Im Vereinigten Königreich, Irland und Malta sei Englisch die Staatsprache und überdies europaweit eine allgemeine Business-Sprache. Dieses Argument überzeugt das Rekursgericht nicht, weil die englische Sprache unter anderem auch in Nordamerika gesprochen wird und überdies weltweit als Business-Sprache gilt.

Soweit die Antragstellerin eine kennzeichenmäßige Benutzung der 1. bis 4. Widerspruchsmarken in einer Zusammenschau aus den Umsatzzahlen ./2 und den Werbeausgaben ./3 ableiten will, überzeugen auch diese Argumente nicht.

Weshalb es auf eine örtliche Zuordnung nicht ankommen soll, erschließt sich dem Rekursgericht nicht. Die ./2 ist eine Auflistung nach europäischen Staaten nach Umsätzen (in USD) und nach dem verkauften Volumen für den Zeitraum von 2003 bis 2014. Aus dieser Urkunde lässt sich keine kennzeichenmäßige Benutzung der 1. bis 4. Widerspruchsmarken im maßgeblichen Zeitraum in der Gemeinschaft ableiten. Gleiches gilt für die ./3, die nach dem Vorbringen der Antragstellerin die Ausgaben für Werbung ausweisen soll. Aus der Urkunde geht weder eine örtliche Verbreitung der Werbemaßnahmen innerhalb der Gemeinschaft hervor, noch ob diese Werbeausgaben Produkte betreffen, die mit den 1. bis 4. Widerspruchsmarken gekennzeichnet sind. Die Urkunde ./4, auf die die Antragstellerin noch verweist, weist als Datum den April 2009 auf, sohin einen Zeitraum außerhalb des Beurteilungszeitraums, sodass daraus für die Antragstellerin nichts zu gewinnen ist. Eine gebietsmäßige oder örtliche Zuordnung ist – genauso wie bei ./5 – nicht möglich. Das Ranking ./5 listet die 500 wertvollsten Marken der Welt im Jahr 2017 auf, auf eine Verbreitung in Europa lässt diese Urkunde aber nicht schließen. Gleiches gilt für die vorgelegten Rankings (Global 500) ./32 und ./33a.

3.5.2. Die Antragstellerin wendet sich weiters gegen die beweiswürdigenden Überlegungen der Rechtsabteilung zu den Urkunden ./7, ./8, ./15, ./23 und ./28. Die Rechtsabteilung führte aus, dass sich aus den Urkunden nicht ergebe, wann die Fotos gemacht worden seien. Eine zeitliche Einordnung könne daher nicht erfolgen.

Dieses Argument kann die Antragstellerin letztlich in ihrer Tatsachenrüge auch nicht entkräften. Die Fotos weisen kein Datum auf, sodass eine zeitliche Einordnung in den hier relevanten Zeitraum für eine kennzeichenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarken nicht abgeleitet werden kann.

Soweit die Antragstellerin zur Urkunde ./14 nunmehr im Rekurs vorbringt, dass es sich dabei um ein Flugblatt handle, das in Frankreich verteilt worden sei, ergibt sich dieser Umstand aus der Urkunde selbst nicht. Französisch wird auch in vielen Gebieten außerhalb der Gemeinschaft gesprochen, sodass nicht nur der Umfang der Verbreitung der Werbung unklar bleibt, sondern auch, ob dieses Flugblatt innerhalb der Gemeinschaft überhaupt verwendet wurde. Gleiches gilt für die Urkunden ./24, ./26 und ./29. Auch hier ergibt sich aus den Urkunden weder deren örtliche Verbreitung noch die Auflagenzahl.

Zu Recht weist die Rechtsabteilung darauf hin, dass sich aus dem Foto ./25 weder der Standort noch das Datum ergeben. Wenn die Antragstellerin dazu vorbringt, dass die Messe im Juni 2015 in den Niederlanden stattgefunden habe, kann diese Tatsache allein mit diesem Foto nicht nachgewiesen werden.

Selbst wenn man der Antragstellerin zu ./17a und ./17b zugesteht, dass sich aus der Hausaufschrift ergebe, dass diese Servicestelle in Ungarn betrieben werde, bleibt letztlich aber unklar, ob das Foto aus dem maßgeblichen Zeitraum stammt. Die Antragstellerin gesteht im Rekurs schließlich zu, dass nähere Angaben nicht vorliegen.

3.5.3. Die Antragstellerin bringt zu ./9a bis ./9c vor, dass sich daraus die kennzeichenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarken ableiten ließe. Es handle sich bei den in den Rechnungen angeführten Produkten (MOBILGEAR SHC XMP 320 und MOBIL DTE 10 EXCEL 32) um Schmiermittel, was sich schon aus der Firma der Konzerntochter „ExxonMobil Lubricants Specialities Europe“ ergebe. Diese Ansicht überzeugt nicht, weil sich allein aus der Firma der Tochtergesellschaft nicht ableiten lässt, dass im vorliegenden Fall Schmiermittel verkauft wurden. Soweit die Antragstellerin noch argumentiert, dass sich schon aus der Bezeichnung „MOBILGEAR“ ergebe, dass es sich dabei um Getriebeöl handeln müsse, überzeugt auch dieses Argument nicht. „Gears“ bedeutet zwar in der englischen Sprache ua „Getriebe“, doch ergibt sich aus der Bezeichnung „MOBILGEAR“ allein nicht, dass es sich um Getriebeöl handelt. Weitere Beweismittel (beispielsweise die Verpackung etc) wurden nicht vorgelegt. Die Rechtsabteilung hat daher zutreffend festgehalten, dass sich allein aus der Vorlage dieser Rechnungen die kennzeichenmäßige Benutzung der Widerspruchmarken nicht glaubhaft ableiten lässt.

3.5.4. Auch soweit die Antragstellerin die Beweiswürdigung der Rechtsabteilung zu den Urkunden ./10a bis ./10f in Zweifel zieht, kann sie beim Rekursgericht keine Zweifel daran wecken. Zu Recht weist die Rechtsabteilung darauf hin, dass es unklar bleibt, ob es sich dabei um bereits durchgeführte oder in Planung befindliche Werbemaßnahmen handelt. Ein kennzeichenmäßiger Gebrauch in der Gemeinschaft lässt sich daraus nicht glaubhaft ableiten. Die Antragstellerin verweist noch auf das Foto in ./10a, ein kennzeichnungmäßiger Gebrauch lässt sich aber daraus genausowenig ableiten wie aus den Fotos in ./10f.

3.5.5. Die Antragstellerin gesteht im Rekursverfahren zu, dass sich die Beilagen ./11a und ./11f auf Werbematerial in den USA beziehen. Die restlichen Werbematerialien seien für die übrige Welt bestimmt gewesen, insbesondere für Europa. Auf dem Foto in ./11c ist Werbung für ein Schmiermittel mit der Bezeichnung „Mobil 1“ ersichtlich, dass diese Werbemaßnahme in der Gemeinschaft gesetzt wurde, ergibt sich aber aus dieser Urkunde nicht. Gleiches gilt für das Foto in ./11g. Auch hier ergibt sich allein aus der Urkunde nicht, ob die Werbemaßnahme in der Gemeinschaft gesetzt wurde. Gleiches gilt für die Urkunde ./12. Auch hier ergibt sich nicht, wann und wo diese Werbespots ausgestrahlt wurden. Allein aus dem Umstand, dass diese Werbespots in englischer Sprache gehalten sind, kann nicht geschlossen werden, dass sie in der Gemeinschaft gesendet wurden.

Zu ./16 weist die Rechtsabteilung zu Recht darauf hin, dass sich daraus kein Bezug zu einer Ware oder Dienstleistung ergibt. Daran kann auch der Verweis im Rekurs auf die Beilagen ./11c und ./11d nichts ändern. Ob diese Werbemaßnahmen in der Gemeinschaft verbreitet wurden und in welchem Umfang, ergibt sich auch in einer Zusammenschau dieser Urkunden nicht. Auch aus der ./27 ergibt sich kein konkreter Bezug zu einer Ware oder Dienstleistung.

3.5.6. Die Antragstellerin wendet sich noch gegen die beweiswürdigenden Überlegungen der Rechtsabteilung, wonach sich aus den Rechnungen ./13a und ./13b durch die in den Urkunden vorgenommenen Schwärzungen nicht ergebe, wieviel Umsatz erzielt worden sei und wie die Widerspruchsmarken konkret verwendet wurden. Dagegen führt die Antragstellerin ins Treffen, dass sich aus den Beilagen ./6 und ./10a ergebe, wie die Marke auf den Gebinden verwendet worden sei.

Aus den vorgelegten Rechnungen ergibt sich nicht, ob die Marke kennzeichenmäßig gebraucht wurde. Dass auf anderen Produkten und Gebinden die Widerspruchsmarken ersichtlich sind, lässt noch keinen Schluss auf die kennzeichenmäßige Verwendung der Widerspruchsmarken im Zusammenhang mit dem der Rechnung zugrundeliegenden Produkt zu.

3.5.7. Die Rechtsabteilung stellte ausgehend von der vorgelegten Urkunden ./30a bis ./f fest, dass die Website www.mobil.com seit 1996 und somit auch während des maßgeblichen Zeitraums existierte und eine Länderliste enthält, in der viele europäische Staaten, darunter auch Österreich, auswählbar sind. Unter der Rubrik „Österreich“ ist als Unterrubrik „Industrie- und Spezialschmierstoffe“ und „Motoröle“ angeführt. Die konkrete Gestaltung konnte jedoch für den maßgeblichen Zeitraum nicht festgestellt werden. Aus der Urkunde selbst geht kein kennzeichenmäßiger Gebrauch der Widerspruchsmarken hervor. Dieser kann auch nicht in einer Zusammenschau mit den sonst vorgelegten Urkunden (Rechnungen und Werbemaßnahmen) dargelegt werden.

3.6.1. Soweit die Antragstellerin die Beweiswürdigung zu den Beilagen ./18 bis ./22a bekämpft, sind diese Ausführungen in Wahrheit der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen. Rechtlich folgerte die Rechtsabteilung, dass keine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarken in Europa für die Waren/Dienstleistungen, für welche sie registriert seien, glaubhaft gemacht worden sei. Dagegen wendet sich die Antragstellerin und bringt vor, dass die Benutzung der Widerspruchsmarken in Ungarn nicht bloß symbolisch erfolgt sei. Die Rechnungen seien von den regionalen Niederlassungen der Antragstellerin ausgestellt worden, was sich schon aus dem Firmenwortlaut ergebe.

3.6.2. Die Rechtsabteilung stellte ausgehend vom Urkundenkonvolut ./18 in Zusammenschau mit den Rechnungen ./19 bis ./22 fest, dass die Produkte „Mobil Delvac“, „Mobil Super 2000“ und „Mobil Super 3000“ im relevanten Zeitraum nach Ungarn verkauft wurden. ExxonMobil Lubricants Specialties Europe hat an Lubexpert Hungary KFT in Ungarn während des relevanten Zeitraums regelmäßig Motorenöle unter der Marke „Mobil“ verkauft. Ein Werbeflyer weist auf die Adresse der konkreten Verkaufsstellen der Lubexpert Hungary KFT in Ungarn hin, und auch eine ungarische Internetadresse ist auf diesem Flyer ersichtlich. Auf allen Rechnungen scheint jedoch nicht die Antragstellerin, sondern ein anderes Unternehmen als Verkäuferin der Waren auf.

Das Rekursgericht stellt dazu ergänzend fest, dass die Produkte „Mobil Delvac“, „Mobil Super 2000“ und „Mobil Super 3000“ mit der 1. Widerspruchsmarke und der 2. Widerspruchsmarke gekennzeichnet waren.

Auf dem Produkt „Mobil Super 2000“ findet sich noch der nachstehende Hinweis (./18i):

«Copyright © 2014 Exxon Mobil. All rights reserved. All trademarks used herein are trademarks of Exxon Mobil Corporation or one of its subsidiaries. »

Im Zeitraum 30.8.2013 bis 6.12.2016 wurden von der ExxonMobil Lubricants Specialities Europe mit Sitz in Belgien an die Lubexpert Hungary KFT mit Sitz in Ungarn der Verkauf und die Lieferung von über 800 Gebinden (208 L; 60 L; 20 L; 4x4 L) des Produkts Mobil Delvac mit einem Volumen von über 32.000 Litern, über 1.400 Gebinden (208 L; 60 L; 20 L; 4x4 L; 12x1 L) des Produkts Mobil Super 2000 mit einem Volumen von nahezu 30.000 Litern und rund 800 Gebinden (208 L; 60 L; 20 L; 4x4 L; 12x1 L) des Produkts Mobil Super 3000 mit einem Volumen von über 20.000 Litern in Rechnung gestellt. Der gesamte in Rechnung gestellte Lieferumfang der mit der 1. Widerspruchsmarke und der 2. Widerspruchsmarke gekennzeichneten Produkte Mobil Delvac, Mobil Super 2000 und Mobil Super 3000 beträgt über 3.000 Gebinde und über 80.000 Liter.

Dies folgt aus den vorliegenden Urkunden Beilagen ./19a bis ./19e, 20b, 21d, 22a, 22b und 22d.

Die Feststellung zur kennzeichenmäßigen Verwendung der Produkte ergibt sich aus den Fotos ./18c (Mobil Delvac), ./18e (Mobil Super 3000) und ./18h (Mobil Super 2000).

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt hat die Antragstellerin damit die 1. und 2. Widerspruchsmarken im Gemeinschaftsgebiet im maßgeblichen Zeitraum und in einem ausreichenden Umfang kennzeichenmäßig und ernstlich für Motorenöl benutzt.

4. Zur notorisch bekannten Marke :

Mit der MSchG-Nov 2019 wurde die Möglichkeit geschaffen, Widerspruch aufgrund einer notorisch bekannten Marke (Art 6 bis PVÜ) zu erheben.

Art 6 bis PVÜ normiert einen besonderen Schutz für die notorisch bekannte Marke. Notorisch bekannte Marken sind Marken, bei denen eine allgemeine Kenntnis der Marke bei den beteiligten Verkehrskreisen vorliegt und die mit erdrückender Mehrheit als produktidentifizierendes Unternehmenskennzeichen angesehen werden ( Mutz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 4 Rz 460 mwN).

Die am 20.3.1883 abgeschlossene PVÜ, der heute 177 Staaten – darunter Österreich – angehören und die sowohl der MarkenRL als auch § 10 Abs 2 MSchG als Vorbild diente, schafft kein gemeinsames supranationales Recht, sondern nur Mindeststandards für das materielle Recht der Mitgliedsstaaten, zu deren Einhaltung sich diese mit ihrem Beitritt verpflichten. Art 6 bis PVÜ anerkennt einen Sonderschutz für notorisch bekannte Marken, der im Zuge mehrmaliger Revisionen des Übereinkommens sukzessive ausgedehnt wurde. Der Anwendungsbereich von Art 6 bis PVÜ ist dennoch begrenzt, da er einerseits nur notorisch bekannte Marken erfasst und andererseits nur für Warenmarken (nicht Dienstleistungsmarken) und nur für den Bereich gleichartiger Waren (nicht ungleichartiger Waren und nicht Dienstleistungen) Schutz gewährt. Art 6 bis PVÜ verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Eintragung von Marken, die mit einer notorisch bekannten Marke verwechselbar sind, von Amts wegen, wenn dies die Gesetzgebung des Landes zulässt, oder auf Antrag des Beteiligten zurückzuweisen oder für ungültig zu erklären und den Gebrauch der Marke zu untersagen ( Guggenbichler in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 3 § 10 Rz 593 mwN).

Die von der WIPO, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, im September 1999 gemeinsam mit der Generalversammlung der Pariser Union beschlossene Empfehlung für die Behandlung berühmter Marken („Well Known Marks“) enthält Kriterien, denen bei der Ermittlung der notorischen Bekanntheit einer Marke besondere Bedeutung zukommen soll. Wenngleich es sich nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, kann die Empfehlung bei der Entwicklung der Rsp zum Schutz bekannter Marken als Auslegungshilfe dienen. Ob und inwieweit diese anwendbar ist, ist aber umstritten ( Mutz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 4 Rz 463).

Die Auslegung der Bestimmungen der PVÜ obliegt nicht dem EuGH, sondern den nationalen Gerichten. Da sowohl Art 4 und 5 MarkenRL als auch Art 7 und 8 UMV auf Bestimmungen der PVÜ Bezug nehmen, kommt es zumindest mittelbar auch zu einer Auslegung der PVÜ durch den EuGH. Der EuGH hat sich bereits vor längerer Zeit mit dem Begriff der „notorisch bekannten Marke“ gemäß Art 6 bis PVÜ (Art 5 Abs 2 lit d MarkenRL) befasst und ausgesprochen, dass die ältere Marke im gesamten Hoheitsgebiet des Eintragungsmitgliedsstaats oder in einem wesentlichen Teil desselben notorisch bekannt sein muss. Der EuGH stellte damit einen Gleichklang mit der Auslegung von Art 10 Abs 2 lit c MarkenRL her, den er auch auf die Auslegung von Art 8 Abs 2 lit c UMV erweiterte (vgl C 328/06, FINCAS TARRAGONA ).

Die Rechtsabteilung stellte fest, dass die 1. bis 4. Widerspruchsmarke innerhalb der beteiligten Verkehrskreise nicht notorisch bekannt sind. Auf den Seiten 12 und 13 der Beschlussausfertigung legte die Rechtsabteilung nachvollziehbar dar, wie sie zu dieser nunmehr von der Antragstellerin bekämpften Feststellung gelangte.

Ausgehend von den auch im Rekurs zitierten WIPO-Empfehlungen meint die Antragstellerin, dass sie durch Vorlage der ./1 einen Nachweis erbracht hätte, dass die Widerspruchsmarken notorisch bekannte Marken seien. Mit einem Auszug der beim Österreichischen Patentamt für die Antragstellerin registrierten Marken kann sie die Benutzung der 1. bis 4. Widerspruchsmarken weder in Österreich noch in der Gemeinschaft dartun. Soweit sich die Antragstellerin noch auf die Beilage./2 beruft und vorträgt, dass sich daraus die Verkaufsmengen und Umsätze der „Mobil“-Produkte in den einzelnen EU-Staaten im Zeitraum 2003 bis 2014 belegen ließen, ist für sie dadurch nichts gewonnen. Wie schon die Rechtsabteilung richtig darlegte, kann durch diese Urkunden nicht glaubhaft gemacht werden, welche Umsätze sich auf Waren und Dienstleistungen beziehen, die mit den 1. bis 4. Widerspruchsmarken gekennzeichnet waren. Auch aus der Urkunde ./3 (Werbeausgaben für 2005 bis 2015 in USD in der EU) lässt sich nicht ableiten, welche Waren/Dienstleistungen mit welcher Widerspruchsmarke zu welcher Zeit an welchem Ort beworben wurde. Letztlich kann auch das Argument der Antragstellerin nicht überzeugen, dass sich die Notorietät schon allein aus der Listung der Marke „Mobil“ innerhalb der 500 weltweit bekanntesten Marken ergebe, weil allein daraus nicht auf die Bekanntheit der Widerspruchsmarken in der Gemeinschaft geschlossen werden kann.

5. Zur bekannten Marke :

Die Rechtsabteilung konnte im erstinstanzlichen Verfahren aufgrund der von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen keine entsprechenden Tatsachengrundlagen treffen (Seiten 13 bis 15 der angefochtenen Entscheidung). Dem hält die Antragstellerin nur entgegen, dass die Beweiswürdigung unzutreffend sei, ohne jedoch die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung im Konkreten aufzuzeigen, weshalb auf diesen Punkt nicht näher eingegangen werden kann.

6. Zur Verwechslungsgefahr :

6.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RS0066553 [T13]; RW0000786). Daher sind die einander gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 30 Rz 427 mwN).

6.2. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die auch die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (C 191/11 P, Yorma’s, Rn 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rn 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; RS0121500 [T4]; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 10 Rz 397 ff mwN). Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RS0121482). So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon ). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at ). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Benutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (C 39/97, Cannon/Canon, Rn 23; Koppensteiner in Koppensteiner/Thyri/Eckert, Wettbewerbsrecht I 4 [2021] § 47 Rz 35 f).

6.3. Die Verwechslungsgefahr ist – wie oben schon dargelegt – nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 10 Rz 416 mwN). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (4 Ob 61/90, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rn 26).

6.4. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, Wortbild und Wortsinn Bedacht zu nehmen (RS0117324, RS0066753 [T9]; C 251/95, Sabel/Puma ). Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Klang, Bild oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Entscheidend ist der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RS0117324).

Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp, ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rn 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rn 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64; 17 Ob 23/07t, Henson; Om 6/11, revölution; RS0117324 [T7]; 4 Ob 25/05p, Zorro; Om 9/04, McCruise ).

Nicht schützbare oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).

6.5. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; zuletzt 4 Ob 199/18w, Granny‘s; RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr aber nur dann, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack Jones; RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t, Jukebox; RS0079033 [T26]).

In Anwendung dieser Grundsätze teilt das Rekursgericht die Ansicht der Rechtsabteilung nicht, dass zwischen den Widerspruchsmarken und der angegriffenen Marke hinsichtlich aller Waren und Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr besteht:

7.1. Das Rekursgericht teilt aber die Auffassung der Rechtsabteilung zur Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, sodass gemäß §§ 35 Abs 5 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG und 500a darauf verwiesen werden kann. Ergänzend wird dazu noch ausgeführt, dass hinsichtlich der Ware Motorenöl (Klasse 4) der 1. und 2. Widerspruchsmarke und der für die von der angegriffenen Ware beanspruchte Ware „Brennstoffe“ (Klasse 4) hohe Ähnlichkeit besteht. Sie werden häufig aus dem selben Rohstoff (Erdöl) hergestellt (vgl Schumacher, aaO Rz 441).

7.2. Die 2. Widerspruchsmarke und der Wortbestandteil der 1., 5. und 7. Widerspruchsmarke gehen vollkommen in der angegriffenen Marke auf. Zu berücksichtigen ist weiters, dass Wortmarken wie die 2. und die 6. Widerspruchsmarke in allen verschiedenen Schriftarten geschützt sind.

Im Zusammenhang mit der Ware Motorenöl (jeweils Klasse 4 der 1. und 2. Widerspruchsmarken) und den Waren der Klasse 4 der 7. Widerspruchsmarke vermag der Begriff „MOBIL“ (= beweglich) die Waren nicht unmittelbar zu beschreiben, weil diese Waren durch andere Eigenschaften (wie beispielsweise Viskosität oder Oktanzahl) beschrieben werden. Auch wenn Öle und Kraftstoffe letztlich der Mobilität eines Fahrzeuges dienen, bedarf es für die Feststellung dieses Zusammenhangs gedanklicher Zwischenschritte und Ergänzungen, sodass dem Widerspruchsmarke „MOBIL“ insoweit kein beschreibender Charakter zukommt.

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass „MOBIL“ in der angegriffenen Marke seine selbständige kennzeichenmäßige Stellung behält. Der Zusatz bei der angegriffenen Marke („PETROL“) schwächt die Verwechslungsgefahr nicht ab, sondern deutet auf eine Zusammengehörigkeit der Marken hin. „PETROL“ wird von den beteiligten Verkehrskreisen entweder als Kurzform für Petroleum verstanden oder sie werden den Begriff aus der englischen Sprache mit Benzin übersetzen. Dieser Zusatz besitzt daher keine Unterscheidungskraft, weil er eine beschreibende Angabe der Ware „Brennstoffe“ (Klasse 4) ist.

Auch im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Klasse 35 der 6. Widerspruchsmarke weist der Begriff „MOBIL“ keinen beschreibenden Charakter auf. Diese Dienstleistungen zeichnen sich nicht durch besondere Beweglichkeit aus. Die ältere Wortmarke ist zudem in allen verschiedenen Schriftarten geschützt. Die Bildelemente der angegriffenen Marke halten sich im Rahmen des Werbeüblichen und sind für sich gesehen eher kennzeichnungsschwach. Die beiden Wortbestandteile verschmelzen auch nicht zu einer gesamtbegrifflichen Einheit oder einem einheitlich wirkenden Phantasiezeichen. Das Vorhandensein eines Bildelements in der angemeldeten Marke erlaubt es nicht, sie von den älteren Marke zu unterscheiden, da dieses Element vom angesprochenen Publikum als einfache beschreibende Verzierung („Tropfen“) des Wortbestandteils „PETROL“ aufgefasst wird und nicht die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RS0066779). Im Hinblick auf die teils identen und teils hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen der Vergleichsmarken ist es daher gerechtfertigt, auch hier die mittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen.

7.3. Der Begriff „MOBIL“ weist für die Dienstleistungen der 5. und 7. Widerspruchsmarke in der Klasse 35 und die Dienstleistungen der Klasse 37 der 7. Widerspruchsmarke einen gewissen beschreibenden Charakter auf, da diese Dienstleistungen nicht nur ortsgebunden, sondern auch mobil erbracht werden können. Es reicht aber für die Annahme der Verwechslungsgefahr schon aus, wenn die ältere Marke im jüngeren Zeichen eine selbständige kennzeichnende Stellung behält, ohne darin den dominierenden Bestandteil zu bilden ( Schumacher, aaO § 10 Rz 486). Der Begriff „mobil“ bildet in der angegriffenen Marke nicht den dominierenden Charakter, behält aber seine selbständige kennzeichnende Stellung. Er steht jeweils am Anfang und zieht so die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers auf sich. Der Zusatz bei der angegriffenen Marke („PETROL“) schwächt die Verwechslungsgefahr nicht ab, sondern deutet auf eine Zusammengehörigkeit der Marken hin. Hinsichtlich dieser Dienstleistungen bezieht sich der beigefügte Begriff „PETROL“ zwar nicht unmittelbar auf die beanspruchten Dienstleistungen, doch wird ein enger beschreibenden Bezug zu diesen hergestellt, sodass die beteiligten Verkehrskreise den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfassen und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sehen werden. Auch das Vorhandensein des Bildelements in der angegriffenen Marke erlaubt es nicht, sie von den älteren Marken zu unterscheiden, da dieses Element vom angesprochenen Publikum – wie oben schon dargelegt – als einfache Verzierung aufgefasst wird.

Im Hinblick auf die teilweise Identität und hohe Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen und auf den Umstand, dass die angegriffene Marke als Abwandlung des Stammzeichens eines anderen Unternehmens aufgefasst werden kann, liegt auch hier eine mittelbare Verwechslungsgefahr vor. Diese ist dann anzunehmen, wenn die Stammbestandteile zweier Zeichen – wie hier – identisch sind (4 Ob 98/21x, Knabbernossi / Knabberstrizzi; OLG Wien, 133 R 29/19s, Terra/Terra mia ).

Es war daher dem Löschungsbegehren in dem im Spruch ersichtlichen Umfang Folge zu geben, sodass sich der Rekurs insoweit als berechtigt erweist.

7.4. Hingegen ist die Verwechslungsgefahr zwischen den Widerspruchsmarken und der angegriffenen Marke im Zusammenhang mit den Dienstleistungen „Geschäftsführung“, „Unternehmensverwaltung“, „Bürodienste“ und „Bauwesen“ auszuschließen. In diesem Umfang war der Widerspruch daher abzuweisen.

8. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 30.000 übersteigt (§ 59 Abs 2 AußStrG iVm § 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG).

9. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RS0111880 [Ermessensspielraum]; RS0066779 [T24]), ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

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